Strukturformel | |||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||
Freiname | Memantin | ||||||||||||
Andere Namen |
3,5-Dimethyltricyclo[3.3.1.13,7]decanamin (IUPAC) | ||||||||||||
Summenformel | C12H21N | ||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||
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Arzneistoffangaben | |||||||||||||
ATC-Code | |||||||||||||
Wirkstoffklasse | |||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||
Molare Masse | 179,31 g·mol−1 | ||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Memantin ist Derivat des Amantadin und wird als Arzneistoff aus der Gruppe der Antidementiva in der Behandlung von moderater bis schwerer Demenz vom Alzheimer-Typ eingesetzt (Handelsnamen Axura von Merz; Namenda von Forest; Ebixa von Lundbeck). Es ist der einzige Vertreter der Klasse der NMDA-Rezeptor-Antagonisten (NMDA = N-Methyl-D-Aspartat) bei den Antialzheimer-Medikamenten. Die Wirksamkeit wird kontrovers diskutiert.
Klinische Angaben
Anwendungsgebiete (Indikationen)
Memantin ist in Europa und der USA zur Behandlung der moderaten bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Memantin verstärkt die Wirkung von Anticholinergika und Dopaminagonisten. Die Wirkung von Neuroleptika und Barbituraten kann abgeschwächt werden. Eine Therapie zusammen mit dem Cholinesterasehemmer Donepezil zeigte in Studien synergistische Effekte.[2]
Unerwünschte Wirkungen
Nebenwirkungen sind motorische Unruhe, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen, Verstopfung, anormaler Gang, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, erhöhte Krampfbereitschaft.[3]
Pharmakologische Eigenschaften
Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)
Memantin ist ein moderat-affiner nichtkompetitiver Antagonist des NMDA-Rezeptors, und greift somit ins glutamaterge System ein. Glutamat ist ein erregender Neurotransmitter im zentralen Nervensystem und Störungen im glutamatergen Neurotransmitter-System spielen eine bedeutende Rolle in der Pathophysiologie primärer Demenzen.
Aufgrund seines spezifischen Bindungsverhaltens am NMDA-Rezeptor blockiert Memantin schädliche Glutamat-Wirkungen, die zu Funktionseinschränkungen und schließlich zum Absterben von Nervenzellen führen. Memantin gibt den mit dem Rezeptor verbundenen Ionenkanal wieder frei, sobald ein physiologisches Signal eintrifft, wie z. B. bei kognitiven Prozessen. Der Lern- und Gedächtnisvorgang kann weiter ablaufen.
Geschichtliches
Memantin wurde von Merz entwickelt und ist seit 2002 zur Behandlung der Alzheimerschen Krankheit zugelassen. Von Forest wurde Memantin für die USA und von Lundbeck für einige europäische und internationale Märkte lizenziert. Zuvor wurde Memantin unter der Bezeichnung Akatinol für die Behandlung spastischer Leiden, des hirnorganischen Psychosyndroms, Parkinson-Krankheit bzw. leichter und mittelschwerer Hirnleistungsstörungen eingesetzt. [4] Die Umbenennung und Indikationserweiterung ging mit einer erheblichen Preiserhöhung einher.[4][5]
Studien
In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das cholinerge Defizit nicht alleinverantwortlich für die Demenz-Pathologie ist, sondern Störungen im glutamatergen Neurotransmitter-System entscheidend an der Pathologie der Demenzen beteiligt sind.[6] Deshalb ist die Modulation der Glutamat-Wirkung im Gehirn, die vorwiegend über NMDA-Rezeptoren erfolgt, ein neuer Behandlungsansatz.
Die Memantin-Therapie führt bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimersymptomatik bei den drei Kerndomänen (Kognition, Alltagskompetenz, klinischer Gesamteindruck) nach sechs Monaten zu statistisch signifikanten, insgesamt jedoch geringen Besserungen bzw. Verzögerungen der Symptomatik verglichen mit einer Placebobehandlung.[7] Weiterhin kann die Behandlung mit diesem Antidementivum laut einer Auswertung von zwei randomisierten Studien unter Beteiligung des Herstellers Merz dazu beitragen, demenzbedingte Verhaltensstörungen zu vermindern[8].
Das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen untersuchte 2009 im Rahmen einer Arzneimittelbewertung alle öffentlich zugänglichen Studien sowie die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Studiendaten und kam zu dem Schluss, dass es keinen Beleg für einen Nutzen der Memantin-Therapie bei Patienten mit Alzheimer-Demenz gebe. In den Bereichen „Aktivitäten des täglichen Lebens“ und „kognitive Leistungsfähigkeit“ würden sich zwar Effekte der Memantin-Therapie zeigen. Aufgrund der geringen Ausprägung dieser Effekte sei deren Relevanz jedoch fraglich, sodass sich ein Nutzen der Memantinbehandlung daraus nicht ableiten ließe.[9]
Herstellung
Einzelnachweise
- ↑ Datenblatt für Memantine hydrochloride – Sigma-Aldrich 12. September 2009
- ↑ Tariot, P.N. et al. (2004): Memantine Treatment in Patients With Moderate to Severe Alzheimer Disease Already Receiving Donepezil: A Randomized Controlled Trial. In: J. Am. Med. Assoc. Bd. 291, Nr. 3, S. 317-324. PMID 14734594
- ↑ Joint Formulary Committee (2004). British National Formulary (BNF) (47 ed.). London: British Medical Association and the Royal Pharmaceutical Society of Great Britain. ISBN 0-85369-584-9
- ↑ a b o. A.: Umgewidmet: Memantin (Axura, Ebixa). In: Arznei Telegramm 2002, Jg. 33, Nr. 9, S. 91. PDF (103 kB)
- ↑ Kaiser, T: Axura-Preis dem Mehrwert angepasst? In: Arznei-Telegramm 2002, Jg. 33; Nr. 8, S. 86. PDF (108 kB)
- ↑ Greenamyre JT, Young AB: Excitatory amino acids and Alzheimer’s disease. In: Neurobiol Aging Bd. 10, Nr. 5, 1989, S. 593-602. doi:10.1016/0197-4580(89)90143-7
- ↑ McShane R, Areosa Sastre A, Minakaran N: Memantine for dementia (Cochrane Review). In: The Cochrane Database of Systematic Reviews Nr. 2, 2006, Art. No.: CD003154. doi:10.1002/14651858.CD003154
- ↑ Gauthier et al.: Effects of memantine on behavioural symptoms in Alzheimer´s disease patients: an analysis of the Neuropsychiatric Inventory (NPI) data o two randomised, controlled studies. In: Int J Geriatr Psychiatry Nr. 20, 2005, S. 459-464. doi:10.1002/gps.1341
- ↑ Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Kurzfassung zum Bericht "Memantin bei Alzheimer Demenz". Veröffentlichung am 10.09.2009. [1]
- ↑ Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.
Weblinks