Christian von Preußen (* um 1180, angeblich in Freienwalde[1] in Hinterpommern, † 4. Dezember 1245 in Sulejów, Polen) war der erste Bischof von Preußen. Der Beiname von Preußen bezieht sich auf sein hauptsächliches Missionsgebiet. Wegen seines früheren Aufenthalts als Mönch 1109-1110 im Kloster Oliva wird er auch als Christian von Oliva bezeichntet. Da er auch Abt des Klosters Lekno gewesen war, nennt man ihn auch Christian von Lekno.
Leben
Als Jugendlicher trat Christian angeblich zunächst in das Bernhardiner-Kloster Kolbatz bei Neumark in Hinterpommern ein[2], das von dem Stettiner Kastellan Wartislaw II. gestiftet worden war. 1209-1210 war er als gewöhnlicher Mönch dem 1185/86 gegründeten Kloster Oliva im christlichen Herzogtum Pomerellen zugeordnet. Von dieser Zeit an bemühte er sich mit einigem Erfolg um die Bekehrung der heidnischen Pruzzen zum christlichen Glauben.[3][4]
Auf Wunsch Konrads von Masowien genehmigte der Papst im Jahre 1209 einen Kreuzzug gegen die Pruzzen. In diesem Zusammenhangwirkte der Mönch Christian ab 1209 mit einigem Erfolg unter den Pruzzen als Bekehrer. Um 1215 war er Abt des mit deutschen Zisterziensern besetzten Klosters Lekno bei Gnesen. Christian wurde von Innozenz III. 1215 schließlich zum Missionsbischof von Preußen ernannt, sein fester Stützpunkt war offenbar das außerhalb des Missionsgebiets gelegene Kloster Oliva. Das Kulmerland war von den Pruzzen besetzt worden. Um das Gebiet wieder zu erobern, bat Christian den Papst Honorius III. um Bewliigung eines Kreuzzugs. Dieser genehmigte den Kreuzzug und erteilte ihm 1217 darüber hinaus die Vollmacht, Bistümer zu gründen und Kathedralen erbauen zu lassen.[5] Mit einem fast ausnahmslos von polnischen und pommerschen Fürsten zusammengestellten Kreuzfahrerheer gelang es ihm 1217, das Kulmerland wenigsten vorübergehend zurückzuerobern. Christian benutzte die Gelegenheit zur Gründung des Bistums Kulm. Der Bischof von Plock, zu dessen Diözese das Kulmerland bis dahin gerechnet worden war, trat ihm alle seine geistlichen und weltlichen Rechte in demselben ab. Die polnischen Fürsten, die sich als rechtmäßige Herrscher in dem Land betrachteten, übereigneten ihm 1222 eine beträchtliche Anzahl von Ortschaften samt der herrschaftlichen Rechte und in dem Teil, den sie sich vorbehielten, den Zehnten und die Hälfte der Einkünfte. Papst Honorius III. bestätigte diese Schenkung 1223.[6]
Da aber bald darauf wieder eine Reaktion des Heidentums eintrat und Christian zu seiner Hilfe Kreuzfahrer, namentlich die polnischen Herzöge mit ihren Mannen, herbeirief, wurde er jahrelang aus seiner Diözese vertrieben. Die nun andauernden Verheerungs- und Rachefeldzüge der Pruzzen, die danach strebten, das teilweise von Konrad erobertes Gebiet im Culmerland zurückzubekommen, dehneten sich auch in die benachbarten masowischen Gebiete aus. Dies veranlasste den Herzog Konrad von Masowien dazu, den Deutschen Orden zu Hilfe zu rufen, der damals unter Hermann von Salza einen hohen Aufschwung gewonnen hatte. Der Orden leistete dem Rufe Folge und begann 1230 mit Hilfe von Kreuzfahrern den Kampf gegen die Heiden. 1230 übergab Cristian seinen gesamten Territorialbesitz im Kulmerland dem Deutschen Ritterorden.[7] 1231 wurde Christian Bischof des Bistums Kulm.[8] Christian beabsichtigte, seine Missionstätigkeit im Samland fortzusetzen, geriet aber 1233 für fünf Jahre in die Gefangenschaft der Pruzzen. 1234 verlieh Papst Gregor IX. Preußen dem Deutschen Orden als Besitztum. Der 1228 von Christian gegründete Orden der Ritterbrüder Christi von Dobrin, ging im selben Jahr im Deutschen Orden auf.
In seinem letzten Lebensabschnitt verfasste Christian 1237 (das hieße: in prußischer Gefangenschaft) oder 1239 eine Chronik Altpreußens, deren Codex zwar verlorengegangen ist, auf die frühe Chronisten jedoch zurückgegriffen hatten, so dass ihre ehemalige Existenz außer Zweifel steht.[9]
Nach seiner Befreiung 1238 aus prußischer Gefangenschaft opponierte Christian gegen den Deutschen Orden wegen Verletzung seiner Rechte als Bischof. 1243 teilte der päpstliche Legat Wilhelm von Modena das Land zwischen Weichsel und Memel in vier Bistümer, in denen der Besitzstand so geregelt werden sollte, dass der Orden zwei Teile und der Bischof einen Teil des Landes erhielt. Weil er sich übervorteilt wähnte, wollte Christian diese Landesteilung nicht anerkennen. Als er der päpstlichen Weisung, sich für eins der vier Bistümer zu entscheiden, nicht nachkommen wollte, fiel er schließlich sogar beim apostolischen Stuhl in Ungnade. Er zog sich schließlich in das polnische Kloster Sulejow zurück, wo er 1245 starb. Er hat bei der Christianisierung und Germanisierung Altpreußens entscheidend mitgewirkt.
Literatur
- K. Lohmeyer: Christian I., Bischof von Preußen. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 175 f.
- Anneliese Triller: Christian, Bischof von Preußen. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 230 (Digitalisat).
- Friedrich Wilhelm Bautz: Christian von Preußen. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1003.
- Christian von Preußen. In: Wetzer und Welte's Kirchenlexikon
Einzelnachweise
- ↑ Johannes Voigt: Geschichte Preußens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergang der Herrschaft des Deutschen Ordens, 1. Band: Die Zeit des Heidentums, Königsberg 1827, S. 430 ff. Die Angabe des Geburtsorts Freienwalde wurde von dem Historiker Max Toeppen allerdings als „erdichtet“ bezeichnet; vergleiche Sriptores rerum prussicarum I, Leipzig 1861, Fußnote 1) auf S. 33.
- ↑ Der angebliche Aufenthalt Christians im Kloster Kolbatz wurde von dem Historiker Max Toeppen als „erdichtet“ bezeichnet; vergleiche Schriptores rerum prussicarum I, Leipzig 1861, Fußnote 1) auf S. 33.
- ↑ Johann Adam Möhler: Kirchengeschichte; 2. Band, Regensburg 1867, S. 340 ff..
- ↑ Ludwig Hahn: Geschichte des preußischen Vaterlandes, 4. Auflage, Berlin 1858, S. 114 ff..
- ↑ Enzyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften (Heinrich Joseph Wetzer, Hrsg.), 2. Band, Freiburg i. Br. 1848, S. 139.
- ↑ Max Toeppen: Historisch-komparative Geographie von Preußen, Gotha 1858, S. 111 ff..
- ↑ Neue Deutsche Biographie (Historische Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Hrsg.), 3. Band, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 230.
- ↑ Ernst Friedrich Mooyer: Verzeichnisse der deutschen Bischöfe seit den Jahr 800 nach Chr. Geb., Minden 1854, S. 32.
- ↑ Beiträge zur Kenntnis des Russischen Reiches und der angrenzenden Länder Asiens (K. E. v. Baer und Gr. v. Helmersen, Hrsg.), 9. Band, St. Petersburg 1845, S. 229-234.
Personendaten | |
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NAME | Christian von Preußen |
ALTERNATIVNAMEN | Christian von Łekno; Christian von Oliva |
KURZBESCHREIBUNG | Bischof von Preußen |
GEBURTSDATUM | um 1180 |
STERBEDATUM | 4. Dezember 1245 |
STERBEORT | Sulejów, Polen |