Lolcat

Fotos von Katzen, denen passende, orthografisch, interpunktorisch und grammatikalisch inkorrekte Worte in den Mund gelegt werden
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Lolcat ist ein Internet-Phänomen in Form humoristischer Bilder. Dargestellt werden Fotos von Katzen, denen passende, orthographisch, interpunktorisch und grammatikalisch inkorrekte Worte in den Mund gelegt werden.[1] Die Urheber der Lolcats bleiben meist anonym und verbreiten ihre Werke im Internet.[2] Den Katzen wird der sogenannte Lolspeak in den Mund gelegt, der die Abweichungen vom Standard-Englisch in eigene Konventionen gießt. Mittlerweile hat sich dieser soweit verfestigt, dass er auch ein Eigenleben ohne Katzenbilder führt.[3] Das Buch How to Take Over Teh Wurld: A LOLCat Guide 2 Winning. zur bekanntesten Heimat der Lolcats, Icanhascheezburger verbrachte im Winter 2008/2009 insgesamt 13 Wochen auf der New York Times Beststeller List.[4] Seit 2007 läuft eine Bibelübersetzung in Lolspeak, im Sommer 2009 wurde ein Lolcat-Musical aufgeführt.[5]

Ein Lolcat-Bild im „I’m in ur...“-Format.

Geschichte

Die Bezeichnung Lolcat kommt von „LOL“ (steht für „lautes Lachen“) und „cat“ (englisch für Katze).[6] Lolcats tauchten erstmals 2006 auf. Im Forum 4chan tauchten die ersten Katzenbilder auf. Im Forum entwickelte sich der sogenannte Caturday – die Postings der Katzenbilder fanden vor allem Samstags statt (Cat + Saturday), die Channelbenutzer beschwerten sich aktiv über Mitglieder, die Lolcats an anderen Tagen posteten. Vom Forum aus, breitete sich der Trend weiter über das Internet aus und wurde zum E-Mail-Phänomen.[7] In kurzer Zeit entwickelte sich ein Trend, dem sich zehntausende Internetnutzer anschlossen.[8]

Eine solche Katzen-E-Mail erreichte auch Erik Nagakawa aus Hawaii mit einer E-Mail seines Freundes und späteren Blog-Mitgründers Kari Unebasami.[4] Nagakawa war angetan genug, dem Thema ein Blog zu widmen. Am 11. Januar 2007 gründete Nagakawa das Blog Icanhascheezburger.com. Das Blog startete mit dem Bild einer Katze, die ebenjenes fragte.[9] Im selben Jahr übernahm Ben Huh die Website und begann aus ihr ein kommerzielles Unternehmen zu machen. Anders als die meisten Websites schrieb Icanhascheezburger von Anfang an schwarze Zahlen, Huh hat diverse andere Verwandte Websites gegründet oder gekauft, die alle zu Pet Holdings gehören. Die erfolgreicheren davon sind beispielsweise Probablybadnews und Failblog, das es schaffte das Wort fail als Ersatz für das umständlichere Schadenfreude in der englischen Sprache einzuführen. Bis Mitte 2009 zog er so über 10 Millionen Unique Visitors im Monat an, die ersten beiden Jahre verdreifachte sich die Zahl der Besucher jeweils. Huh selbst gibt durch die englischsprachige Pressewelt Interviews.[10]

Im Sommer 2009 wurden bei Icanhascheezburger täglich etwa 10.000 Bilder eingereicht, die von den 20 Mitarbeitern durchgesehen und auf die Website gepostet wurden. Laut Huh beträgt einer der wichtigsten Erfolgsgründe, dass es so aussieht als wäre alles von begeisterten Amateuren gemacht, so erfinden die Mitarbeiter auch keine eigenen Bilder oder bearbeiten die Einreichungen redaktionell, sondern suchen nur die ihrer Meinung nach passendsten aus.[5] Dabei sind nach Betreiberangaben etwa 1 Prozent der User Daueruser von denen auch der größte Teil des Inhalts kommt, während 99 Prozent nur gelegentlich auf der Website vorbeischauen. Huh selbst schätzt, dass das Lolcats-Network etwa 10 Prozent des gesamten WordPress-Traffics generiert.[11]

Formen

Lolcats statten Bilder von - meist niedlichen - Tieren mit Bildunterschriften aus. Sie begrenzen dabei die vielfältigen Bedeutungsebenen, die ein unkommentiertes Bild aufnehmen kann und weisen den Betrachter in eine bestimmte Interpretationsrichtung. Oftmals haben die Texter bei den Lolcats den Anspruch den Betrachter zu überraschen, und dem Bild eine Bedeutung zu geben, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist.[12]

Lolcats sind eine der bekannteren Formen der Image macros, bei denen Internetnutzer ein Bild mit Text kombinieren, um einen humoristischen Effekt zu erzielen. Image macros sind im Internet wesentlich älter als Lolcats. Sie entwickelten sich zuerst in Internetforen, der Begriff selbst geht vermutlich auf das Something Awful-Forum zurück. Die hauptsächlichen Konventionen zur Gestaltung dieser Macros entwickelten sich jedoch in 4chan.[7] Demnach sind üblicherweise Katzen dargestellt, wobei auch Varianten mit anderen Tieren vorkommen, wie etwa das Lolrus, ein Walross, dem als Running Gag eine Sehnsucht nach einem blauen Eimer unterstellt wird.[13]

Die Lolcats verfügen dabei mittlerweile über gewisse grammatikalische Regeln für korrektes und unkorrektes Lolspeak als auch über einen festen Fundus an Motiven und Konstellationen:[8] Die Katzen werden oft vermenschlicht, der Text selbst ist stark von den Sprachkonventionen geprägt, die sich bei den Jungendlichen Nutzern von SMS und Instant Messengern sowie im Leetspeak gebildet haben.[7] Anspielungen auf Computerspiele, die Internetkultur sowie ScienceFiction sind häufig.[14]

Die Macher der Lolcats verwenden dabei ähnlich wie ältere Formen der Text-Bild-Kombination (Stummfilme beispielsweise) sowohl dialogischen als auch erklärenden Text. Während der dialogische Text den Katzen direkt in den Mund gelegt wird, den Muster einer absichtlich inkorrekten Grammatik folgt und auf Szenesprache zurückgreift, bedient sich der erklärende Text eines Standard-Englischen. Im Dialogtext kann die Abweichung vom Standard-Englischen gewichtet werden. Auf Bildern mit verschiedenen alten Katzen beispielsweise wird meist den älteren Katzen ein standardisierteres Englisch in den Mund gelegt, während Katzenjunge oft stark ausgeprägtes LOLspeak "sprechen".[3]

Die Schriftype ist ebenso weitgehend standardisiert. In 4chan ebenso wie in späteren Bildern verwenden die Texter fast ausschließlich in weißer Impact-Schrift mit dünnen schwarzen Rändern.[3]

Wiederkehrende Motive sind:

  • Unsichtbare Objekte: Mimik und Gestik der Katze werden als Interaktion mit einem gedachten Gegenstand interpretiert. Beispielsweise wird einer Katze, die die Arme auseinanderstreckt und das Maul aufreißt, „invisible Sandwich“ („unsichtbares Sandwich“) in den Mund gelegt.[13]
  • Vereinnahmung: Eine Katze hält sich an einem bestimmten Ort auf oder stellt sich auf eine bestimmte Weise dar, so dass ihr eine Besitzergreifung, Usurpation oder ein Eindringen unterstellt werden kann. So lässt man eine Katze im Kühlschrank sagen: „im in ur fridge / eatin ur f00dz“ („Ich bin in deinem Kühlschrank / Fresse dein Essen“).[13]
  • Bitte: Eine treu dreinblickende Katze stellt eine Bitte. Dazu zählt das Bild „i can has cheezburger?“ (etwa: „Kann ich haben Cheezburger?“), das das erste unumstrittene Lolcat-Bild war.[15]
  • Rückgriffe auf englische Übersetzungen japanischer Texte in Engrish und deren typische Fehler. Bekanntes Beispiel ist hier Oh Hai! anstelle von Hi.[14]
  • Sogenanntes Kitty-Pidgin, das sich erst mit der Etablierung von Icanhascheezburger verbreitete.[16]

Einzelnachweise

  1. Konrad Lischka: Kindliches Kätzchen-Englisch überrollt Netzforen. In: Spiegel Online, 20. Januar 2008
  2. Lev Grossman: Creating a Cute Cat Frenzy . In: Time, Juli 2007. [1]
  3. a b c Brubaker S. 121-123
  4. a b Kim-Mei Cutler: I Can Has 1 Billion Pageviews? in: Digital Beat, 5. Oktober 2009, abgerufen am 27. Oktober 2009
  5. a b Laura Fitzpatrick: Building a Media Empire Around I Can Has Cheezburger in: Time vom 24. August 2009 S. 2
  6. If you give a cat a keyboard. In: Star Tribune, 26. Juli 2007.
  7. a b c Brubaker S. 118-119
  8. a b Mark Abley: The Prodigal Tongue: Dispatches from the Future of English Houghton Mifflin Harcourt, 2008 ISBN 0618571221
  9. Brubaker S. 117-118
  10. Laura Fitzpatrick: Building a Media Empire Around I Can Has Cheezburger in: Time vom 24. August 2009 S. 1
  11. TechDigest: FOWA Expo Day One: I Can Has Cheez Burger, 10. Oktober 2008, abgerufen am 27. Oktober 2009
  12. Brubaker S. 123-124
  13. a b c Aaron Rutkoff: With 'LOLcats' Internet Fad, Anyone Can Get In on the Joke. In: The Wall Street Journal 25. August 2007.
  14. a b Michele Knobel, Colin Lankshear: Remix: The Art and Craft of Endless Hybridzation. in: Journal of Adolescent & Adult Literacy 52(1) September 2008 S. 28-29
  15. Simon Rohling: HALP! Therez LOLCats Evrywhare!. In: Telepolis, 2. September 2007.
  16. Anil Dash: Cats Can Have Grammar, 23. April 2007, abgerufen 27. Oktober 2009

Literatur

  • Jed R. Brubaker: wants moar - Visual Media's Use of Text in LOLcats and silent film in: Gnovis Journal, Spring 2008, Volume 8 No. 2 S. 117-124
Commons: Lolcats – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien