Astrologie

Deutung von Ereignissen und Charaktereigenschaften auf Grundlage der Position der Gestirne
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Astrologie ist die anthropologisch-mythologische Deutung astronomischer Beobachtungen. In allen Weltkulturen lässt sich feststellen, dass meteorologische, astrale, kosmische Erscheinungen eine fesselnde Wirkung auf den Menschen ausüben, der sich von ihnen bestimmt sieht oder von ihnen bestimmt wird.*

Geschichte

Ursprünglich herrschte die Vorstellung vor, die Gestirne repräsentierten himmlisch eine oder mehrere irdische Herrschergestalten. Im 1. Jahrtausend v. Chr. gewann – mit der Mantik einhergehend – der Glaube Gestalt, das Individualschicksal sei mit Hilfe des Horoskops ablesbar.

In Mesopotamien finden sich die frühesten Wurzeln der Astrologie. Beginnend mit astronomischen Beobachtungen im 3. Jahrtausend v. Chr. schufen die Sumerer im 2. Jahrtausend mit den Zikkurat Stufentempel in Ur oder Uruk, deren Stockwerke die "sieben Gestirne" Mond, Sonne, Venus, Merkur, Mars, Jupiter und Saturn symbolisierten und den Priestern die Verbindung zu den Göttern ermöglichen sollten. Sternbilder wurden benannt, der Himmel wurde in drei Bereiche unterteilt, ein siderischer Mond-Tierkreis war bekannt. Sie glaubten, die Bewegung der Gestirne vollziehe sich durch göttlichen Einfluss.
Die Bezeichnung "Chaldäer" für Babylonier wurde zum Synonym für "Astrologe".

In Ägypten etablierte sich ab 2778 v. Chr. der exakteste antike Kalender. Im Aufgang des Sirius erkannte man den Zusammenhang mit dem bevorstehenden Nilhochwasser. Viele Prognosen für die Politik suchte man aus der Stellung dieses Sterne abzuleiten. Die auf den vier Himmelsrichtungen basierenden Pyramiden sollten als Rampe für die Seele des Pharao beim himmlischen Aufstieg dienen, der nach seinem Tod als heller Stern am Himmelsnordpol beobachtbar sei. Unter babylonischem Einfluss wurde der zwölfteilige Tierkreis (Zodiak) geschaffen.

In Amerika schufen Azteken und Mayas einen 260-Mondkalender zur Berechnung religiöser Feste. Der Himmel untergliederte sich in 13, die Unterwelt in 9 Regionen, entsprechend 13 Tages- und 9 Nachtstunden. Die Bauweise der Stadt Cuzco symbolisierte den zwölfgeteilten Tierkreis. Aus astral abgeleiteten Notwendigkeiten wurde die Praxis von Menschenopfern abgeleitet.

In China, dem astronomischen "Reich der Mitte", in dem die Sterne nie untergehen, wurde der Kaiser als Repräsentant des Himmels verehrt. Hier schuf die Astrologie einen 28teiligen den kaiserlichen Palästen zugeordneten Mondkalender wie auch einen zwölfgeteilten Tierkreis. v. Chr. beobachteten chinesische Astrologen den Halleyschen Kometen, ab 28. v. Chr. Sonnenflecken.

In Indien setzen die Veden im 2. Jt. v. Chr. astronomische Beobachtungen in Bezug zur Religion. Astrologie zählte zur höchsten Gelehrsamkeit. Der Gedanke der menschlichen Reinkarnation in den Tierkreissymbolen fand hier seine Ausprägung.

In Europa spielt das Heiligtum von Stonehenge (um 2200 v. Chr.) die wichtigste Rolle als oberirdisches astrologisches Zentrum. Die kürzlich entdeckte Sternenscheibe von Nebra (ca. 1600 v. Chr.), die älteste Sternenkarte Europas, harrt mit deutlichen kalendarischen und mythologischen Darstellungen ihrer endgültigen Entschlüsselung.

Im Hellenismus werden astrologia (der verbreitetere und ältere Begriff ) und astronomia nicht klar voneinander geschieden. Die erste begriffliche Trennung erfolgte durch Simplikios. Die Griechen übernahmen die babylonischen Planetennamen, richten sich aber nach der Sonne. Nach Widerständen durch die römischen Kaiser findet die Astrologie Einfluss und Aufnahme in Alchemie, Gnosis, Manichäismus, und Christentum (etwa im christianisierten Tierkreis der Valentinianer, Zeno v. Verona, Priscillianisten, oder christliche Horoskope und Monatsprognosen in der Orthodoxie).

Das Christentum bleibt gegenüber der Astrologie in einem widersprüchlichen Verhältnis. Wird die Tätigkeit der "Weisen aus dem Morgenland" (Matthäus 2) ursprünglich als Kunst angesehen, sind sie nach Hieronymus docti a daemonibus (von Dämonen belehrt). Erst Beda Venerabilis beschreibt sie als angesehene Heilige drei Könige. Tertullian warnt vor der Astrologie. Konstantin der Große bekennt sich dazu. Die Kirche des Mittelalters sieht in den astralen Mächten den Todfeind des Glaubens

Renaissance und Humanismus bringen unter Rückbezug auf die hellenistische Form die Astrologie zu ihrer vollsten Blüte. Friedrich II., die Päpste Julius II., Paul III. und Leo X. wie viele reformatorisch geprägte Personen (Albrecht Dürer) vertrauen der Astrologie. Martin Luther hielt sie für eine "heillose und lustige Phantasei".

Große Astronomen waren häufig zugleich gläubige Astrologen (Tycho Brahe, Galileo Galilei, Johannes Kepler). Bis in die Romantik bewahrt die Astrologie ihren Einfluss in höchste Gesellschaftskreise (Goethes Horoskop, Schlegel etc.)

In der Gegenwart kann die Frage der Astrologie keineswegs als erledigt angesehen werden. Ihre Verbreitung als Vulgärastrologie spricht eine eigene Sprache und deutet darauf hin, dass die Nachfrage nach ihr in Zukunft weiter ansteigen wird. Die Frage nach ihren Ursachen und einem sach- und zeitgemäßen Umgang kann momentan nicht als geklärt gelten.


(Anm.* Welche Rolle das Faszinosum des Astralen beim „Wettlauf zum Mond“ gespielt hat, wäre eine Überlegung wert.)