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Das weiße Band ist ein Spielfilm des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 2009. Die Handlung des Schwarzweißfilms ist im Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Norddeutschland angesiedelt und schildert mysteriöse Vorfälle um einen Dorfschulchor. Das als „Eine deutsche Kindergeschichte“ untertitelte Werk spielt in der Zeit des entstehenden Faschismus, geht laut Haneke aber darüber hinaus in Richtung einer nicht affirmativen Auseinandersetzung mit den Themen Gewalt und Angst.[1]
Seine Uraufführung erlebte Das weiße Band am 21. Mai 2009 bei den 62. Filmfestspielen von Cannes, wo Haneke mit der Goldenen Palme, dem Hauptpreis des Filmfestivals, ausgezeichnet wurde. Der Kinostart war Mitte September 2009.[2]
Produktion und Hintergründe
Hanekes in Deutschland gedrehter Film entstand als österreichisch-deutsch-französisch-italienische Koproduktion. Für die Dreharbeiten wurden zwischen Juni und September 2008[3] Orte in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen aufgesucht,[4] einer der Schauplätze war das Schloss Johannstorf in der Nähe von Travemünde.[5] Seit der Kafka-Verfilmung Das Schloß (1997) war es das erste Mal, dass der Österreicher wieder bei einem deutschsprachigen Film die Regie übernahm.
Der in Deutschland von X-Verleih verliehene Film lief am 17. September 2009 in einigen deutschen Kinos, am 15. Oktober bundesweit, an.[2] In Österreich startete der Film am 24. September im Verleih des Filmladens.[3] Die Weltvertriebsrechte liegen bei Les Films du Losange.
Handlung
Das Deutsche Kaiserreich im Jahr 1913/14: Im protestantischen Dorf Eichwald in Norddeutschland haben der hiesige Pastor, der Arzt und der Baron das Sagen über Frauen, Kinder und Bauern. Der fromme Pastor, der den Dorfschulchor leitet, redet seinen pubertierenden Kindern für geringfügige Vergehen ein schlechtes Gewissen ein und lässt diese wochenlang ein weißes Band tragen, als Erinnerung an die Tugend, von deren Pfad sie abgewichen sind. Der Arzt, der sich freundlich um die Kinder im Dorf kümmert, demütigt seine Haushälterin, während der Baron und Gutsherr mit den Arbeitern umspringt, wie es ihm gefällt. Dann geschehen mysteriöse Dinge: Erst wird ein dünner Draht zwischen zwei Bäumen gespannt, so dass der Arzt mit seinem Pferd verunglückt, dann wird der behinderte Sohn der Hebamme angegriffen und eine Scheune in Brand gesetzt. Auch der jüngste Sohn des Barons bleibt von den Vorfällen nicht verschont und wird am Tag des Erntedankfestes entführt. Am nächsten Morgen wird er gefesselt und misshandelt im örtlichen Wald aufgefunden, woraufhin die Polizei verständigt wird. Der sensible Dorflehrer beginnt, die Taten zu hinterfragen und äußert, nachdem ein Bauernjunge das Kohlfeld des Barons verwüstet und die Pfarrerstochter den Wellensittich ihres Vaters getötet hat, den Verdacht, dass die Kinder des Dorfes die auferlegten Strafen an die Schwächsten weitergeben. Ihm wird aber vom Pastor dringend geraten, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Die Täter bleiben daraufhin unentdeckt. Der Film endet mit dem Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo und der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
Rezeption
Dominik Kamalzadeh äußerte in seiner Rezension für den österreichischen Standard, Michael Haneke inszeniere „mit einer gravitätischen Strenge, er findet Bilder, in denen Figuren wie hinter Glas agieren, oft in gespenstischer Stille. Stilistisch schließt der Film an eine Tradition von Literaturverfilmung an (das Buch ist jedoch von Michael Haneke selbst), als gelte es, diese Form nochmals zu radikalisieren. Das wirkt bei aller Präzision und Raffinesse oft auch ein wenig museal.“[6]
Daniel Kothenschulte nannte den Film in der Frankfurter Rundschau ironisierend ein Lehrstück, das sich „früh zu erkennen“ gibt: „Zwei Jahrzehnte später wären diese bösen Kinder erwachsene Nazis“ und bemängelt die Holzschnittartigkeit der wenigen Figuren, spricht aber dennoch von „faszinierenden zweieinhalb Stunden“.[7] Ähnliches kritisierte Tobias Kniebe (Süddeutsche Zeitung), der hoffte, dass sich die „vielen bösen Miniaturen“ zu einem „zwingenden Thema verdichten“ würden. Das Ende schaffe es aber nicht, „die Einzelteile, die auch in der Tonalität wild zwischen Vorkriegspathos, Bierbichler-Grummelei und Rückfällen ins Psychodrama der Gegenwart schwanken“, zusammenzufügen.[8] Auch Hanns-Georg Rodek von Die Welt sieht Mängel, doch habe man „das obrigkeitsstaatliche Denken als Erklärung für den Ersten (und Zweiten) Weltkrieg (…) kaum je so auf die kleinsten Einheiten der Dorf- und Familiengemeinschaft heruntergebrochen gesehen.“ Die taz zeigte sich dagegen beeindruckt über die „Bilder des Widerstands.“[9]
Die französische Fachpresse zeigte sich überwiegend beeindruckt von Das weiße Band. Le Monde sprach von einem „beeindruckenden und unversöhnlichen Film“ und zog Parallelen zu Joseph Loseys Sie sind verdammt (1963) und (aufgrund der „unheilvollen“ Darstellung des Predigers) zu Die Nacht des Jägers (1955), sowie zu Clouzot und Bergman. Der Film stelle, laut Jean-Luc Douin, das „Wachrufen der Misshandlungen“ dar, „die eine Gesellschaft namhafter, puritanischer, sittenstrenger Erwachsener, ihren Frauen, ihren Kinder und Wirtschaftern zufügt. Es ist die Inventur der Launen und der Strafen, die von Irrsinnigen der Obrigkeit, Ordnungsverrückten, der Zensur, verübt wird.“[10] Die Libération verglich die Kameraarbeit von Christian Berger mit den Arbeiten August Sanders, die Handlung mit den Romanen Eduard von Keyserlings. Das weiße Band sei ein „starker Film“, „größer als sein autochtones Thema“, und Gérard Lefort verstand ihn als eine Parabel, die sich noch in die heutige Zeit übertragen lässt – „Zu welcher Art von Faschismus sind wir fähig im Hier und Jetzt?“[11] Le Figaro sprach vor der offiziellen Preisverkündung Hanekes Film und Jacques Audiards Un prophète die zweitwichtigste Auszeichnung des Filmfestivals, den Großen Preis der Jury, zu, hinter Jane Campions Bright Star und Xavier Giannolis À l'origine, denen die Tageszeitung die Goldene Palme zukommen ließ.[12]
Der Mailänder Corriere della Sera zählte den Film schon im Vorfeld zu einem der Favoriten für einen Preis. Die Kritikerin Giuseppina Manin schreibt von einem in „wunderbares Schwarz-Weiß“ getauchten Film mit „außergewöhnlichen, aber wenig bekannten Schauspielern“, dazu eine „Atmosphäre aus düsterem Lutheranertum wie bei Bergman“. Der Film zeige einen ländlichen Mikrokosmos, wo es „soziale und moralische Regeln von eiserner Unnachgiebigkeit“ gebe, hinter denen jedoch „geheime Grausamkeiten brüten“. Kinder würden dort „nach pädagogischen Prinzipien aufwachsen, die Züchtigungen, Erniedrigungen und sogar ans Bett gefesselte Hände vorsehen, um das Berühren des eigenen Körpers zu verhindern.“[13]
Die schwedische Sydsvenskan beschreibt den Film als „teuflisches Kunstwerk“. Es sei „schwer, einen Film zu finden, der so konsequent und aus einem Guss ist, wie dieser.“[14] Svenska Dagbladet findet den Film „fantastisch gut gespielt, unerhört schön und schwindelnd abscheulich zugleich.“ Haneke gelänge es, „eine komplizierte Geschichte sowohl einfach als auch tiefgründig“ zu erzählen.[15]
Die dänische Zeitung Politiken sieht in dem Film ein „Zurückkehren zu Hanekes Wurzeln der deutschen Sprache und Kulturtradition.“ Das weiße Band sei „ein erzdeutscher Film über die Deutschheit.“[16]
Haneke selbst wiederholte mehrfach, wie wichtig es ihm sei, dass sein Film beispielhaft ist und sich nicht nur auf Deutschland beziehe, da für ihn „alle Formen von Terrorismus“ denselben Ursprung hätten, die „Perversion von Idealen, die man in soziale Regeln übersetzt.“[17]
Auszeichnungen
Mit Das weiße Band war Haneke 2009 zum fünften Mal im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes vertreten und gewann nach Die Klavierspielerin (Großer Preis der Jury) und Caché (Regiepreis) zum ersten Mal die Goldene Palme. Die Trophäe erhielt er aus den Händen der befreundeten französischen Schauspielerin Isabelle Huppert. Die Jurypräsidentin hatte unter anderem Hauptrollen in Hanekes Filmen Die Klavierspielerin und Wolfzeit bekleidet.
Das weiße Band erhielt außerdem den Grand Prix de la FIPRESCI für den besten Film des Jahres.[18]
Am 26. August 2009 wählte die Organisation German Films Das weiße Band als offiziellen deutschen Bewerber für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film aus.[19]. Damit kam die Auslandsvertretung der deutschen Filmbranche dem österreichischen Pendant, der Austrian Film Commission (AFC) zuvor, die in der darauffolgenden Woche über die österreichische Einreichung zum „Auslandsoscar“ abstimmte und ursprünglich ebenfalls Das weiße Band einreichen wollte. Die Regeln der Oscar-Academy werden üblicherweise so ausgelegt, dass jedes der an einer Produktion beteiligten Länder die Möglichkeit hat, den Film für das eigene Land einzureichen – es darf aber letztlich nur ein Land den Film einreichen. Die Einreichung des in „wesentlichen Funktionen“ „österreichische[n]“ Films durch Deutschland sorgte daher für gewisses Unbehagen auf Seite der AFC, doch sei das Ergebnis zu akzeptieren.[20]
Einzelnachweise
- ↑ Maria Rennhofer: Michael Haneke im Journal zu Gast im Ö1Mittagsjournal vom 2. Mai 2009 (aufgerufen am 26. Mai 2009)
- ↑ a b http://www.dasweisseband.x-verleih.de/
- ↑ a b Das weiße Band auf filminstitut.at, Österreichisches Filminstitut (abgerufen am 30. August 2009)
- ↑ http://www.x-filme.de/html/neu_weisseband.htm
- ↑ Artikel der Uetersener Nachrichten vom 22. August 2008
- ↑ Wunscherfüllung mit "Operation Kino" Der Standard vom 21. Mai 2009
- ↑ vgl. Kothenschulte, Daniel: Die Logik des Traums. In: Frankfurter Rundschau, 23. Mai 2009, S. 33,
- ↑ vgl. Kniebe, Tobias: Vom Liebeswehen im Alter bei sueddeutsche.de, 21. Mai 2009 (aufgerufen am 24. Mai 2009)
- ↑ vgl. Nord, Christina: Fremd in der Heimat der Psychosen. In: die tageszeitung, 23. Mai 2009, S. 22
- ↑ vgl. Douin, Jean-Luc: Violence et boucles blondes dans l'Allemagne puritaine. In: Le Monde, 23. Mai 2009, S. 18
- ↑ vgl. Lefort, Gérard: En étudiant les barbares. In: Libération, 22. Mai 2009, S. 24
- ↑ vgl. Festival de Cannes : les choix du « Figaro » avant le palmarès. In: Le Figaro, 23. Mai 2009, Nr. 20159, UNE-FIG, S. 1
- ↑ Haneke, le radici del nazismo in un giallo su bimbi-giustizieri Corriere della Sera, 22. Mai 2009
- ↑ Ett djävulskt konstverk Sydsvenskan vom 25. Mai 2009
- ↑ "Ge Guldpalmen till Haneke" Svenska Dagbladet vom 25. Mai 2009
- ↑ Portræt: Filmkunstens alvorsmand snuppede palmen Politiken vom 24. Mai 2009
- ↑ vgl. Filmbesprechung von Nana A.T. Rebhan bei arte.de (aufgerufen am 24. Mai 2009)
- ↑ Oscar-Nominierung - Haneke greift für Deutschland nach Gold, Der Standard Onlineausgabe vom 27. August 2009
- ↑ "Das weiße Band" ist deutscher Oscar-Kandidat auf Spiegel Online vom 26. August 2009
- ↑ Martin Schweighofer (Chef der AFC), zitiert nach: Dominik Kalmazadeh: Haneke greift für Deutschland nach Gold. derStandard.at, 27. August 2009 (abgerufen am 30. August 2009)
Weblinks
- Offizielle Homepage bei x-verleih.de
- Profil bei www.wega-film.at
- Rodek, Hanns-Georg: "Das weiße Band" ist deutscher Oscar-Kandidat bei welt.de, 26. August 2009
- Vorlage:IMDb Titel