Grundlagenvertrag

völkerrechtlicher Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR
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Dieser Artikel bezieht sich auf den deutschen Grundlagenvertrag. Grundlagenverträge existieren jedoch auch zwischen anderen Staaten, so zum Beispiel der Europäische Grundlagenvertrag oder der bilaterale Grundlagenvertrag zwischen Russland und Rumänien vom 4. Juli 2003.


Als der Grundlagenvertrag wird im allgemeinen Sprachgebrauch der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bezeichnet.

Diesem Vertrag gehen eine Reihe anderer Verträge im Rahmen der Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt voran: Am 12. August 1970 war ein Vertrag der Bundesrepublik mit der UdSSR geschlossen worden (Moskauer Vertrag), am 7. Dezember 1970 mit Polen (Warschauer Vertrag), am 3. September 1971 war das Viermächteabkommen über Berlin getroffen worden, als ergänzende Vereinbarung dazu hatten die Bundesrepublik und die DDR das Transitabkommen über die Durchreise zwischen Berlin und der Bundesrepublik geschlossen. Nach dem Grundlagenvertrag wurde noch am 11. Dezember 1973 der Prager Vertrag mit der CSSR geschlossen.

Die Verhandlungen zum Grundlagenvertrag wurden von dem Bundesminister für besondere Aufgaben Egon Bahr - für die Bundesrepublik - und dem Staatssekretär Michael Kohl - für die DDR - geführt.

Der Vertrag wurde am 21. Dezember 1972 in Ost-Berlin von Kohl und Bahr unterzeichnet.

Vereinbarungen

Der Vetrag besteht aus 10 Artikeln:

In Artikel 1 wird die Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen auf gleichberechtigter Basis vereinbart.

In Artikel 2 bekennen sich die beiden Staaten zu den Grundsätzen der Vereinten Nationen,

In Artikel 3 verpflichten sie sich, bei der Beilegung von Streitigkeiten auf Gewalt zu verzichten und die gegenseitigen Grenzen zu achten.

Artikel 4 bestimmt, dass keiner der beiden Staaten den anderen international vertreten kann.

In Artikel 5 versprechen die beiden Staaten, dass sie sich am Prozess der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (siehe KSZE) beteiligen werde und die Abrüstungsbemühungen unterstützen werden

In Artikel 6 vereinbaren die beiden Staaten, dass sie die Selbständigkeit und Unabhängigkeit in inneren und äußeren Angelegenheiten respektieren.

In Artikel 7 werden Abkommen über Zusammenarbeit auf einer Reihe von Gebieten (unter anderem Wirtschaft, Wissenschaft, Post- und Fernmeldewesen, Kultur und Sport) in Aussicht gestellt.

In Artikel 8 wird der Austausch von Ständigen Vertretern vereinbart.

Artikel 9 bestimmt, dass der Vertrag frühere Verträge nicht berührt.

In Artikel 10 wird die Ratifikation und das Inkrafttreten geregelt.

Vor der Unterzeichnung der Verträge übergab Bahr den "Brief zur deutschen Einheit" in dem festgestellt wird, dass der Vertrag „nicht im Widerspruch zu dem Ziel der Bundesrepublik steht, auf einen Frieden in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.“

Widerstände

Die CDU/CSU-Fraktion hatte Vorbehalte gegen den Vertrag, da er wesentliche Punkte nicht enthalte: Zum Beispiel wird der Vertrag nicht unter den Vorbehalt eines anzustrebenden Friedensvertrag gestellt, es werden keine Regelungen über den Status von Berlin getroffen und die Rechte und Verantwortlichkeiten der vier Mächte werden nicht erwähnt. Die menschlichen Erleichterungen würden nicht ausreichend abgesichert und Begriffe, wie Einheit der Nation, Freiheit und Menschenrechte würden nicht oder nur ungenügend behandelt. Schließlich wurde der Vertrag jedoch mit 268 gegen 217 Stimmen vom Bundestag ratifiziert. Im Bundesrat wurde der Vertrag von der Mehrheit der CDU/CSU-regierten Länder abgelehnt. Da jedoch eine Überweisung an den Vermittlungsausschuss nicht beschlossen wurde, war das Gesetz verabschiedet.

Am 28. Mai 1973 legte die Bayerische Staatsregierung Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, mit dem Ziel, den Vertrag als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar zu erklären. In der Begründung wird bemängelt, dass der Vertrag das grundgesetzliche Wiedervereinigungsgebot verletze, für Berlin nur eingeschränkt Geltung habe, Außerdem würde die Fürsogepflicht gegenüber Deutschen der Deutschen Demokratischen Republik verletzt, da keine Interventionen zu ihrem Schutz mehr stattfinden könnten.

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 31. Juli 1973, dass der Vertrag verfassungsgemäß sei. Allerdings betonte es, dass das Wiedervereinigungsgebot nach wie vor alle Verfassungsorgange binde. Der Weg zur Wiedervereinigung bleibe aber den politisch Handelnden überlassen

Folgen

Am 2. Mai 1974 nahmen die Ständigen Vertretungen ihre Arbeit auf. Als Vertreter der Bundesrepublik wurde Günter Gaus, als Vertreter der DDR in der Bundesrepublik Michael Kohl akkreditiert.

Beide Staaten vereinbarten, dass sie sich um Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen bewerben würden. Am 18. September 1973 wurden sie aufgenommen.

Folgende Einzelverträge wurden in den folgenden Jahren geschlossen: