Günter Netzer

deutscher Fußballspieler
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Günter Theodor Netzer (* 14. September 1944 in Mönchengladbach) ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler, der heute als Medienunternehmer und Sportkommentator tätig ist.

Günter Netzer
Personalia
Voller Name Günter Theodor Netzer
Geburtstag 14. September 1944
Geburtsort MönchengladbachDeutschland
Größe 178 cm
Position Mittelfeldspieler

Karriere als Fußballer

Karriere im Verein

Der junge Günter Netzer begann mit neun Jahren beim 1. FC Mönchengladbach und schaffte in den folgenden Jahren den Sprung in mehrere Jugendauswahlteams des Niederrheins. Mit 19 Jahren bekam das Ausnahmetalent einen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach, das 1963 noch in der Regionalliga spielte.

1965 stieg der Verein in die Bundesliga auf. Trainer Hennes Weisweiler formte aus der jungen Mannschaft ein europäisches Spitzenteam, das unbekümmerten Angriffsfußball praktizierte. In dieser Fohlenelf war Netzer der Mittelfeldstratege und zentrale Figur im Angriffsspiel, der mit langen Pässen dem Spiel oft entscheidende Impulse gab. Zu seinen weiteren Stärken zählten angeschnittene Freistöße und Eckbälle. Netzer gehörte nicht zu den bedingungslosen Kämpfern, doch fand er in Mönchengladbach mit Herbert Wimmer einen Mannschaftskameraden, der diese Aufgabe für ihn übernahm. 1970 und 1971 wurde Gladbach Deutscher Fußballmeister. Es war das erste Mal in der Geschichte der Bundesliga, dass einer Mannschaft die Titelverteidigung gelang.

Mit seiner Vorliebe für schnelle Autos, schöne Frauen und lange Haare hob sich Netzer schon früh von den anderen Spielern seiner Zeit ab. Auch mit seinen Aussagen zum Profifußball erregte er Aufsehen: „Am Samstag stehen elf Geschäftsleute auf dem Platz, von denen jeder seine eigenen Interessen vertritt. Sie suchen zusammen den Erfolg.“ Ende der Saison 1972/73 gab er seinen Wechsel zum spanischen Topclub Real Madrid bekannt. Sein letztes Spiel für die Gladbacher war das DFB-Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln. Trainer Weisweiler verzichtete zunächst auf seinen Spielmacher. Erst als es beim Stand von 1:1 in die Verlängerung ging, kam Netzer auf den Platz und erzielte nach wenigen Minuten das 2:1-Siegtor.

Bei Real Madrid setzte sich Netzer erst nach Anlaufschwierigkeiten durch und gewann auch hier 1975 und 1976 die Meisterschaft. Im Europapokal der Landesmeister scheiterte die Mannschaft 1976 im Halbfinale am FC Bayern München. 1976 wechselte er in die Schweiz zu Grasshoppers Zürich, wo er seine Karriere ausklingen lies.

Nationalmannschaft

1965 wurde er erstmals in die deutsche Nationalmannschaft berufen. Dort kam er 37-mal zum Einsatz und schoss dabei sechs Tore. Dass es nicht mehr Länderspiele wurden lag an Bundestrainer Helmut Schön, der auf Wolfgang Overath als Spielmacher im DFB-Team vertraute und ihm meistens den Vorzug vor Netzer gab. Den Höhepunkt seiner Nationalmannschaft-Karriere erlebte Netzer bei der Europameisterschaft 1972, als die deutsche Elf im Viertelfinale auf England traf. Ihr gelang der erste Sieg in Wembley überhaupt (3:1). Die Presse feierte die Geburtsstunde einer neuen Mannschaft mit Regisseur Netzer als Bindeglied zwischen Gerd Müller im Sturm und Libero Franz Beckenbauer in der Abwehr. Im Endspiel schlugen die Deutschen die Sowjetunion mit 3:0 und wurden erstmals Europameister.

Bei der WM 1974 im eigenen Land gab Bundestrainer Schön wieder Overath den Vorzug. Netzer bestritt nur ein Spiel, das sein einziges bei einer Weltmeisterschaft bleiben sollte: Bei der 0:1-Niederlage gegen die DDR kam er nach 70 Minuten für seinen Kölner Konkurrenten.

Spielweise

Netzer war die Verkörperung eines klassischen Spielmachers und gilt bis heute als einer der besten Mittelfeldspieler in der Geschichte der Bundesliga. Mit weiten Pässen und Vorstößen „aus der Tiefe des Raums“ sorgte er auf dem Spielfeld für Aufsehen. Neben einer überragenden Spieltechnik besaß er eine natürliche Autorität und war die unangefochtene Führungsfigur der Mannschaft. In seiner aktiven Zeit bei Borussia Mönchengladbach wurden ihm von der Vereinsführung und vom Trainer Hennes Weisweiler auch außerhalb des Spielfeldes große Freiheiten gewährt.

Tätigkeit als Manager beim Hamburger Sportverein

1977 beendete er seine aktive Laufbahn und bot dem Hamburger SV (HSV) an, dessen Stadionzeitschrift zu verlegen. Präsident Paul Benthien stimmte unter der Bedingung zu, dass er auch Manager werde. Netzer nahm die Herausforderung an und war von 1978 bis 1986 in dieser Funktion tätig. In dieser Zeit veränderte Netzer die Mannschaft des HSV auf vielen Positionen und holte als Trainer Branko Zebec und Ernst Happel in die Hansestadt. Der HSV wurde in dieser Zeit dreimal Deutscher Meister (1979, 1982, 1983) und gewann 1983 in Athen nach einem 1:0 gegen Juventus Turin den Europapokal der Landesmeister. Die Jahre mit Günter Netzer als Manager waren die erfolgreichsten des Hamburger Sportvereins.

Medienunternehmer und Fußballkommentator

Nach dem Ende seiner Karriere gründete Netzer außerdem eine Werbeagentur in Zürich, handelte Fernsehrechte und ist heute Executive Director der Schweizer Sportrechte-Agentur Infront Sports & Media AG.

Daneben betätigt er sich als Berichterstatter und Fernsehkommentator. Für seine Arbeit bei der ARD als Fußballkommentator erhielt er im Jahr 2000 zusammen mit Gerhard Delling einen Grimme-Preis. Zudem wurden die beiden im Mai 2008 in Wiesbaden aufgrund ihres "hohen sprachlichen Niveaus" mit dem Medienpreis für Sprachkultur ausgezeichnet.

Netzer und Delling sind befreundet, obwohl das bei manchen gemeinsamen Moderationen der beiden anders zu sein scheint und sich beide bis heute noch "siezen". Netzer war bei Dellings zweiter Hochzeit im Jahre 2003 Trauzeuge.

Das Duo Delling/Netzer war der Auslöser für den bekannt gewordenen Wutausbruch des damaligen DFB-Teamchefs Rudi Völler am 6. September 2003 direkt nach dem Länderspiel gegen Island. Völler bezeichnete dabei unter anderem Netzer vor laufender Kamera als „Standfußballer“, nachdem Delling und Netzer die deutsche Nationalelf für ihre Leistung bei einem 0:0 in Island stark kritisiert hatten. Netzer stimmte der Kritik zu.

Sonstiges

  • Sein persönliches Markenzeichen war und ist bis heute seine unkonventionelle Frisur.
  • Während seiner aktiven Zeit gab Netzer 1965 bei Borussia Mönchengladbach die heute noch existierende Stadionzeitung "Fohlenecho" heraus.
  • Die Fans von Borussia Mönchengladbach haben 1965 zum Aufstieg des Vereins in die Fußball-Bundesliga ihr Maskottchen, Fohlen „Jünter“, nach Günter Netzer benannt.
  • Er betrieb erfolgreich von 1971 bis 1973 die Diskothek Lovers Lane in Mönchengladbach.
  • Beim Torwandschießen im aktuellen sportstudio des ZDF stellte er 1974 mit fünf Treffern einen neuen Rekord auf, der bis heute nur von sieben weiteren Schützen eingestellt worden ist.
  • Vom 1. August 1991 bis zum 27. April 1992 war Netzer kurzzeitig Berater beim FC Schalke 04.
  • 2004 veröffentlichte er seine Autobiographie Aus der Tiefe des Raumes. Ein gleichnamiger Kinofilm verulkte ihn im gleichen Jahr in einer skurrilen Phantasiegeschichte als ehemalige Tipp-Kick-Figur.
  • Seit Januar 1987 ist Netzer mit dem Fotomodell Elvira Lang verheiratet. Das Paar hat eine Tochter.
  • Günter Netzer engagierte sich für das Team der Augsburger Benefiz-Fußballelf Datschiburger Kickers, die sich dem Fundraising für wohltätige Zwecke verschrieben hat.
  • Die Oberhausener Punkband Emscherkurve 77 sowie die Oi-Band Eastside Boys widmeten Günter Netzer je ein Lied mit dem gleichnamigen Titel.
  • Als Schuhgröße wird von ihm selber in einem Interview mit 46 2/3 angegeben.

Literatur

  • Helmut Böttiger: Günter Netzer. Manager und Rebell. Heyne, München 1998, ISBN 3-45315-403-7
  • Günter Netzer mit Helmut Schümann: Aus der Tiefe des Raumes. Mein Leben. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-49804-683-7
  • Sven Simon, Peter Bizer: Günter Netzer: Rebell am Ball. Limpert, Frankfurt 1971

Film

  • Aus der Tiefe des Raumes, Fantasy-Komödie, Deutschland 2004, Buch/Regie: Gil Mehmert (lief u. a. im ZDF, 2. Juni 2006), laut Gong: Zauberhafte Hommage an Günter Netzer
VorgängerAmtNachfolger
Berti VogtsDeutschlands Fußballer des Jahres
1972, 1973
Franz Beckenbauer