Induktivität ist eine physikalische Größe, die die elektromagnetische Wirksamkeit bzw. Selbstinduktionsfähigkeit einer Spule oder allgemein eines elektrischen Leiters bezeichnet.
Mit Induktivität wird in der Fachsprache auch eine elektromagnetisches Bauteil wie zum Beispiel ein Transformator, Spule oder Drossel bezeichnet, insbesondere wenn die quantitativen oder qualitativen Wirkungen dieses Bauteils diskutiert wird. Konstruktiv besteht eine Induktivität oder Induktionsspule meistens aus einem schraubenförmig ein- oder mehrlagig aufgewickelten elektrischen Leiter (Draht). Diese Spule kann bis auf den Spulenkörper kernlos sein oder einen ferromagnetischen Kern haben. Im Grenzfall stellt ein gerades Leiterstück auch schon eine sehr kleine Induktivität dar.
Zeichen und Einheiten
Das Formelzeichen für eine Induktivität ist L.
Die Maßeinheit der Induktivität ist die SI-Einheit Henry in [V s /A ].
Eine Spule hat eine Induktivität von 1 Henry, wenn bei gleichförmiger Stromänderung von 1 Ampere in 1 Sekunde eine Selbstinduktionsspannung von 1 Volt entsteht.
Es gibt zwei Schaltzeichen. In der Niederfrequenztechnik verwendet man vorrangig das linke, in der Hochfrequenztechnik das rechte. International sind noch weitere Schaltzeichen im Gebrauch.
Induktion
Nach dem Induktionsgesetz ruft eine zeitliche Stromänderung in einer Spule eine Induktionsspannung Uind hervor, die zu ihr proportional ist, aber nach der Lenzschen Regel so gepolt ist, dass sie der Änderung des Stroms entgegenwirkt. Den Proportionalitätsfaktor nennt man die Induktivität L der Spule in [Vs/A ].
Für die Spannung an einer Induktivität gilt:
- . Dimension: [(Vs/A)·(A/s)] = [V]
Schaltet man eine Induktivität (Spule) mit einem Widerstand in Reihe, so lässt sich der Stromverlauf durch Lösen der Differentialgleichung berechnen:
Zu- und Abschaltvorgänge bei Gleichstrom
- mit als Zeitkonstante, Formel gilt hier für den Zuschaltvorgang.
Dieser Zusammenhang zeigt auch, dass sich der in einer Spule fließende Strom nicht sprunghaft ändern kann. Der Stromanstieg beim Einschalten an Gleichspannung erfolgt nach einer e-Funktionskurve mit der Zeitkonstanten . Dabei ist L die Induktivität in Henry, R der Widerstand des Stromkreises in Ohm. Man sieht, dass, wenn R einen hohen Wert annimmt, kleiner wird, und somit der Stromanstieg rascher erfolgt. Ein plötzliches Abschalten des Spulenstroms ( ) führt zu Spannungsspitzen, deren Höhe mit der Induktivität der Spule und der Stromstärke auf die sie aufgeladen worden ist steigt und die Schäden durch Überspannung verursachen können. Mit Gleichstrom betriebene Spulen werden daher oft durch eine Freilaufdiode geschützt, die beim Abschalten des Stromkreises dem weiterfließenden Strom durch eine zur Spule antiparallel geschaltete Diode, das Freilaufen ermöglicht und die gespeicherte magnetische Energie aufbraucht, die Spannungsspitze wird damit verhindert. Hingegen beim Einschalten eines Gleichstromkreises mit einer Induktionsspule, behindert die der Betriebsspannung (Aktion), entgegenwirkende Induktionsspannung (Reaktion) einen raschen Stromanstieg. Beim Aufladen einer Spule über einen konstanten Reihenwiderstand ist die e-Funktionskurve zu beobachten, welche häufig dort zu beobachten ist, wo ein Vorgang durch seine eigenen Auswirkungen verlangsamt wird. Ob hier, beim Einschalten eines Stromkreises oder z. B. beim Antrieb eines Schwungrades aus dem Stillstand. Zunächst muss etwas gegen die „Reaktion“ der Natur erkämpft werden. Ist das gewünschte Ziel erreicht, kann ein einmal erreichter stationärer Zustand mit vertretbarem Aufwand beliebig lang aufrechterhalten werden. Wenn dieser Vorgang beendet werden soll, ist eine Art „Energie-Gedächtnis“ der Natur zu bemerken. Die Natur versucht nun, diese gespeicherte Energie allmählich abzubauen. Dieser Vorgang wird beschrieben durch: Für den Abschaltvorgang gilt:
- mit als Zeitkonstante
Die EULERsche Zahl e = 2,7182... ist die Basis des Natürlicher Logarithmus, der Exponent: bestimmt den Funktionswert nach der Zeit t bei der Abschaltkurve, beim Zuschaltstromanstieg muß der e- Funktionswert von 1 abgezogen werden. Formel siehe ganz oben unter dem Übertitel. Im Zeitpunkt t=0 beginnt der Strom bei mit zu fließen und steigt träg an, er muss nun gegen die, zu Beginn stark wirkende Selbstinduktionsspannung, die der angelegten treibenden Geichspannung entgegenwirkt, ankämpfen,wobei der Einfluß der Gegenspannung mit zunehmender Zeitdauer abnimmt. Allmählich wird die Funktion immer flacher, bis sie sich dem Wert asymptotisch nähert. Theoretisch dauert es unendlich lange, bis ist. Für praktische Zwecke kann man die Anstiegszeit mit
- in [s]
betrachten, nach der der Spulenstrom näherungsweise als vollständig erreicht, angesehen werden kann.
Die obere der beiden Stromverlaufskurven ist die Stromanstiegskurve für das Einschalten.
Die untere der beiden Kurven zeigt den Stromverlauf beim Ausschaltvorgang.
Die Zeitkonstante τ in [s], sich ergebend aus in [s] (Sekunden), mit der Dimensionsgleichung : [VsA² /A²V = s], ist zugleich der Zeitpunkt, an dem die am Beginn der Kurve angelegte Tangente den Endwert erreicht. Zum Zeitpunkt beträgt der Wert der Stromanstiegskurve: . Nach dieser Zeit 'wäre' der endgültige Spulenstrom erreicht, wenn man ihn mit dem konstantem Stromstärkeanstieg Imax laden könnte (tatsächlich steigt die Stromstärke ja mit der Zeit immer langsamer an). Die Steilheit der Tangente errechnet sich aus:
in [A/s]
In der Praxis wird eine Induktivität fast nie über einen Reihenwiderstand aufgeladen.
Anstelle dessen wird sie über einen Schalter(Transistor) aufgeladen ( bei Schaltfunktionen z.B. Elektromagnet Relais Freilaufdiode nicht vergessen, sonst wird der Transistor durch hohe Spannungen beim Abschalten des Stromes u.U. zerstört) , dessen Ohmscher Widerstand in den meisten Fällen für die grobe Betrachtung des Verlaufs des Spulenstroms innerhalb der normalen Betriebsbedingungen vernachlässigbar ist. Dadurch steigt der Spulenstrom in etwa linear mit der Zeit an. In Wirklichkeit ist die magnetische Permeabilität des Spulenkerns(außer bei Luftkernspulen) oft von der Feldstärke abhängig und der Stromanstieg deshalb doch nicht linear. Theoretisch würde der Strom durch eine Spule an konstanter Spannung immer weiter steigen, die gespeicherte Energie würde immer schneller(quadratisch proportional zur Zeit) größer werden. In der Praxis wird die Energie, die in einer Spule gespeichert werden kann, oft dadurch begrenzt, dass das Kernmaterial ab einer bestimmten Magnetfeldstärke in Sättigung gerät, wodurch die Induktivität stark sinkt und der Strom rapide steigt. Mit steigender Stromstärke, die durch die Induktivität fließt, wandelt der elektrische Widerstand R des Spulendrahtes immer mehr Leistung in Wärmeenergie (I^2*R)um und droht zu überhitzen.
Oder sie bildet zusammen mit einem Kondensator einen Schwingkreis. Weitere Anwendungen von Spulen sind Filter, Wechselstrombegrenzung und teilweiser Schutz gegen Überspannungsspitzen.
Induktivität
Die Größe der Induktivität hängt von den geometrischen Abmessungen der Spule und dem verwendeten Material ab
- .
Darin ist
- die Windungszahl der verwendeten Spule,
- der Spulenquerschnitt in m²,
- die mittlere Feldlinienlänge in m (bei langen Spulen die Länge der Spule),
- eine dimensionslose Materialkonstante des Spulenkerns, genannt die Permeabilitätszahl
- die magnetische Feldkonstante
- ( )
Die Permeabilitätszahl bezieht sich auf den eventuell vorhandenen Kern der Spule, nicht auf den Spulendraht an sich.
Zahlenwerte (Beispiele):
Material | μr |
Blei, Kupfer, Zinn | <1 |
Luft, Vakuum | 1 |
Aluminium, Silizium | >1 |
Eisen | 300-10.000 |
Ferrit | 4-15.000 |
Mumetall (NiFe) | 50.000-140.000 |
amorphe Metalle | 700-500.000 |
nanokristalline Metalle | 20.000-150.000 |
AL-Wert
Für die Praxis werden fertige Spulenkerne verwendet, für die vom Hersteller eine Induktivitätskonstante AL angegeben wird. In ihr sind bereits alle Materialkonstanten zusammengefasst. Wenn man sie mit n Windungen bewickelt, erhält man eine Spule der Induktivität
Feldenergie
Eine stromdurchflossene Spule speichert Energie in Form ihres Magnetfeldes. Das Feld einer Spule der Induktivität L, die vom Strom I durchflossen wird, enthält die Energie
- , mit der Dimension: [(Vs/A)·(A²)] = [Ws]
Wechselstromverhalten
Wird die Spule von Wechselstrom durchflossen, so wechselt der Strom periodisch seine Richtung. Durch die Stromänderung wird ständig eine Induktionsspannung erzeugt, die ebenfalls ihre Richtung periodisch wechselt. Da der Strom infolge der induzierten Gegenspannung nur allmählich anwachsen bzw. abfallen kann, ist die Spannung dem Strom zeitlich (in der Phase um (ideal) 90°) voraus (Trägheit der Spule gegen Stromänderungen).
Der Spule kann daher ein Wechselstromwiderstand X zugeordnet werden, der jedoch im Gegensatz zu einem ohmschen Widerstand keine Leistung in Wärme umsetzt („Verlustleistung“), man nennt ihn daher einen Blindwiderstand. Für eine Spule der Induktivität L und einen Wechselstrom der Frequenz f errechnet sich der Blindwiderstand zu
mit der Dimension : [(1/s)·(Vs/A)] = [V/A] = [Ω]
Wobei Winkelfrequenz, Winkelgeschwindigkeit oder auch Kreisfrequenz heißt.
Der Blindwiderstand steigt also auch mit steigender Frequenz, wobei der ohmsche Drahtwiderstand gleich bleibt. Daher hat eine für Wechselspannung konzipierte Spule an einer gleichgroßen Gleichspannung (f=0 Hz) einen sehr viel geringeren Widerstand, da nur noch der Drahtwiderstand den Strom behindert. Die Leistung in Form von Verlustleistung kann so zur Zerstörung der Spule führen.
Bauformen
Spulen werden häufig nach dem verwendeten Kernmaterial unterschieden.
- Luftspule
- Flachspule
- Toroidspule, Kreisringspule
- Zylinderspule
- Kupferfolienspule
- Eisenkernspule
Eine in der Meßtechnik verwendete regelbare Induktivität (Variometer) besteht aus zwei ineinander aufgebauten und hintereinander geschalteten kernlosen Spulen. Die innere Spule ist drehbar gelagert. Das Maximum der Selbstinduktion wird erreicht, wenn die Windungsebenen parallel und gleichsinnig vom Strom durchflossenen werden.
Anwendung
Die Trägheit einer Spule gegen Stromänderungen wird zur Stromstabilisierung und zur Erzeugung höherer Spannungen angewendet.
Die Abhängigkeit des Blindwiderstandes von der Frequenz wird zur Trennung von Signalen unterschiedlicher Frequenz verwendet (Tiefpass, Hochpass, Bandpass).
Durch Veränderung der Lage des Kerns kann man bei einigen Spulen die Induktivität abstimmen. Diese abstimmbaren Spulen werden zum Beispiel in Bandfiltern verwendet.
In einem Radioempfänger wird eine auf einen Ferritkern gewickelte Spule im Lang- Mittel- und Kurzwellenbereich zugleich als Antenne verwendet.
Bei Leuchtstoffröhren werden Drosselspulen vorgeschaltet, die zum einen die Betriebsspannung während des Leuchtens, durch die Vorschaltung des Blindwiderstandes, reduzieren und zum anderen mit Hilfe eines zusätzlichen Starters zur Stromunterbrechung die notwendige hohe Zündspannung erzeugen.