Ferdinand Gregorovius

deutscher Schriftsteller und Historiker
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Ferdinand Gregorovius (* 19. Januar 1821 in Neidenburg (Ostpreußen); † 1. Mai 1891 in München) war ein deutscher Schriftsteller und Historiker.

Ferdinand Gregorovius

Bedeutung

 
Gregorovius als Königsberger Masure
 
Ferdinand Gregorovius

Gregorovius war schon als Student in Königsberg bedeutend, wo er sich dem Corps Masovia anschloss und unter dem Althistoriker Wilhelm Drumann studierte. Für die Geschichte der Stadt Rom sind seine Beiträge für die Geschichtsforschung die wichtigsten, welche das Zeitalter der Renaissance und des Humanismus betreffen. Er gilt als einer der wichtigsten Autoren der deutschen Renaissanceforschung des 19. Jahrhunderts neben Jacob Burckhardt, Georg Voigt, Ludwig von Pastor und Alfred von Reumont. Die Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter gilt als Klassiker der Literatur über die Renaissance. Außer diesem bekannten Werk gehört in dieses Zeitalter seine Biographie zu Papst Alexander VI. und zu Lucretia Borgia. Nicht weniger bedeutsam, aber weniger bekannt sind seine Schriften zur griechischen Geschichte in byzantinischer Zeit oder auch von Athen im Mittelalter.

Bis heute hat man Schwierigkeiten damit, Gregorovius einzuordnen. Einerseits ist er Historiker, der aber durch seinen schriftstellerischen Stil gar nicht zu den typischen Historikern der Schule Leopold von Ranke zu passen scheint, weil doch stärker das literarische Moment in seinen Werken hervortritt. Außerdem ist er nicht in das damals etablierte Netz zünftiger deutscher Geschichtswissenschaftler eingebunden gewesen. Das lag auch an seinem Wohnsitz in Rom. Am Wert seiner Arbeiten jedoch kam nie ernster Zweifel auf, obwohl er selbst angefeindet wurde. Die häufigen Übersetzungen seiner Werke in andere Sprachen unterstreichen das deutlich. Andererseits übersetzte Gregorovius auch Werke italienischer Autoren ins Deutsche, so einen Teil der Schriften Giovanni Melis. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften zählte ihn zu ihren Mitgliedern, ebenso die Accademia Nazionale dei Lincei in Rom seit 1876. Für sein Werk Die Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter wurde er 1876 Ehrenbürger der Stadt Rom. Damit war er der erste deutsche Ehrenbürger der "ewigen Stadt". Eine Straße und ein Platz in Rom wurden nach ihm benannt.[1]

Zitate

  • „Den Ostpreußen fehlt die Grazie. Sie gewinnen nicht bei ihrem Erscheinen; aber auf ihrem soliden Wesen läßt sich sicher bauen. Der Ostpreuße ist die reinste und beste Prosanatur Deutschlands.“
  • „Keine Stadt macht so übermütig als Königsberg. Keine Stadt macht so demütig als Rom.“
  • „Die Geschichte lehrt, daß Völker und Individuen nichts Großes vermögen, ohne es erkämpft zu haben. Aber die glänzenden Tugenden, welche der Krieg im Kriege erzeugt, bedeuten gar wenig im Vergleich zu den heroischen Größen und der Zahl jener, welche auf den unbemerkten Schlachtfeldern des sittlichen Lebens ausgeübt werden. Der Krieg ist deshalb nicht zur Erhöhung der menschlichen Natur notwendig. Wenn ihn weder die Religion noch die Moral, noch die Arbeit des Menschengeschlechts abzuschaffen vermocht hat, so wird das vielleicht die Wissenschaft tun; denn diese steigert die Mittel der Vernichtung so hoch, daß die menschliche Natur ihnen keinen Widerstand mehr wird leisten, also nicht mehr mit solchen Mitteln wird kämpfen können.“ In einem Brief, Rom, 22. Februar 1888.[2]

Werke

  • Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. 1859–1872. Neuausgabe, 2. Aufl. 4 Bände. Beck, München 1988. ISBN 3-406-07107-4
  • Wanderjahre in Italien. 1856–1877. 5. Aufl. Beck, München 1997. ISBN 3-406-42803-7
  • Idyllen vom Baltischen Ufer. 1856. Neuaufl. 1940. Gräfe und Unzer. Königsberg.
  • Geschichte der Stadt Athen im Mittelalter. Von der Zeit Justinians bis zur türkischen Eroberung. 1889. dtv, München 1980. ISBN 3-423-06114-6
  • Lucrezia Borgia. 1874. 3. Aufl. dtv, München 1991. ISBN 3-423-02280-9
  • Corsica. 1854. Societäts-Verl., Frankfurt (Main) 1988. ISBN 3-7973-0274-6
  • Neapel und Capri. Insel-Bücherei Nr. 340, Leipzig, Insel Verlag 1944, 95 S.

Sonstige: Konrad Siebenhorn´s Höllenbriefe an seine lieben Freunde in Deutschland (1843), Werdomar und Władislav. Aus der Wüste Romantik, 2 Teile (1845), Die Idee des Polenthums. Zwei Bücher polnischer Leidensgeschichte (1848), Polen- und Magyarenlieder (1849), Göthe´s Wilhelm Meister in seinen socialistischen Elementen entwickelt (1849), Der Tod des Tiberius (Tragödie, 1851), Corsica, 2 Bände (1854), Die Grabmäler der römischen Päpste. Historische Studien (1857), Athenais. Geschichte einer byzantinischen Kaiserin (1882), Der Kaiser Hadrian. Gemälde der römisch-hellenischen Zeit zu seiner Zeit (1884), Kleine Schriften zur Geschichte und Cultur, 3 Bände (1887-1892), Gedichte (1892).

Literatur

  • Johannes Hönig: Ferdinand Gregorovius, der Geschichtsschreiber der Stadt Rom. Mit Briefen an Cotta, Franz Rühl, u. a., Cotta, Stuttgart 1921.
  • Johannes Hönig: Ferdinand Gregorovius: eine Biographie, 2. völlig neu gest. Aufl., Stuttgart 1944.
  • Eberhard Straub: Das einzige Bollwerk gegen die Barbarei. Ferdinand Gregorovius: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Dezember 1978
  • Hansjakob Stehle: Ferdinand Gregorovius. DIE ZEIT, 26. April 1991.

Einzelnachweise

  1. A.  Rauchfuss: Ferdinando Gregorovius, è uno dei nostri. Corpszeitung der Altmärker-Masuren 85, Kiel 1989, S. 2672-2675
  2. Zeitung der Altmärker-Masuren 40, S. 717, Kiel 1967
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