Eduard von Hartmann

deutscher Philosoph
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Karl Robert Eduard von Hartmann (* 23. Februar 1842 in Berlin), gest. 1905), Philosoph.

Leben

Hartmann wurde geboren als Sohn des Generals Robert von Hartmann, trat 1858 in das Gardeartillerieregiment ein und besuchte die Artillerieschule, nahm, durch ein Knieleiden genötigt, 1865 als Premierleutnant seinen Abschied, promovierte 1867 in Rostock und lebte danach als Privatmann in Berlin.

Werk

Nachdem er mit 22 Jahren den "Gedanken als seinen Beruf" erkannt hatte, begann er gegen Ende 1864 sein philosophisches Hauptwerk "ohne Plan" der Reihe nach niederzuschreiben, das unter dem Namen "Philosophie des Unbewußten" (Berlin 1869; 9. Aufl. 1882, 2 Bde.) erschien und rasch Aufsehen erregt hat.

Hartmann bezeichnet darin seinen Standpunkt als einen die Extreme der logischen Idee (bei Hegel) und des blinden Willens (Schopenhauer) in der Einheit des "Unbewußten" (das für sein System das Nämliche ist, was für Spinoza die Substanz, für Fichte das absolute Ich, für Hegel die Idee etc.), das "Wille und Vorstellung" ist, aufhebenden Monismus.

Hegels größter Irrtum sei gewesen, das Unlogische, den gleichberechtigten Gegensatz des Logischen, als inneren Bestandteil des Logischen aufzufassen; Schopenhauers dagegen, die Vorstellung, als bloßes "Hirnprodukt" und den Willen, das Wesen der Welt, als von jeder Vorstellung entblößt zu betrachten. Das Unbewußte ist beides, Wille und Vorstellung, Reales und Ideales, Unlogisches und Logisches, zugleich und der Weltprozeß nur die Folge des ideellen Gegensatzes dieser beiden Attribute, der mit der Besiegung des Unlogischen (des Willens) durch das Logische (die Vorstellung) endet.

Die Aufhebung des Wollens durch das letztere erfolgt universell, nicht (wie bei Schopenhauer) individuell; nicht als Erlösung des einzelnen Menschen (etwa durch Selbstmord), sondern der ganzen Erscheinungswelt von der Qual des Daseins.

Die pessimistische Ansicht von der "Unseligkeit" (dem Überschuß der Unlust über die Lust) in der Welt hat daher nicht den Quietismus, die "feige persönliche Entsagung und Zurückziehung", die "Verneinung der Welt" (wie bei Schopenhauer), sondern vielmehr "volle Hingabe der Persönlichkeit an den Weltprozeß um seines Ziels, der allgemeinen Welterlösung, willen", also die positive "Bejahung des Willens zum Leben", statt der "Entzweiung" die "Versöhnung" mit dem Leben zur Folge.

In dieser nachdrücklichen Abweisung beschaulicher Tatlosigkeit liegt ein ebenso anerkennenswerter Fortschritt dieser Philosophie über Schopenhauer hinaus wie in der Verwendung der angeblichen Tatsachen des Instinkts, des Hellsehens, der Naturheilkraft und anderer zweifelhafter Erscheinungen, welche im besten Fall ein Rätsel für ein anderes setzen, als ebenso vieler empirischer Beweise für die Existenz des "Unbewußten" eine bedenkliche Verwandtschaft mit der einstigen Schellingschen Naturphilosophie.

Auf Schellings positive Philosophie hat übrigens Hartmann selbst in einer besonderen Schrift als die Einheit Hegels und Schopenhauers zurückgewiesen. Wie in diesem seinem ersten Hauptwerk seine Metaphysik, so hat Hartmann in seinem zweiten: "Phänomenologie des sittlichen Bewußtseins" (Berlin 1878, 2. Aufl. 1886), seine Moralphilosophie, in einem dritten seine Religionsphilosophie dargestellt und zwar in einem ersten, historisch-kritischen Teil: "Das religiöse Bewußtsein der Menschheit im Stufengang seiner Entwickelung" (Berlin 1882), in einem zweiten, systematischen Teil: "Die Religion des Geistes" (Berlin 1882), d. h. das religiöse Bewußtsein auf der Stufe des konkreten Monismus und seiner Immanenzlehre.

Sein viertes Hauptwerk behandelt die "Ästhetik" und zwar im ersten Teil "Die deutsche Ästhetik seit Kant" (Berlin 1886), im zweiten Teil "Die Philosophie des Schönen" (Berlin 1887).

Die übrigen Schriften Hartmanns sind:

  • "Über die dialektische Methode" (Berlin 1868);
  • "Das Ding an sich und seine Beschaffenheit" (Berlin 1871, 2. Aufl. 1875 unter dem Titel: "Kritische Grundlegung des transcendentalen Realismus", 3. Aufl. 1885);
  • "Erläuterungen zur Metaphysik des Ünbewußten" (Berlin 1874, 2. Aufl. 1878 unter dem Titel: "Neukantianismus, Schopenhauerianismus und Hegelianismus");
  • "Die Selbstzersetzung des Christentums und die Religion der Zukunft" (2. Aufl., Berlin 1874);
  • "Wahrheit und Irrtum im Darwinismus" (Berlin 1875);
  • "Kirchmanns erkenntnistheoretischer Realismus" (Berlin 1875);
  • "Zur Reform des höhern Schulwesens" (Berlin 1875);
  • "Die Krisis des Christentums in der modernen Theologie" (Berlin 1880);
  • "Zur Gefchichte und Begründung des Pessimismus" (Berlin 1880);
  • "Die politischen Aufgaben und Zustände des Deutschen Reichs" (Berlin 1881);
  • "Das Judentum in Gegenwart und Zukunft" (Leipzig 1885);
  • "Philosophische Fragen der Gegenwart" (Leipzig 1885);
  • "Der Spiritismus" (Leipzig 1885);
  • "Moderne Probleme" (Leipzig 1885).

Andere kleinere Schriften:

  • "Schellings positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer" (1869),
  • "Aphorismen über das Drama" (1870),
  • "Gesammelte philosophische Abhandlangen zur Philosophie des Unbewußten" (1872),
  • "Über Shakespeares Romeo und Julia" (1874),

sind in den "Gesammelten Studien und Aufsätzen" (Berlin 1876), die auch seine Selbstbiographie enthalten, wieder abgedruckt.

Unter dem Namen Karl Robert Hrtmann veröffentlichte er:

  • "Dramatische Dichtungen: Triftan und Isolde; David und Bathseba" (Berlin 1871).

Auch seine erste Gattin, Agnes, geborene Taubert, ist unter dem Namen A. Taubert mit der Schrift "Der Pessimismus und seine Gegner" (Berlin 1873) als Schriftstellerin aufgetreten.

Literatur

  • Koeber, Das philosophische System E. v. Hartmanns (Bresl. 1884);
  • Vaihinger,H., Dühring und Lange (Iserlohn 1876);
  • Oskar Schmidt, Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewußten

(Leipz. 1876).

Eine Entgegnung auf letztere Schrift enthält Hartmanns Werk "Das Unbewußte vom Standpunkt der Physiologie und Deszendenztheorie" (2. Aufl., Berl. 1877).

Eine Übersicht der umfangreichen Hartmann-Literatur bietet Plümacher in "Der Kampf ums Unbewußte" (Berl. 1880) und "Der Pessimismus in Vergangenheit und Gegenwart" (Heidelb. 1884).

Schneidewin gab "Lichtstrahlen aus Hartmanns Werken" (Berl. 1880) heraus.

Der Briefwechsel Arthur Drews - Eduard von Hartmann. Herausgegeben von R. Mutter und E. Pilick. Rohrbach 1995. Mit einer Einführung in die Philosohie Hartmanns.


Vorlage:Meyers ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890