Bruno Maderna

italienischer Komponist und Dirigent
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Bruno Maderna (* 21. April 1920 in Venedig; † 13. November 1973 in Darmstadt; geboren als Bruno Grossato; nahm später den Geburtsnamen seiner Mutter Maderna an) war ein italienischer Komponist, Dirigent und Musikpädagoge.

Leben

Maderna erhielt als (vermutlich nicht leiblicher) Sohn des Unterhaltungsmusikers Umberto Grossato früh musikalischen Unterricht im Violinspiel und war in jungen Jahren als eine Art Wunderkind auf diesem Instrument die Attraktion im Ensemble seines Vaters. Im Alter von zwölf Jahren dirigierte er bereits verschieden Opernorchester in Norditalien. Er studierte Komposition zunächst in Mailand bei Arrigo Pedrollo und dann an der Accademia di Santa Cecilia in Rom bei Alessandro Bustini. Er schloss sein dortiges Studium 1940 mit einem Diplom ab. 1941 wurde er Schüler im Fach Dirigieren bei Antonio Guarnieri an der Accademia Musicale Chigiana in Siena, 1942 und 1943 folgten weiterführende Studien in Komposition bei Gian Francesco Malipiero an der Accademia Benedetto Marcello in Venedig, danach wurde er zum Kriegsdienst in die italienische Armee eingezogen und kämpfte als Soldat im Zweiten Weltkrieg. Gegen Kriegsende schloss er sich antifaschistischen Partisanen an und geriet kurz in deutsche Gefangenschaft.

Von 1948 bis 1952 war er Dozent an der Accademia Benedetto Marcello, dort nahm er 1948 gemeinsam mit seinem Freund und Schüler Luigi Nono an einem Dirigierkurs bei Hermann Scherchen teil, der ihn auch mit der musikalischen Analyse und Zwölftonmusik der Zweiten Wiener Schule bekannt machte. Nach Scherchens Anregung besuchte er 1949 zum ersten Mal die Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik. Seine internationale Dirigentenkarriere beginnt 1950 mit Auftritten in Paris und, auf Einladung von Karl Amadeus Hartmann, in München. Im Jahr 1955 (1954 nach andere Quellen) gründete er zusammen mit Luciano Berio für die RAI in Mailand das Studio di Fonologia Musicale für elektronische Musik. Dort organisierte er mit den Icontri musicali zwischen 1956 und 1960 eine Reihe von Veranstaltungen, die sich um die Verbreitung der Kenntnis zeitgenössischer Musik bemühten und hielt 1957 und 1958 am Mailänder Konservatorium Kurse über die Technik des seriellen Komponierens ab. Nach 1956 nahm er regelmäßig als Dozent und Dirigent an den Darmstädter Ferienkursen teil, gründete dort 1961 sein Internationales Kammerensemble und leitete es bis zu dessen Auflösung 1967 zusammen mit Pierre Boulez. 1963 nahm er seinen Wohnsitz in Darmstadt. 1971 wurde er für kurze Zeit zum Chefdirigenten des RAI-Sinfonieorchesters Mailand berufen.

In seinem letzten Lebensjahrzehnt übertraf der Ruf des international erfolgreichen Dirigenten Maderna in der öffentlichen Wahrnehmung den des Komponisten; er leitete bedeutende Orchester in Europa, gab Gastspiele in Tokio (1961) und Buenos Aires (1964). Mit Beginn der 1970er Jahre dirigierte er verstärkt auch in den USA. Er lehrte von 1960 bis 1962 an der Dartington Summer School in England, ab 1967 am Rotterdamer Konservatorium. Er hielt Dirigierkurse am Mozarteum Salzburg zwischen 1967 und 1969 und in Darmstadt im Jahr 1969. 1971/72 war er Direktor des Berkshire Music Center in Tanglewood. 1972 wurde ihm für seine Radiokomposition Ages der Prix italia verliehen.

Maderna verstarb am 13. November 1973 an Lungenkrebs.

Musik

Maderna war ein Vertreter der musikalischen Avantgarde nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach neoklassizistischen Anfängen in den 1940er Jahren wandte er sich in den späten 1940er Jahren unter dem Einfluss Scherchens, den er neben Malipiero als seinen eigentlichen Lehrer ansah, der Seriellen Musik zu. Deren strenges Gefüge brach er in der Folgezeit mit einer für ihn spezifischen Form von Aleatorik auf, wodurch er den Determinismus der seriellen Komponierweise in Richtung eines "Offenen Kunstwerks" durchbrach.

In seiner Musica su due dimensioni von 1958 werden erstmalig traditionelle akustische Instrumente zusammen mit elektronischen Klängen in einem Werk verwendet.

1974 wurde er, ein Jahr nach seinem Tod, mit dem Beethovenpreis ausgezeichnet.

Werke

  • Streichquartett (1946)
  • Serenata für 11 Instrumente (1946, revidierte Fassung 1954)
  • Konzert für zwei Klaviere und Instrumente (1948)
  • 3 griechische Lieder für Piccoloflöte, Sopran und Instrumente (1948)
  • Variationen über B.A.C.H. für zwei Klaviere (1949)
  • Komposition Nr. 1 für Orchester (1948/49)
  • Il mio cuore è nel sud. Radioballade nach einem Text von Giuseppe Patroni Griffi (1949)
  • Komposition Nr. 2 für Orchester (1950)
  • Studien zu Kafkas Der Proceß für Sprecher, Sopran und großes Orchester (1950)
  • Improvisation Nr. 1 für Orchester (1951/52)
  • Musica su due dimensioni für Flöte, Schlagzeug und Tonband (1952, Fassung ohne Schlagzeug 1958)
  • Vier Briefe. Kammerkantate für Sopran, Bass und Kammerorchester
  • Improvisation Nr. 2 für Orchester (1953)
  • Flötenkonzert (1954)
  • Komposition in drei Tempi für Orchester (1954)
  • Quartetto per archi in due tempi, Streichquartett (1955)
  • Notturno. elektronische Komposition (1956)
  • Dark rapture crawl für Orchester (1957)
  • Syntaxis. elektronische Komposition (1957)
  • Continuo. elektronische Komposition (1957)
  • Serenata II für 13 Instrumente (1957, revidierte Fassung 1956)
  • Konzert für Klavier und Orchester (1959)
  • Dimensioni II. Invention über eine Stimme für Tonband nach einem Lauttext von Hans G Helms
  • Serenata III für Tonband (1961)
  • Serenata IV für Flöte, Instrumente und Tonband (1961)
  • Konzert für Oboe und Kammerensemble (= 1. Oboenkonzert; 1962)
  • Don Perlimplin. Funkoper nach dem gleichnamigen Drama von Federico García Lorca (1962)
  • Dimensioni III für Orchester mit einer Kadenz für Soloflöte (1963-65)
  • Arie für Sopran, Soloflöte und Orchester nach Texten von Friedrich Hölderlin (1964)
  • Dimensioni IV für Flöte und Kammerensemble (1964)
  • Hyperion. Lirica in forma di spettacolo. (Lyrik in Form eines Schauspiels) Oper nach Texten von Hans G Helms und Friedrich Hölderlin (1964)
  • Stele per Diotima für Orchester (1965)
  • Aulodia per Lothar für Oboe d'amore und Gitarre ad libitum (1965)
  • Amanda für Kammerorchester (1966)
  • Cadenza (aus Amanda) für Violine und Streichtrio (1966)
  • Widmung für Violine solo (1967)
  • 2. Oboenkonzert (1967)
  • Hyperion en het Geweld. (1968)
  • Orchestersuite aus der Oper Hyperion (1969)
  • Quadrivium für 4 Schlagzeuger und 4 Orchestergruppen (1969)
  • From A to Z. Musik für eine Fernsehoper (1969)
  • Ritratto di Erasmo. Radiodram (1969)
  • Violinkonzert (1969)
  • Serenata per un satellite. (1969)
  • Grand aulodia für Flöte, Oboe und Orchester (1970)
  • Tempo libero für Tonband (1971/72)
  • Juilliard Serenade (= Tempo libero II) für Orchester und Tonband (1971)
  • Viola für Viola (1971)
  • Y Dispués für Gitarre (1971)
  • Dialodia für zwei Violinen (1971)
  • Solo für Musette, Oboe, Oboe d'amore und Englischhorn (1971)
  • Pièce pour Ivry für Violine (1971)
  • Ausstrahlung für Frauenstimme, Flöte, Oboe, großes Orchester und Tonband (1971)
  • Dialodia für zwei Flöten, zwei Oboen und weitere Instrumente (1972)
  • Venetian Journal für Tenor, Instrumentalensemble und Tonband nach Texten von James Boswell (1972)
  • Aura für Orchester (1972)
  • Biogramma für großes Orchester (1972)
  • Giardino religioso für kleines Orchester (1972)
  • Ständchen für Tini für Violine und Viola (1972)
  • Ages. Radioinvention für Stimmen, Chor und Orchester nach William Shakespeare (1973)
  • Satyrikon. Oper in einem Akt nach Petronius (1973)
  • 3. Oboenkonzert (1973)

Bearbeitungen

Literatur

  • Rossana Dalmonte, Marco Russo (a cura di), Bruno Maderna Studi e Testimonianze, LIM, Lucca, 2004