Softwarepatent

Ideenschutz für Computerprogramme
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Vereinfacht gesagt, ist ein Software-Patent ein Patent auf eine Erfindung, implementiert in Software.

Der Begriff Software-Patent wird z.B. von Programmierern und Unternehmern benutzt, ist aber in der Rechtssprechung nicht definiert, deswegen kann hier nur der Versuch einer Definition unternommen werden, die das Gemeinte möglichst gut trifft.

Obige Kurzbeschreibung ist zu sehr vereinfacht, denn selbst Patente, die in anderen Bereichen als Software erteilt werden, kann man als Software-Patente bezeichnen, da heute vieles, was traditionellerweise in Automatisierungstechnik, Regelungstechnik und Elektronik implementiert wurde, durchaus durch Programmroutinen (allgemeiner: Text der einer Syntax folgt) definiert werden kann. Dabei kann das Progamm von einem Prozessor direkt ausgeführt werden und die gewünschte Funktion direkt erfüllen oder es kann auch zur Erzeugung von elektronischen Schaltungen und Chipmasken benutzt werden, die analoge und digitale Funktionen so erfüllen, wie es im Programm definiert ist. Die Technik geht sogar soweit, dass Chip-Designer heute frei von Fall zu Fall entscheiden (und wechseln) können, ob eine benötigte Funktion in dem gerade zu erstellendem Chip-Design durch die Ausführung eines Programms im Chip oder durch das automatische Erstellen einer entsprechenden Schaltung realisiert werden soll.

Da Patente in diesem Bereich grundsätzlich keine Implementierungen abstecken, sondern den grundsätzlichen Lösungsweg (z.B. einen Wert nach einer Formel neu zu berechnen und das für x, y, oder z und alles mögliche einzusetzen), und oft z.B. bei Problemen in der Regelungstechnik grundsätzlich beliebige Reglertypen(Pneumatisch, Elektronisch(analog/digital) oder Mikroprozessor) eingesetzt werden können, gehen viele Patentanmeldungen, die sogar von den anmeldenden Firmen selbst als Software-Patente bezeichnet werden (weil sie heute am einfachsten in per Programm implementierbar sind) gar nicht auf eine bestimmte Implementierung ein.

Software-Patente sind sehr umstritten. Lange Zeit waren sie nirgendwo zugelassen, bis die USA diese Praxis geändert haben.

Hintergrund

In Deutschland wird diskutiert, ob diese Patente die Patentierbarkeitsvoraussetzungen erfüllen, da nach § 1 Abs. 2 Ziff. 3 PatG "Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, Spiele oder geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen" nicht als Erfindungen gelten. Allerdings bestimmt Abs. 3, dass Absatz 2 der Patentfähigkeit nur insoweit entgegen steht, als für die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche Schutz begehrt wird. Ebenso ist beim europäischen Patentamt Software "als solche" von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, was im europäischen Patentübereinkommen in Art. 53 Abs. 2 lit. c) und Abs. 3 EPÜ festgeschrieben ist.

Hintergrund ist § 1 Abs. 1 PatG, der Patente nur für Erfindungen zulässt. Nach der Definition muss eine Erfindung jedoch technisch sein, was seinerseits bedeutet, dass zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges sich des Einsatzes von Naturkräften (deutsche Naturkräftetheorie) bedient wird. Nach nunmehr wohl als ständig zu bezeichnender Rechtsprechung des Bundespatentgerichtes und des Bundesgerichtshofes ist aber lediglich die bestimmungsgemäße Benutzung des Computers kein Einsatz von Elektrizität als Naturkraft. Technisch und damit patentierbar sind daher nur Software-Erfindungen, die entweder gleichzeitig eine Hardware-Erfindung bedeuten (etwa automatisch gesteuertes Garagentor) oder aber tatsächlich Hardware unmittelbar gesteuert wird (Speicherverwaltung, Druckwegoptimierung usw.). Im Vordergrund der Überlegungen bei der Erteilung so genannter Software-Patente steht daher die Frage der Technizität der Erfindung.

Die EU-Richtlinie für "computerimplementierte Erfindungen"

Die derzeitige Patenterteilungspraxis des Europäischen Patentamts deckt sich derzeit nicht mit den nationalen Gesetzen, obwohl beide Seiten einheitlich durch das Europäische Patentübereinkommen geregelt sind. Der Grund dafür liegt beim Europäischen Patentamt selbst, das vor einigen Jahren beschlossen hat, das Übereinkommen neu zu interpretieren, ohne dafür eine gesetzliche Grundlage abzuwarten.

Eine Änderung der Gesetzeslage in der EU durch eine Richtlinie der Europäischen Union wurde von der Europäischen Kommission Anfang 2002 vorgeschlagen. Sie richtete sich an der umstrittenen Erteilungspraxis des Europäischen Patentamts aus, die nicht mehr der schon durch das Europäische Patentübereinkommen festgelegten Linie entsprach und führte als Grund für die Richtlinie die Harmonisierung des Status Quo an.

Von Februar bis September 2003 beschäftigten sich die Abgeordneten und Ausschüsse des Europäischen Parlaments mit dem Vorschlag der EU-Kommission, der am 23. September 2003 debattiert wurde.

Am Tag darauf legte das Parlament seinen Standpunkt in erster Lesung fest. Aufgrund zahlreicher Proteste waren die Abstimmung und Debatte mehrfach verschoben worden. In der Abstimmung nahm es u.a. die deutsche Naturkräftetheorie in seinen Standpunkt auf und hat damit ermöglicht, dass es die Richtlinie, wenn sie im Herbst 2004 dem Parlament zur zweiten Lesung vorgelegt wird, wenn nötig noch einmal in diese Richtung ändern kann, falls der Rat der Europäischen Union den Standpunkt des Parlaments nicht berücksichtigt.

Da (nach Angaben von Kritikern des Software-Patents) bereits 30.000 Patente auf einfache Algorithmen und Geschäftsmodelle vom europäischen Patentamt in München bewilligt wurden, ist davon auszugehen, dass zukünftig zusätzliche Milliarden an Lizenzzahlungen aus Europa gen USA fließen werden. Freiberufliche Entwickler ohne die Mittel für jahrelange Patentprozesse dürften Wettbewerbsnachteile erfahren, das wird auch von kleinen und mittleren Unternehmern so gesehen. So genannte Open-Source-Software erfährt einen Nachteil, weil die frühzeitige Veröffentlichung sie als Stand der Technik von der Patentierung ausschließen und die Anwender so in der Regel den Patentansprüchen dritter ohne eigene Tauschware in Form von Patenten gegenüberstehen.

Kritik an Software-Patenten

Die Kritiker der Software-Patente führen an, dass besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) ohne starken finanziellen Hintergrund sowie selbständige Programmierer die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung extrem eingeschränkt werden.

Da Patentrecherchen teuer sind und im Softwarebereich selbst bei den am höchsten qualifizierten Anwälten wegen der schieren Masse der Patente selbst nach langwieriger Lizenzierung der gefundenen Patente keine Garantie bedeuten, somit bei praktisch jedem Produkt jederzeit eine Abmahnung drohen kann, und die Kosten einen Patentprozesses z.B. in den USA bei 1-5 Millionen Dollar liegen, könnten kleinere Firmen, die nicht in dieser Liga spielen, jederzeit durch Abmahnungen zur Geschäftsaufgabe gezwungen werden.

Viele Stimmen befürchten ebenfalls langfristig eine Wettbewerbsverzerrung zuungunsten der freien Software. Wettbewerbsverzerrungen sind gerade etwas, was die EU verhindern will.

Hiervon formal nicht betroffen ist der Schutz von Software nach dem Urhebergesetz. Real bedeutet jedoch eine Ausweitung der Patentierbarkeit in Bereich von Software eine Einschränkung des Urheberschutzes:

  • Ohne Software-Patente hat ein Urheber Rechtssicherheit darüber, dass er mit seiner selbst geschriebenen Software machen kann, was er will, also veröffentlichen, lizensieren, etc.
  • Mit Software-Patenten fehlt dem Urheber Rechtssicherheit. Da Software in der Regel komplex ist und (wie ein Buch aus vielen Sätzen) aus vielen Teil-Algorithmen besteht, ist die Wahrscheinlichkeit schon bei kleinen Software-Projekten sehr groß, dass diese ein Patent verletzen. Es gibt bei Software (anders als bei Büchern) keine automatisierte Möglichkeit, zu überprüfen, ob alle enthaltenen Algorithmen (ob alle enthaltenen Sätze) in einer Liste von patentierten Algorithmen (patentierten Sätzen) enthalten ist. So ist es nicht einmal machbar, Software an bestehenden Patenten vorbeizuentwickeln, selbst wenn eine Software unter Umgehung dieser Patente geschrieben werden könnte.

Somit wird mit Software-Patenten praktisch der gesamte Urheberrechtsschutz, den Software genießt, unbrauchbar gemacht, selbst wenn er noch formal existiert.

In Wien und München gab es im September 2003 aus diesem Anlass Demonstrationen vor dem österreichischen bzw europäischen Patentamt: 300, bzw ca. 500 Menschen protestierten gegen Softwarepatente.

Argumente für Softwarepatente

Von Befürwortern der Softwarepatente wird argumentiert, dass auch Erfindungen im Softwarebereich Forschung und Investitionen erfordern. Diese sollten geschützt werden, das geschieht normalerweise im industriellen Bereich durch Patente. Beispielsweise hat Xerox nicht viel von der Erforschung und Entwicklung der grafischen Oberfläche gehabt, da diese Idee sofort von anderen Herstellern (z.B. Apple) aufgegriffen wurde, und diese damit Geld verdienten.

In Europa wird speziell noch argumentiert, dass europäische Firmen Wettbewerbsnachteile gegenüber japanischen oder US-Firmen hätten, da letztere Lizenzgebühren für ihre Erfindungen nehmen können, erstere jedoch nicht. Dieses Argument ist aber insofern fadenscheinig, als dass Europäische Firmen ohnehin in den USA Patente anmelden können.

Beispiele für Software-Patente

  • Fortschrittsbalken, die den Fortschritt eines Prozesses anzeigen (z.B. beim Brennen einer CD) sind patentiert.
  • Beim Musikkompressionsformat MP3 hat man auf Erkenntnisse der Gehörpsychologie zurückgegriffen: Man verzichtet bewußt auf einen Teil der Informationen, den man ohnehin nicht hören kann, um besser komprimieren zu können. Die Idee, diese bereits vorhandenen Erkenntnisse auf diese Weise zu nutzen, ist patentiert.
  • GIF-Grafiken verwenden den patentierten Kompressionsalgorithmus Lempel-Ziv-Welch (LZW), um die Datenmengen zu verkleinern.
  • Der Elektronische Einkaufswagen, mit dem z.B beim Buchhändler Amazon Bestellungen aufgenommen werden können, ist eine patentierte Kaufmethode.
  • Jegliche Methode zur Versendung von Geschenken an Dritte durch einen Webshop ist durch die Firma Amazon patentiert. Gegen dieses Patent wurde von der GI, dem FFII und Fleurop im Jahr 2004 Einspruch eingelegt.

Siehe auch:

Geistiges Eigentum, Immaterielle Monopolrechte