Ghost Dog – Der Weg des Samurai

Film von Jim Jarmusch (1999)
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Film
Titel Ghost Dog – Der Weg des Samurai
Originaltitel Ghost Dog: The Way of the Samurai
Produktionsland USA,
Japan,
Deutschland,
Frankreich
Originalsprache Englisch,
Französisch
Erscheinungsjahre 1999
Länge 116 Minuten
Stab
Regie Jim Jarmusch
Drehbuch Jim Jarmusch
Produktion Richard Guay,
Jim Jarmusch
Musik RZA, Wu-Tang Clan
Kamera Robby Müller
Schnitt Jay Rabinowitz
Besetzung
Forest Whitaker als Ghost Dog,
John Tormey als Louie,
Cliff Gorman als Sonny Valerio,
Isaach de Bankolé als Raymond,
Henry Silva als Ray Vargo,
Camille Winbush als Pearline,
Tricia Vessey als Louise Vargo,
RZA als Samurai-Bruder,
Richard Portnow als Handsome Frank,
Victor Argo als Vin,
Damon Whitaker als junger Ghost Dog,
Gary Farmer als Kayuga

Ghost Dog – Der Weg des Samurai ist ein Spielfilm aus dem Jahr 1999. In Deutschland lief er am 6. Januar 2000 in den Kinos an.

Handlung

Der Film erzählt die Geschichte des Kampfes zwischen dem Auftragskiller Ghost Dog, der nach dem Ehrenkodex der Samurai (siehe Hagakure) lebt, und einem Clan alternder Mafiosi. Diese suchen für ihre - aus eigener Unzulänglichkeit begangenen - Fehler einen Sündenbock und beginnen, Ghost Dog nachzustellen. Eine schlechte Idee, wie sich zeigen wird, denn ein loser Haufen von Mafia-Rentnern kann es nicht mit einem Berufskiller seines Kalibers aufnehmen. Herausgefordert, bedroht und auch verletzt zieht Ghost Dog in die Schlacht.

Rezension

In geradezu meditativem Tempo erzählt Jim Jarmusch seine Geschichte, mit langen Einstellungen, kunstvollen Mehrfach-Überblendungen und auch relativ wenig Text. Auf diese Weise nutzt er ausgiebig die Möglichkeiten des Mediums Film, um die Geschehnisse in "erzählenden Bildern" darzustellen. Hinzu kommen interessante Aspekte zum Thema "Film im Film": Handlung wird durch Cartoons von Betty Boop, Woody Woodpecker, Felix the Cat und Itchy & Scratchy aus den Simpsons untermalt, vorweggenommen oder gedeutet. Sie gehen dadurch mit dem Film eine besondere Symbiose ein. Ein prägnantes Beispiel ist dieses: Nachdem Louie Ghost Dog erschossen hat und zu Louise ins Auto steigt, sieht man im Bord-TV Itchy & Scratchy, wie sie abwechselnd immer größere Revolver hervorziehen, bis sie schließlich größer als der gesamte Planet sind, welchen sie damit auch in die Luft sprengen.

In Ghost Dog treffen zwei Welten aufeinander, hier diejenige Ghost Dogs, die Welt der Ehre und des Respekts, dort jene der Mafia-Fußsoldaten, geprägt von sinnloser Gewalt und undurchsichtigen Vorstellungen von Loyalität. Zudem ist die beste Zeit dieser "Familie" schon längst vergangen, ihre Geschäfte und ihr Einfluss liegen in den letzten Zuckungen darnieder, was unter anderem dazu führt, dass sie die Miete für ihr Hauptquartier nicht bezahlen kann. Wie auch in Filmen wie Dead Man und Down By Law dreht es sich in Ghost Dog um Außenseiter der Gesellschaft, die in einer Parallelwelt leben. Dort herrschen eigene Gesetze und Zustände, die auf jene, die in der anderen Welt leben, befremdlich wirken müssen. So prallen Ghost Dogs Grundsätze bei den ohnehin ignoranten Mafiosi auf eine Mauer des Unverständnisses. Aus dieser Diskrepanz bezieht Ghost Dog zu weiten Teilen seinen ganz eigenen, für Jarmusch charakteristischen Humor. Die Szene etwa, in der Louie seinen Bossen alles über seinen mysteriösen Killer erzählen soll, gerät zu einer einzigen Farce.


Rezeption

Die deutsche Kritik geht mit Ghost Dog höchst unterschiedlich um. Sie reicht von überschwänglichem Lob bis hin zu gnadenlosen Verrissen. Von faschistoiden Zügen aufgrund des Samurai-Kodex’, der von einem Krieger die bedingungslose Unterordnung unter einen Fürsten - seinen Herren und Meister - fordert, ist die Rede wie auch davon, Forest Whitaker schmilze wie ein „Schokoladentrüffel“ durch den Film. Von der englischen und amerikanischen Kritik sind solche extremen Ausschläge nicht bekannt. Im Gegenteil, sie würdigt Ghost Dog eher als ungewöhnliche Mischung aus Poesie und Trash von der Art Pulp Fictions. Jarmusch formt daraus eine Persiflage auf Gangster-Streifen aus Hollywood-Produktion und auch Kampf- und Haudrauf-Trash à Bruce Lee und Jackie Chan. Davon zeugen etwa die in mehrfache Loops gespannten Slow-Motions der Kampf-Szenen.


Die Hauptcharaktere

Ghost Dog

Ghost Dog ist Auftragskiller und lebt nach dem Ehrenkodex der Samurai. Eremitenhaft wohnt er zurückgezogen auf dem Dach eines baufälligen Hauses in einem Schwarzenviertel von Jersey. Viel Zeit verbringt er mit der Lektüre des Hagakure, dem "Buch des Samurai" von Yamamoto Tsunetomo. Es ist die Grundlage seiner Lebensphilosophie. An seine bescheidene Baracke ist eine Voliere angebaut, in der er Brieftauben hält. Er liebt es, ihren Flug zu beobachten und nutzt sie darüber hinaus auch als Kommunikationsmittel. Die beste Charakterisierung liefert Raymond, wenn er aus seinem Buch über Bären vorliest: »Der Bär ist ein Einzelgänger. Er ist fähig, sich jeder Art von Klima und Nahrung anzupassen. In Gemeinschaft kommt es vor, dass er seine Nahrung teilt, wenn sie reichlich ist, und das trotz des geringen sozialen Kontaktes (in diesem Moment essen Ghost Dog und Pearline gerade gemeinsam ein Eis). Der Bär ist ein Furcht erregender Gegner ohne jeglichen räuberischen Instinkt. Wird er jedoch überrascht oder verwundet, kann er angreifen und wird sehr gefährlich.« Wie zum Beispiel in der Szene, in der er zwei Jägern begegnet, die gerade einen Bären erlegt haben.


Louie

Seine Dienste als Cleaner stellt Ghost Dog Louie, dem Mitglied eines italo-amerikanischen Mafia-Clans zur Verfügung, da dieser ihn in der Vergangenheit vor weißen, prügelnden Rassisten bewahrt hat. Aus Dankbarkeit trug er ihm seine Gefolgschaft an. Seitdem hat Ghost Dog etwa "zwölf perfekte Aufträge" für ihn ausgeführt. Louie schätzt nicht nur Ghost Dogs professionelle Arbeit, sondern vor allem auch den uneingeschränkten Respekt, mit dem ihm Ghost Dog stets gegenübertritt.


Sonny Valerio

ist der Statthalter des Bosses Ray Vargo. Ihm obliegen die administrativen Aufgaben, und diese führt er in skrupelloser Weise aus. Er ist es, der Louie den Auftrag gab, ein Mitglied ihres Clans beseitigen zu lassen, und nun seinen Killer ermordet wissen möchte. Er steht auf die Musik von Public Enemy und vollführt dazu beim Zähneputzen – trotz einer starken Gehbehinderung – kleine Tänzchen.


Ray & Louise Vargo

Der Clan-Boss Mr Vargo und seine Tochter Louise haben ein stark unterkühltes Verhältnis zueinander, und das, obwohl er "crazy about her" ist, wie es im Film heißt. Louise ist der Anlass für die Jagd des Clans nach Ghost Dog: Sie ist zufällig immer dann anwesend, wenn er einen Auftrag ausführt. Daraus entsteht eine Art "Beziehung", in deren Verlauf sie Ghost Dog auch ein Buch ausleiht. Da Mr Vargo sie als Alleinerbin eingesetzt hat, erbt sie seinen gesamten Besitz und avanciert am Ende des Films zur neuen Chefin.


Pearline

ist ein kleines Mädchen, das Ghost Dog im Park kennenlernt. Sie teilt mit ihm die Vorliebe für das Lesen guter Bücher. Kurz vor seinem Tod gibt Ghost Dog seinen Hagakure an sie weiter. Es deutet alles darauf hin, dass sie seine Nachfolgerin wird.


Raymond

Der haitianische Eisverkäufer ist der beste Freund Ghost Dogs. Da Raymond nur Französisch spricht, versteht keiner ein Wort des anderen. Trotzdem teilen sie auf wunderbare Weise dieselben Gedanken.


Bemerkenswert

  • Der Indianer vom Stamme der Kayuga, im Abspann "Nobody" genannt, wird dargestellt von Gary Farmer, der schon "Nobody" in Dead Man verkörperte.
  • Der junge, von weißen Rassisten bedrängte Ghost Dog wird von Damon Whitaker gespielt, dem Sohn Forest Whitakers.
  • Yabu no naka: Die Substanz der Kurzgeschichte In a grove ("Yabu no naka") von Ryunosuke Akutagawa, enthalten in seinem Buch Rashomon, findet ihre Entsprechung in den Rückblenden. Yabu no naka erzählt ein und dieselbe Geschichte aus sieben verschiedenen Perspektiven, wodurch sieben verschiedene Versionen der Geschehnisse entstehen. Auch die Szenen, in denen Louie den jungen Ghost Dog aus seiner misslichen Lage befreit, werden unterschiedlich dargestellt, je nachdem, wer sich daran erinnert.


Literatur

  • Yamamoto Tsunetomo: Hagakure. The Book of the Samurai. Translated by William Scott Wilson. Tokio/New York: Kodansha 1979, ISBN 4-7700-1106-7.
  • Ryunosuke Akutagawa: Rashomon and other stories. Translated by Takashi Kojima. London/New York: Liverlight 1952, ISBN 0-87140-173-8.