Geschichte Polens
Siehe To-Do-Liste.
Vor- und Frühgeschichte
Neolithikum
Die erste Besiedlung Polens ist im Paläolithikum nachgewiesen. Die ersten Ackerbauern in Polen gehörten zur Bandkeramischen Kultur, ab etwa 5500 BC cal. Die Tiefebene wurde erst in der Trichterbecherkultur neolithisiert.
Bronzezeit
Die Kulturen der frühen Bronzezeit entwickelten sich aus der Kugelamphorenkultur und der Schnurkeramik. Die wichtigste Kultur der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit war die Lausitzer Kultur. Die Siedlung Biskupin wurde seit den 1920ern ausgegraben und die Rekonstruktion einer befestigten Siedlung der Lausitzer Kultur zieht heute zahlreiche Besucher an.
Eisenzeit
Tacitus bezeichnete 75 nach Christus die Weichsel als Ostgrenze des germanischen Siedlungsgebietes. Die Goten begannen ab Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Richtung Süden und Osten zu wandern. Im 5. Jahrhundert endete die germanische Besiedelung. Ob und inwieweit dies mit dem großen Vorstoß der Hunnen nach Gallien im Jahre 451 zusammenhängt, ist unklar.
Frühmittelalter
Erst danach begannen sich slawische Stämme, wahrscheinlich auf den Druck seitens der Awaren um 550, aus Osteuropa kommend, in den fast menschenleeren Gebieten anzusiedeln. Wie einst ab 375 die Hunnen, hatten im 6. und 7. Jahrhundert die Awaren die Völker in Bewegung gesetzt und die politische Karte Europas verändert. Sie rissen die Slawen aus ihrer Heimat zwischen Karpaten und Don nach Westen und Süden mit sich fort und setzten sich, nach dem sie im Verbund mit den Langobarden das Gepidenreich im heutigen Rumänien 567 vernichtet hatten, gleich den Hunnen in der Donau-/Theiß-Ebene fest, von wo aus sie Europa bedrohten. Im Westen waren es vor allem die Reiche der Langobarden und der Franken und im Südosten das mächtige Oströmische Reich (Belagerung Konstantinopels 626) .
Die Westslawen hatten um 600 die Elbe-Saale-Linie überschritten. Es werden diverse westslawische Stämme erwähnt, wie die Abodrites, Veleti, Liutici, Sorben, wie auch der Stamm, aus dem sich die späteren Polen entwickeln sollten, die Polanen. Soviel geht aus der Geschichte der Völkerwanderungen in Europa hervor.
Die ersten Versuche einer Staatenbildung unter den Westslawen fanden südlich des heutigen Polen auf dem Gebiet Tschechiens und der Slowakei statt. Um 626 wurde im Kampf gegen das Awaren- und Frankenreich der erste slawische Staat gegründet, das Reich des Samo. Im Kampf gegen die Franken und nach der fehlgeschlagenen Belagerung der Wogastisburg durch den Frankenkönig Dagobert I., schloß sich Derwan, Herzog der Sorben (Dervanus dux gente Surborium que ... ad regnum Francorum iam olem aspecserant), Samo an. Er war der erste historisch fassbare Herrscher der Nordwestslawen, über den die Quellen zu 632 berichten. Nach dem wahrscheinlichen Auseinanderbrechen gegen 660 verlieren sich jedoch die Spuren, da bis 800, der Zeit Karls des Großen, kaum schriftlichen Quellen über die Westslawen verfügbar sind. Die schriftlichen Quellen setzen erst am Ende des 8. Jahrhundert ein, im Zusammenhang mit dem Kampf der Franken gegen die Awaren zwischen (791 - 803). Um 805 wurde zur Sicherung der nördlichen Ostgrenze der Limes Sorabicus an der Elbe, die sorbische Grenzmark errichtet. In den Sachsenkriegen (772 - 804) unterwarf Karl der Große die heidnisch gebliebenen Sachsen (Heimatgebiet war das heutige Niedersachsen und Westfalen) und gab den östlichen Teil Sachsens den slawisch-heidnischen Polaben (siehe auch Wendland), welche mit ihm im Kampf gegen die Sachsen verbündet waren, zur Besiedlung frei. In den von Karl eroberten ehemaligen awarischen Gebieten (Pannonische Marken) entstanden lose dem Frankenreich angehörende slawische Fürstentümer. Bedeutende Rollen spielten vor allem das mährische und das Nitraer Fürstentum, aus denen sich das spätere Reich der Großmährer um 830 herausbilden sollte. Unter Sventopluk gegen Ende des 9. Jahrhunderts erreichte dieses Reich seine größte Ausdehnung und dehnte sich weit bis nach Schlesien und Kleinpolen aus. Auch war Böhmen ein Teil dieses Reiches. Nach dem Zusammenbruch der Großmährer stand dann Böhmen für Jahrhunderte unter dem kirchlichen Einfluß des ostfränkischen Erzbistums in Regensburg.
Die direkte Grenze mit christlichen Mährern forcierte die politische Vereinigung polanischer Kräfte in der Hand einer Zentralgewalt. Das Reich der Polanen wurde nach großmährischem Muster aufgebaut. Im 9. Jahrhundert berichtete ein Bayerischer Geograph erstmalig über die slawischen Stammesstrukturen im heutigen Polen. Der Slawenapostel Methodius sprach von einem mächtigen Staat der Wislanen, der nach slawisch-griechischem Ritus christianisiert gewesen sein soll. Der weitere Weg zu einer eigenständigen staatlichen Entwicklung wurde aber wahrscheinlich durch ungarische Raubzüge unterbunden. Unter ihrem Fürst Arpad drangen die Magyaren nach Mitteleuropa vor und wüteten dort länger als ein halbes Jahrhundert. Erst deren vernichtende Niederlage, die sie 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen den deutschen König Otto I. hinnehmen mussten und die zum vollständigen Rückzug ins ungarische Stammland führte, öffnete den Weg zur Konsolidierung des Staatsgefüges unter den ersten Piasten.
Die Zeit war günstig dazu, denn auch die deutschen Könige und Kaiser machten keine Anstalten, ihr eigenes Reich gen Osten auszuweiten (siehe Drang nach Osten). Es wurden in karolingischer Tradition Grenzmarken errichtet, die anfangs dem Schutz des Heiligen Römischen Reiches vor den heidnischen Slawen dienen sollten. Die deutschen Könige schickten sich vielmehr an, auch Könige des viel attraktiveren Italien (siehe auch Lombardei) zu werden - eine Voraussetzung um die Kaiserwürde zu erhalten und damit die Führerschaft der abendländischen Christenheit.
Staatsgründung und die ersten Piasten
960-992 Mieszko I. und die Christianisierung Polens
Um 960 trat Polen aktiv auf die politische Bühne Europas. Das Land, dessen Name sich von dem westslawischen Stamm der Polanen (Feldbewohner) ableitet, ist als Herzogtum im frühen 10. Jahrhundert von Posen und Gnesen aus gegründet worden. Es wurde in jener Zeit 960-992 vom Herzog Mieszko I. aus der Dynastie der Piasten regiert. Das weiß markierte Gebiet auf der Karte repräsentiert die ungefähre Größe des polnisches Staates um das Jahr 960 zu Beginn der Herrschaft Mieszkos I. Da es sich um eine recht alte Karte handelt (19 Jh.?), ist das dort erwähnte Datum 992 falsch.
963-967 werden das junge Staatswesen und Mieszko selbst das erste Mal schriftlich erwähnt, daher gilt dieses Datum oft als das erste in der polnischen Geschichtsschreibung. Der Anlass sind die Einfälle des Grafen Wichmanns des Jüngeren, eines abgefallenen sächsischen Vasalls des deutschen Königs Otto I. und seines Verbündeten im heidnischen Wendland, des mächtigen Markgrafen Gero aus der Ostmark. Im Zuge dieser Kämpfe wird Mieszko vom Markgraf Gero und seinem Verbündeten Wichmann besiegt. Er wurde für einen Teil seines Herrschaftsgebietes (Region um Lebus), dem Heiligen Römischen Reich tributpflichtig gemacht.
965 kam es zu einem Bündnis mit den bereits christlichen Tschechen (Böhmen). Mieszko I. ließ sich römisch-katholisch taufen und heiratete die böhmische Herzogstochter Dubrawka aus dem Geschlecht der Przemysliden. Damit hoffte er zu verhindern, dass Polen zwischen missionseifrigen Nationen aus dem Westen aufgerieben wurde und konnte zum anderen, unter dem Vorwand der Heidenmission, die eigenen Grenzen ausweiten. Es wurde ein unabhängiges Missionsbistum in Gnesen gegründet. Die Annahme des Christentums war zweifelsfrei eine rein politische Entscheidung, bedingt durch den Druck des Heiligen Römischen Reiches.
967 zahlte sich das Bündnis mit Böhmen das erste Mal aus. Mit Hilfe przemyslidischer Reitertruppen schlug Mieszko I. den Grafen Wichmann, den militärischen Führer des slawischen Wollinerbundes, der seinen Vorstoß gen Pommern mit Hilfe der Wolliner verhindern wollte, in die Flucht. Sein Schwert lieferte Mieszko, als amicus imperatoris ("Freund des Kaisers", so wurde er seit seiner Taufe genannt), dem Kaiser aus. Wichmann selbst starb auf der Flucht.
Auf der Grundlage eines im Innern gefestigten Staatswesens wurden in den Jahren 967-979 ganz Hinterpommern mit Stettin und Pommerellen mit Danzig (Gründung einer Festung bei Danzig 979) unterworfen. Mieszkos Tochter aus der Ehe mit Dobrawa, Swietoslawa, heiratete König Sven von Dänemark und wurde die Mutter Knuts des Großen.
972 wurden die Truppen des Markgrafen Odo (Hodon) an der unteren Oder in der Nähe von Zehden besiegt und in die Flucht geschlagen, Tod des einzigen bei Namen bekannten Bruders von Mieszko, Czcibor. Der Sieg über Odo bedeutete die Sicherung der Westgrenze. 973 kam es dann zu einem Verständigungsfrieden mit dem Heiligen Römischen Reich bzw. Odo, auf dem Quedlinburger Hoftag von 973, wo Mieszko als "Freund des Kaisers" (amicus imperatoris) seinen persönlichen Treueeid leistete. Inwieweit und ob überhaupt damit Polen in ein Lehnsverhältnis zum Heiligen Römischen Reich eintrat, ist historisch umstritten.
981 Verlust der wichtigen Tscherwenischen Burgen (Ruthenien) und somit die Kontrolle über die Ost-Westhandelspassage zu Gunsten des Kiejewer Großfürsten Wladimir I., der die schwierige militärische Lage der Piasten im Westen für sich selbst auszunutzen wußte.
986 bestätigte Mieszko seinen Vasallenstatus (Tributpflicht) abermals, indem er dem noch minderjährigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches - Otto III. - wiederum in Quedlinburg huldigte. Er führte in seinem Namen einen Heidenfeldzug gegen die Elbslawen an. Bei den Rechtsvertretern des kindlichen Kaisers konnte er hierdurch auch auf Hilfe bei der Eroberung Kleinpolens und Schlesiens setzen.
Nach dem Tod von Mieszkos erster (böhmischer) Frau Dubrawka (977) und seiner Heirat mit einer deutschen, erfolgte ein Bruch zwischen Polen und Böhmen, kam es zur Entfremdung mit Böhmen, was schließlich 989-999 zum Krieg führte. In diesem Konflikt eroberte Mieszko Schlesien, Kleinpolen und Mähren auf Kosten Böhmens und die Slowakei auf Kosten Ungarns.
Im Jahr vor seinem Tod stellte der erste historisch belegte Herrscher Polens sein gesamtes Land, unter den Schutz des Papstes (politischer Gegenspieler des Kaisers im Mittelalter). Polen wurde päpstliches Lehen (Peterspfennig). Er verstarb im Jahr 992 und liegt in der Kathedrale zu Posen begraben. Sein Nachfolger wurde sein Sohn aus erster Ehe mit Dubrawka Bolesław I. „der Tapfere“.
Boleslaw I.
992 teilte Mieszko I. sein Reich in altslawischer Tradition unter seinen Söhnen Boleslaw (aus der Ehe mit Dubrava) und Swietopelk, Lambert, Mieszko (jun.) aus der Ehe mit Oda auf. Boleslaw brach jedoch mit dem Willen des Vaters, indem er, sicherlich unterstützt durch eine starke Gruppe einflussreicher Magnaten, seine Stiefmutter und seine Halbbrüder in das Heilige Römische Reich vertrieb. Die Reichseinheit wurde wiederhergestellt. Boleslaw schloß an die Politik seines Vaters "Bündnis mit dem Reich" als Tributpflichtiger (keine Lehnspflicht) an und unterstützte 995 den für volljährig erklärten Kaiser Otto III., bei der Verteidigung des christlichen Glaubens, indem er sich, gemäß der Quedlinburger Absprache von 991, an dessen Kampf gegen die heidnischen Elbslawen, beteiligte, der jedoch weitgehend erfolglos blieb. Der östliche Teil der Nordmark (Brandenburg) blieb bis ins 12. Jahrhundert unter polnischem Einfluß, der sein Zentrum in der Region um Lebus hatte.
Im Rahmen der Christianisierung der baltisch-pruzzischen Stämme an der Ostsee, kam der Bischof Adalbert von Prag 997 nach Polen, von wo er mit polnischer Unterstützung in das Pruzzenland gelangte. Dort wurde er jedoch bei Fischhausen ermordet. Boleslaw löste den Leichnam Adalberts aus und setzte diesen in der Kathedrale zu Gnesen bei. Allerdings wurde dieser schon 1038, nach dem polnisch-böhmischen Krieg, nach Prag entwendet. Adalbert wurde bereits 999 von Papst Silvester II. heilig gesprochen. Dies erleichterte das Bestreben des Herzogs um die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz in Rom ungemein, sodass schließlich Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. diesem Wunsch entsprachen.
Im Jahre 1000 pilgerte der römisch-deutsche Kaiser Otto III., zu dem Boleslaw ein freundschaftliches Verhältnis hatte, an das Grab seines Freundes, des Märtyrers Adalbert in Gnesen, um als Staatsakt sein Reichskonzept von der »Renovatio Imperii Romanorum« zu verkünden. Ein Konzept, in dem Polen, als Slawenland, eine gleichrangige Stütze am Gebäude des "Imperiums" war, genauso wie Gallia oder Germania.
Es wurde für die slawischen Provinzen das Erzbistum Gnesen errichtet, mit Adalberts Bruder Gaudentius (Radim) als erstem Erzbischof von Gnesen, dem die neugegründeten Bistümer Kolberg (Pommern), Krakau (Kleinpolen) und Breslau (Schlesien) unterstanden. Die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz war ein erster Grundpfeiler der Emanzipation Polens vom Heiligen Römischen Reich. Während dieses Besuches erkannte Otto III. offiziell die Souveränität des piastisch-polnischen Herrschers an (keine Tributflicht mehr, die seit 963 bestanden hatte).
Der junge Kaiser wollte unter Einbindung der inzwischen christianisierten Völker des Ostens ein neues christliches Weltreich unter der Führung des Kaisers als weltliches Oberhaupts der Christenheit über Königtümer wieder erstehen lassen. Dabei sollte Polen ein führender Platz innerhalb der "Sclavinia" zukommen. Otto begünstigte die Konsolidierung und Machtausweitung der Piasten gegenüber den tschechischen Premysliden, die mit den Interessen des Heiligen Römischen Reiches weit weniger in Einklang standen.
Boleslaw soll von Otto in Gnesen in den Stand der Könige erhoben worden sein. Das ist jedoch umstritten. Es gibt aber deutliche Hinweise, die die Königsthese stützen. Auf jeden Fall wurde die Krönungszeromonie nicht vollendet. Es fehlte die Erlaubnis des Papstes. Diese konnte aber wegen des frühen Tods Ottos III. und des vehementen politischen Widerstands des neuen deutschen Königs und späteren römisch-deutschen Kaisers Heinrichs II. fast zwei Jahrzehnte lang nicht eingeholt werden.
Der frühe Tod Ottos III. im Jahre 1002 und die Thronbesteigung Heinrichs II., mit engen Verbindungen zu den Böhmen (Przemysliden), der dem Polenkönig nicht wohlgesonnen war, änderte die Beziehungen des Königreich Polen zum Heiligen Römischen Reich diametral. Boleslaw trat in Opposition zum Reich, und verfolgte nunmehr eigene Ziele der Expansion. Dies führte zu einem mehrjährigen Krieg Polens mit dem römisch-deutschen Kaiser, an dessen Ende sich Polen dank seiner in Ansätzen bereits gefestigten Staatlichkeit behaupten konnte und einen Ausgleichsfrieden (siehe: Frieden von Bautzen) mit dem Deutschen Reich schloss. Dies verdankte Boleslaw auch seinen Verbündeten, wie seinem Neffen Knut von Dänemark.
Die in Gnesen getroffene Absprache zwischen Polen und dem Reich wurde widerwillig von Heinrich bestätigt, auch verlangte Boleslaw vom deutschen Kaiser militärische Unterstützung für seinen lange geplanten Zug nach Kiew (gegen Jaroslaw von Kiew), die er auch ohne weiteres bekam. Er konnte dem Kaiser zwar die Mark Meißen nicht abtrotzen, jedoch behielt er seine Erwerbungen im Westen, das Milzener Land und die Mark Lausitz lehnsfrei, die dann auch bis 1031 bei Polen blieben.
Für Boleslaw Chrobry führte dieser Krieg zwar zu einem Substanzverlust des Landes, er griff dennoch in die Streitigkeiten der slawischen Stämme in der Nordmark (Brandenburg) ein und legte in Berlin-Köpenick eine Burg auf der heutigen Schlossinsel an. Für fast 120 Jahre, bis Mitte des 12. Jahrhundert, war Köpenick der Sitz eines piastischen Vasalls.
Hiernach wandte er sich nach Kiew, um dort seinen Schwiegersohn, den Kiewer Großfürsten Swietopelk, gegen desssen Bruder Jaroslaw zu unterstützen. Nach erfolgreicher Wiedereinsetzung Swietopelks erwarb er noch die tscherwenischen Burgen für Polen zurück.
1024 verstarb Heinrich II. Nun stand der endgültigen Königskrönung Boleslaws nichts mehr im Weg. Das deutsche Interregnum ausnutzend, setzte er sich 1025 ein zweites Mal die Krone aufs Haupt, wodurch er der erste König von Polen wurde. Dies stieß im Reich zwar auf ein negatives Echo, war aber zweifellos ein großer Prestigegewinn für Polen. Allerdings sollte sich das Königtum zunächst nicht als dauerhaft erweisen.
Boleslaw förderte den christlichen Glauben in Polen, wissend, dass der Papst im 11. Jahrhundert einer der bedeutendsten machtpolitischen Konkurrenten des deutschen Kaisers war. Durch die erfolgreiche Gründung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz mit dem Erzbistum Gnesen und seiner Krönung zum ersten polnischen König begründete er die polnische Emanzipation vom Heiligen Römischen Reich. Er war auch der Begründer der polnischen Kastellanverfassungsordnung. Er hat aus dem relativ kleinen, unterentwickelten Staat seines Vaters einen in der ganzen Region bedeutsamen Staat gemacht. In Polen gilt er bis heute als eine der wichtigsten historischen Persönlichkeiten. Er liegt neben seinem Vater Mieszko I. in der Kathedrale von Posen begraben.
Die Wirren unter Mieszko II.
1025 Nach dem Tod Boleslaws übernahm sein für die damalige Zeit äußerst gebildeter Sohn Mieszko II. Lambert (er beherrschte neben seiner Muttersprache Polnisch, auch Latein und Griechisch) die Herrschaft und erhob sich und seine deutsche Frau Richeza in den Stand der Könige, um die Unabhängigkeit von der Lehnsherrschaft der römisch-deutschen Kaiser zu sichern. Jedoch gelang es ihm nicht, die von seinem Vater eroberten Gebiete lange zu halten. Nach nur fünf Jahren der Herrschaft begann sein Reich, bedingt durch innere Unruhen (Kriege, Aufbau der jungen Monarchie und Kirche, die riesige Kosten verursachten, und nun mehr dem einfachen Volk auferlegt wurden) und von außen erzeugte Instabilitäten (ins Ausland geflüchtete Brüder Mieszkos II., Otto und Bezprym, die mit dem Willen des Vaters Boleslaw brachen) zu erodieren.
In väterlicher Tradition unternahm der neue Herrscher Kriegszüge gegen östliche Teile des Heiligen Römischen Reiches, vor allem Thüringen und das Herzogtum Sachsen (Einnahme von Hamburg). Dies brachte ihm im Reich und in Europa viele Feinde ein und überforderte den immer noch jungen Staat. Außerdem provozierte es eine militärische Reaktion Konrads. Dies führte zum Verlust einiger Gebiete (Mähren, Slowakei, Tscherwenische Burgen und Lausitz) und zur Stärkung der inneren Opposition, da sich Mieszkos Brüder jetzt mit den Gegnern des Herrschers verbünden konnten. Schließlich wurde Mieszko sogar gestürzt und musste fliehen und das Land seinem Bruder Bezprym überlassen.
Bezpryms Herrschaft dauerte nicht lange. Es kam zu einem Aufstand gegen den neuen Herrscher. Kurz darauf wurde Bezprym 1032 ermordet. Der Tod Bezpryms eröffnete für Mieszko die Möglichkeit der Rückkehr in die Heimat. Er verständigte sich mit seinem jüngeren Bruder Otto und kam aus Böhmen nach Polen zurück. Auch mit dem Kaiser einigte sich Mieszko bald. Mieszko verzichtete auf Druck des Kaisers auf die Königskrone, und teilte sein Reich zunächst mit seinem Bruder Otto und einem gewissen Dietrich (ein Verwandter von Oda von Haldensleben). 1033 verstarb bereits Mieszkos Bruder Otto. Dietrich verlor aus nicht bekannten Gründen seinen ihm zugewiesenen polnischen Machtbereich und so konnte Mieszko noch kurz vor seinem Tod die Hauptprovinzen Polens an seine Herrschaft binden. Die boleslawischen Erwerbungen sowohl im Osten als auch im Westen waren jedoch verloren. Polen beschränkte sich auf die Hauptprovinzen Groß-/Kleinpolen, Masowien, Pommern, Pommerellen und Schlesien und entsprach um 1034 somit ungefähr den heutigen Grenzen. Mit dem Verzicht auf die Königswürde stand Polen ab 1033 für Jahrzehnte wieder in formeller Abhängigkeit zu römisch-deutschen Kaisern.
Staatskrise und Erneuerung
1034 ging die Herrschaft auf Mieszkos Sohn Kasimir über, der aus der Heimat seiner deutschen Mutter kommend, die Gewalt im Staate übernahm. Er hielt sich jedoch nicht lange an der Macht, und musste bereits 1037, auf Druck der Opposition, Polen Richtung Ungarn verlassen. Eventuell, kam er überhaupt erst 1039 das erste mal nach Polen. Von 1037 bis 1039 fand ein Auflösungsprozess des polnischen Staates statt. Es kam vor allem in Großpolen (Posen) zu Aufständen gegen die Kirche und das Magnatentum, die eigentlichen Profiteure des sozio-politischen Umbruchs der ersten Piasten (die Einführung eines des "Zehnten" ähnlichen Systems für die Kirche und den Adel - die Bauern waren bis dato frei -), Verbunden war das ganze mit einem starken Rückfall ins Heidentum. Einzelne Regionen verselbständigten sich, zum Beispiel Masowien und Pommern.
Den Niedergang der Zentralgewalt in Polen ausnutzend, unternahm der böhmische Herzog einen Kriegszug, bei dem er die Gebeine des Hl. Adalbert erbeutete, das Land (v.a. Großpolen) verwüstete und Schlesien eroberte. Hinzu kamen noch Plünderungszüge der heidnischen Pruzzen und Pomoranen.
Der neue Kaiser im Reich, Heinrich III., befürchtete nun ein politisches Erstarken Böhmens unter Břetislav I. und erteilte dem jungen Herzog Kasimir, 1039 nachdem dieser zuerst sein Vasall geworden war, militärische Hilfe. Mit dieser gelangte der Herzog in den Besitz Großpolens (Posen-Gnesen) und um 1041 Kleinpolens (Krakau) zurück. Sogleich machte er Krakau zur neuen Hauptstadt Polens, da Großpolen durch die vielen Aufstände und den böhmisch-polnischen Krieg zu verwüstet war.
1041 zwang der Kaiser den böhmischen Herrscher zum Verzicht auf Ansprüche gegenüber Polen, gab jedoch Schlesien nicht an Polen zurück. Um die Grenze im Osten abzusichern, schloß Kasimir 1041 ein Bündnis mit Jaroslaw von Kiew und heiratete wenig später dessen Schwester, Fürstin Dobroniega-Maria. Jaroslaw gewährte ihm daraufhin militärische Hilfe bei der Rückeroberung Masowiens und Pommerellens mit Danzig 1047.
Vor seinem Tod 1058, erwarb er um 1046, gegen den Willen des Kaisers, Schlesien (Restauration des Bischofssitzes in Breslau ) von den Böhmen zurück. Erst nachdem Břetislav I. 1053-55 die bayrische Rebellion unterstützte, und hierdurch beim Kaiser in Ungnade fiel, musste er auf Drängen des deutschen Souveräns 1054 in Quedlinburg auf Schlesien endgültig verzichten, gegen jährliche Tributzahlungen aus Polen, was zum Anlaß für weitere böhmisch-polnische Auseinandersetzungen wurde. Die beiden gleichstarken slawischen Staaten wurden so für Jahrzehnte politisch-militärisch geschwächt.
Kasimir I., der Erneuerer, gilt als derjenige polnische Herrscher, der den christlichen Staat der Piasten nach der letzten größeren heidnischen Reaktion wiederaufgebaut hat und zudem durch seine Landvergabe an Krieger zu deren Versorgung das Rittertum in Polen eingeführt hat.
Nach dem Tod von Kasimir 1058, folgte ihm sein Sohn Boleslaw II. nach. Dieser führte eine sehr erfolgreiche Außenpolitik. So entledigte er sich der Tributpflicht für Schlesien an Böhmen. Auch gelang es ihm 1077 mit Erlaubnis des Papstes Gregors VII. die Königswürde wiederherzustellen. Er setzte, vor allem im Bereich der kirchlichen Strukturen, die Wiederaufbauarbeit seines Vaters fort. Einen Schatten auf seine Herrschaft wirft die Verurteilung und Tötung (unter unklaren Umständen) des Bischofs Stanislaus von Krakau, welche einen Aufstand gegen Boleslaw auslösten, der schließlich zu seiner Flucht nach Ungarn führte, wo er auch 1082 starb.
Boleslaw II. folgte dessen jüngerer Bruder Wladyslaw Herman. Bereits wenige Jahre nach seiner Thronbesteigung versöhnte er sich mit dem Sohn seines vertriebenen Bruders, gestattete ihm zurückzukehren und stattete ihm mit einer eigenen Provinz aus. Für einige Jahre zahlte er wieder Tribut für den Besitz Schlesiens. Zum Ende seiner Herrschaft geriet er in Konflikt mit seinen Söhnen und musste ihnen, sein Neffe war inzwischen verstorben, eigene Provinzen zuteilen (1098), behielt aber noch die Oberherrschaft. Er starb schließlich 1102.
Die Zeit der Zersplitterung
Boleslaw Schiefmund und sein Testament
Boleslaw gelang es 1108 seinen Halbbruder Zbigniew zu unterwerfen und 1109 einen Invasionsversuch Kaisers Heinrich V., der damit nicht einverstanden war, erfolgreich abzuwehren, sodass Polen bereits nach wenigen Jahren geeinigt war.
Unter Boleslaw III. dehnte Polen 1121 bis zur Intervention Heinrichs des Löwen 1164 seinen Machtbereich durch die Unterwerfung der heidnischen Pomoranen, damit der letzten freien heidnischen Slawengebiete, die er von Otto von Bamberg christianisieren ließ, aus. In Ottos Geleit kamen unter anderem die ersten deutschen Siedler als Mönche nach Pommern. Auch dehnte Boleslaw III. seinen Einflußbereich bis in das heutige Brandenburg hinein (Gründung eines Bistums in Lebus), womit Brandenburg bis 1424 kirchlich mit dem polnischen Erzbistum Gnesen verbunden war.
Da er viele männliche Nachkommen hatte, und er Kämpfe unter seinen Söhnen vermeiden wollte, wie damals die seinen mit Zbigniew, teilte er sein Reich -nach slawischem Brauch- unter seinen Söhnen auf, indem nur der älteste das Land nach außen repräsentieren sollte (Senioratsprinzip).
Das Scheitern des Senioratsprinzips
1138 war es soweit. Der älteste Vorsteher des Piastengeschlechts sollte als Seniorherzog Kleinpolen mit der Haupt- und Krönungsstadt Krakau regieren, die übrigen Mitglieder der Familie als Juniorherzöge in den ihnen zugewiesenen Gebieten herrschen.
Es kam 1146 bereits zum Bruch und Boleslaws Ältester, Wladyslaw II., wurde mit Hilfe des Adels von seinen Brüdern aus Polen vertrieben. Die erhoffte Stärkung der Einheit blieb aus. Vielmehr entbrannten in den nächsten 150 Jahren ständig Kämpfe um Macht und um die Herrschaft in Krakau. Polen zerbrach in eine Unmenge, zeitweilig sich einander bekriegender, piastischer Herzogstümer, wodurch die politische Stellung und Autorität Polens in Europa des 13. Jahrhunderts extrem geschwächt wurde.
Die Idee der polnischen Einheit lebte weiter in der einheitlichen Kirchenorganisation und der Tradition der großen Adelsgeschlechter, sowie in der dynastischen Verbundenheit (Verwandtschaft) aller Herrscher
In diese Zeit fällt eine verstärkte deutsche Ostkolonisation auf polnischem Gebiet. Bereits zwischen 1200-1250 waren große Teile Schlesiens mit Deutschen und Flamen besiedelt, die durch die schlesische Linie der Piasten ins Land geholt wurden. Die piastischen Fürsten versprachen sich davon mehr Steuereinnahmen, wie auch wirtschaftliche Prosperität und Entwicklung. Niederschlesien wurde Teil des deutschen Sprachraums und verlor mit der Zeit seinen slawischen Charakter. Auch öffneten sich einige schlesische Piasten dem Deutschtum, was die deutsche Ostkolonisation, und das Deutschtum in Schlesien zusätzlich verstärkte und begünstigte, auch über die schlesischen Grenzen hinaus (deutscher Patriziat in polnischen Städten, Posen oder Krakau).
Bei der Vertreibung von Mieszko III. 1177 setzen sich die jüngeren Vertreter der Dynastie im ganzen Land durch. Zwar bleibt eine gewisse Oberhoheit des Herzogs von Krakau (princeps) erhalten, aber das seniorat, als Herrschaft des Ältesten, wird endgültig abgeschafft.
Die Versammlung der polnischen Herzöge und Bischöfe in Lentschiza hob das Senioratsprinzip auf und verbriefte Vorrechte der Geistlichkeit. Die Einheit Polens wurde nicht erreicht, die Fürstentümer der Piasten bestanden weiterhin als (teil-)souveräne Gebilde nebeneinander.
1202 fiel die Senioratsprovinz Kleinpolen (Krakau) an Leszek den Weißen, Sohn Kasimir des Gerechten und durch den Tod seines Onkels Mieszko des Alten brach das Senioratsprinzips in Polen endgültig zusammen. Seit jener Zeit galt die Herrschaft über Krakau für die jeweiligen Piasten-Herzöge als Legitimation für Maßnahmen zur Vereinigung des Landes. In seiner Titulatur erhob Leszek als letzter Herzog Ansprüche auf die Oberhoheit in ganz Polen und versuchte ab 1217, diese auch in Pommerellen durchzusetzen. 1227 trafen sich polnische Fürsten, um sich gegen den Herzog Swantopolk von Pommerellen und Wladyslaw Odonic von Großpolen zu beraten, in Gasawa, wo Leszek bei einem plötzlichen Überfall des Swantopolk ermordet wurde.
Äußere Eingriffe und teritoriale Verluste
Der in das Reich geflohene Wladyslaw II. der Vertriebene , gewann die Gunst des Kaisers, welcher für ihn in Polen militärisch intervenierte. Friedrich Barbarossa zwang den polnischen Seniorherzog Boleslaw IV., zur Herausgabe Schlesiens an die Söhne des vertriebenen Herzogs, und machte ihn für einen Teil seines Reiches lehnspflichtig. Der Seniorherzog zögerte jedoch mit der Herausgabe der schlesischen Provinz und erst im Jahre 1163, unter der Drohung einer neuen kaiserlichen Intervention, händigte er Schlesien an die Söhne Wladyslaws, Boleslaw den Langen und Mieszko IV. Kreuzbein aus. Entstehung der schlesischen Linie der Piasten (siehe auch Schlesische_Piasten).
Das Land, das sich über die beiden Seiten der Oder (mit Zentrum Stettin) ausbreitet, war anfang des 7. Jahrhunderts von den slawischen Pomoranen besiedelt worden.
Ab dem 10. Jahrhundert gerieten die Pomoranen in den Einflußbereich ihrer christlichen Nachbarn. Aus dem Westen drohten Ihnen die deutschen Landesfürsten (Sachsen ab ca. 918) und die ostmärkischen Markgrafen (Brandenburg ab ca. 1150) beide Teil des HRR, vom Norden her die Dänen (10.-13. Jahrhundert), und ab 970 aus dem Südosten die polnischen Piasten.
Die Pomoranen leisteten vehement Widerstand gegen Unterwerfungs- und Christianisierungsbestrebungen ihrer Nachbarn. Nach mehreren erfolglosen Versuchen wurde Pommern schließlich von Boleslaw Schiefmund in drei Feldzügen zwischen 1116 und 1121 erobert. Dieser ließ die Pomoranen durch den Deutschen Otto von Bamberg christianisieren. Auch setzte der polnische Souverän einen Pommernfürsten aus der Greifen-Dynastie, Wartislaw I., als seinen Vasallen in Stettin ein, die sich bis zum Aussterben in männlicher Linie bis 1637 in Pommern behaupten konnte.
1135 durch die Erfolge des polnischen Fürsten in Mecklenburg-Vorpommern ermutigt, und um seinen Einfluß bei den Elbslawen fürchtend, zwang der Kaiser Lothar III. den polnischen Herzog Boleslaw III. seine Lehnsherrschaft über Pommern anzuerkennen und gab dieses mit Rügen an Boleslaw als römisch-deutsches (kaiserliches) Lehen.
Heinrich der Löwe unterwarf 1164 die Pomoranen und wurde Lehnsherr Pommerns. 1181 musste sich dieser nach einem verlorenen "Reichskrieg" Kaiser Friedrich Barbarossa unterwerfen. Er verlor seine Macht im Reich und alle seine slawischen Lehnsherrschaften und ging einige Jahre ins Exil nach England. Der pommersche Herzog Bogislaw I., von den Dänen (Waldemar I.) bedrängt, und da er von Polen keine Hilfe erwarten konnte (1177 Treffen mit dem Seniorherzog Mieszko III. in Gnesen), stellte sich 1181 unter den Schutz Kaiser Friedrichs I. als reichsunmittelbarer Herzog Pommerns. Pommern wurde Reichslehen, die pommerschen Herzöge in den Rang deutscher Reichsfürsten erhoben.
Die einsetzende Einigung Polens durch die schlesische Linie der Piasten wurde mit dem Tod Herzogs Heinrichs II. zur Grabe getragen. Der Herzog verlor im Kampf gegen die mongolischen Horden in der Schlacht bei Liegnitz sein Leben und Schlesien zerfiel in eine Unzahl kleinerer, piastischer Fürstentümer, die nach dem Mongolensturm 1241 nach und nach dem Königreich Böhmen angeschlossen wurden. Obwohl die Reiterhorden des Großkahns siegreich blieben, zogen sie sich in die von ihnen eroberten russische Fürstentümer zurück und wurden, auch als die Tartaren genannt, über 250 Jahre die neuen Herren des zerfallenden Reiches der Kiewer Rus. In den folgenden Jahrzehnten unternahmen sie jedoch weitere Raubzüge Richtung Westen, die Polen miltärisch immer schwächer werden ließen, sodass die Nachbarvölker wie die Litauer, Böhmen oder die Deutschen (Brandenburg, Deutscher Orden), begannen ihre eigenen Territorien auf Kosten Polens zu erweitern.
Pommerellen, das seit 1138 mehr oder weniger stark unter polnischem Einfluss stand und zwischen Polen (bzw. dem Senior) und Brandenburg (welches seine Ansprüche später an den Deutschen Orden verkauft, umstritten war, wurde schließlich 1308 vom Orden erobert und war damit für Polen für lange Zeit verloren.
Durch die Expansion der Mark Brandenburg gen Osten auf polnisch-piastische Gebiete führte 1250 zum Verlust von Lebus, 1252-1271 Entstehung der Neuen Mark, als Gegenstück zur der Altmark (später Brandenburg genannt).
Konrad von Masowien und der Deutsche Orden
Der polnische Herzog Konrad von Masowien, begann seinen Machtbereich auf eigene Hand zu erweitern. Das pruzzische Gebiet um Kulm war sein Kriegsziel. Die Expansion auf Kosten seiner heidnischen Nachbarn wurde jedoch zu einem Fiasko. Er verlor seine Eroberungen wieder und wurde nun seinerseits vom erwachten Nachbarn bedroht.
Da er zudem in Konflikte mit den anderen Piastenherrschaften verwickelt war, richtete er den Blick auf den Deutscher Orden, der 1225 aus Ungarn vertrieben wurde, weil dieser in Siebenbürgen im Kampf gegen heidnische Steppenvölker (Kumanen) einen eigenen Staat gründen wollte. Im Jahre 1226 bat Konrad von Masowien den Deutschen Orden um Hilfe und versprach ihnen das Kulmer Land als herzögliches Lehen, als Gegenleistung und Ausgangsbasis für ihren Kampf gegen die Heiden. Ob und in wieweit, die zu erobernden Gebiete, gemäß der Vereinbarung, dem Orden zustanden ist bis heute unklar und hat in der Verganhenheit zu großen Streitigkeiten zwischen deutschen und polnischen Historikern geführt. Um sich gegen eine evtl. ähnliche Entwicklung wie in Ungarn abzusichern, ließ sich der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, von Kaiser Friedrich II. den Besitz des Kulmer Landes und aller zu erobernden Gebiete mit der Goldenen Bulle von Rimini bestätigen.
Mit dem Auftauchen des Deutschen Ritterordens im Pruzzenland, entwickelten sich im Mittelalter aus den Mönchsrittern die "Erzfeinde" Polens, später auch Litauens.
Wiedervereinigung, die letzten Piasten und Anjou
1295-1296 Przemyslaw II. von Großpolen
Nun versuchte ein Piastenherzog aus Großpolen (Posen-Gnesen), Przemyslaw II., das piastische Reich zu einigen. Er gelang zwar nie in einen dauerhaften Besitz von Kleinpolen (Krakau), regierte dort nur von 1290-91, und mußte es auf Druck der Böhmen, 1291 Richtung Posen verlassen, jedoch im Besitz der Krakauer Königsinsignien und der polnischen Provinzen Großpolen und seit 1294 auch von Pommerellen wurde er vom polnischen Erzbischof Jakob Swinka in Gnesen zum 4. polnischen König seit Boleslaw dem Kühnen gekrönt.
Mit diesem symbolischen Akt beendete er den polnischen Partikularismus und fokussierte mit seiner Krönung die Kräfte des polnischen Adels und der Kirche zur Wiedererlangung der staatlichen Einheit, im Kampf des bedrängten Polen gegen die Deutschen und Böhmen.
Von dieser neuen Machtpräsenz bedroht, wurde er jedoch bereits 1296 im Auftrag des Markgrafen von Brandenburg (brandenburgische Erwerbungen ehemaliger piastisch-polnischer Gebiete: Lebus, Neue Mark, Streitobjekt Pommerellen) ermordet. Im Rahmen des Bündnisvertrages von 1293 gegen Böhmen (Wenzel II.) vermachte Przemyslaw Großpolen und Pommerellen an den Herzog von Kujawien, Wladyslaw Ellenlang, der diese beide Provinzen bis 1300 behaupten konnte. Im gleichen Jahr eigneten sich die Brandenburger im Verbund mit dem Fürsten von Glogau Heinrich III. einige Warthe- und Netzdistrikte Großpolens an.
1300-1306 Böhmische Herrschaft
Nach dem gewaltsamen Tod von Przemyslaw gelangten die böhmischen Könige mit Hilfe der Kirche und des in Polen ansässigen deutschen Bürgertums in den Besitz der polnischen Krone. Es waren Wenzel II. (Wenzel II. war verheiratet mit einer Tochter Przemyslaws) und Wenzel III.. Bereits 1291 wurden sie die neuen Herren von Kleinpolen, ab 1300 durch militärischen Druck sogar Könige von Polen. Um 1300 zwang der polnisch-böhmische König Wenzel II. seinen politischen Rivalen, den Piasten Wladyslaw Ellenlang, den Herzog von Kujawien, ins Exil.
Der Besitz Polens, wie auch der polnischen Krone wurde jedoch seitens des Papstums - Bonifatius VIII. - 1302 für illegal erklärt. Mit dem Tod Wenzels III. (er wurde ermordet) erloschen die Przemysliden im Mannesstamm und die erste deutsche Dynastie, nämlich die der Luxemburger, kam in Böhmen an die Macht. Erst nach der Ermordung des böhmischen Herrschers 1306, war die Herrschaft der Piasten wieder gesichert und Wladyslaw Ellenlang, wurde als Herrscher in Polen offiziell anerkannt.
Unter seiner Ägide, wurde Polen in einer etwas verkleinerten Form, wiedervereinigt.
1306-1333 Wladyslaw Ellenlang
1304-1306 Wladyslaw kehrte aus dem Exil nach Polen zurück und übernahm die Herrschaft in Kleinpolen, über das Land von Sieradz-Lentschiza, Pommerellen und Kujawien 1306.
1308 Verlust von Pommerellen
Gegen den Willen des polnischen Herrschers Wladyslaw Ellenlangs und durch den offenen Bruch der vorher getroffenen Absprache (Vertreibung der Brandenburger), gewaltsame Annexion ganz Pommerellens mit Danzig durch den Deutscher Ritterorden. Verlegung der Hauptstadt von Venedig nach Marienburg. Mit diesem agressiven Akt, der gegen einen christlichen Staat gerichtet war, verlor der Orden faktisch seine Heidenmission und wurde nun mehr zu einer Territorialmacht. Polen wurde der Zugang zur Ostsee verbaut. Entstehung des Korridors (siehe auch polnischer Korridor), sowie einer jahrhundertelangen Feindschaft zwischen dem Kgr. Polen und dem Deutschen Ritterorden, die erst 1466 mit dem Zweiten-Thorner-Frieden ihr Ende fand.
1314 Während einer Rebellion des großpolnischen Adels gegen die Herrschaft der Fürsten von Glogau, Anschluß der Region Großpolen an das Reich Wladyslaws.
1320 Krönung von Wladyslaw Ellenlang zum polnischen König in Krakau.
1325-1329 Krieg zwischen dem Kgr. Polen und der Markgrafschaft Brandenburg
Wladyslaw versuchte, verstärkt durch litauische Einheiten - kurz zuvor schloßen Litauen und Polen Bündnis miteinander -, die Brandenburger wieder hinter die Oder zurückzuwerfen, unterstützt wurde er hierbei offen vom Lebuser Bischof Stephan, der sich auf die Seite des polnischen Königs schlug, zum Verdruß seines Landesherrn des Markgrafen. Die kriegerische Auseinandersetzung brachte kaum Landgewinne für Polen und hinterließ in der Neumark ein Gebiet der verbrannten Erde. 1329 wurde mit den Brandenburgern Frieden geschlossen, da sich die böhmisch-deutschen Luxemburger mit den Deutsch-Ordensrittern gegen ihn verbündet hatten.
1327 Im Winter zog König Johann von Böhmen gegen Krakau. Zwar kehrte er unter ungarischem Druck zurück, doch huldigten ihm viele Herzöge von Schlesien, und 1329-31 erkannten (fast) alle Piasten-Fürsten Schlesiens die böhmische Lehnshoheit an.
1329-1332 Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens gegen das christliche Polen.
Eine gegen Polen gerichtete Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens, die sich mit den böhmisch-deutschen Luxemburgern verbündet hatten - König Johann der Blinde - führte zum Verlust des Dobriner Ländchens (1329) und von Kujawien (1332), die Region Großpolen (Posen-Gnesen) wurde verwüstet. Trotz des Sieges über die Heere der Ritter des Ordens und der Böhmen in der Schlacht bei Plowce 1331 -wo der Nimbus der Unbesiegbarkeit der Ordensritter einen ersten Kratzer bekam- konnte der polnische Souverän die gewaltsame Annexion beider Gebiete nicht verhindern. In Anbetracht der Lage leistete gar der Piasten-Fürst von Plock Wenzel (Waclaw) den Lehnseid an König Johann von Böhmen (bis 1351).
1333 Tod Wladyslaw Ellenlangs
Während eines Waffenstillstands, der im Sommer 1332 auf Vermittlung des päpstlichen Legaten Peter von Alvernia für ein Jahr zustande kam, starb der König. Die Macht ging an seinen Sohn Kasimir über, der sich sofort nach dem Tode des Vaters zum polnischen König krönen ließ, jedoch ein schwieriges Erbe übernahm. Wladyslaw ging in die Geschichte als Reichseiniger Polens ein. Die "deutsche Umklammerung", vertreten durch den Deutschen Orden, Brandenburg, deutscher Patriziat in polnischen Städten, versuchte er durch Bündnisse mit den letzten zwei übrigen Nachbarsmächten Polens, dem Gftm. Litauen und dem Kgr. Ungarn zu sprengen. Auch fand er im Kampf gegen die deutschen Autoritäten starke Unterstützung beim Papstum. Auch kann man das slawische Böhmen (Tschechei) zu dieser Umklammerung und Gefahr für das junge polnische Königtum zählen dürfen, wurde es doch nach dem Ableben der Przemysliden ab 1310 das erste mal von einer deutschen Dynastie, nämlich die der Luxemburger regiert (als Erben der vorherigen Dynastie leiteten sie Ansprüche auf Polen und Schlesien ab), und selbst die "slawisch"-böhmischen Przemysliden in persona, waren in ihrem Endstadium (Wenzel II.+ III.) dem Deutschtum viel näher, als dem Slawentum ihres Urvaters Przemysl - Böhmens Amtssprache wurde eine Sprache einer zugewanderten Minderheit, nämlich Deutsch (siehe auch Sudetendeutsche). Dieses und vieles mehr gipfelte zu Beginn des 15. Jahrhunderts in einer ersten antideutschen Reaktion der slawischen Tschechen gegen die weltlich-geistliche Obrigkeit der Deutschen - den sogenannten Hussiten Kriegen (siehe auch Jan Hus oder Jan Žižka). Trotz dieser und anderer widriger Umstände konnte er sein Werk mit einer Krönung zum polnischen König festigen. Wladyslaw gelang es nicht mehr die alten piastischen Grenzen zurück zu gewinnen. Er vermachte seinem Sohn nur 2 alte Herrschaftsbreiche der Piasten, Großpolen (Posen) und Kleinpolen (Krakau).
1333-1370 Kasimir III. der Große
Vom polititischen Erbe seines Vaters übernahm Kasimir das Bündnis mit Ungarn, verstärkt durch die Heirat seiner Schwester Elisabeth mit Karl von Anjou, König von Ungarn und die Konflikte mit dem Deutscher Orden um Pommerellen und mit den Luxemburgern Johann und Karl IV. um die Oberherrschaft in Schlesien sowie mit Johann, der als König von Böhmen auch auf die polnische Königskrone Anspruch erhob. Die Ländereien die Kasimir übernahm waren relativ klein, im Vergleich zu den Grenzen des Staates von 1138. Die westliche Grenze des Reiches (vor dem Partikularismus) wurde weit nach Osten, fast in die Kerngebiete der alten Polanen zurückgedrängt. Pommern verselbständigte sich unter der Greifen-Dynastie bereits um 1160 und wurde 1181 reichsunmittelbares Fürstentum des HRR, westliche Gebiete des Herzogstums Großpolen im Oder-Warthe-Land (Lebus, Neuemark) zwischen 1250-1296 von den Markgrafen aus Brandenburg erobert, ebenso verhielt es sich im Norden, zwischen 1309-1332 eigneten sich die Ritter des Deutschen Ordens, Pommerellen, Kujawien und das Dobriner Ländchen an. Bereits unter der Regierungszeit seines Vaters zwischen 1327-1331 unterwarfen sich die meisten schlesischen Piasten, dem militärischen Druck der Deutsch-Luxemburger aus Böhmen nachgebend, und wurden ihre Lehnsmänner. Das aus Groß-, Klein- und einigen Mittelpolnischen Ländern bestehende Königreich, erhielt den Namen Corona Regni Poloniae als transpersonalen Staatsbegriff, der die Zusammengehörigkeit der polnischen Länder (darunter fielen auch Pommern und Schlesien) und der lehnsabhängigen Fürsten dokumentiert. Trotz allem befand sich Polen in einer äußerst kritischen Lage, doch während sein Vater durch militärische Entscheidungen Lösungen erzwingen wollte , strebte Kasimir nach friedlichen und diplomatischen Auswegen.
1335-1348 Verlust Schlesiens an das Kgr. Böhmen, das damals ein Teil des Heilgen Römischen Reiches war.
König Kasimir bemühte sich um eine Beilegung des Konflitks mit Johann. Im Vertrag von Visegrád 1335, im Ausgleich von Trenčín, und nach einem böhmisch-polnischen Grenzkrieg von 1345 im Vertrag von Namslau 1348 hatte der polnische Souverän endgültig die böhmische (tschechische) Oberherrschaft über Schlesien anerkannt. Der wichtigste dieser Verträge war der Ausgleichsvertrag von Trenčín, bestätigt 1339. Mit ihm nahm König Kasimir III. seine Ansprüche auf Schlesien zurück und es wurde die böhmische Oberhoheit über Schlesien anerkannt, gleichzeitig gab Johann seine Ansprüche auf die polnische Krone gegen eine Geldzahlung auf und schränkte die Unterstützung für den Deutschen Orden ein. Die schlesisch-piastischen Vettern des Königs wieder unter die Botmäßigkeit des polnischen Souveränats zu zwingen, scheiterte somit, und war zweifelsfrei eine große außenpolitische Niederlage für Kasimir, wie auch für Polen. Sie offenbarte, dass das junge Königreich trotz der mutigen Reformen nicht in der Lage war, die alten piastischen Gebiete zurück zu gewinnen, was ein Hauptziel der Außenpolitik der letzten Piasten war. 1348 inkorporierte schließlich der böhmische König und römisch-deutscher Kaiser Karl IV. Schlesien in die Länder der böhmischen Krone. Mit der Anerkennung der böhmischen Herrschaft über Schlesien, bildet sich eine Westgrenze zwischem dem Heiligen Römischen Reich und dem Kgr. Polen, die ihren Bestand bis 1945 haben sollte.
1340-1366 Galizien (heutige Westukraine) wurde polnisch
Da die alten piastischen Gebiete im Westen Polens ein Teil des Heiligen Römischen Reiches wurden (auch etnisch im Rahmen der deutschen Ostkolonisation), orientierten sich die polnischen Herrscher ostwärts. Kasimir unterwarf nach Aussterben des Hauses Roman das von Ruthenen bewohnte Galizien.
Unter Verzicht auf Pommerellen und des Kulmer Landes, ohne jedoch die Rechtstitel preiszugeben, schloß Kasimir in Kalisch Frieden mit dem Deutschen Orden, hierfür bekam er Kujawien und das Dobriner Ländchen zurück. Auch suchte er ab 1343 seinen Einfluß in Pommern zu festigen (Bündnis mit den Greifen der Stettiner wie Wolgaster Linie), was zur Besetzung einiger Netze- und Neumarkdistrikte führte.
1347 Kodifikation des polnischen Rechts.
1348-1351 Durch Verhängung einer Quarantäne über sein Reich konnte er die Pest (siehe auch Schwarzer Tod) weitgehend abwehren.
1351 wurden die noch unabhängigen piastisch-masowschen Herzogstümer Plock-Warschau (siehe auch Masowien) nach dem Aussterben der jeweiligen Herrscher teils direkt, teils als Lehen zurück in das Kgr. Polen inkorporiert.
1364 Gründung einer Universität ( später Jagiellonen-Universität genannt ) in Krakau, der zweiten nach Prag in Zentraleuropa.
1370 Tod Kasimirs III.
Kasimir förderte im Innern das Städtewesen durch zahlreiche Baumaßnahmen (z. B. Sicherung der West-Grenze seines Reiches mit 50 befestigten Burgen), Aufnahme von Deutschen und Gewährung deutschen Stadtrechts. Er lud nach dem Pogromen in Westeuropa im Zuge der Pest die Juden nach Polen ein (Erlaß von Judenprivilegien 1344). Er ließ das polnische Rechts- und Münzwesen vereinheitlichen und schloss mit den Nachbarn Frieden. Er erschloß und sicherte neue Handelswege. Die Eröffnung von Salinen betrafen, verfassungsrechtlich die Kodifikation des Landrechtes (sog. Statuten Kasimirs des Großen), die Einführung der Generalstarosteien mit administrativen und gerichtlichen Befugnissen, Staatsrat und Kanzleiführung bewirkten. Er schuf eigene Appellationsgerichtshöfe für deutsches Recht und verbot die Appellation nach Magdeburg (siehe auch Magdeburger Stadtrecht). Er war der Begründer der ersten polnischen Universität und der einzige polnische König mit dem Beinamen „der Große“. Mit ihm starben die Piasten in königlicher Linie aus (in Masowien im 16. Jahrhundert und in Schlesien erst Ende des 17. Jahrhunderts in männlicher Linie). Als seinen Nachfolger bestimmte er seinen Neffen, den ungarischen König Ludwig den Großen. Personalunion mit Ungarn von 1370 bis 1386.
Ludwig von Ungarn und das Problem seiner Nachfolge
Mit dem Tod König Kasimirs III. des Großen (Kazimierz III Wielki), wurde Polen ab 1370 mit dem ungarischen Königshaus verbunden. Als seinen Rechtsnachfolger bestimmte er seinen Neffen den ungarischen König Ludwig den Große, den Sohn seiner leiblichen Schwester Elisabeth von Polen.
Seine Regierung in Polen war nicht sonderlich beliebt, da er sich so gut wie gar nicht in Polen blicken ließ. Er überließ die Geschäfte Polens seiner polnischen Mutter Elisabeth als Regentin. Auch begann er das polnische Galizien (Rotrußland) für Ungarn zu beanspruchenn, was bei der polnischen Aristokratie auf Widerstand stieß. Da er, wie Kasimir III., unfähig war Söhne zu zeugen, wurde dem polnischen Adel 1374 im Kaschauer Privileg politische Vorrechte gewährt, der dafür die weibliche Thronfolge bestätigte und durchgesetzt hatte. Das Privileg wurde zur Grundlage der späteren Adelsherrschaft in Polen.
Am 1382 starb der Magyare, während eines Aufstands in Großpolen (Posen) und die Regierungsgeschäfte in Polen gingen an seine Tochter Hedwig von Anjou (Jadwiga) über. Sie wurde 1384 Kraft des polnischen Rechts zum regierenden polnischen „König“ gekrönt. 1386 mußte sie die Verlobung mit dem Prinzen Wilhelm von Habsburg lösen (die Polen wollten keine deutsche Aristokraten als Könige seien es Habsburger oder Luxemburger, es herrschte damals ein anti-deutsches Klima in Polen, bedingt durch das Phänomen der deutschen Ostkolonisation und das vergiftete Verhältnis zu den Deutsch-Ordensrittern), und aus Staatsräson mußte sie im Alter von 12 Jahren, den viel älteren Großfürsten von Litauen, Jagiello heiraten. Beide wurden 1386 (Jadwiga zweites Mal) zu Regenten Polens gekrönt.
Jagiello ließ sich nach römisch-katholischen Ritus taufen, und als Wladyslaw II. Jagiello wurde er der Begründer einer der mächtigsten Dynastien Europas, unter der Polen nicht nur sein Goldenes Zeitalter erleben, sondern zu einer der führenden Kontinentalmacht Europas aufsteigen sollte, deren Einflußspäre sich vom Baltikum bis zum Schwarzes Meer und von der Adria bis an die Tore Moskaus erstreckte.
1386-1572 Litauisch-Polnische Personalunion - Die Jagiellonen
Wladyslaw Jagiello und der Kampf gegen den Deutschen Orden
1386 kam durch die Heirat der Thronerbin Jadwiga mit dem Großfürsten Jogaila von Litauen die Personalunion Polens mit Litauen (bis 1569, dann Realunion). Polen-Litauen war zur Zeit seines Zusammenschlusses der größte Flächenstaat in Europa und wurde von Wladyslaw II. Jagiello, wie Jogaila seit seiner Krönung hieß, sukzessiv nach Osten und Südosten ausgeweitet: 1387 erkannte die Moldau die polnische Oberhoheit an, 1389 die Walachei und 1396 Bessarabien und Siebenbürgen.
Diese Großmacht hatte den gemeinsamen Erzfeind Deutscher Orden in einer der größten Schlachten des späten Mittelalters, der Schlacht bei Tannenberg (1410) besiegt, wobei der Orden die Macht und den Nimbus der Unbesiegbarkeit endgültig verlor. Das neue polnische Königtum vermochte sich schnell zu entwickeln, die kampflose Übergabe der Burgen und die Haltung der Bevölkerung schien das Aufgehen des Ordens in Polen und Litauen anzukündigen. Ritterschaft, Bischöfe und Städte huldigten dem König und ließen sich von ihm ihre Rechte bestätigen. In dem ersten Thorner Frieden (1411) fiel an Polen-Litauen das Dobriner Ländchen sowie Samaiten (ab 1422 im Frieden am Melno-See endgültig) zurück, außerdem mußte der Orden eine hohe Kontribution zahlen. Die Entsendung des Erzbischofs von Gnesen, Rektors der Universität Krakau, des profiliertesten polnischen Staatsdenkers Paulus Wladimir von Brudzen, zum Konzil von Konstanz (1414-1418) brachte Jagiello die Anerkennung seines Anspruchs, einer der einflußreichsten christlichen Herrscher zu sein. Dies war ihm nach seinem Tannenberger Sieg zunächst noch versagt worden. Zudem entzog das Konzil den Deutsch-Ordensrittern das Recht Litauen zu missionieren, das mit Jagiellos Amtsantritt offiziell zum Christentum bekehrt worden war. Damit war die Existenzberechtigung dieses Ordens in Polen, die de facto seit 1309 nicht mehr bestand, ad acta gelegt. 1421 versprach sogar Kurfürst Friedrich von Brandenburg dem polnischen König seinen Beistand gegen die Ordensritter. Als antideutsche Bewegung entzündete auch in Polen das Hussitentum die Herzen. Sympathien und Antipathien zeichneten sich ab, die von ferne schon an den Planslawismus des 19. Jh. erinnern. Aber dank päpstlicher Einmischung versöhnte sich Jagiello 1423 mit dem römisch-deutschen Kaiser Sigismund (HRR), vor allem wegen der Verteidigung des gemeinsamen katholischen Glaubens (gegen die Türken).
Polen auf dem Weg zur europäischen Großmacht
Nach dem Ableben Jagiellos am 31. Mai 1434 nahm der Krakauer Kardinal Zbigniew Oleśnicki als Regent für Jagiellos unmündigen Sohn Wladyslaw III. die Zügel der polnischen Politik in die Hand. Der junge König stand unter der Regenschaft des königlichen Rates. 1435 konnte in Litauen die Opposition gegen die polnisch-litauische Union endgültig zerschlagen werden. Damit nahmen die in altdeutscher Tradition polenfeindliche Bestrebungen des Kaisers Sigismunds einen negativen Ausgang, Litauen verblieb in der Union. Der in Krieg und Frieden erfolgreiche Kardinal trachtete danach, die Hussiten auszurotten und Schlesien auf diplomatischem Wege für die Union zurück zu gewinnen. Sein Plan bestand darin, Polen zum Bollwerk der katholischen Kirche und zu einer europäischen Großmacht zu machen. Diesem Ziel sollten die Bündnisse mit Litauen und Ungarn dienen. Für die Ungarn war Polen ohnehin als mächtiger Helfer gegen die Türken außerordentlich wichtig. Wladyslaw III. von Warna (1434-1444) gewann die ungarische Krone (1440), fiel jedoch bei der Rettung von Konstantinopel (siehe auch Ostrom) gegen die Türken in der Schlacht bei Warna 1444. Nach drei Jahren Interregnum kam sein jüngerer Bruder Kasimir IV. der Jagiellone (1447-1492) an die Macht, der für seinen Sohn Wladyslaw die ungarische (1490) und die böhmische (1471) Krone sicherte, die Jagiellonen beherrschten nun ein mächtiges Reich in Ost- und Südosteuropa. Er wurde mit Elisabeth von Habsburg verheiratet, der „Mutter von Königen“. 1454 bat der Preußische Bund den polnischen König um Hilfe gegen den Deutschen Orden. Kasimir versprach Hilfe und es brach ein dreizehn Jahre lang geführter Krieg aus (1454-1466), der mit dem Zweiten Thorner Frieden erfolgreich für die Union endete. Die Friedensbedingungen wurde allerdings nicht durch die römisch-deutschen Kaiser und das Papstum anerkannt. Der Orden wurde jedoch endgültig zerschlagen, und seiner Macht beraubt. Der Orden mußte große Gebietsverluste hinnehmen: Es entstand das „Königliche Preußen“ (bis 1569) aus den Teilen Pommerellen-Danzig (welche die Deutsch-Ritter vetragswidrig 1309 sich angeeignet haben), Ermland, das Kulmer Land sowie das Land um Marienburg, Stuhm und Christburg. Das Restgebiet, die spätere Provinz Ostpreußen, wurde zum königlichen Lehen, bewahrte jedoch Autonomie und deutsche Sprache, der Hochmeister des Deutschen Ordens wurde dem polnischen König zur Heeresfolge und Treueid verpflichtet.
Ab 1500 sah sich die Union dem wachsenden politischem Druck durch die Osmanen, das Moskowiter Reich und durch das Haus Habsburg ausgesetzt. Ende des 15. Jh. (1497) unternahm König Johann Olbracht Feldzüge gegen die Moldau und die Walachei, die in vielen Schlachten den Polen nur große Verluste brachte. Die Union geriet in Bedrängnis. 1498 schickten die Türken als Vorauskommando ihre Vasallen die Krimtataren, die die südlichen Provinzen für fast 2 Jahrhunderte im Namen des Osmanischen Imperiums heimsuchen sollten, gegen Polen-Litauen. Die Union verlor südliche Randgebiete (Moldawien-Walachei) an die osmanischen Türken, die östlichen (severische Fürstentümer) an die Moskowiter Großfürsten. Im Rücken Kaiser Maximilians fühlte sich gar der Hochmeister des Deutsch-Ordens stark genug und verweigerte König Johann I. (Polen) schlicht den Huldigungseid. Im Jahre 1515 kam es zum Wiener Fürstentag. Sigismund I. der Alte ging ein Heirats- und damit ein Regierungsbündnis mit Kaiser Maximilian I. (HRR) von Habsburg ein. Der Kaiser erkannte die Thorner Friedensbestimmung von 1466 an, der Hochmeister weigerte sich jedoch weiterhin den Polen zu unterwerfen, und setzte, auf Unterstützung aus dem Reich hoffend, einen gegen seinen polnischen Lehnsherren geführten Krieg (1519-21) fort. Der Habsburger ließ von seinen russischen Plänen, die polnisch-ltauische Union gemeinsam mit den Russen in die Zange zu nehmen, ab. 1518 heiratete Sigismund Bona Sforza, die Nichte der verstorbenen Kaiserin Bianca Maria Sforza, die noch heute als „Königin Bona“ sich einer unvergessenen Beliebtheit in Polen erfreut.
Dem Machtzuwachs nach Außen stand die Schwächung der Krongewalt im Inneren gegenüber. Die Jagiellonen, insbesondere seit Alexander (Polen) sahen sich wie schon ihre Vorgänger auf dem polnischen Thron zu weiterer Privilegierung des Adels, sowohl des Hochadels, der Magnaten, als auch des niederen Adels, der Schlachta, gezwungen. Der polnische Reichstag, der Sejm, der sich ausschließlich aus Adel und hohem Klerus zusammensetzte, gewann zunehmend Macht über den König. Die Verfassung -Nihil Novi- von 1505 legte fest, dass nichts Neues ohne Zustimmung des Sejm angeordnet wurde. Die zunehmende Privilegierung des Adels, die Übernahme zahlreicher Regierungsfunktionen durch den Adel hatte auf der anderen Seite die sukzessive Entrechtung der Bauern und des Bürgertums und den späteren Niedergang der Städte zur Folge. Zur Sicherung der Souverinität und der südlichen Peripherie wurden ab 1533 erfolgreich Friedensverträge mit der Hohe Pforte geschlossen. Es war notwendig da kurz zuvor der größte Teil Kgr. Ungarns nach der Schlacht bei Mohac (siehe auch Schlacht bei Mohács 1526) für 150 Jahre unter die türkisch-osmanische Okkupation geriet, die Westhälfte wurde jedoch, laut den Bestimmungen von 1515 (Wiener Fürstentag), dem Haus Habsburg zugeschlagen. 1525 unterwarf sich Albrecht von Brandenburg-Preußen dem polnischen König, und nahm Ostpreußen als königliches Lehen aus den Händen des polnischen Souveräns. Ostpreußen wurde säkularisiert und der neue protestantische Glaube garantiert (außer Ermland, das katholisch blieb). Bereits im 15. Jh. begann sich ein Wandel in den wirtschaftlichen Verhältnissen abzuzeichnen. Auf dem Land setzte sich die Leibeigenschaft und Fronwirtschaft durch, während die Städte, vorallem Krakau, Danzig, Thorn und Lublin, später auch Warschau, zu blühenden Handelstädten von internationalem Rang heranwuchsen. Die Reformation breitete sich rasch aus, vor allem beim Bürgertum und Teilen des Adels, und trotz der bald einsetzenden Gegenreformation war das konfessionelle Klima in Polen von außerordentlicher Toleranz geprägt.
Die Union von Lublin und die Adelsrepublik
Sigismund August und die Frage der Realunion
Der im Kampf gegen den Hochadel geschwächte Kleinadel ( Szlachta ) erwirkte unter Sigismund II. August (1548-1572) eine Wirtschafts-, Heeres- und Rechtsreform. Die Personalunion zwischen Polen und Litauen wurde durch die Lubliner Union (1569) in eine Realunion umgewandelt. Unter dem Eindruck der Moskauer Offensive im Livländischer Krieg (1558-1583), bei dem Russland und das Litauische Großfürstentum zeitweilig die Hauptwidersacher waren, musste Litauen der Union von Lublin mit Polen zustimmen.
Die Realunion von Lublin (1569) bildete für die Geschichte der Ukraine eine deutliche Zäsur. Die ukrainischen Länder wurden nun direkt dem Königreich Polen unterstellt und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel beschleunigt. Es bildetete sich eine tiefe Kluft zwischen dem priviligierten katholischen Adel und den orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschichten. Das Kronland Polen wurde mit Polesien, Wolhynien, und Podolien verbunden. 1561 stellten sich auch Kurland und Livland unter polnisch-litauische Oberhoheit um sich gegen die russische Bedrohung abzusichern.
Die Reformation fand in Polen-Litauen schnell Verbreitung, doch gewann bald die von den Jesuiten getragene Gegenreformation viele Anhänger. 1573 wurde Religionsfreiheit garantiert. Kunst, Literatur und Wissenschaft erreichten im goldenen Jahrhundert der Renaissance und Humanismus einen Höhepunkt, insbesondere während der Regierungszeit des Renaissancekönigs Sigismunds I. des Alten (Zygmunt I Stary), eine Blüte von Literatur und Kunst, wobei das bis dahin im Schrifttum dominierende Latein zugunsten des Polnischen zurücktrat, das sich ab etwa 1500 zu voller Ausdruckskraft entfaltete. Blüte der Weichselgotik. Eindringen der italienischen Renaissance in die "Krakauer Malerschule". Einfluß deutscher und flämischer Künstler (Veit Stoß). An der Universität Krakau, dem Zentrum des Humanismus, wirkten Conrad Celtis und die Juristen Paul Wlodkowic und Jan Ostorok u.a.. Krakau stieg zum führenden Zentrum des Buchdrucks in Ostmitteleuropa auf. Die Dichter Mikołaj Rej, Jan Kochanowski und Łukasz Górnicki begründeten die polnische Literatur, der Philosoph Andrzej Frycz-Modrzewski die polnische Staatstheorie und Nikolaus Kopernikus (Mikołaj Kopernik) das heliozentrische Weltbild. Religiös Verfolgte aus ganz Europa fanden im (damals) toleranten Polen Zuflucht, unter anderem Gelehrte aus Böhmen und Deutschland. In Architektur und Kunst spiegelten sich italienische und französische Einflüsse. Zahlreiche Adelspaläste, Bürgerhäuser und Kirchen entstanden, das Krakauer Königsschloss auf dem Wawel-Hügel wurde zur prunkvollen Residenz ausgebaut, neue Städte gegründet. Der Großkanzler Jan Zamoyski ließ eine Renaissance-Modellstadt, Zamość, anlegen, Lemberg (Lwów), Wilna (Wilno) und Posen (Poznań) stiegen zu wichtigen Kulturzentren auf, Danzig (Gdańsk), die "Perle Polens", zum Handelshafen des Landes. Kennzeichnend für die politische Entwicklung dieser Zeit ist die Ausbildung Polens zur Adelsnation mit polonisiertem litauischem, russischem und preußischem Adel. Der polnische Reichstag (Sejm) der Magnaten engte die Macht des Königtums zunehmend ein und sicherte sich das Recht der Königswahl (1572).
Das Haus Wasa und die großen Erschütterungen des 17. Jahrhunderts
1572 verstarb der letzte Jagiellonenkönig Sigismund II. August (Zygmunt II August) ohne männliche Nachkommen. Polen wurde zu einer "Adelsrepublik" (Rzeczpospolita) und führte die Wahlmonarchie ein. Adel und Hochadel hatten 1569 ihre Vormachtstellung im Staat in der Lubliner Union zementiert, die zugleich die polnisch-litauische Personalunion in eine Realunion umwandelte. Für Litauen bedeutete dies die weitgehende Polonisierung seiner Führungsschicht und weiter Teile der Bevölkerung (siehe auch Geschichte Litauens), die Kirchenunion von Brest im Jahre 1596 mit dem Entstehen einer Rom unterstellten katholisch-unierten Kirche, die den orthodoxen Ritus beibehielt, sollte die Ostgrenze sichern, erfüllte aber langfristig weder die Erwartungen der Staatsspitze noch der beteiligten lokalen Würdenträger. Über viele Jahrzehnte war Polen-Litauen der größte Staat Europas. Er umfasste das heutige Zentral-, Nord- und Ostpolen, Litauen, Lettland, Weißrussland und die Ukraine.
Die Art der Königswahl öffnete der Manipulation Tür und Tor. Alle adligen Reichsbürger sollten sich auf einem Feld bei Warschau versammeln, um den Herrscher in offener Wahl zu bestimmen. Jeder Adlige hatte eine Stimme, der verarmte Landadlige genauso wie die der mächtigste Magnat. Stimmenkauf war an der Tagesordnung. Der gewählte König sah sich jedesmal gezwungen, dem Adel Zugeständnisse zu machen, die sogenannten pacta conventa. Er war lediglich ein primus inter pares, die reale Macht lag in den Händen des Adels, der sie durch den alleinigen Besitz aller Ämter und die Grundherrschaft über die Untertanen ausübte. Seit der Verfassung "Nihil novi" von 1505 konnte der König ohne Zustimmung des Reichstages mit seinen beiden Kammern kein neues Gesetz mehr erlassen. Das Prinzip der Einmütigkeit aller Reichstagsbeschlüse galt ebenfalls schon seit dem 16. Jh., wurde aber erst 1652 so angewandt, dass ein einzelner Abgordneter mit dem Ruf liberum veto das Parlament zerreißen und alle bisher gefassten Beschlüsse ungültig machen konnte. Die Problematik dieser Regelungen wurde von vielen durchaus erkannt, doch die Macht und das gesellschaftliche Desinteresse der reichen Großgrundbesitzer verhinderten jede Art von Reformen. Zum Fehlen einer größeren Verantwortung gehörte auch die Vernachlässigung der Städte, die ohne jeden politischen Einfluss blieben, und der Verteidigung des Landes, weil man sich weigerte, entsprechende finanzielle Leistungen zur Aufstellung eines schlagkräftigen Heeres aufzubringen. Die Lage der unterdrückten Bauern war katastrophal, um so mehr als die Preise für ihre Erzeugnisse immer mehr zunahmen. Grundlage für die günstige Entwicklung der polnischen Wirtschaft war der Großhandel gewesen. In den Zeiten, in denen sich im Westen der Merkantilismus durchsetzte, spielte protektionistische Politik eine immer größere Rolle, während in Polen die Funktion des Staates auf ein Minimum reduziert wurde.
Erster Wahlkönig Polens wurde 1573 Heinrich von Valois (Henryk Walezy) - ab 1574 als Heinrich III. König von Frankreich. Sein Nachfolger, König Stephan Báthory (Stefan Batory), ein geschickter Taktiker im adeligen Machtgefüge, führte Polen siegreich in militärische Auseinandersetzungen mit dem Osten (Moskowiter). 1579 gründete er mit Hilfe der Jesuiten die Universität von Wilna (Wilno/Vilnius). König Sigismund III. Wasa (Zygmunt III Waza), der als Jagiellonen- und Wasa-Spross beide Geschlechter in sich vereinte und die katholische Wasa-Linie repräsentierte, verlegte 1596 die Königsresidenz nach Warschau - wegen seiner zentralen Lage in Polen und der größeren Nähe zu Sigismunds Erbkönigreich Schweden.
Das 17. Jahrhundert war für Polen-Litauen ein Jahrhundert der Katastrophen und des langsamen Verfalls der eigenen Vormachtstellung in Ostmitteleuropa. Während das Land vom Europa verheerenden Dreißigjährigen Krieg verschont blieb, war die Rzeczpospolita für die nächsten Jahrhunderte ein Schauplatz anderer kriegerischer Auseinandersetzungen, bei denen sie mit hohen materiellen Verlusten (Verfall der Städte und der Wirtschaft) und einem Bevölkerungschwund von bis zu 40% zu kämpfen hatte. Die Union führte über Jahrzehnte hinweg zahlreiche Kriege, die das Staatswesen allmählich zerrütten ließen und sie auch zunehmend überforderten.
Zu Beginn des Jahrhunderts hatte Sigismund III. Wasa nicht nur versucht, den Thron in seiner schwedischen Heimat zurückzubekommen, sondern auch massiv in die Wirren im Zarenreich eingegriffen. Während des von 1609 bis 1618 dauernden Krieges besetzten polnisch-litauische Truppen zwar für zwei Jahre Moskau und es zeichnete sich sogar eine Personalunion ab, letztlich scheiterten die militärischen, politischen und konfessionellen Pläne jedoch.
Im Südosten verschärften sich die inneren Konflikte. Wirklich bedrohlich sollte die Lage im Jahre 1648 werden, kurz nachdem Johann II. Kasimir zum neuen polnischen König gewählt worden war. Auslöser waren die am Dnjepr lebenden Kosaken, eine Gruppe persönlich freier Grenzlandbewohner, die ursprünglich in polnischem Sold stehend gegen die Tataren eingesetzt worden war. Im Laufe der Zeit unternahmen sie immer wieder finanziell motivierte Raubzüge, die den Frieden der Region gefährdeten. Als es sich abzeichnete, dass der lange erwartete Feldzug gegen die Türken nicht zustande kommen würde, entschlossen sie sich unter Führung des ehemaligen polnischen Kleinadligen Bogdan Chmielnicki (Bohdan Chmelnyzkyj) zu einem Bündnis mit den Tataren gegen Polen-Litauen. Der nun ausbrechende blutige Aufstand der Kosaken war zunächst erfolgreich und führte diese plündernd und mordend bis nach Lemberg und Zamość und sogar nach Kiev. Nach wechselvollen Kriegsereignissen und Friedensverhandlungen kam der Konflikt 1655 zu einem Ende; die Kosaken wechselten aber nahezu komplett unter die Oberhoheit des Zaren über und waren für Polen verloren. Im historischen Gedächtnis der Polen ist dieser mörderische Konflikt tief eingebrannt, die Ukrainer betrachten ihn als den Beginn ihrer nationalen Geschichte: seine Folgen waren auch in den Auseinandersetzungen vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die fünfziger Jahre deutlich spürbar und sind bis heute nicht überwunden.
1655 brach der Erste Nordische Krieg aus. Russische Truppen besetzten Dünaburg. Die Schweden, die im Besitz Livlands waren, fühlten sich dadurch zum Eingreifen genötigt, um ihren beherrschenden Einfluss an der Ostsee nicht zu verlieren. Mit der Durchmarschgenehmigung durch Hinterpommern war es König Karl X. Gustav möglich, von zwei Seiten her anzugreifen, was ihm durch die innere Zerrissenheit Polens und der verschiedenen Interessen der Magnatenfamilien erleichtert wurde. Im September und Oktober fielen nacheinander Warschau und Krakau in die Hände der Schweden. König Johann II. Kasimir floh nach Oberschlesien, wo er sich die Hilfe des Reiches erhoffte, die jedoch ausblieb. Im folgenden Winter erwies es sich dann, dass die Schweden zu schwach waren, um ein so großes Gebiet längerfristig zu halten. Zum Signal wurde die militärische Verteidigung des Klosters von Tschenstochau, die als ein göttliches Wunder der Maria gesehen wurde, die nicht wolle, dass ihr wertvolles Ikonenbild von den "Ungläubigen" geraubt werde. Der polnische König kehrte Anfang 1656 nach Polen zurück und erhob Maria in einem feierlichen Akt zur "Königin Polens". Das sich wendende Kriegsglück ausnutzend verwüstete das königliche Heer zahlreiche protestantische Orte, darunter das kulturelle Zentrum Lissa (Leszno) in Großpolen (Wielkopolska). Die meisten der dort ansässigen Böhmischen Brüder mussten fliehen, darunter der bedeutende Theologe Johann Amos Comenius. Die militärischen Aktionen dauerten dennoch noch fast vier Jahre mit wechselnden Erfolgen an, bis im polnisch-schwedischen Frieden von Oliva 1660 die langjährigen Streitigkeiten weitgehend beigelegt wurden. Es blieb der Mythos von Tschenstochau als einer Arche inmitten der "Sintflut", der einen wesentlichen Beitrag zum Machtgewinn des polnischen Katholizismus leistete.
In der Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich konnte sich dieses zwischen 1672 und 1699 Teile der polnischen Ukraine (Podolien) sichern.
Johann III. Sobieski, der Retter Wiens
Die sich in einer tiefen Krise befindende Adelsrepublik erlebte am Ende des 17. Jahrhundert noch einmal ein kurzes Aufflackern. Nachdem nach dem Scheitern Johanns II. Kasimirs und seinem schmählichen Rücktritt im Jahre 1668 die Wasas diskreditiert waren und der zum König gewählte einheimische Adlige Michał Korybut Wiśniowiecki schon nach fünf Jahren gestorben war, wurde mit dem militärisch erfolgreichen Kronhetman Johann III. Sobieski (Jan III Sobieski), der zudem die Unterstützung Frankreichs besaß, 1674 erneut ein Pole zum Herrscher bestimmt. Ihm traute man zu, die Türkengefahr im Südosten des Reiches beseitigen zu können. Schon ein Jahr zuvor konnten die Türken (Osmanisches Reich) bei Chocim in Podolien besiegt werden. Sobieski schloss im April 1683 einen gegenseitigen Beistandspakt mit Österreich. Dieser sollte sich rasch bewähren, tauchten die Türken doch schon im Sommer desselben Jahres vor Wien auf. Der von den Österreichern zusätzlich bestochene polnische Reichstag stimmte der Sendung eines Entsatzheeres zu, das zum Sieg der alliierten Truppen in der Schlacht auf dem Kahlenberg am 12.9.1683 wesentlich beitrug. Weitere Vorstöße im Südosten blieben allerdings ohne Erfolg und auch innenpolitisch erreichte der König sein Ziel nicht, die Herrschaftsansprüche seiner Familie auf Dauer zu sichern, seine Söhne blieben bei der Wahl nach seinem Tode 1696 ohne Chance. Während im polnischen nationalen Gedächtnis die "Rettung des Abendlandes" tief verankert ist, blieb im Westen eher die Erinnerung an die späteren Erfolge des Prinzen Eugen. Die besondere polnische Rolle bei der Schlacht um Wien geriet weitgehend in Vergessenheit, vielleicht auch deswegen, weil der Oberbefehlshaber der Truppen, Karl von Lothringen, Jahre zuvor bei der polnischen Königswahl an Sobieski gescheitert war.
Der Niedergang Polens und die Teilungen
Die Wettiner
Unter der Sachsenzeit versteht man die Regierungszeit der beiden Könige aus dem Hause Wettin, August II. der Starke (1697-1733) und sein Sohn August III. (1733-1763), die Polen in Personalunion mit ihrem heimischen Kurfürstentum regierten. Die Wahlen waren mit finanziellen Mitteln erkauft worden und nicht unangefochten. Polen wurde in jenen Jahren immer stärker zu einem Spielball der internationalen Politik. Es wurde in Konflikte und Kriege hineingezogen, an denen es eigentlich gar kein Interesse hatte, wie der Zweite Nordische Krieg oder später der Siebenjährige Krieg. Die innere Schwäche der Adelsrepublik äußerte sich in religiösem Unfrieden, einem Verfall der Wirtschaft und militärischer Ohnmacht. Die Geschicke des Landes wurden immer stärker von den großen Magnatenfamilien bestimmt, die teilweise untereinander verfeindet waren. Die Versuche des Königs, eine absolutistische Herrschaft zu etablieren, mussten vor diesem Hintergrund scheitern. Nur durch die Unterstützung Russlands konnte er sich gegen seinen Gegenspieler Stanislaus I. Leszczynski (Stanisław Leszczyński) urchsetzen, freilich um den Preis dessen zunehmender politischer Einflussnahme in Polen. Ähnlich verlief es unter August III., der das Land weitgehend durch seine Günstlinge, v.a. Heinrich Graf von Brühl, regieren ließ. Diese Zeichen des Verfalls waren aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig entwickelte sich zunehmender Wohlstand beim Gutsadel, der dazu führte, dass man sich auch Fragen einer inneren Reform der Adelsrepublik stellte. Der Geist der Aufklärung drang nach Polen vor, Ansätze zu einer Verbesserung des Bildungssystems wurden gemacht. Besonders positiv waren die Folgen in der Architektur. Das Bild der Hauptstadt Warschau veränderte sich in jenen Jahren entscheidend: das Königsschloss wurde großzügig umgebaut, es entstand die sogenannte Sächsische Achse nach dem Vorbild von Versailles mit dem Sächsischen Palais und dem Sächsischen Garten. In Erinnerung blieb aber in erster Linie die dekadente Stimmung jener Zeit, die sich in zahlreichen Sprichwörtern niedergeschlagen hat, etwa: "Gdy August pił, cała Polska była pijana" (Wenn August getrunken hatte, war ganz Polen besoffen) oder das noch Bekanntere: "Za króla Sasa jedz, pij i popuszczaj pasa" (Unter dem Sachsenkönig iss, trink und löse den Gürtel), das geradezu ein Symbol für die späte sarmatische Adelskultur mit ihren üppigen Festen, aber auch dem Fehlen jeder Art von Verantwortungsbewusstsein geworden ist. Die Sarmaten waren ursprünglich ein iranisches Reitervolk des 3. Jh., von dem sich die polnischen Adligen irrtümlich ableiteten, unter Sarmatismus versteht man das Gefühl völliger persönlicher Freiheit, bei politischem Konservatismus und Intoleranz, ständischem Dünkel und Abgrenzung gegenüber Nichtadligen.
Stanislaus August und die Reformbewegung
Das 18. Jahrhundert markiert den Niedergang Polens. Machtkämpfe innerhalb des Hochadels (Magnatentum), das Fehlen einer Zentralgewalt, Aufstände der ruthenischen Bauern (Hajdamakenaufstand 1768) und die völlige Lähmung des Staates und der Gesetzgebung (vor allem infolge des Liberum Veto) führten 1772, zu Anfang der Regierungszeit des letzten polnischen Königs Stanislaus II. August (Stanisław II August Poniatowski), eines Aufklärers und Förderers von Wissenschaft und Kunst, zur Ersten Teilung Polens, in der Preußen Pommerellen und Danzig (Gdańsk) annektierte, Russland Teile Weißrusslands und Österreich Gebiete in Südpolen (Galizien).
Gleichwohl stellten die letzten Jahrzehnte der polnischen Unabhängigkeit eine Zeit des Aufschwungs für die Hauptstadt dar. Bereits 1747 hatten die Grafen Załuski die erste öffentliche Bibliothek des Landes angelegt (eine der ältesten in Europa). In Warschau konzentrierten sich sämtliche Aktivitäten des so genannten Reformadels, zahlreiche Bildungseinrichtungen und Manufakturen wurden gegründet. Es entstanden prunkvolle Bauten und Parks (Łazienki, Ujazdów). Verewigt ist die Atmosphäre jener Jahre in den Stadtveduten des Venezianers Bernardo Bellotto (Canaletto), Hofmaler bei Stanislaus August Poniatowski. Die Staatsreformer Hugo Kołłątaj und Stanislaus Staszic riefen die Kommission für Nationale Bildung (Komisja Edukacji Narodowej) sowie die Gesellschaft für Wissenschaft (Towarzystwo Przyjaciół Nauki) ins Leben, auf Initiative des Königs wurde die Zeitschrift "Monitor" gegründet, die Logen der Freimaurer hatten regen Zulauf (Cagliostro, Casanova). Dichter (Ignacy Krasicki, Adam Naruszewicz, Stanislaus Trembecki) konkurrierten mit Dramatikern (Franciszek Zabłocki, Wojciech Bogusławski, Julian Ursyn Niemcewicz). Graf Jan Potocki, Völkerkundler und Schriftsteller, erhob sich per Heißluftballon über die Stadt, der Pflanzerssohn Lewis Littlepage aus Virginia bereiste als königlicher Sekretär und Diplomat die Höfe Europas.
Der Vierjährige Sejm und die Mai-Verfassung
Am 3. Mai 1791 trat der Sejm zusammen. Polen gab sich die erste geschriebene Verfassung Europas, die für die damalige Zeit als revolutionär galt. Durch von außen geschürte politische Instabilität (Konföderation von Targowica gegen die Verfassung) wurde jedoch die Zweite Teilung Polens im Jahre 1793 begünstigt, in deren Verlauf Preußen das polnische Kernland um Posen (Poznań) als Provinz zugeteilt bekam, während Russland weitere Teile Weißrusslands und der Ukraine erhielt.
Der Kościuszko-Aufstand und Finis Poloniae
Der darauf folgende nationale Aufstand gegen die Besatzer unter Tadeusz Kościuszko bot, nach Teilsiegen der Aufständischen, den Anlass, den Reststaat 1795 vollends zu liquidieren (Dritte Teilung Polens).
Fremdherrschaft und Kampf um die Unabhängigkeit
Polen, Frankreich und die europäischen Mächte (1795-1815)
Die nach dem Ende der polnischen Staatlichkeit verbliebenen Aufständischen und Oppositionellen setzten nun all ihre Hoffnungen auf das revolutionäre Frankreich. Auf dessen Anregung entstand bis 1797 in Oberitalien eine 6000 Mann starke polnische Legion unter General Jan Henryk Dąbrowski, die auf Seiten [Napoléon Bonaparte|Napoleons] bis zum Friede von Lunéville 1801 kämpfte, ohne ihrem eigentlichen Ziel näher zu kommen. Statt dessen wurde sie von den Franzosen im Kampf gegen Aufständische auf Haiti eingesetzt, wo sie fast völlig aufgerieben wurde. Was blieb war vor allem der unbedingte Siegeswille der Legionäre, der sich im Text des Liedes Józef Wybickis von 1797 manifestierte: "Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben" und weiter "Marsch, marsch, Dąbrowski, von Italien nach Polen", jenes Liedes, das seit 1918 die Nationalhymne Polens ist. Gleichzeitig versuchten polnische Adlige am Petersburger Hof, v.a. der dort zu Einfluss beim Zaren gelangte Fürst Adam Jerzy Czartoryski, die Lage im russischen Teilungsgebiet zu mildern, was durch eine größere Freiheit besonders im Bildungswesen zeitweise auch gelang, außenpolitisch jedoch keine Erfolge zeitigte, da Russland nicht zu einem Krieg gegen Preußen bereit war. Die französischen Kriegserfolge des Jahres 1806 bewogen einige Polen dazu, erneut auf die Karte Napoleon zu setzen und einen bewaffneten Aufstand im polnischen Südpreußen zu wagen. Durch die Schwäche Preußens und den Vormarsch der Grande Armee hatte die Erhebung Erfolg. Napoleon, der v.a. an die Stärkung und Auffüllung seines Heeres für die Kämpfe gegen Russland dachte, erklärte sich schließlich aber lediglich dazu bereit, 1807 ein relativ kleines "Herzogtum Warschau" zu bilden, an dessen Spitze der sächsische Kurfürst Friedrich August gestellt wurde. Statt der erwarteten Bestätigung der Mai-Verfassung von 1791 wurde lediglich ein dem französischen Vorbild folgen des "Statut conventionnel" erlassen, so dass die entscheidende politische Rolle dem französischen Residenten in Warschau zufiel. Trotz dieser großen politischen Schwierigkeiten wuchs das Engagement der polnischen Bevölkerung für den neuen Staat; dies galt besonders für das auf französischer Seite kämpfende Militär, dem es bis 1809 gelang, Teile Kleinpolens zu erobern. Aus diesen Gründen war auch die polnische Bereitschaft hoch, sich massiv am Russlandfeldzug Napoleons zu beteiligen. Ca. 100.000 Polen kämpften im Winter 1812/1813 auf verlorenen Posten, nur wenige kehrten anschließend in ihre Heimat zurück; russische Soldaten besetzten Warschau und der militärische Kopf der Polen, Fürst Józef Antoni Poniatowski, kam bei der Völkerschlacht in Leipzig 1813 ums Leben, als er in den Fluss Elster stürzte und ertrank. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft Polens fiel nun auf dem Wiener Kongress von 1814/1815, als die Grenzen der Teilungen weitgehend bestätigt und lediglich die Position Preußens zugunsten der Russlands geschwächt wurde. Preußen musste die in der Dritten Teilung erworbenen Gebiete weitgehend aufgeben, das zuvor österreichische Krakau wurde zur Freien Stadt. erklärt. Das Herzogtum Warschau wurde in Personalunion mit dem Russischen Reich vereinigt, die Existenz einer polnischen Nation freilich von allen europäischen Großmächten anerkannt. In den folgenden Jahren gelang es dort immerhin, eine soziale Umstrukturierung der Gesellschaft voranzubringen, die die Grundlagen für die Entstehung einer demokratischen polnischen Nation aller Stände schuf.
Die Zeit der Aufstände (1830-1864)
Auf lange Sicht gesehen war die polnische Nation nach den Wiener Beschlüssen von 1815 nicht bereit, den Status quo zu akzeptieren Der Wunsch nach einem eigenen Staat war ungebrochen; die katholische Kirche wuchs aufgrund ihrer beibehaltenen Strukturen immer stärker in die Rolle einer Bewahrerin der Traditionen hinein.
Die politische Entwicklung seit 1815 war durch eine eher gemäßigte Unterdrückung durch den Zaren und seinen Warschauer Statthalter Novosilcov geprägt. Damit waren aber viele Jüngere, geprägt vom Geist der polnischen Romantik und ihrer Helden wie Adam Mickiewicz und Juliusz Słowacki, nicht zufrieden. Die Nachricht von Revolutionen in Paris und in Belgien im Jahre 1830 ließ auch eine relativ kleine Gruppe von Warschauer Verschwörern zu den Waffen greifen, der am 28. November dieses Jahres ausbrach und keine konkreten politischen Zielvorstellungen hatte (Novemberaufstand). Aufgrund der zögerlichen russischen Reaktion gelangen zunächst einige Erfolge, die den im Dezember zusammengetretenen Sejm dazu bewogen, die Dynastie der Romanows für abgesetzt zu erklären. Im Laufe des Jahres 1831 behielt Russland in der massiven militärischen Auseinandersetzung aber die Oberhand, u.a. auch deswegen, weil die Aufständischen zu keinen weitergehenden Schritten in der Bauernfrage bereit waren. Der Novemberaufstand war in ganz Europa äußerst populär, besonders in Deutschland, wo die entstehende Polenbegeisterung auch nach dem Scheitern des Aufstandes und des Einsetzens der sogenannten. "Großen Emigration" zunächst weiter bestand und zur Entstehung von Solidaritätskomitees und Polenliedern führte, deren Höhepunkt das sog. "Hambacher Fest" im Jahre 1832 war, wo deutsche und polnische nationale Bestrebungen auf eindrucksvolle Weise miteinander verbunden wurden. Im russischen Teilungsgebiet selbst wurde die Sonderstellung der Polen nun massiv eingeschränkt, erst jetzt wurde in Teilen der Verwaltung mit der Russifizierung begonnen und das polnischsprachige Bildungssystem geschwächt. Zu einem neuen Zentrum der polnischen Politik wurde Paris, wohin viele bedeutende Politiker geflohen waren und wo mit den "Konservativen" und den "Demokraten" die beiden Hauptlager entstanden.
Aufgrund der Unterdrückungen im russischen Teilungsgebiet wandte sich das Hauptaugenmerk für einen erneuten Aufstand den anderen beiden Regionen zu. Für Anfang 1846 wurde eine gesamtpolnische Erhebung geplant, die ihren Schwerpunkt aber im preußischen Posen (Poznań) und der Freien Stadt Krakau (Kraków) haben sollte. Der Posener Plan wurde jedoch verraten und die Verschwörer mit ihrem Kopf Ludwik Mieroslawski (Ludwik Mierosławski) verhaftet; auch die Bestrebungen im österreichischen Teilungsgebiet wurden nur halbherzig durchgeführt. Parallel dazu brach aber dort nun ein Bauernaufstand aus, der sich vor allem gegen die polnischen Landadligen richtete und von den Behörden teilweise unterstützt wurde. Dieser extrem grausame Bürgerkrieg führte in nur zwei Monaten zu über 1000 Toten. Krakau, das vorübergehend in polnischer Hand war, wurde schließlich von österreichischen Truppen besetzt und inkorporiert. Aufgrund dieses völligen Scheiterns war es um so überraschender, dass die polnische Frage schon zwei Jahre später in Preußen wieder zu einem beherrschenden Thema wurde.
Die Jahre seit 1815 im preußischen Teilungsgebiet waren vor allem geprägt gewesen durch die 1823 durchgeführte endgültige Bauernbefreiung. Die zunächst relativ gemäßigte Politik gegenüber den Polen wurde nach dein Amtsantritt des neuen Oberpräsidenten Eduard Heinrich von Flottwell Ende 1830 zunehmend antipolnisch, v.a. in der Bildungs- und Kirchenpolitik. Seit Beginn der 1840er Jahre schien sich freilich unter dem neuen preußischen König Friedrich Wilhelm IV. eine liberalere Polenpolitik anzudeuten, bis die Aufstandspläne von 1846 und der große Berliner Polenprozess eine erneute Wende einleiteten, Die Märzrevolution des Jahres 1848 führte auch zum Wiederentstehen polnischer Organisationen im preußischen Großherzogtum Posen. Man erwartete das Ausbrechen eines Krieges gegen das reaktionäre Russland, mitunter arbeiteten deutsche und polnische Demokraten eng zusammen. Der Krieg kam jedoch nicht, der preußische König überwand seine zeitweilige Schwäche und vor Ort nahmen die nationalen Spannungen zu. Den Aufständischen gelang es nicht, die preußische militärische Übermacht zu besiegen. Dass die Stimmung des Jahres 1848 nicht mehr der von 1832 entsprach, zeigte schließlich die dreitägige Polendebatte der Paulskirchenversammlung im Juli 1848 sehr deutlich. Nur noch wenige traten für die Rechte der Polen ein, die national-konservativen Kräfte setzten sich endgültig durch. Letztes Aufflackern war die demokratische Revolution in Baden, an deren militärischer Spitze 1849 Mierosławski stand. An den europäischen Revolutionen der Jahre 1848/1849 hatten auch an anderen Stellen Polen mitgekämpft, etwa General Josef Bem (Józef Bem) in Österreich und Ungarn. Keinen Aufstandsversuch gab es aber im russischen Teilungsgebiet, wo der Statthalter Ivan Paskevič die Zügel fest in der Hand hielt.
Erst die russische Niederlage im Krimkrieg 1855 und der Amtsantritt des neuen Zaren Alexanders II. weckte neue Hoffnungen. Es entwickelten sich nun ernstzunehmende Pläne einer engen polnisch-russischen Zusammenarbeit unter dem gemäßigten Adligen Aleksander Wielopolski, der 1862 sogar zum Chef einer nur aus Polen bestehenden Zivilregierung ernannt wurde. Die Demokraten dagegen sahen sich durch die Einigungsbestrebungen Italiens wieder zu revolutionären Taten veranlasst und begannen im Januar 1863 wieder mit einem bewaffneten Aufstand (Januaraufstand), in dem es allerdings nicht gelang, Unterstützung aus anderen europäischen Staaten zu erhalten. Die verschiedenen gesellschaftlichen Absichten der polnischen Emigration, das Fehlen einer schlagkräftigen militärischen Führung im Lande und die vergeblichen Versuche, auch die Bauern zu mobilisieren, brachten auch diesen Aufstand zum Scheitern. Die massiven Vergeltungsmaßnahmen der Russen, Enteignungen und Deportationen, führten dazu, dass der Adel nun seine beherrschende Kraft innerhalb der polnischen Gesellschaft verlor, die Ideen der Romantik waren endgültig gescheitert.
"Organische Arbeit" und polnische Nationalbewegung (1864-1914)
Das Scheitern der Aufstände führte in allen drei Teilungsgebieten zu neuen Überlegungen bei den Eliten, die immer mehr vom Bürgertum gestellt wurden. Aus dem passiven Widerstand vor allem im russischen Teil erwuchs der Wille, den Bedrohungen der Russifizierung bzw. Germanisierung aus eigener Kraft Herr zu werden, ohne immer wieder zu Aufständen greifen zu müssen. Man favorisierte das Konzept einer langsamen, evolutionären Entwicklung der eigenen Fähigkeiten in den Bereichen Wirtschaft, Bildung oder Kultur, das mit dem Schlagwort "organische Arbeit" bezeichnet wurde. Ausgedacht wurden diese Überlegungen von einer neuen Generation von Publizisten und Schriftstellern, die sich v.a. in Warschau versammelten. Sie gründeten u.a. die sogenannten "Fliegenden Universitäten", bei deren heimlichen Treffen die sozialen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Probleme ihrer Zeit diskutiert wurde. In Anlehnung an das Hauptwerk "Positive Philosophie" des französischen Philosophen Auguste Comte nannten sich diejenigen, die der Bewegung angehörten, Positivisten. Zu ihr gehörte u.a. auch die Wissenschaftlerin Marie Curie, geb. Skłodowska.
"Kulturkampf" und die Folgen: das preußische Teilungsgebiet
In Preußen wurden mit dem Amtsantritt des neuen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck die Überlegungen einer vollständigen Integration auch der mehrheitlich polnisch bewohnten Landesteile (Teile Westpreußens, der Provinz Posen und Oberschlesiens) verstärkt. Seine Politik begann sich in den sechziger Jahren besonders gegen den dortigen Adel und den katholischen Klerus in allen Teilen Preußens zu richten. Nach der Reichsgründung von 1871 wurden Germanisierungsbestrebungen noch verstärkt. Dazu zählte insbesondere die stufenweise Abschaffung des Polnischen als Unterrichtssprache an Oberschulen. Darüber hinaus fanden massive Schritte gegen den katholischen Klerus im Zuge des sogenannten Kulturkampfs ihren Niederschlag, die zugleich auch im katholischen Westfalen, im Rheinland und in Bayern erfolgten (u. a. Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht). Gerade die letztgenannten Aktionen bewirkten aber genau das Gegenteil des Gewünschten, weil die bisher national eher passiven polnischen Bauern - z. T. in Kooperation mit Katholiken aus dem Süden und Westen des Kaiserreichs - für ihren katholischen Glauben zu kämpfen begannen. In Westpreußen und Posen scheiterte der Versuch einer weiteren "Germanisierung des Bodens" durch Aufkauf polnischen Landes ebenso wie die Bemühungen, neue deutsche Siedler ins Land zu locken. Hauptgrund war die landwirtschaftliche Prägung, die im Zeitalter der industriellen Revolution nur geringe Aussichten auf Wohlstand versprach. Deutsche und Polen wanderten gleichermaßen aus Westpreußen und Posen in das Ruhrgebiet und das oberschlesische Industrierevier ab. Organisationen wie der Ostmarkenverein verschärften die Antagonismen noch mehr und führten zu Gegengründungen polnischer Vereine. Die patriotische Literatur jener Zeit brachte einige wichtige Werke hervor, zum Beispiel die Historienromane von Henryk Sienkiewicz, aber auch populäre Mythen und Geschichten wie die Erlebnisse des Michał Drzymała oder die Hymne "Rota" der bedeutenden Schriftstellerin Maria Konopnicka mit ihren antideutschen Zeilen. Die Ausweisungen mehrerer zehntausend Polen russischer Staatsangehörigkeit in den Jahren 1885-1886 brachten auch die internationale öffentliche Meinung gegen das Deutsche Reich auf. Gegen die deutsche Unterrichtssprache gab es gut organisierte und effektive Schulstreiks, dessen bekanntester in Wreschen (Września) im Jahre 1901 auch internationales Aufsehen erregte. Auch eine zwischenzeitlich betriebenere liberale Politik unter Reichskanzler Caprivi konnte an diesen längerfristigen Aktionen nichts ändern. Im Ergebnis ging der Anteil der Deutschen bzw. Deutschsprachigen in der Provinz Posen von 1871 bis 1910 von 44 auf 38 Prozent zurück, der Anteil der Polen stieg vice versa von 56 auf 62 Prozent.
Am wirtschaftlichen Aufschwung des Kaiserreichs partizipierten freilich auch die Polen. Der sich anbahnende bescheidende Wohlstand hatte auch Initiativen zur Volksbildung zur Folge, die wiederum gut als Teil der "organischen Arbeit" genutzt werden konnten. Durch eine gewisse Rechtssicherheit für den Einzelnen und die Möglichkeit parlamentarischer Mitwirkung, zum Beispiel über die Partei der Polen im Reichstag, wurden Strukturen geschaffen, die nach 1918 im polnischen Staat von Nutzen waren. Eine besondere Rolle innerhalb des preußischen Staates spielte die oberschlesische Industrieregion, die in jenen Jahren ähnlich dem Ruhrgebiet zu einem riesigen Wachstumsgebiet wurde, in dem sich jedoch gleichzeitig die deutsch-polnischen nationalen Spannungen immer heftiger zu entladen begannen. Die beiden Industriezentren zogen auch Hunderttausende von Arbeitskräften an, was u.a. zum bekannt hohen Anteil von Polen an der Bevölkerung des Ruhrgebiets führte. Im Ruhrgebiet integrierten sich die polnischen Zuwanderer rasch in die ortsansässige Bevölkerung. Bekannt ist unter anderem die Gründung des ortsverwurzelten Fußballvereins Borussia Dortmund durch Söhne polnischer Einwanderer.
Die Situation in Galizien
Die Bedingungen für eine Weiterentwicklung polnischer Strukturen waren im österreichischen Teilungsgebiet am günstigsten. Nachdem Österreich in Oberitalien Ende 1850er Jahre schwere Rückschläge hinnehmen musste und anschließend den Kampf gegen Preußen um die Vorherrschaft in Deutschland 1866 verloren hatte und zudem den internen Ausgleich mit Ungarn durchführte, sah man sich auch in Galizien veranlasst, die Zügel zu lockern, Kaiser Franz Joseph erlaubte die Polonisierung des Schulwesens und der Verwaltung, in anderen Bereichen gewährte man ebenfalls wachsenden polnischen Einfluss, so dass man seit dem Ende der 1860er Jahre von einer de facto-Autonomie Galiziens sprechen kann. Einen wichtigen Einfluss auf das geistige Leben übten die Universitäten von Krakau und Lemberg aus, an denen eine ganze Reihe polnischer Wissenschaftler ausgebildet wurden. Im Gegenzug sicherte das polnische konservative Lager seine volle Loyalität zu und vertrat diese auch personell und ideell am Wiener Hof. Problematisch blieb in der strukturschwachen Region die Lage der ländlichen Bevölkerung und der größtenteils nicht assimilierten Juden im Osten. Auch deshalb entstanden bald populistische Bewegungen der Bauern, die die Grundlagen für die in der Zwischenkriegszeit mächtigen Bauernparteien legten. Das liberale geistige Klima am Vorabend des Ersten Weltkriegs ermöglichte auch die Aufstellung paramilitärischer Verbände, die für die Wiedererlangung der Unabhängigkeit kämpfen sollten.
Die Lage im russischen "Kongresspolen"
Im russischen Teilungsgebiet waren nach dem gescheiterten Januaraufstand die Verwaltungsstrukturen völlig russifiziert worden. Die Verwendung der polnischen Sprache in Zeitungen, Büchern und Kirchen war untersagt. Seit 1885 durfte in den Schulen außer in den Fächern Polnisch und Religion nur Russisch unterrichtet werden. Die Bezeichnung "Polen" verschwand aus der zaristischen Verwaltung Nachdem die alten Wege gescheitert waren und die Entwicklung der "organischen Arbeit" eine gewisse Zeit brauchte, führten die umfangreichen demographischen und ökonomischen Veränderungen der zweiten Jahrhunderthälfte auch zum Entstehen sozialistischer Bewegungen. Die 1892 in Paris gegründete Polnische Sozialistische Partei, die im Jahre darauf auch in Kongresspolen tätig wurde, geriet unter ihrem faktischen Anführer Józef Piłsudski in gemäßigteres Fahrwasser und vertrat etwa seit der Jahrhundertwende die Parole "Durch Unabhängigkeit zum Sozialismus". Parallel dazu führte man freilich terroristische Anschläge durch, die die russische Polizei nicht zur Ruhe kommen ließen. Demgegenüber schlossen sich die internationalistischeren, klassenkämpferischen Kräfte unter den beiden Anführern Julian Balthasar Marchlewski und Rosa Luxemburg zur "Sozialdemokratie des Königreichs Polen und Litauen" zusammen und suchten die Zusammenarbeit mit den russischen Sozialisten. Auf der rechten Seite des Parteienspektrums etablierte sich die "Liga Narodowa" (Nationale Liga), die mit ihrer nationalistischen, antisemitischen und prorussischen Orientierung einen anderen Weg zur Unabhängigkeit suchte. Ihr Anführer Roman Dmowski wurde bis in die 1930er Jahre der lebenslange Hauptwidersacher Piłsudskis. Zunehmende politische Bedeutung gewann vor allem in den ländlichen Gebieten die Bauernbewegung.
Die Revolution von 1905 un der Vorabend des Krieges
TO DO
Der Erste Weltkrieg
Józef Piłsudksi und die Legionen
Piłsudski zog mit seiner Armee zusammen mit Österreich und Deutschland gegen die russische Armee.
Zwischen Alliierten und Mittelmächten
Im 1. Weltkrieg versuchte das Deutsche Reich die polnische Bevölkerung für sich zu gewinnen, indem es ein unabhängiges Königreich Polen auf russisch beherrschten Landesteilen in Aussicht stellte und 1916 proklamierte.
Unabhängigkeit und Zweite Republik
Der Neue Staat und seine Konsolididerung
Im November 1918 kehrte der aus der Magdeburger Haft entlassene Piłsudski nach Warschau zurück und übernahm dort als Vorläufiges Staatsoberhaupt die Macht. Er berief einen verfassungsgebenden Sejm ein, der eine demokratische Verfassung ausarbeiten und verabschieden sollte. Die ersten Jahre der Unabhängigkeit vergingen mit dem inneren Aufbau des Staates. Die bestehenden staatlichen Strukturen welche die drei verschiedenen Teilungsmächte hinterlassen hatten mussten vereinheitlicht werden, teilweise aber auch völlig neu geschaffen werden. Außerdem war das Land weitgehend vom Krieg verwüstet, wie auch seine Grenzen in weiten Teilen nicht festgelegt waren.
Als 1921 die neue Verfassung verabschiedet worden war, in der nur ein schwacher Präsident vorgesehen war, verzichtete Piłsudski auf die Ausübung dieses Amtes und zog sich ins Privatleben zurück. Die Jahre bis 1926 waren innenpolitisch somit von mehreren aufeinanderfolgenden parlamentarischen Regierungen dominiert. Zum ersten Präsidenten Polens wurde 1922 Gabriel Narutowicz, ein Vertreter der gemäßigten Linken gewählt. Narutowicz wurde jedoch wenige Tage nach seiner Amtseinführung von einem nationalistischen Fanatiker ermordet. Zu seinem Nachfolger wählte das Parlament den gemäßigten Sozialisten Stanisław Wojciechowski. Da die Mehrheitsverhältnisse im polnischen Parlament, dem Sejm sehr instabil waren, wechselten sich die Regierungen häufig ab und waren teilweise sehr schwach.
Konflikte mit den Nachbarn
Anfang des Jahres 1918 gewann Polen zusammen mit anderen Ländern durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk seine Unabhängigkeit von Russland wieder. Dabei wurden Polens Grenzen von Deutschland und Österreich-Ungarn enger als 1772 gezogen. Als Deutschland den Krieg verlor, wurde der Vertrag von Brest-Litowsk von Sowjet-Rußland annulliert. Polen wurde laut den Versailler-Bestimmungen (siehe auch Vertrag von Versailles) eine unabhängige Republik und bekam einen Teil der vom Kgr. Preußen im Rahmen der polnischen Teilungen (siehe auch Teilungen Polens) 1772 und 1793 annektierten polnischen Gebiete Pommerellen (siehe auch Westpreußen) und Großpolen (siehe auch Provinz Posen), Teile Oberschlesiens und einen Zugang zur Ostsee bei Gdingen ( siehe auch polnischer Korridor) zurück. Ursprünglich sollte Polen auch das Ermland zurückerhalten, das nach einer Volksabstimmung 1920 bei Ostpreußen blieb. Danzig wurde aufgrund der besonderen Sachlage (erforderlicher Ostseehafen, polnischer Bevölkerungsanteil von 7 %) ohne Volksabstimmung zur "Freien Stadt Danzig" erklärt und verblieb mit Nutzungsrechten Polens am Danziger Hafen außerhalb der Grenzen des neuen polnischen Staates unter der Aufsicht des Völkerbundes.
Um den Besitz Oberschlesiens kam es zu Auseinandersetzungen mit Deutschland. In Oberschlesien ergab am 20. März 1921 eine Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit des Gebiets eine Mehrheit von fast 60 Prozent für den Verbleib bei Deutschland. Polnische Freischärler begannen daraufhin am 3. Mai 1921, unterstützt von französischen Besatzungstruppen (Italiener und Briten stellten sich auf die deutsche Seite), einen bewaffneten Aufstand, um den Anschluss des östlichen Teils Oberschlesiens an Polen gewaltsam duchzusetzen. Die Aliierten wollten vorher nur den Landkreis Pleß an Polen anschließen.
Das Deutsche Reich konnte aufgrund der Beschränkungen durch den Versailler Vertrag und aufgrund der Intervention der anglo-französischen Sieger nicht offiziell gegen die Freischärler vorgehen, trotzdem kam es zu einigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Polen. Mit Billigung der deutschen Regierung versuchten Freikorps gewaltsam den Anschluss an Polen zu verhindern. Am 23. Mai 1921 gelang den Deutschen Freikorps des "Selbstschutz Oberschlesien" die Erstürmung des St. Annabergs, der stärksten Befestigung der Polen wodurch eine Stabilisierung der Lage eintrat. Am 20. Oktober 1921 beschloß der Oberste Rat der Alliierten nach einer Empfehlung des Völkerbunds, das ostoberschlesische Industrierevier an Polen zu übertragen. Beim Deutschen Reich verblieb der zwar flächen- und bevölkerungsmäßig größere, vor allem jedoch eher agrarisch strukturierte Teil des Abstimmungsgebiets (Industriestädte wie Beuthen, Gleiwitz oder Zabrze blieben weiter deutsch).
1918 wurde Józef Piłsudski Staatspräsident des wiederentstandenen Polens. Piłsudski versuchte, die Grenzen Polens vor 1772 wiederherzustellen und so die polnische Staatsgrenze im Vergleich zur polnischen Sprachgrenze um 450 km nach Osten zu erweitern, Piłsudski ging es dabei vor allem um die mehrheitlich polnisch sprachigen Gebiete um Wilna (Vilnius) in Litauen und Lwów (Lemberg) in Galizien, dieses Vorhaben schloß somit Litauen, Weißrussland und die Ukraine in die polnische Machtpolitik ein. Im Rahmen seiner Politik der Wiedererrichtung einer Republik unter polnischer Führung in der Tradition der 1795 untergegangen Adelsrepublik, sollten nach seinem Plan auch Gebiete Teil des neuen Staates sein, die mehrheitlich von Ukrainern und Weißrussen bewohnt waren. Zunächst wurde nördlich von Polen der östliche Teil Litauens (Gebiete um Vilnius), das seine Unabhängigkeit gerade gegen Russland durchgesetzt hatte, besetzt, ebenso vorübergehend Kiew in der Ukraine – was, aufgrund der Überschneidung mit territorialen Ansprüche der Sowjetunion zum polnisch-sowjetischen Krieg führte.
Der polnisch-sowjetische Krieg
Zunächst drangen die polnischen Truppen unter General Rydz-Śmigły mit Unterstützung von nationalukrainischen Kräften bis nach Kiew vor. Der schnelle Erfolg war durch das Ausweichen der sowjetischen Truppen begünstigt, die nach der Eroberung Kiews durch die Polen eine Gegenoffensive starteten. Die sowjetischen Einheiten unter General Budjonny drangen bis vor Warschau, während Stalin Lemberg belagerte. Durch ein waghalsiges Zangenmanöver gelang der polnischen Armee unter Piłsudskis Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten: während die polnischen Einheiten versuchten, die Armee von General Budjonny bei Radzymin nordöstlich von Warschau aufzuhalten, startete Piłsudski vom Fluss Wieprz in der Woiwodschaft Lublin eine Großoffensive in Richtung Norden. Der Überraschungseffekt war so groß, dass die letzten sich zurückziehenden Einheiten der Roten Armee über deutsches Gebiet – Ostpreußen – flüchten mussten.
1921 wurde in Riga (Lettland) ein Friedensvertrag zwischen den Kriegsparteien geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Piłsudski verfehlte zwar sein Ziel, die Staatsgrenze von 1772 (Rzeczpospolita Obojga Narodów) wiederherzustellen, es gelang ihm jedoch, die polnische Staatsgrenze etwa 200 km östlich der polnischen Sprachgrenze, der sog. Curzon-Linie, zu ziehen. Im östlichen Teil Polens betrug der polnische Bevölkerungsanteil 1919 etwa 25 %, 1938 nach der Amtszeit Piłsudskis bezeichneten sich 38 % als polnisch - den übrigen Anteil bildeten jeweils verschiedene nationale Minderheiten. Die Bevölkerungsmehrheit bezeichnete sich als ukrainisch, weißrussisch und jüdisch. Mehrheitlich polnisch - mit einem hohen Anteil Juden - waren Vilnius und Lwów (Lemberg). Siehe dazu auch: Geschichte Galiziens
Polen entwickelte ab 1921 gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich - welche an Polen als stategischem Bündnispartner interessiert waren und den Bau eines neuen Hafens in Gdingen finanzierten. Aus dem Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein Groß- und Militärhafen mit über 100.000 Einwohnern. Da Gdingen mit dem Danziger Hafen konkurrierte und Polen gegen den Willen der Danziger Regierung ein polnisches Munitionslager auf der Westerplatte durchsetzte, kam es zu Spannungen zur Freie Stadt Danzig. Der Zugang zu Ostpreußen vom restlichen Deutschen Reich war per verplombtem Korridorzug (von Chojnice/Konitz bis Tczew/Dirschau Fahrt durch das polnische Gebiet) auf der Ostbahn oder per Schiff (Seedienst Ostpreußen) möglich.
Der Mai-Umsturz und das Sanacja-Regime
Piłsudski war nach einigen Jahren unzufrieden mit der entstandenen innenpolitischen Situation. Im Mai 1926 führte er, obwohl er weder in Armee und Staat eine offizielle Position bekleidete, mit der Unterstützung seiner zahlreichen Anhänger in der Armee, einen Staatstreich durch und riss die Macht an sich, die er bis zu seinem Tod 1935 behielt. Allerdings bekleidete Piłsudski hierbei nur selten und nur für kurze Zeit offiziell bedeutende Ämter. Er war z.B. nie Staatspräsident sondern überließ dieses Amt seinem loyalen Gefolgsmann Ignacy Mościcki. Piłsudski war meist nur Verteidigungminister. Allerdings war er die allgemein ankerkannte oberste Autorität im Staat. Auch gab es weiterhin eine mehr oder weniger funktionierende, sogar im Parlament vertretene Opposition, die allerdings konsequent an der Übernahme der Macht gehindert wurde. Dass Regime in der Historiographie manchmal als Vernunftdiktatur bezeichnet, nannte sich selbst Sanacja (ungefähr: Gesundung). Eine auf die Person Piłsudski zugeschnittene neue Verfassung konnte erst nach dessen Tod 1935 in Kraft treten.
Als eine bittere Ironie erscheint es, dass Polen, kurz bevor es selbst von Deutschland überfallen werden sollte, im Rahmen des Münchener Abkommens Gebietsforderungen an die Tschechoslowakei gestellt hat. Im Oktober 1938 annektierte Polen von der Tschechoslowakei die mehrheitlich von Polen, Oberschlesiern und Deutschen besiedelten Industriegebiete an der Olsa und Javorina in der Hohen Tatra.
Zweiter Weltkrieg
Die September-Katastrophe
Nach Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes 1939 folgte der Überfall Deutschlands und der Slowakei auf Polen am 1.9.1939, was den Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs und damit den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte. Die deutschen Truppen kamen rasch voran. Nach zwei Wochen wurde die polnische Hauptstadt eingeschlossen. Am 17.9. wurde Polen - wie in dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen - auch von der Sowjetunion angegriffen. Am 28. September 1939 kapitulierte Polen. Das Land wurde zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Die polnische Regierung von Ministerpräsident Sikorski ging zuerst nach Paris, später nach London ins Exil und organisierte von dort aus die Streitkräfte neu.
Zur Ehrlichkeit in der polnischen Geschichtsschreibung gehört aber auch der Hinweis auf die damalige politische Situation und damit im Zusammenhang stehenden Ereignisse:
Das 1918 durch die Mittelmächte Deutschland und Österreich wiederbegründete Polen forderte nach Ende des Weltkrieges einen Korridor zur Ostsee, den es dann im Versailler Vertrag auch erhielt. Bromberg mußte damit zwangsläufig an Polen fallen, obwohl es überwiegend (85%)deutsche Bevölkerung hatte. Entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages durften die Bromberger Einwohner nicht - wie die Ostpreußen oder die Danziger - über eine Zugehörigkeit zum Deutschen Reich abstimmen. Das zu erwartende Votum für Deutschland hätte in einem krassen Widerspruch zu Polens Forderung nach einem breiten Korridor gestanden. Gegen ihren Willen wurde die Stadt und ihr Umland polnisch, was zwangsläufig zu erheblichen Bevölkerungsverschiebungen führte. Die deutsche Bevölkerung mußte in den folgenden Jahren vielfältige Einschüchterungen und gewaltsame Übergriffe schutzlos ertragen und offensichtliche Benachteiligungen im täglichen Leben hinnehmen. Im Jahre 1939 nahmen die vielfältigen Repressalien gegen die verbliebene deutsche Bevölkerung derart zu, daß der Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Polen am 1.9.1939 von ihr als Befreiung empfunden wurde. Dieses Empfinden wurde verstärkt durch den von Polen als Internierung deklarierten Todesmarsch von Lowitzsch, bei dem Tausende Deutscher in den ersten Tagen des September 1939 nach schon im Mai 1939 erstellten Listen festgenommen und durch Polen getrieben wurden. Wer den Strapazen nicht gewachsen war, wurde erschlagen oder erschossen.
Am 3. September 1939, dem sogenannten „Bromberger Blutsonntag“, als zurückflutende polnische Truppen durch die Stadt zogen, sollen Schüsse gefallen sein, für die die deutsche bevölkerung verantwortlich gemacht wurde. Darauf stürtzten sich polnische Soldaten auf alle Deutschen, deren sie habhaft werden konnten, auf den Straßen und in Häusern. Die Polen brachten – vielleicht aus Zorn über den Kriegsausbruch, mehr wohl aber aus nationalistisch geprägtem Haß und im Hochgefühl des erwarteten Sieges – Tausende (angeblich wurden 5800 gezählt) ihrer deutschen Mitbürger um. Gleichzeitig muß die damalige kritische Situation der Anspannung und Ohnmacht vergegenwärtigt werden, denn wer wird schon gerne von einem Nachbarn überfallen, und soll für diesen dafür noch Sympathie emfinden? Die umgebrachten Menschen waren wehrlose Zivilisten, darunter furchtbar zugerichtete Schwangere, Säuglinge, Kinder, Greise. Ihr Verbrechen: Sie waren Deutsche. Nachdem deutsche Truppen in Bromberg eingezogen waren, kam es zu Vergeltungsmaßnahmen seitens deutscher Polizei (oder SS?), in deren Folge dann Tausende polnischer Bürger erschossen wurden. Diese Ereignisse finden heute kaum noch Erwähnung. In Geschichtsbüchern oder Reiseführern werden sie allenfalls als „Ausschreitungen“ erwähnt. Vermerkt werden nur die Massenhinrichtungen von Polen, die nach dem Einmarsch der deutschen Truppen stattfanden, ihre Ursachen aber werden verschwiegen. Auf dem Stary Rynek wurde den polnischen Opfern nach 1945 ein monumentales Denkmal errichtet. Ein Denkmal für die ermordeten deutschen Bürger Brombergs sucht man vergeblich.
Die deutsche und sowjetische Besatzung: Terror und Genozid
Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen.
Der westliche und nördliche Teil des deutsch besetzten Gebietes wurde Schlesien und Ostpreußen zugeschlagen beziehungsweise wurde als Reichsgau Westpreußen und Warthegau Teil des Deutschen Reichs. Zentralpolen wurde als Generalgouvernement Polen deutsche Kolonie, in dem Polen den Status von Arbeitssklaven erhielten. Langfristig sollte der gesamte polnische Raum germanisiert werden, was in der Konsequenz die Vernichtung des polnischen Volkes einschloss. Die Namen von Vernichtungslagern, wie Auschwitz, Majdanek oder Sobibor, stehen für unzählige Morde an polnischen Staatsbürgern durch Deutsche.
Auch die Polen, die in Ostpolen unter sowjetische Herrschaft geraten waren, waren von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Man schätzt, daß ungefähr 1,7 Millionen ehemalige polnische Bürger deportiert wurden, von denen 50-60 Prozent Polen, 15 Prozent Ukrainer, 5 Prozent Weißrussen und ungefähr 20 Prozent Juden waren. Ein eklatantes Verbrechen war die Massenerschießung von polnischen Offizieren durch sowjetische Truppen bei Katyn 1940.
Shoah
Ein noch schlimmeres Schicksal als die Polen traf die polnischen Juden, von denen 2,5 bis 3 Millionen in die deutschen Hände fielen. Dem wilden Terror, den Schikanen, Plünderungen und Pogromen der ersten Kriegswochen folgte die Übernahme der deutschen Verwaltungsbestimmungen: Kennzeichnungspflicht, Anmeldung des Vermögens, Zwangsarbeit, Reiseeinschränkungen, Sperrung der Konten, "Arisierung" des Besitzes. Im Herbst 1940 begann die "Umsiedlung" in die Ghettos. Die größten werden Litzmannstadt (Lodz) mit 160.000 Menschen und Warschau mit 450.000 Menschen. Da die Ghettos nicht in der Lage waren, sich selbst zu erhalten und auch eine wirtschaftliche Ausbeutung von entscheidenden Stellen nicht gewünscht wurde, war die Quote an Toten, oft aus Hunger und Krankheit, von Anfang an hoch. Nachdem die ursprünglichen NS-Pläne der Umsiedlung der Juden (nach Madagaskar oder nach „Osten“) sich als undurchführbar erwiesen hatten, entwickelte sich seit Mitte 1941, nicht zufällig nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, das Planspiel einer systematischen Ausrottung der Juden, die sogenannte "Endlösung der Judenfrage". Es ist unwahrscheinlich, dass es eine einzelne Entscheidung in Berlin zu dieser Frage gab, vielmehr radikalisierten sich die Maßnahmen gerade der lokalen Stellen im Laufe weniger Monate immer mehr (Erschießungen von "Kommissaren", dann jüdischer Männer, später auch Frauen und Kinder). Der Anfang im Reich war mit der planmäßigen Ermordung geistig und körperlich Behinderter im Rahmen des sog. "Euthanasie"-Konzeptes gemacht worden, die hier angewandten Maßnahmen und Mittel konnten später im Osten teilweise übernommen werden. Bis zur Mitte des Jahres 1942 wurden die Massenmorde zu einem Gesamtprogramm zur systematischen Ermordung der Juden unter deutscher Herrschaft ausgeweitet. Die Einzelheiten der praktischen Durchführung waren auf der Berliner "Wannsee-Konferenz" im Januar 1942 festgelegt worden. Nun begann auch die SS mit den Deportationen in die Vernichtungslager. Diese entstanden überwiegend auf polnischem Boden: Kulmhof (Chełmno nad Nerem), Bełżec, Sobibór, Treblinka, Auschwitz-Birkenau. Insgesamt verloren bis Kriegsende etwa 90% aller polnischer Juden ihr Leben. Es gab entgegen vielen Legenden durchaus Widerstand der Juden gegen die Deutschen, der mitunter von der polnischen Widerstandsbewegung unterstützt, manchmal jedoch auch desavouiert wurde. Bekanntestes Beispiel des Widerstands war der verzweifelte Aufstand im Warschauer Ghetto Anfang 1943.
Im Westen: Sikorski, das Exil und die Anders-Armee
TO DO
Der Widerstand
Durch Bildung von Partisanengruppen versuchten Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand zu leisten. Bereits 1943 kam es zum Aufstand im Warschauer Ghetto. Nachdem die Rote Armee im Januar 1944 die polnische Grenze von 1939 überschritten hatte, wurden die Truppen der Heimatarmee vom NKWD entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder in den Gulag geschickt.
Im Jahr 1944 folgte der Warschauer Aufstand, der in Deutschland oft mit dem Ghettoaufstand von 1943 verwechselt wird. Dieser Aufstand war eine Erhebung der polnischen Heimatarmee, der größten polnischen Widerstandsorganisation unter General Tadeusz Komorowski und Oberst Antoni Chrusciel, die der bürgerlichen Exilregierung in London unterstand. Die Sowjetunion, deren Truppen bereits am Ostufer der Weichsel standen, hatte kein Interesse, die Einheiten der Heimatarmee zu unterstützen. So konnten deutsche Truppen den Aufstand brutal niederschlagen, die Zahl der Toten wird auf 180.000 geschätzt, früher wurde sogar die Zahl 250.000 genannt. Dabei wurde die Innenstadt Warschaus unter kaum nachvollziehbar großem Einsatz an Sprengmaterial akribisch Haus für Haus dem Erdboden gleichgemacht.
Angesichts der enormen Leiden der polnischen Bevölkerung wurde lange nicht beachtet, dass es auch Polen gab, die zu Tätern geworden waren. Angestoßen wurde eine Debatte über polnische Täter durch die Geschehnisse im Ort Jedwabne unweit Lomza, wo sich polnische Nachbarn an der Ermordung von mehreren Hundert ihrer jüdischen Mitbürger beteiligt hatten.
Die Volksrepublik
Die Zeit des Stalinismus
Das Lubliner Komitee und die Grenzfrage
Das Lubliner Komitee erklärte sich, gestützt von den Sowjets, unter Übergehung der Exilregierung in London zur provisorischen Regierung Polens.
Die Wiedergewonnenen Länder und die Konsolidierung des Regimes
Im so genannten Potsdamer Abkommen von 1945 setzte Stalin eine verklausulierte Zustimmung der beiden Alliierten USA und Großbritannien zur Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten jenseits von Oder und Lausitzer Neiße durch. Außerdem billigten sie, dass diese Gebiete bis zur endgültigen Entscheidung durch eine Friedenskonferenz (die dann ausblieb) unter polnische Verwaltung gestellt würden, was faktisch bereits einige Wochen zuvor geschehen war. Diese Beschlüsse und Maßnahmen führten faktisch zur Verschiebung des polnischen Staatsgebietes nach Westen, annähernd in die Grenzen des hochmittelalterlichen Piastenreiches. Um dessen Grenzen auch zu "ethnischen Grenzen" zu machen, wurde der "Transfer" (so der Begriff der Potsdamer Konferenz) der dort beheimateten 9,8 Millionen Deutschen beschlossen.
Bei der Vertreibung der Deutschen aus den durch die Alliierten Polen zuerkannten Teilen des ehemaligen Deutschen Reiches und Danzigs, wie (dem südlichen) Ostpreußen, Westpreußens, Pommerns, der Neumark Brandenburgs und Schlesiens, kam es zu zahllosen Misshandlungen und Morden an der wehrlosen Zivilbevölkerung. Aber auch soweit man die Deutschen nicht umbrachte, wurde ihnen teilweise nur eine Stunde Zeit eingeräumt, um ihre seit Jahrhunderten bewohnten Dörfer und Städte mit höchstens 20 Kilo Gepäck zu verlassen. Aus den östlichen Teilen des heutigen Polens wurden in den Jahren 1944 bis 1946 etwa 500.000 Ukrainer zum Teil gewaltsam in die Ukraine umgesiedelt, weitere etwa 400.000 wurden nach Niederschlesien und Pommern, also in die so genannten "wiedergewonnenen West- und Nordgebiete" Polens deportiert.
In den ehemals deutschen Gebieten wurden die aus der Ukraine, Litauen und Weißrussland vertriebenen Polen und ehemalige Zwangsarbeiter angesiedelt, die aus Deutschland zurückströmten.
Der Stalinistische Terror
TO DO
Der Polnische Oktober und die Ära Gomułka
TO DO
Das Jahr '68 und Gomułkas Sturz
TO DO
Gierek
TO DO
1956, 1970 und 1980 kam es in Industriebetrieben (v. a. an der Küste) zu Streiks gegen die kommunistische Regierung, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Parallel wurde in den 1970er Jahren unter dem deutschen Kanzler Brandt eine Entspannung im westdeutsch-polnischen Verhältnis eingeleitet (Kniefall von Warschau).
Von der Solidarność bis zur Wende
Opposition, Streikbewegung und Gewerkschaft
Während des Streiks 1980 wurde die unabhängige Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa gegründet und gerichtlich bestätigt.
Jaruzelski und das Kriegsrecht
1981 wurde General Wojciech Jaruzelski Präsident und verhängte das Kriegsrecht, um mehr Vollmachten im Kampf gegen Solidarność zu haben. Mehr als 1000 Personen wurden interniert.
Agonie und Ende der Volksrepublik
Ende der 80er Jahre wurde der Druck durch immer neue (von der katholischen Kirche unter Papst Johannes Paul II. moralisch unterstützte) Streiks so groß, dass in Runden-Tisch-Gesprächen für 1989 freie Wahlen angesetzt wurden. Die Zahl der Abgeordnetenmandate, die für die Opposition erreichbar waren, wurde allerdings beschränkt. Als Solidarność jedoch die volle Zahl der erreichbaren Mandate errang, bedeutete dies das Ende der kommunistischen Herrschaft. Wałęsa wurde Staatspräsident und Polen ein freier, marktwirtschaftlicher Staat. Diese Ereignisse trugen maßgeblich zum Fall der Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.
Das freie Polen
Der endgültige Durchbruch der Demokratie
1990 wurde die Westgrenze Polens durch das wiedervereinigte Deutschland unter Bundeskanzler Helmut Kohl anerkannt. Kohl vollendete damit, was Willy Brandt zu Beginn der 1970er Jahre begonnen hatte. Die Kontakte Polens zu seinem westlichen Nachbarn entwickeln sich seitdem sehr vertrauensvoll und eng. Auch zwischen ehemaligen deutschen Bewohnern der damaligen Ostgebiete und den heutigen polnischen Einwohnern sind inzwischen viele Freundschaften entstanden: Besondere Katalysatoren in dieser Verständigung sind die Kirchen sowie Teile der Vertriebenenverbände. Auch in Polen wächst das Interesse an der Beschäftigung mit dem "Komplex der Vertreibung", einschließlich der Vertreibung von Polen aus den damaligen Ostgebieten. Ein weiterer Höhepunkt der besseren Beziehungen zwischen Polen und Deutschland war 2004 die Einladung an den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder zu den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes. Schröder war damit der erste deutsche Kanzler, der an den alljährlich wiederkehrenden Feiern teilnehmen durfte. Bitterer Beigeschmack waren die an den Besuch Schröders sich anschließende Diskussionen, um Wiedergutmachungsleistungen an die deutschen Vertriebenen, die dazu führten, dass in Polen neue Ängste gegenüber den Deutschen in den Vordergrund rückten.
Euroatlantische Integration
Polen gilt heute als wirtschaftlich aufstrebender, stabiler und demokratischer Staat, was in seiner Aufnahme in die NATO (12. März 1999) und in die Europäische Union (1. Mai 2004), nachdem sich eine Mehrheit der polnischen Bürger (73% Ja-Stimmen bei einer Beteiligung von etwa 59%) in einer Volksabstimmung im Juni 2003 für den EU-Beitritt ausgesprochen hatte, Ausdruck findet. Der Grad der Westintegration Polens findet unter anderem auch in der Übernahme der Verwaltung einer von drei Besatzungszonen im Irak nach dem 3. Golfkrieg 2003 seinen Ausdruck.
Literatur
deutschsprachig
- Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens, Stuttgart 2003, ISBN 3-150-10522-6
- Wlodzimierz Borodziej: Der Warschauer Aufstand 1944, Frankfurt/Main 2001, ISBN 3-596-16186-X
- Norman Davies: Aufstand der Verlorenen. Der Kampf um Warschau 1944, München 2004, ISBN 3-426-27243-1
- Norman Davies: Im Herzen Europas - Geschichte Polens, Verlag C.H. Beck, 2000. (Aktualisiert um die Geschichte nach 1989)
- Peter Gatter: Der weiß-rote Traum. Polens Weg zwischen Freiheit und Fremdherrschaft, Düsseldorf/Wien 1983, ISBN 3-426-03724-6
- Jörg K. Hoensch: Geschichte Polens, Stuttgart 1983.
- Enno Meyer: Grundzüge der Geschichte Polens, 3., erw. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990, ISBN 3-534-04371-5.
- Gotthold Rhode: Geschichte Polens. Ein Überblick, Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00763-8
- Hans Roos: Geschichte der polnischen Nation 1918-1985, Stuttgart etc. 1986, ISBN 3-170-07587-X
- Andrea Schmidt-Rösler: Polen - vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Regensburg 1996. (mit Vorsicht zu genießen).
englischsprachig
- Davies, N.: God's Playground. A History of Poland. Oxford 1981 (Standardwerk)
- Lukowski, Jerzy T.; Zawadzki, Hubert: A concise history of Poland, Cambridge : Cambridge University Press 2001, 317 S. ISBN 0-521-55109-9
- Prazmowska, A.J.: A History of Poland. London 2004
- Stone, D.: The Polish-Lithuanian State 1386-1795. Seattle 2001
polnischsprachig
- Norman Davies: Powstanie '44 - Verlag Znak, August 2004
- Norman Davies: Boże Igrzysko. Historia Polski - Verlag Zank, März 2001
- Witold Pronobis: Polska i świat w XX wieku