Der tibetische Kalender (tib.: lo-tho oder le'u-tho) ist ein astronomischer, lunisolarer Kalender. Für die tibetische Astronomie war die jährliche Errechnung eines Kalenders eine der Hauptaufgaben.
Das tibetische Jahr besteht aus 12 oder 13 lunaren Monaten (tib.: tshes-zla), die jeweils grob gesprochen mit dem ersten Tag nach dem Neumond beginnen.
Auf der Grundlage, dass 65 solare Monate (tib.: khyim-zla) 67 synodischen bzw. lunaren Monaten entsprechen, wurde regelmäßig alle 32½ Monate ein Schaltmonat (tib.: zla-bshol) hinzugefügt, sodass das tibetische Jahr im Durchschnitt dem solaren Jahr entspricht.
Bis in die Neuzeit waren in den verschiedenen Regionen Tibets zeitgleich mehrere, unterschiedliche Kalender in Gebrauch.
Jahresanfang (lo-'go)
Während der tibetischen Yar-lung-Dynastie (7. – 9. Jahrhundert n. Chr.) begann das Jahr mit dem Anfang des Sommers.
Seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts n. Chr. begann das tibetische zivile Jahr allgemein mit dem 1. Tag des 1. Hor-Monats (Mongolischer Monat). Der Jahresanfang wurde als Lo-gsar (Losar) bezeichnet.
Der Jahresfang in den Almanachen war stets der 3. Hor-Monat bzw. der Nag-zla (skrt.: Caitra) oder der mittlere Frühlingsmonat.
Es ist aber zu beachten, dass es in Tibet zahlreiche weitere Traditionen zur Festlegung des Jahresanfangs gab, die zur gleichen Zeit nebeneinander verwendet wurden.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Jahresanfänge in Tibet nicht mit denen des gregorianischen oder julianischen Kalenders übereinstimmten und von Jahr zu Jahr zeitlich variierten. Wird also festgestellt, dass ein bestimmtes tibetisches Jahr z. B. einem bestimmten Jahr des 19. Jahrhunderts gregorianischer Zeitrechnung entspricht, so ist zu beachten, dass ein solches tibetische Jahr meist im Zeitraum Februar-März des betreffenden gregorianischen Jahres beginnt und im Zeitraum Februar-März des Folgejahres endet.
Jahre (lo)
Es gab verschiedene Methoden zur Bezeichnung der Jahre, die bis in die Neuzeit nebeneinander existierten.
Zwölf-Jahres-Zyklus
Beim Zyklus von 12 Jahren (lo-´khor bcu-gnyis) wurden die Jahre mit den 12 Tiernamen des Ostasiatischen Tierkreiszyklus bezeichnet. Soweit nachweisbar ist dieser Zyklus die älteste Jahreszählung der Tibeter, die schon in der Zeit der Yar-lung-Dynastie (7. – 9. Jahrhundert n. Chr.) Verwendung fand. Dieser Zyklus begann mit dem Maus-Jahr (byi) und endete mit dem Schwein-Jahr (phag). Die einzelnen Jahre sind:
- byi-ba (Maus), glang (Rind), stag (Tiger), yos (Hase),´brug (Drache), sbrul (Schlange), rta, lug, spre´u, bya, khyi und phag.
Sechzig-Jahres-Zyklus
Der sechzig Jahre umfassende Jahreszyklus der Sinotibetischen Divinationskalkulation ( nag-rtsis wurde drug-cu skor genannt.
Bei dieser Jahreszählung werden die Tiernamen des ostasiatischen Tierkreiszyklus, mit denen der Zwölf-Jahreszyklus (lo-skor bcu-gnyis) gebildet wird, mit den 5 Elementen (´byung-ba lnga) der Sinotibetischen Divinationskalkulationen (nag-rtsis) shing (Holz), me (Feuer), sa (Erde), lcags (Eisen) und chu (Wasser) kombiniert. Dies ergibt 5x12= 60 Jahre. Insofern bei den Tiernamen der Jahre zwischen männlichen (pho) und weiblichen (mo) unterschieden wird, wird diese Geschlechtskennzeichnung häufig hinzugefügt (z. B. shing-pho-byi und me-mo-yos). Die Elemente der vorstehenden Zuordnung repräsentieren den Lebensaspekt „Prosperität“ (dbang-thang) einer in diesem Jahr geborenen Person.
Während die Zyklen mit Ordinalzahlen gezählt wurden, wurden die einzelnen Jahre innerhalb der Zyklen in Tibet stets nur mit ihrem Namen aufgeführt, also niemals gezählt. Der erste Zyklus dieser Jahreszählung beginnt mit dem Shing-byi-Jahr (ca.) 1024 n. Chr. Die einzelnen Jahre dieses Sechzig-Jahres-Zyklus werden wie folgt bezeichnet (hilfsweise hinzufügte eigene numerische Zählung in Klammern):
- (1) shing-pho-byi, (2) shing-mo-glang, (3) me-pho-stag, (4) me-mo-yos, (5) sa-pho-´brug, (6) sa-mo-sbrul, (7) lcags-pho-rta, (8) lcags-mo-lug, (9) chu-pho-spre´u, (10) chu-mo-bya, (11) shin-pho-khyi, (12) shing-mo-phag, (13) me-pho-byi, (14) me-mo-glang, (15) sa-pho-stag, (16) sa-mo-yos, (17) lcags-pho-´brug, (18) lcags-mo-sbrul, (19) chu-pho-rta, (20) chu-mo-lug, (21) shing-pho-spre´u, (22) shing-mo bya, (23) me-pho-khyi, (24) me-mo-phag, (25) sa-pho-byi, (26) sa-mo-glang, (27) lcags-pho-stag, (28) lcags-mo-yos, (29) chu-pho-´brug, (30) chu-mo-sbrul, (31) shing-pho-rta, (32) shing-mo-lug, (33) me-pho-spre´u, (34) me-mo-bya, (35) sa-pho-khyi, (36) sa-mo-phag, (37) lcags-pho-byi, (38) lcags-mo-glang, (39) chu-pho-stag, (40) chu-mo-yos, (41) shing-po-´brug, (42) shing-mo-sbrul, (43) me-pho-rta, (44) me-mo-lug, (45) sa-pho-spre´u, (46) sa-mo-bya, (47) lcags-pho-khyi, (48) lcags-mo-phag, (49) chu-pho-byi, (50) chu-mo-glang, (51) shing-po-stag, (52) shing-mo-yos, (53) me-pho-´brug, (54) me-mo-sbrul, (55) sa-pho-rta, (56) sa-mo-lug, (57) lcags-pho-spre´u, (58) lcags-mo-bya, (59) chu-pho-khyi, (60) chu-mo-phag.
Rab-byung-Zyklus
Dies ist ein Sechzig-Jahres-Zyklus indischer Herkunft, auch als (Sanskrit) Brhaspaticakra bezeichnet.
Bei Angaben von Jahren werden die Rab-byung-Zyklen mit Ordinalzahlen gezählt (also erstes rab-byung, zweites rab-byung etc.). Es ist aber anzumerken, dass die Tibeter auch hier die einzelnen Jahre innerhalb dieses Zyklus von 60 Jahren weder mit Ordinalzahlen noch mit Kardinalzahlen bezeichnen. Während also die Rab-byung-Zyklen mit Ordinalzahlen gezählt werden, werden die einzelnen Jahre mit ihren Namen aufgeführt.
Dieser Sechzig-Jahres-Zyklus entstand in Tibet durch Übernahme der indischen Telinga Jahreszählung, wobei das Jahr 1027 n. Chr., welches in Tibet das 1. Jahr im 1. Rab-byung-Zyklus ist, mit dem 1. Jahr des 70. Zyklus der Telinga-Zeitrechnung gleichzusetzen ist. Der Rab-byung-Zyklus wurde mit der Übersetzung des Kalacakratantra (2. Hälfte des 11. Jahrhundert n. Chr.) in Tibet bekannt.
Die einzelnen Jahre dieses Sechzig-Jahres-Zyklus werden wie folgt bezeichnet (hilfsweise hinzufügte eigene numerische Zählung in Klammern):
- (1) rab-byung, (2) rnam-byung, (3) dkar-po, (4) rba-myos, (5) skyes-bdag, (6) anggira, (7) dpal-gdong, (8) dngos-po, (9) na-tshod ldan, (10) ´dzin-byed, (11) dbang-phyug, (12) ´bru mang-po, (13) myos-ldan, (14) rnam-gnon, (15) khyu-mchog, (16) sna-tshogs, (17) nyi-ma, (18) nyi sgrol-byed, (19) sa-skyong, (20) mi-zad, (21) thams-cad ´dul, (22) kun-´dzin, (23) ´gal-ba, (24) rnam-´gyur, (25) bong-bu, (26) dga´-ba, (27) rnam-rgyal, (28) rgyal-ba, (29) myod-byed, (30) gdong-ngan, (31) gser-´phyang, (32) rnam-´phyang, (33) sgyur-byed, (34) kun-ldan, (35) ´phar-ba, (36) dge-byed, (37) mdzes-byed, (38) khro-mo, (39) sna-tshogs dbyig, (40) zil-gnon, (41) spre´u, (42) phur-bu, (43) zhi-ba, (44) thun-mong, (45) ´gal-byed, (46) yongs-´dzin, (47) bag-med, (48) kun-dga´, (49) srin-bu, (50) me, (51) dmar-ser can, (52) dus kyi pho-nya, (53) don-grub, (54) drag-po, (55) blo-ngan, (56) rnga-chen, (57) khrag-skyug, (58) mig-dmar, (59) khro-bo, (60) zad-pa.
Monate (zla-ba)
Jahreszeitenmonate
Während der tibetischen Yar-lung-Dynastie (7.-9. Jahrhundert n. Chr.) wurden die Kalendermonate nach den vier Jahreszeiten benannt:
- 1. Frühlingsmonat (dpyid-zla ra-ba), mittlerer Frühlingsmonat (dpyid-zla ´bring-po), letzter Frühlingsmonat (dpyid-zla mtha´-chung), 1. Sommermonat (dbyar-zla ra-ba), mittlerer Sommermonat (dbyar-zla ´bring-po), letzter Sommermonat (dbyar-zla mtha´-chung), 1. Herbstmonat (ston-zla ra-ba), mittlerer Herbstmonat (ston-zla ´bring-po), letzter Herbstmonat (ston-zla mtha´-chung), 1. Wintermonat (dgun-zla ra-ba), mittlerer Wintermonat (dgun-zla ´bring-po) and letzter Wintermonat (dgun-zla mtha´-chung).
Monate des Tierkreiszyklus
Ab dem 12. Jahrhundert n. Chr. beobachten wir den Gebrauch der zwölf Namen des Ostasiatischen Tierkreiszyklus zur Bezeichnung der Monate, nämlich
- byi-ba (Maus), glang (Rind), stag (Tiger), yos (Hase),´brug (Drache), sbrul (Schlange), rta, lug, spre´u, bya, khyi und phag.
Die Unterscheidung nach männlichen (pho) und weiblichen Monaten (mo) entspricht der Differenzierung bei den entsprechenden Bezeichnungen der Jahre.
Mondhausmonate
Schon im 9. Jahrhundert n. Chr. wurden die Tibeter mit der indischen Methode der Bezeichnung von Monaten mit den Mondhäuser (rgyu-skar) vertraut, bei der ein Monat nach dem Mondhaus bezeichnet wird, in dem jeweils Vollmond stattfindet.
Die praktische Verwendung dieser Bezeichnungen geht aber wohl letztlich auf die Verbreitung des Kalenders des Kalacakratantra ab der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts zurück. Die zur Bezeichnung verwendeten Mondhäuser sind:
- mchu, dbo, nag, sa-ga, snron, chu-stod, gro-bzhin, khrums, tha-skar, smin-drug, mgo and rgyal.
Die Monatsbezeichnung erhält man, in dem man diesen Namen der Mondhäusern die Bezeichnung "Monat" (Tibetisch: zla-ba) anfügt, wie z. B. in dbo zla-ba.
Hor-Monate
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts n. Chr. führte der berühmte tibetische Herrscher und Geistliche chos-rgyal ´Phags-pa Blo-gros rgyal-mtshan (Phags-pa) das System einer Monatszählung mit Ordinalzahlen an. Dies ist die sogenannte hor-zla Zählung (Mongolischer Monat).
Diese sind:
- 1. Hor-Monat (hor-zla dang-po), 2. Hor-Monat (hor-zla gnyis-pa), 3. Hor-Monat (hor-zla gsum-pa), 4. Hor-Monat (hor-zla bzhi-pa), 5. Hor-Monat (hor-zla lnga-pa), 6. Hor-Monat (hor-zla drug-pa), 7. Hor-Monat (hor-zla bdun-pa), 8. Hor-Monat (hor-zla brgyad-pa), 9. Hor-Monat (hor-zla dgu-pa), 10. Hor-Monat (hor-zla bcu-pa), 11. Hor-Monat (hor-zla bcu-gcig-pa), 12. Hor-Monat (hor-zla bcu-gnyis-pa).
Alle diese Systeme der Monatszählung bzw. Monatsbezeichnung waren parallel bis 1960 in Tibet in Gebrauch.
Zur Festlegung der Monatslängen siehe die nachfolgenden Erläuterungen zu "Tage (zhag)".
Schaltmonate (zla-bshol)
Da der Zeitraum von zwölf lunaren Monaten grundsätzlich kürzer ist als ein solares Jahr, entsteht im lunisolaren Kalender generell das Problem, diesen Zeitunterschied auszugleichen. Im Tibetischen Kalender wird dieser Ausgleich durch die Hinzufügung von Schaltmonaten (zla-bshol oder zla-lhag) geregelt. Im Laufe des 2. Jahrtausend n. Chr. wurden in Tibet verschiedene Methoden zur Hinzufügung von Schaltmonaten angewendet.
Tage (zhag)
Die Tage innerhalb eines Monats im tibetischen Kalender sind grundsätzlich natürliche Tage.
Gezählt (nummeriert) werden sie mit Kardinalzahlen. Dies sind stets die Nummern, mit denen die zugeordneten lunaren Tage gezählt werden. Dabei können einige Nummern ausfallen oder gelegentlich zweimal auftreten. Das Ausfallen von Nummern führt regelmäßig zur Verkürzung einiger Monate, da Monate grundsätzlich mit dem Tag enden, der die Nummer (Datumszahl) 30 trägt. Wird diese Zahl weggelassen, endet der Monat natürlich mit dem Tag, der die Zahl 29 besitzt. Die Verkürzung eines Monats durch Weglassen von Tagen ist auch im Gregorianischen Kalender geläufig. So umfasst der Monat Januar 31 Tage und der Monat April 30 Tage.
Da ein synodischer Monat kürzer ist als ein Zeitraum von 30 natürlichen Tagen, ist die Verkürzung einiger Monate unausweichlich, wenn man die Regel einhalten will, dass der Vollmond auf den 15. Tag und der Neumond auf den 30. Tag eines Monats fallen soll.
Vor dem 12. Jahrhundert beobachten wir den Gebrauch der Verkürzungen von bestimmten Monaten auf 29 Tage, wobei die Verkürzung von Monaten bei männlichen Jahren anders vorgenommen wird als bei weiblichen Jahren.
Mit der Einführung der Kalacakratantra-Kalenderrechnung in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts m. Chr. erfolgte die Verkürzung nach einem komplizierten Rechenverfahren, so dass nun bestimmte Datumstage mitten im Monat ausgelassen werden konnten. Außerdem konnte es nun vorkommen, dass zwei aufeinanderfolgende natürliche Tage mit der gleichen Nummer gezählt wurden.
Im Zusammenhang mit dem tibetischen Kalender ist die Verwendung von drei verschiedenen Arten von Tagen (zhag) bemerkenswert, nämlich des khyim-zhag, tshes-zhag und des nyin-zhag.
Die ersten beiden dieser Tagesarten sind astronomische Tage.
Zodiak-Tag
Die Zeit, die die mittlere Sonne benötigt, um ein Tierkreiszeichen (khyim) zu durchlaufen, wird khyim-zla (solarer Monat) genannt. Der dreißigste Teil eines solaren Monats (khyim-zla) ist ein khyim-zhag. Wir können dies als Zodiak-Tag bezeichnen, da es hierzu keine gebräuchliche Bezeichnung in der wissenschaftlichen Terminologie gibt.
Lunarer Tag
Die Zeit, die der Mond für eine Elongation (Astronomie) von 12 Grad benötigt, wird als lunarer Tag (tshes-zhag) bezeichnet. Die Länge eines solchen Tages variiert erheblich wegen der Unregelmäßigkeit (Anomalie) in der Bewegung von Sonne und Mond.
Der Zeitraum von 30 lunaren Tage wird als synodischer Monat (tshes-zla)bezeichnet. Dies ist der Zeitraum von Neumond zu Neumond. Dieser Zeitraum entspricht der Zeit, die der Mond für eine Elongation von 360 Grad benötigt.
Natürlicher Tag
Als natürlicher Tag (nyin-zhag) wird in Tibet die Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Morgendämmerungen festgelegt.
Genau genommen ist ein Monat, der in den tibetischen Almanachen aufgeführt wird und der von uns tibetischer Kalendermonat bezeichnet wird, nicht das Gleiche wie ein synodischer bzw. lunarer Monat (tshes-zla). Im Tibetischen gibt es keinen speziellen Begriff für Kalendermonat.
Ein tibetische Kalendermonat beginnt mit dem Wochentag oder natürlichen Tag (gza´ oder nyin-zhag), in dem der erste lunare Tag (tshes-zhag) endet. Ein tibetischer Kalendermonat endet mit dem Wochentag oder natürlichen Tag (gza´ oder nyin-zhag), in dem der 30. lunare Tag (tshes-zhag) endet. Als Folge hiervon umfasst ein tibetischer Kalendermonat 29 oder 30 natürliche Tage.
Ausgelasse und doppelt gezählte Tage
In der Aufeinanderfolge der Wochentage gibt es keine weggelassenen oder hinzugefügten Tage bzw. Wochentage, die zweimal auftreten. Aber insofern diese Tage unter der Bezeichnung tshes (Datum) mit einer Kardinalzahl gezählt werden, kann es vorkommen, dass bestimmte Nummern nicht vorkommen oder zweimal hintereinander vergeben werden. Diese lunaren Datumszahlen werden von 1 bis 30 vergeben. Dabei kann es vorkommen, dass auf einen Montag mit der Datumszahl 1 ein Dienstag mit der Datumszahl 3 folgt. Andererseits kommt es vor, dass auf einen Montag mit der Datumszahl 1 ein Dienstag mit der gleichen Datumszahl 1 folgt.
Dies führt dazu, dass die Umrechnung von tibetischen Datumsangaben in die europäische Zeitrechnung als schwierig angesehen wurde. Andererseits liegen seit 1973 mit Computerprogrammen errechnete, verlässliche Umrechnungstabellen vor, so dass nunmehr solche Umrechnungen einfach durchzuführen sind.
Wochentage
Ein Wochentag (gza´) ist grundsätzlich immer ein natürlicher Tag (nyin-zhag).
Es gibt sieben Wochentage (gza´), die mit den Namen von Sonne (nyi-ma) und Mond (zla-ba) und mit den Namen der fünf Planeten mig-dmar (Mars), lhag-pa (Merkur), phur-bu (Jupiter), pa-sangs (Venus) und spen-pa (Saturn) bezeichnet werden. Diese sind:
- gza´ nyi-ma (Sonntag), gza´ zla-ba (Mondtag), gza´ mig-dmar (Dienstag), gza´ lhag-pa (Mittwoch), gza´ phur-bu (Donnerstag), gza´ pa-sangs (Freitag) und gza´spen-pa (Samstag).
Geschichte
Während der Zeit der tibetischen Yar-lung Dynastie (7.-9. Jahrhundert n. Chr.) wurden die Jahre mit den 12 Tiernamen des Ostasiatischen Tierkreiszyklus bezeichnet. Die Monate wurden nach den vier Jahreszeiten bezeichnet und das Jahr begann mit dem Sommer.
Die Übersetzung des buddhistischen Kalacakratantra in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts n. Chr. markierte den Anfang einer vollständigen Änderung des tibetischen Kalenders. Das erste Kapitel dieses Werkes enthielt u. a. die Beschreibung eines indischen astronomischen Kalenders, die Darstellung der Berechnungen der Längen von Sonne, Mond und der fünf Planeten Mars, Venus, Merkur, Jupiter und Saturn sowie der Sonnen- und Mondfinsternisse. Nach der buddhistischen Tradition wurden die Inhalte des Kalacakratantra in der ursprünglichen Version von Buddha selbst gelehrt.
Dennoch vergingen mehr als 200 Jahre, bis der Kalender des Kalacakratantra durch den berühmten tibetischen Geistlichen und Herrscher chos-rgyal ´Phags-pa Blo-gros rgyal-mtshan Phagspa in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts als der offizielle tibetische Kalender etabliert werden konnte.
Obwohl an diesem Kalender im Laufe der folgenden Jahrhunderte zahlreiche Veränderungen vorgenommen wurden, behielt er sein grundlegenden Charakter als lunisolarer Kalender indischer Herkunft bei.
Primärquellen
- (Sanskrit) Kalacakratantra. (Tibetisch) mChog gi dang-po sangs-rgyas las phyung-ba rgyud kyi rgyal-po dus kyi ´khor-lo.
- Grags-pa rgyal-mchan: Dus-tshod bzung-ba´i rtsis-yig
- sde-srid Sangs-rgyas rgya-mtsho: Phug-lugs rtsis kyi legs-bshad mkhas-pa´i mgul-rgyan vaidur dkar-po´i do-shal dpyod-ldan snying-nor
- karma Nges-legs bstan-´jin: gTsug-lag rtsis-rigs tshang-ma´i lag-len ´khrul-med mun-sel nyi-ma ñer-mkho´i ´dod-pa ´jo-ba´i bum-bzang
Sekundärquellen
- Alexander Csoma de Körős: A Grammar of the Tibetan Language. Calcutta 1834
- Berthold Laufer: The Application of the Tibetan Sexagenary Cycle. T´oung Pao 1913, Vol. 14, S. 569-596
- Winfried Petri: Indo-tibetische Astronomie. Habilitationsschrift zur Erlangung der venia legendi für das Fach Geschichte der Naturwissenschaften an der Hohen Naturwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität zu München. München 1966
- Paul Pelliot: Le Cycle Sexagénaire dans la Chronologie Tibétaine. Journal Asiatique 1, S. 633-667. Paris 1913
- Dieter Schuh: Untersuchungen zur Geschichte der Tibetischen Kalenderrechnung. Wiesbaden 1973
- Dieter Schuh: Grundzüge der Entwicklung der Tibetischen Kalenderrechnung. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Supplement II. XVIII. Deutscher Orientalistentag vom 1. bis 5. Oktober 1972 in Lübeck. Vorträge, S. 554-566
- Zuiho Yamaguchi: Chronological Studies in Tibet. Chibetto no rekigaku: Annual Report of the Zuzuki Academic foundation X, S. 77-94 1973
- Zuiho Yamaguchi: The Significance of Intercalary Constants in the Tibetan Calender and Historical Tables of Intercalary Month. Tibetan Studies: Proceedings of the 5th Seminar of the International Association for Tibetan Studies, Vol. 2, pp. 873-895 1992