Baltrum

Einheitsgemeinde und Insel im Landkreis Aurich
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Baltrum ist eine Düneninsel vor der Küste von Ostfriesland in Niedersachsen. Sie liegt in der Mitte der Kette der sieben bewohnten Ostfriesischen Inseln und ist sowohl nach Fläche als auch nach Einwohnerzahl deren kleinste.

Wappen Deutschlandkarte
Baltrum
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Baltrum hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 53° 44′ N, 7° 22′ OKoordinaten: 53° 44′ N, 7° 22′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Aurich
Höhe: 5 m ü. NHN
Fläche: 6,5 km2
Einwohner: 496 (31. Dez. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 76 Einwohner je km2
Postleitzahl: 26579
Vorwahl: 04939
Kfz-Kennzeichen: AUR, NOR
Gemeindeschlüssel: 03 4 52 002
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Postfach 1355
26574 Baltrum
Website: www.baltrum.de
Bürgermeisterin: Antje Wietjes-Paulick (CDU)
Lage der Gemeinde Baltrum im Landkreis Aurich
KarteBaltrumJuistLandkreis WittmundLandkreis LeerMemmertNorderneyNordseeEmdenLandkreis FrieslandLandkreis LeerLandkreis WittmundAurichBerumburBerumburDornumGroßefehnGroßheideHageHagermarschHalbemondHinteIhlow (Ostfriesland)KrummhörnLeezdorfLütetsburgMarienhafeNorden (Ostfriesland)OsteelRechtsupwegSüdbrookmerlandUpgant-SchottUpgant-SchottWiesmoorWirdum
Karte

Geographie

 
Lage von Baltrum innerhalb der Ostfriesischen Inseln
 
Luftaufnahme von Baltrum

Baltrum hat eine Länge von 5 Kilometern, eine Breite von bis zu 1,4 Kilometern und eine Fläche von derzeit rund 6,5 Quadratkilometern. Somit ist sie die flächenmäßig kleinste der sieben dauerhaft bewohnten Ostfriesischen Inseln.

Im Westen wird Baltrum durch das Seegatt Wichter Ee von Norderney und im Osten durch das Seegatt Accumer Ee von Langeoog getrennt. Die höchste Erhebung der Insel ist eine in der Inselmitte befindliche Aussichtsdüne mit 19,3 Meter ü. NN.[2] Der besiedelte Teil im Nordwesten der Insel besteht aus drei Teilen, dem „Westdorf“, dem „Ostdorf“ und dem „alten Ostdorf“. Baltrum verfügt über einen Fährhafen, ein Flugfeld und verschiedene Fremdenverkehrseinrichtungen.

Etymologie

Die Herkunft des Inselnamens ist nicht eindeutig geklärt. Die Insel wurde erstmals 1398 in einer Lehnurkunde als „Balteringe“ erwähnt. In der altfriesischen Sprache soll dies für „Weideland“ stehen. Es gibt auch eine These, wonach der Name vom Gott Balder abgeleitet wird. Balder war ein Sohn der germanischen Götter Odin und Frigg. Eine heutige spöttische Ableitung behauptet, die Insel heiße Baltrum, weil sie so klein wäre, dass man „bald 'rum“ sei. Dies spielt auf die geringe Größe der Insel an. Allerdings nimmt eine vollständige Umrundung der Insel immerhin rund 15 km in Anspruch.

Geschichte

 
Karte von Baltrum durch Karl Ludwig von Le Coq 1805 mit dem Inseldorf

Durch die Geographen Strabon und Plinius gab es bereits im 1. Jahrhundert vor und nach Christus Hinweise auf die Existenz der Insel. Während der Häuptlingszeit von 1350 bis 1464 gehörten die Ostfriesischen Inseln zum Herrschaftsgebiet der Familie tom Brok. Baltrum wurde erstmals 1398 urkundlich erwähnt, als Widzel tom Brok Balteringe (wie auch die anderen ostfriesischen Inseln) dem Herzog Albrecht von Bayern übereignete und sie anschließend von diesem als Lehen zurückerhielt.

Im 17. Jahrhundert hatte Baltrum die typische langgestreckte Form einer Barriere-Insel wie Norderney oder Juist heute. Im Laufe der folgenden Jahre verlor sie massiv Land am Westende, ohne dass im Gegenzug vergleichbar Land am Ostende dazu gewonnen wurde. Zwischen 1650 und 1960 ist die Insel am Westende etwa 5 Kilometer nach Osten gewandert, das Ostende wurde dagegen nur um etwa 1,5 Kilometer nach Osten verlagert. Von der Bereisung durch eine Kommission 1650 wird berichtet, dass die 14 damaligen Bewohner der Düneninsel durch das Meer gefährdet waren. 1737 gab es ein Inseldorf mit Inselkirche, das um 1800 wegen Übersandung durch Wanderdünen aufgegeben wurde. Als neues Dorf entstand etwa 800 Meter westlich der heutigen Insel (im Bereich der heutigen Othelloplate, einer Sandbank zwischen Baltrum und Norderney) das Westdorf. Außerdem bestand im Osten das Ostdorf. Nach einer Sturmflut im Jahre 1825, die die Insel in mehrere Teile zerriss und fast unbewohnbar machte, wurde das Westdorf aufgegeben.

Ab etwa 1870 wurden Inselschutzwerke durch Buhnen, Holzpalisaden und halbmassive, später massive Deckwerke geschaffen. Auf der Insel schützen Deiche das bebaute Gebiet gegen Überflutungen.

Auf Baltrum gibt es keine offiziellen Straßennamen, sondern lediglich Hausnummern. Derzeit (Stand: 2009) sind es etwas über 300. Die Nummer wird im Grundsatz entsprechend dem Zeitpunkt des Hausbaus aufsteigend zugewiesen. Auf diese Weise erlaubt die Hausnummer einen groben Einblick in die bauliche Historie. Jedoch ist die Hausnummer nicht an das Gebäude, sondern an den Bauplatz gebunden. Daher kann ein Neubau eine sehr niedrige Nummer führen, wenn er als Ersatz für ein älteres, abgebrochenes Haus errichtet wurde.

Tourismus

 
Strand auf Baltrum

Im Jahre 1876 wurde Baltrum „Seebad“, doch die touristische Entwicklung ging nur langsam voran. Seit 1966 ist Baltrum staatlich anerkanntes Nordseeheilbad.

1892 wurde das Hotel Küper, 1895 das Hotel zur Post eröffnet. Vor dem Zweiten Weltkrieg kamen pro Saison 5.000 bis 6.000 Besucher, 1960 fast 17.000, und seit den 1970er Jahren sind es pro Saison über 30.000 Gäste. Neben den etwa 500 Einwohnern sind in der Saison ständig rund 3.000 Gäste auf der Insel, womit die Aufnahmekapazität erschöpft ist. Im Vergleich zu anderen Inseln wurde der Tourismus auf Baltrum erst relativ spät gefördert.

Sehenswürdigkeiten

  • Alte Inselkirche: Sie wurde 1826 als evangelisch-lutherische Kirche erbaut und wird heute, nach zwischenzeitlicher Nutzung als katholische Kirche und Leichenhalle nur noch für Trauungen und Taufen, sowie für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
  • Große evangelisch-lutherische Inselkirche: Sie wurde in den Jahren 1929/30 erbaut. 1959 wurden die beiden Seitenschiffe angebaut, 1964/65 der Turm erhöht.
  • Kirche St. Nikolaus: Der Grundstein für die katholische Inselkirche wurde am Nikolaustag 1956 gelegt, an Christi Himmelfahrt 1957 wurde sie eingeweiht. Die Kirche besteht aus einem geschlossenen Teil (Winterkirche) und einem Vorhof mit einem reetgedeckten Umgang (Sommerkirche), Die Winterkirche kann etwa 50 Gottesdienstbesucher aufnehmen. Die Sommerkirche wird nur in der Hauptsaison genutzt und ist für bis zu 300 Personen ausgelegt. Erbauer der Kirche ist der Osnabrücker Architekt Heinrich Feldwisch-Drentrup. Die Glasfenster wurden von Margarete Franke geschaffen.
  • Historisches Pfahlschutzwerk: Es befindet sich an der Süd-West-Seite der Insel und stammt ursprünglich aus den 1880er Jahren. In den Jahren 1930/1931 wurde es grunderneuert. Heute ist nur noch ein kleines Teilstück zwischen Hafen und Westkopf erhalten, das unter Denkmalschutz steht und 2008 im Zuge der umfangreichen Sanierungsarbeiten am Deckwerk des Westkopfs instandgesetzt wurde. [3]
  • Heimatmuseum im alten Zollhaus: Es wurde am 24. Mai 2007 vom Heimatverein Baltrum eröffnet. Die Ausstellung umfasst einen heimatkundlichen und einen naturkundlichen Teil.
  • Nationalparkhaus: Es wurde 1987 im ehemaligen Schuppen der Reederei Baltrum Linie eröffnet. Schwerpunkt der Ausstellung ist das Thema Gezeiten.

Verkehr

 
Autofreies Baltrum

Nachdem inselweit ein Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge durch Zeichen 250 StVO mit Zusatzzeichen "Pferdefuhrwerke und Fahrräder frei" gilt, ist Baltrum mittlerweile eine weitgehend autofreie Insel. Ausnahmen sind die Fahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr, ein Krankentransportwagen und gegebenenfalls Radlader oder selbstfahrende Arbeitsmaschinen, die zum Zwecke des Küstenschutzes benötigt werden. Außerdem besaß Baltrum von 1949 bis 1985 eine kleine Inselbahn (Spurweite 600 Millimeter) mit wechselndem Streckennetz, ausschließlich zur Güterbeförderung[4]. Es existiert kein Fahrradverleih, und Touristen werden gebeten, keine Fahrräder mit auf die Insel zu bringen. Den „ÖPNV“ übernehmen die ansässigen Kutschfahrer mit ihren Taxikutschen. Geschäfte und Restaurants werden mit Pferd und Wagen beliefert. Touristen transportieren ihr Gepäck mit einer „Wippe“ (Handwagen) oder einem Bollerwagen der Gastgeber, oder lassen sich und ihr Gepäck mit der Pferdekutsche transportieren. Als Folge des Ausschlusses von motorisiertem Individualverkehr kann auf die sonst übliche Unterscheidung der Flächen für fließenden und ruhenden Verkehr weitgehend verzichtet werden.

Erreichbarkeit

 
Flugplatz Baltrum

Baltrum wird gezeitenabhängig von Fährschiffen der 1928 gegründeten Reederei Baltrum-Linie von Neßmersiel aus angesteuert. Die Fahrzeit beträgt etwa 30 Minuten. Je nach Jahres- und Reisezeit gibt es täglich ein bis maximal vier Abfahrten je Richtung. Das Gepäck der Urlauber wird vor der Abfahrt in Container verladen und dann mit derselben Fähre befördert. Höhepunkt der Überfahrt sind die Seehundbänke vor der Insel Norderney, an denen das Schiff vorbei fährt. Die Reederei betreibt eine eigene Busanbindung zum Bahnhof Norden. Nachdem der Frachtverkehr mit dem Versorgungsschiff Baltrum II früher über den Hafen Norddeich abgewickelt wurde, geschieht dies seit 2006 über den im Juni 1970 eingeweihten Hafen Neßmersiel, der deshalb von April bis August 2008 um einen 35 Meter langen Frachtkai erweitert wurde.

Über den Flugplatz Baltrum ist die Insel für kleine Maschinen auch auf dem Luftweg zu erreichen.

Zu Fuß kann Baltrum bei Niedrigwasser vom Hafen Neßmersiel aus per geführter Wanderung in rund eineinhalb Stunden durch das Watt zum Hafen Baltrum erreicht werden.

Literatur

  • Richard Pott: Farbatlas Nordseeküste und Nordseeinseln: Ausgewählte Beispiele aus der südlichen Nordsee in geobotanischer Sicht. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1995, ISBN 3-8001-3350-4.

Einzelnachweise

  1. Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus 2022, Stand 31. Dezember 2023 (Hilfe dazu).
  2. Niedersachsen Karte – Stadtplan 1:25.000 für exakte Planungen. Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) des Bundeslandes Niedersachsen, abgerufen am 25. März 2009.
  3. Deckwerkssanierung Baltrum. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), 15. Januar 2009, abgerufen am 22. März 2009.
  4. Inselbahnen in Deutschland: Baltrum. Malte Werning, abgerufen am 4. Februar 2009.
Wiktionary: Baltrum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Baltrum – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien