Dromaeosauridae | ||||||||||||
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![]() Utahraptor ostrommaysorum, ein Dromaeosaurier aus der Unterkreide Nordamerikas | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Mitteljura (Bathonium) bis Oberkreide (Maastrichtium) | ||||||||||||
167 bis 65,5 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Dromaeosauridae | ||||||||||||
Matthews & Brown, 1922 |
Die Dromaeosauridae sind eine Gruppe der Dinosaurier aus der Kreidezeit. Es handelte sich um kleine bis mittelgroße, zweibeinig laufene Fleischfresser, die wahrscheinlich mit den Vögeln (Aves) nah verwandt waren. Charakteristisch für diese gefiederten Dinosaurier war eine schmale Schnauze, lange, mit scharfen Klauen bewährte Arme, ein versteifter Schwanz sowie eine markante große, sichelartige Klaue am Fuß. In der Populärkultur werden sie auch als „Raptoren“ bezeichnet.
Fossilien der Tiere wurden in Nordamerika, Europa, Nordafrika, Madagaskar, Japan, China, der Mongolei, Argentinien und der Antarktis gefunden [1] Sie existierten ca. 100 Millionen Jahre lang, erschienen zuerst im Mitteljura (Bathonium) vor 167 Millionen Jahren und lebten bis zur Kreide-Tertiär-Grenze vor 65,5 Millionen Jahren. Die Existenz dieser Gruppe im Mittleren Jura ist durch den Fund von isolierten Zähnen aus dieser Zeit bestätigt.[2]
Merkmale
Größe und Fossilbericht
Dromaeosauriden waren kleine bis mittelgroße Tiere. Die Größe reichte von 47 bis 63 cm Länge und 200 bis 600 g Gewicht bei Microraptor zhaoianus bis über 6 Meter Länge bei Achillobator und Utahraptor. Laut Untersuchungen von Paläontologen um Alan Turner (2007) lassen die generell kleinen Körpermaße der basalen, also am Beginn der Entwicklungslinie stehenden Arten vermuten, dass der gemeinsame Vorfahr aller Dromaeosauriden lediglich etwa 65 cm lang und 700 g schwer war. Ein ähnliches Muster findet sich auch bei der verwandten Gruppe Troodontidae. Die Forscher vermuten daher, dass eine kleine Körpergröße nicht erst von den Vögeln entwickelt wurde, sondern bereits bei den gemeinsamen Vorfahren der Vögel, der Dromaeosauriden und der Troodontiden bestand – eine Gruppe, die auch als Paraves zusammengefasst wird. Im Lauf der Evolution der Dromaeosauriden nahm die Größe mindestens drei Mal unabhängig voneinander drastisch zu: Bei Deinonychus und Unenlagia waren es jeweils mehr als zwei Größenordnungen, während die Größe der Gruppierung Achillobator + Utahraptor um drei Größenordnungen zunahm.[3]
Mit mehr als einem dutzend Skelettfunden ist Velociraptor mongoliensis der am besten bekannte Vertreter der Dromaeosauridae. Neben mehreren Schädeln von Velociraptor ist annähernd komplettes Schädelmaterial von Sinornithosaurus millenii, Buitreraptor gonzalezorum[4] und Tsaagan mangas[5] bekannt. Das Postkranium (das Restskelett, das sich dem Schädel anschließt) ist lediglich von Deinonychus und Velociraptor gut bekannt. Von Bambiraptor und Buitreraptor existiert jeweils ein einziges, fast vollständiges Skelett. Alle anderen Dromaeosauriden sind nur sehr unvollständig überliefert.
Schädel
Der Schädel war relativ groß und zeigte eine sehr schmale und verlängerte Schnauze. Die von oben betrachtet annähernd dreieckige Form des Schädels ermöglichte nach vorn gerichtete Augen, was auf ein räumliches Sehen hindeutet[4]. Der Hirnschädel war kurz und tief. Wie bei allen Theropoden wies der Schädel mehrere Schädelfenster auf: Die Augenhöle war groß und rundlich, was auf große Augen hindeutet. Die Nasenöffnungen waren groß und wie ein liegendes Oval geformt. Das Zwischenkieferbein, ein Knochen am vorderen Ende des Oberkiefers, bildete einen langen, nach hinten gerichteten Fortsatz aus, welcher den Oberkiefer von der Nasenöffnung abtrennte – somit wurde die Nasenöffnung lediglich durch das Zwischenkieferbein und das Nasenbein begrenzt. Die vor den Augen gelegene antorbitale Schädelgrube (Fossa) war lang und von drei weiteren Schädelfenstern durchsetzt – dem Antorbitalfenster, dem Maxilliarfenster und dem Promaxilliarfenster. Der Unterkiefer zeigte ein dünnes und verlängertes Mandibularfenster. Am hinteren Ende der Schädeldecke bildeten das paarige Scheitelbein und das Schuppenbein einen scharfen, nach oben gerichteten Schädelkamm.
Der Schädel zeigt verschiedene einzigartige Merkmale, durch welche die Gruppe von anderen Gruppen abgegrenzt wird (Autapomorphien). So war das paarige Stirnbein „T“-förmig und zeigte eine sinusförmige Begrenzung des Subratemporalfensters, ein Schädelfenster hinter den Augen. Weitere einzigartige Merkmale des Schädels sind ein überhängender Fortsatz des Schuppenbeins, der sich bis über den Kopf des Quadratbeins erstreckt, sowie ein flügelartiger Fortsatz des Quadratbeins, der das Quadratojugale auf der Oberseite (dorsal) berührt.
Ein vollständiger Gaumen wurde bisher bei keinem Exemplar gefunden, obwohl die meisten Knochen des Gaumens bekannt sind. Erst jüngere Studien haben ergeben, dass Dromaeosauriden einen sekundären Gaumen (eine knöcherne Abtrennung zwischen Mund- und Nasenraum) aufweisen. Das Zwischenkieferbein zeigt einen fast quadratischen Hauptkörper und vier schwach gekrümmte Zähne, während im Oberkiefer 9 bis 15 Zähne staken. Die Zahnreihe des Oberkiefers endet noch vor dem Beginn der Augenhöle. Der Unterkiefer war bei Velociraptor lang und dünn, bei Deinonychus und Dromaeosaurus aber tiefer und robuster. Im Dentale, dem zahntragenden Teil des Unterkiefers, staken 11 bis 16 Zähne. Das Surangulare, ein Kieferknochen hinter dem Dentale, zeigte ein markantes Loch (Foramen). Die Zähne waren groß, leicht nach hinten gebogen und außer bei Buitreraptor[4] auf der Rückseite gesägt. Charakteristisch für Dromaeosauriden war, dass die Sägung zur Zahnspitze hin größer wurde.
Rumpfskelett und Gliedmaßen
Nahezu komplette Wirbelsäulen sind lediglich von Velociraptor bekannt, welcher 9 Hals-, 12 Rücken-, 5 bis 6 verschmolzene Kreuzbein-, und mindestens 43 Schwanzwirbel aufwies. Der Hals war beim lebenden Tier deutlich „S“-Förmig gebogen. Die Wirbelzentren der meisten Hals- und Rückenwirbel waren kürzer und breiter als bei anderen Coelurosauriern. Ein einzigartiges Merkmal der Dromaeosauriden (Autapomorphie) waren die vergrößerten Parapophysen der Rückenwirbel, Fortsätze auf der Unterseite von Wirbeln. Der Schwanz war lang und durch stark verlängerte, stangenartige Präzygapophysen (mechanische Verbindungselemente der Wirbel) verstärkt. Verlängerte Präzygapophysen wurden ab dem elften Schwanzwirbel ausgebildet und verliefen in verwobenen Bündeln entlang der Wirbelbögen nach vorne. Ein einziger dieser Wirbelauswüchse konnte bis zu zehn weitere Wirbel verbinden. Analog zu den Präzygapophysen bildeten die Chevronknochen an der Unterseite der Wirbel ebenfalls lange, nach vorn gerichtete Fortsätze, die jeweils mehrere Wirbel verbanden und in verwobenen Bündeln angeordnet waren. In seiner Beschreibung des Deinonychus vermutet John Ostrom (1969), diese Verbindungselemente hätten den Schwanz derart versteift, sodass dieser nur am Schwanzansatz beweglich war. Ein neuerer Fund eines Velociraptor zeigt jedoch einen Schwanz im anatomischen Verbund, der horizontal „S“-Förmig gebogen war, ohne dass die Anordnung der Präzygapophysen beeinträchtigt wurde. Dies weist auf eine beträchtliche seitliche Beweglichkeit des Schwanzes hin.[6]
Die Arme gehörten zu den im Verhältnis längsten aller Theropoden und machten bei Velociraptor 65 % und bei Sinornithosaurus 80 % der Hinterbeinlänge aus. Der Unterarm macht 75 % der Länge des Oberarms bei Deinonychus und 70 % bei Velociraptor aus. Die Hand war lang und machte bei Deinonychus 40 % der Armlänge aus. Jeder der drei Strahlen der Hand endete in großen, gekrümmten Klauen. Der erste Strahl war der kürzeste, während der zweite Strahl der längste war. Der dritte Strahl war etwas kürzer aber deutlich dünner als der zweite Strahl. Das zweite und das dritte Fingerglied (Phalanges) des dritten Strahls waren extrem verkürzt – ähnlich wie bei Archaeopteryx, aber anders als bei anderen Coelurosauriern.
Das Schambein war lang und nach hinten geneigt. Der Oberschenkel war 10 bis 20 % kürzer als der Unterschenkel, außer bei Achillobator, der einen längeren Unterschenkel als Oberschenkel zeigte. Der Mittelfuß war kurz. Die Mittelfußknochen II, III und IV waren gut entwickelt und etwa gleich groß, während der erste und der fünfte Mittelfußknochen reduziert waren. Die zweite Zehe zeigte eine vergrößerte, sichelartig gebogene Klaue. Die Größe dieser „Sichelklaue“ variierte bei verschiedenen Gattungen stark – während sie beispielsweise bei Deinonychus und Velociraptor extrem vergrößert war, war sei bei Adasaurus eher klein. Wahrscheinlich trugen einige Dromaeosauriden den zweiten Zeh mit der vergrößerten Klaue während der Fortbewegung über dem Boden, waren also funktional zweizehig.
Paläobiologie
Ernährung
Das Skelett eines azhdarchiden Flugsauriers (Pterosauria) aus dem Dinosaurier-Provinzpark von Alberta (Kanada) weist Bissspuren sowie einen abgebrochenen Zahn des Dromaeosauriden Saurornitholestes langstoni auf, der im Schienbein des Fundes steckt. Ob der Dromaeosauride den Flugsaurier erlegt hat ist jedoch fraglich, da der Flugsaurier mit einer geschätzten Flügelspannweite von sechs Metern um ein Vielfaches größer war als der weniger als zwei Meter große Dromaeosauride. In diesem Fall war der Dromaeosauride daher wahrscheinlich ein Aasfresser.[7]
Über die Funktion der vergrößerten sichelartigen Kralle am zweiten Zeh existieren verschiedene Hypothesen. Ostrom vermutet in seiner Beschreibung des Deinonychus (1969), die Kralle hätte zum Aufschlitzen von Beutetieren gedient, insbesondere großer herbivorer Dinosaurier wie Tenontosaurus. Forscher um Phillip Manning (2005) vermuten, dass die Kralle wegen ihrer stark gebogenen Form nicht für ein Aufschlitzen geeignet war und stattdessen wie ein Steigeisen fungierte, mit dem sich die Tiere an großen Beutetieren festhalten konnten. So haben Versuche mit einem hydraulischen Robotermodell des Fußes von Deinonychus ergeben, dass die Kralle lediglich kleine, rundliche und maximal 3 bis 4 cm tiefe Wunden hinterließ, welche die lebenswichtigen Organe großer Beutetiere nicht gefährdet hätten. Wegen der stark gekrümmten Form der Kralle wurde das Gewebe unterhalb des Einstichlochs stark zusammengeschoben, was der Kralle zusätzlichen Halt verschaffte. Nach der Vorstellung dieser Forscher haben Dromaeosauriden große Beutetiere angesprungen und konnten mit ihren gesägten Zähnen viele Verletzungen verursachen, während sie mit ihren Fuß- und Armkrallen fest am Beutetier verankert waren.[8]
Federn und Flug
Paläoökologie
Systematik
Verwandtschaft mit Vögeln
Innere Systematik
- Dromaeosauridae
- Atrociraptor
- Dromaeosauroides
- Luanchuanraptor
- Mahakala
- Pyroraptor
- ?Unquillosaurus
- Variraptor
- Dromaeosaurinae
- Microraptorinae
- Unenlagiinae
- Velociraptorinae
Dromaeosauridae und Menschen
Entdeckungs- und Forschungsgeschichte
Der Name Dromaeosauridae bedeutet Laufende Echse (Gr.: dromeus = Läufer, sauros = Echse.
In der Populärkultur
Einzelnachweise
- ↑ J. A. Case, J. E. Martin, M. Reguero: A dromaeosaur from the Maastrichtian of James Ross Island and the Late Cretaceous Antarctic dinosaur fauna. In: A. Cooper, C. Raymond, I. E. Team (Hrsg.): Antarctica: a Keystone in a Changing World – Online Proceedings for the Tenth International Symposium on Antarctic Earth Sciences. U. S. Geological Survey Open-File Report 2007-1047, SRP 083. U. S. Geological Survey, Washington, D. C., 2007, S. 1–4.
- ↑ S. J. Metcalf, R. F. Vaughan, M. J. Benton, J. Cole, M. J. Simms, D. L. Dartnall: A new Bathonian (Middle Jurassic) microvertebrate site, within the Chipping Norton Limestone Formation at Hornsleaslow Quarry, Gloucestershire. In: Proceedings of the Geologists’ Association. Band 103, 1992, S. 321–342.
- ↑ a b Alan H. Turner, Diego Pol, Julia A. Clarke, Gregory M. Erickson, Mark Norell: A basal dromaeosaurid and size evolution preceding avian flight. In: Science. Band 317, 2007, S. 1378–1381, doi:10.1126/science.1144066 (PDF, Zusatzinformationen: PDF).
- ↑ a b c d Peter J. Makovicky, Sebastián & Agnolín Apesteguía, L. Federico: The earliest dromaeosaurid theropod from South America. In: Nature. Band 437, 2005, S. 1007–1011, doi:10.1038/nature03996.
- ↑ a b M. A. Norell, J. M. Clark, A. H. Turner, P. J. Makovicky, R. Barsbold, T. Rowe: A new dromaeosaurid theropod from Ukhaa Tolgod (Omnogov, Mongolia). In: American Museum Novitates. Band 3545, 2006, S. 1–51.
- ↑ a b Mark A. Norell, Peter J. Makovicky: Important features of the dromaeosaurid skeleton II: information from newly collected specimens of Velociraptor mongoliensis. In: American Museum Novitates. Band 3282, 1999, S. 1–45 (PDF).
- ↑ a b Philip J. Currie, Aase Roland Jacobsen: An azhdarchid pterosaur eaten by a velociraptorine theropod. In: Can. J. Earth Sci. Band 32, 1995, S. 922–925 (PDF).
- ↑ a b P. L. Manning, D. Payne, J. Pennicott, P. M. Barrett, R. A. Ennos: Dinosaur killer claws or climbing crampons? In: Biology Letters. Band 2. Royal Society Publishing, 2005, S. 110–112, doi:10.1098/rsbl.2005.0395 (PDF).
- ↑ S. H. Hwang, M. A. Norell, Q. Ji, K. Gao: New Specimens of Microraptor zhaoianus (Theropoda: Dromaeosauridae) from Northeastern China. In: American Museum Novitates. Band 3381, 2002 (al.2002.pdf PDF).
- ↑ Mark Norell, Peter Makovicky: Dromaeosauridae. In: David B. Weishampel, Peter Dodson und Halszka Osmólska (Hrsg.): The Dinosauria. 2. Auflage. University of California Press, Berkeley 2004, ISBN 0-520-24209-2, S. 196–209.
Literatur
- Mark Norell, Peter Makovicky: Dromaeosauridae. In: David B. Weishampel, Peter Dodson und Halszka Osmólska (Hrsg.): The Dinosauria. 2. Auflage. University of California Press, Berkeley 2004, ISBN 0-520-24209-2, S. 196–209.
Weblinks
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