Verfassungsgerichtshof (Österreich)

österreichisches Verfassungsgericht
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Der Verfassungsgerichtshof (Abkürzung VfGH, in Deutschland bisweilen auch VerfGH) ist ein österreichischer Gerichtshof des öffentlichen Rechts mit Sitz in Wien. Er ist als einzige in Österreich zur Verfassungsgerichtsbarkeit berufene Institution eine der wichtigsten Säulen im Rechtsschutzsystem der österreichischen Bundesverfassung.

In der sogenannten Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem

  • verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder
  • wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung,
  • einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrag),
  • eines verfassungswidrigen Gesetzes,
  • eines rechtswidrigen Staatsvertrages

in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Artikel 144 des Bundes-Verfassungsgesetzes).

Zusammensetzung

Der Verfassungsgerichtshof besteht aus:

Dabei handelt es sich (anders als beim Verwaltungsgerichtshof) nicht um Berufs-, sondern um nebenberufliche Richter. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs sind aber in Ausübung ihres Amtes von allen Weisungen frei und beziehen ein Gehalt für ihre Tätigkeit. Auch bestehen gewisse Inkompatibilitäten mit anderen Tätigkeiten. Die Amtszeit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs endet mit Ende des Jahres, in dem sie ihr 70. Lebensjahr vollenden. Sie sind damit quasi auf Lebenszeit bestellt. Mitglied des Verfassungsgerichtshof kann nur werden, wer ein Studium der Rechtswissenschaften absolviert und mindestens zehn Jahre einen einschlägigen Beruf (z. B. Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Professor) ausgeübt hat.

Die Ernennung der Mitglieder erfolgt durch den Bundespräsidenten, wobei er dabei an den Vorschlag bestimmter Verfassungsorgane gebunden ist:

  • Der Präsident, der Vizepräsident, sechs weitere Mitglieder und drei Ersatzmitglieder werden von der Bundesregierung vorgeschlagen.
  • Drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder werden vom Nationalrat vorgeschlagen.
  • Drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied werden vom Bundesrat vorgeschlagen.

Alle weiteren Regelungen über die Bestellung der Mitglieder enthält der Artikel 147 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Der Präsident überwacht als Leiter des Gerichtshofs die Geschäftsführung. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs erfolgt (im Gegensatz zum deutschen Bundesverfassungsgericht) immer im Plenum aller 14 Mitglieder (wobei in der Praxis nur selten alle Mitglieder anwesend sind). Für die Beschlussfähigkeit ist die Anwesenheit des Vorsitzenden (also des Präsidenten oder Vizepräsidenten) und mindestens acht stimmführender Mitglieder erforderlich, in bestimmten Fällen (sogenannter „Kleiner Senat“) genügt auch die Anwesenheit von vier stimmführenden Mitgliedern. Für Beschlüsse ist die absolute Stimmenmehrheit notwendig, wobei der Vorsitzende grundsätzlich nicht mitstimmt. Dieser gibt seine Stimme nur bei Stimmengleichheit ab und entscheidet so letztendlich in der Sache.

Kompetenzen

Dem Verfassungsgerichtshof kommen im Einzelnen folgende Kompetenzen zu (Reihung nach der Systematik des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG):

  • Kausalgerichtsbarkeit (Artikel 137 B-VG)
  • Kompetenzgerichtsbarkeit (Artikel 138 B-VG)
  • Gliedstaatsvertragsprüfung (Artikel 138a B-VG)
  • Verordnungsprüfung (Artikel 139 B-VG)
  • Wiederverlautbarungsprüfung (Artikel 139a B-VG)
  • Gesetzesprüfung (Artikel 140 B-VG)
  • Staatsvertragsprüfung (Artikel 140a B-VG)
  • Wahlgerichtsbarkeit (Artikel 141 B-VG)
  • Staatsgerichtsbarkeit (Artikel 142 B-VG)
  • Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit (Artikel 144 B-VG)
  • Völkerrechtsgerichtsbarkeit (Artikel 145 B-VG): diese wird allerdings bisher nicht ausgeübt

Das genaue Verfahren ist im Verfassungsgerichtshofsgesetz 1951 (VfGG) geregelt.