Das Bairische, verschiedentlich auch Bairisch-Österreichisch genannt, ist eine Gruppe von Dialekten im Süden des deutschen Sprachraumes. Trotz des Namens wohnt die Hälfte der Bairisch-Sprecher außerhalb Bayerns; vor allem gehören fast alle österreichischen Dialekte sprachwissenschaftlich gesehen zum Bairischen.
Ausbreitung und Abgrenzung
Zum Bairischen gehören die Mundarten folgender Gebiete:
- Oberbayern
- Niederbayern
- Oberpfalz
- Österreich (mit Ausnahme von Vorarlberg sowie dem Nordteil des Tiroler Außerfern)
- Südtirol
- Samnaun in Graubünden (Schweiz)
- die Mundarten der deutschstämmigen Bevölkerung in Süd- und Westböhmen
Bairisch gehört zusammen mit Schwäbisch und Alemannisch zu den oberdeutschen Dialekten des Hochdeutschen.
Bairisch vs. Bayerisch
In der Sprachwissenschaft wird der Dialekt mit 'i' statt 'ye' ("Bairisch" statt "Bayerisch") geschrieben, um es vom politischen Begriff des "Bayerischen" (= Zugehörigkeit zum Bundesland Bayern) zu unterscheiden, da zu Bayern außer den Bairisch sprechenden Altbayern auch Franken, Bayerisch-Schwaben und Sudetendeutsche gehören, deren Dialekte nicht bairisch sind. "Bayerisch" ist das Adjektiv zu Bayern, vormals "bairisch". Der Buchstabe "Y" im Wort "Bayern" wurde erst durch die hellenophilen Wittelsbacher für das gewachsene Staatsgebilde eingeführt.
Grammatik
Das Bairische zeigt gemeinsame Merkmale, die es von anderen Dialektgruppen abgrenzt. Besonders wichtig darunter ist die Endung -s in der Konjugation der 2. Person Plural, die durch Klitisierung des Personalpronomens es (2. Person Plural, ursprünglich Dual) entstanden ist. Ferner besitzt das Bairische als einer von wenigen von germanischen Sprachen abstammenden Dialekten einen synthetisch gebildeten Konjunktiv, der fortwährend stark in Gebrauch ist. Auch im Vokabular gibt es Spezifika, so die bereits angesprochenen persönlichen Fürwörter (Personalpronomina) 'es/des' "ihr", (Dativ/Akkusativ 'enk': "euch"), 'Er(ge)tag' und 'Pfinztag' ("Dienstag", "Donnerstag" - stark im schwinden), 'kraxeln' ("klettern") und andere. Es gibt auch Wörter, die das Bairische mit dem Alemannischen gemeinsam hat, z.B. 'aper' ("schneefrei").
Phonologisch unterscheidet das Bairische zwischen hellem (a) und dunklem 'a' (å) (wie das Ungarische), wobei das helle 'a' aus dem althochdeutschen offenen 'e' entstanden ist (so heißt es heute im Bairischen 'laar' statt "leer", 'Raadl' statt "Rädchen"). Ein weiteres Merkmal ist die Beibehaltung der mittelhochdeutschen Diphthonge ie, üe, uo als iá und uá, wie in liáb, griáßn, Bruáda ("lieb, grüßen, Bruder"), was es vom Ostfränkischen Brūda abgrenzt, das wie die Hochsprache einfache Langvokale benutzt. Gegen Westen hin grenzt sich das Bairische mit Dååg, Wåssa und daad ("Tag, Wasser" und "täte") gegen schwäbisch Daag, Wasser und däät ab.
Lokale Varianten
Das Bairische kann lautgeographisch eingeteilt werden:
Nordbairisch
Nordbairisch wird im größten Teil der Oberpfalz - Ausnahme: Regensburg und Umgebung - und dem nördlichen Niederbayern gesprochen.
Das Nordbairische zeigt besonders im Raum Oberpfalz die "gestürzten Diphthonge" mit dem "oú"-Laut. Bruder wird hier zu Broúda anstatt Bruáda im Bairischen südlich der Donau.
Mittelbairisch
Mittelbairisch wird in Niederbayern, Oberbayern, im Süden der Oberpfalz, in Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und im Burgenland, übergangsweise im Tiroler Unterland und Salzburg gesprochen.
Das Mittelbairische lässt sich noch untergliedern in Westmittelbairisch (auch "Altbayrisch" genannt) und Ostmittelbairisch (auch "Donaubairisch" genannt). Die Grenze zwischen west- und ostmittelbairisch (vuí gegen vüü - ' viel') verschiebt sich unter dem Einfluss des Wienerischen allmählich zur Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich hin. Die Dialekte von München und Wien gelten gewissermaßen als "Paradedialekte" für west- und ostmittelbairisch.
Ein Kennzeichen des Mittelbairischen ist die Vokalisierung von l- und r- Lauten, das nach Vokalen zu e oder i wird, wie viel zu vuí/väí/vüü. Starklaute wie p, t, k werden abgeschwächt zu b, d, g, wie Bech, Dåg, Gnecht, Khuá (K weicher ausgesprochen als hochdeutsches K ("Pech, Tag, Knecht, Kuh").
Weitere Kennzeichen: Weglassen des End-n, wie in kå ("kann"); verlängertes a vor "ß", wie in daas ("dass"). Auch das Zusammenziehen der Wörter eines Satzes: drähbohnsäh ("Die Rehe baden sich") kennzeichnet Mittel- wie Nordbairische Mundart.
Südbairisch
Südbairisch wird in Tirol, Südtirol, Kärnten und der Steiermark gesprochen.
Das Südbairische kennt keine l- und r-Vokalisierung, sie ist aber besonders in Stadtmundarten am Vordringen. Weiters unterscheidet das Südbairische Stark- und Schwachlaute, wie in Dåch neben Tåg, altes k ist in Teilen Tirols und Salzburgs lautverschoben zu kch, wie in Kchlea (Klee). Vor allem in Kärnten neigt man dazu, Selbstlaute lang auszusprechen. Bestes Beispiel ist der Satz "Låås lei laafn" (Lass es nur laufen).
Umschrift
Da das Bairische auch oft verschriftlicht wird (von Mundartdichtern, Musikern), hat sich eine Art Standard für die bairische Umschrift etabliert.