Dobrica Ćosić

serbischer Schriftsteller; ehemaliger Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien (1992–1993)
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Dobrica Ćosić (* 1921) ist ein serbischer Schriftsteller und ehemaliger Präsident der Bundesrepublik Jugoslawiens.

1968, unter der Regierung Titos, vertrat Ćosić erstmals öffentlich die Meinung, dass die vor allem im Kosovo und Metochien lebenden Serben durch andere Völker des damaligen "Vielvölkerstaates" Jugoslawiens, namentlich die Albaner, unterdrückt würden und eine wichtigere Rolle spielen sollten. Diese Haltung wurden von der kommunistischen Partei Jugoslawiens nicht geduldet; Ćosić verlor alle Parteiämter und wurde wegen Chauvinismus aus der Partei ausgestoßen.

In der Folgezeit verfasste Ćosić eine große Zahl von Romanen und Novellen, für die er unter der serbischen Bevölkerung des damaligen Jugoslawiens rasch bekannt wurde. Seit Mitte der 1970er schreibt Ćosić an einem großen, zusammenhängenden Werk, das bisher rund 25 Bände mit jeweils mehreren hundert Seiten umfasst.

Nach Titos Tod tritt Ćosić als Verfechter einer jugoslawischen Politik auf und will verhindern, dass Albaner im Kosovo einen eigenen Staat gründen. Im Januar 1985 unterzeichneten 216 serbische Intellektuelle unter seiner Führung eine Petition, in der die Kosovo-Serben zu Opfern eines Genozids erklärt wurden. Zwar bestritt er eine Mitarbeit am Sanu Memorandum, das in Auszügen am 24. September 1986 (also noch vor dem Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaates) in der Zeitung Večernje Novosti veröffentlicht wurde, verteidigte es jedoch als "anti-titoistisch" und "pro-jugoslawisch". Mit dem zweitgenannten Begriff begann er eine Umdeutung des Begriffs "Jugoslawien", der in der serbischen Bevölkerung rasch aufgenommen wurde und später für außenpolitische Verwirrungen sorgte.

Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens als Vielvölkerstaat wurde der populäre Schriftsteller als Präsident der verbleibenden Bundesrepublik Jugoslawien gewählt. Dieses Amt hielt er etwa ein Jahr, von 1992 bis 1993, inne. Ćosić gilt als ideologischer Wegbereiter seines Nachfolgers Slobodan Miloševićs.

Seit dem Ende des Balkankrieges ist die Popularität des Schriftstellers deutlich gesunken.