Die Metapher (griechisch μεταφορά - eigentlich die Beförderung, der Übertrag, der Transfer, von meta pherein - anderswo hintragen) ist eine rhetorische Figur, eine Verdichtung, die der Verdeutlichung und Veranschaulichung dient. In dieser Art des Tropus erfolgt der Ersatz der Bedeutung eines Ausdrucks durch einen versinnbildlichten Ersatzausdruck.
Merksatz
(vereinfachend) Die Metapher ist ein Vergleich ohne "wie".
Geschichte der Metapherntheorie
Aristoteles Theorie der Metapher
Die erste Theorie der Metapher findet sich in der Poetik und der Rhetorik des Aristoteles. In der Poetik definiert er die Metapher folgendermaßen:
Eine Metapher ist die Übertragung eines Wortes (das somit in uneigentlicher Bedeutung verwendet wird), und zwar entweder von der Gattung auf die Art, oder von der Art auf die Gattung, oder von einer Art auf eine andere oder nach den Regeln der Analogie. (Poetik 21, 1457b7ff. Übersetzung Manfred Fuhrmann).
Aristoteles' Begriff der Metapher ist allerdings einerseits weiter als der heute gebrauchte andererseits auch anders. Weiter ist Aristoteles Metaphernbegriff, weil drei Typen von Metaphern heute nicht mehr "Metaphern" genannt würden. Nur die Metapher "nach den Regeln der Analogie" entspricht etwa unserem heutigen Metaphernbegriff. Anders ist sein Metaphernbegriff, insofern nach ihm die Metapher die "Übertragung eines Wortes" ist. Metaphern werden heute jedoch eher als mehrgliedrige sprachliche Gebilde aufgefasst, nicht als ein Wort, das für ein anderes gebraucht wird. Hiermit ist Aristoteles zudem der erste und wichtigste Vertreter der Substitutionstheorie der Metapher.
Theorie der Metapher
Bei der Metapher werden zwei getrennte Sinnbereiche in einen ungewohnten, oft kreativen Zusammenhang gerückt. Metaphern sind zweideutig. Wenn man sie "wörtlich" (beziehungsweise die Wörter in ihren ursprünglichem, gewohnten Sprachgebrauch) nimmt, sind sie sozusagen falsch. Der "Fuß des Berges" hat natürlich keine Zehen. Es kommt jedoch auch vor, dass offensichtliche Wahrheiten metaphorisch sein können. "Geld stinkt nicht" würde mit hoher Wahrscheinlichkeit von niemanden wörtlich aufgefasst werden.
Metaphern fordern dazu auf, Ähnlichkeiten zu konstruieren. Man versteht eine Metapher, wenn es gelingt, mindestens zwei Gegenstände miteinander in Assoziation zu bringen. Das heißt, man sieht den einen Gegenstand sozusagen im Lichte des anderen (gleichzeitig verdecken sie einen Teil, das heißt haben Blinde Flecken).
Mit einer Metapher wird ein Ausdruck aus seinem ursprünglichen Zusammenhang genommen und in einem anderen Zusammenhang verwendet, das heißt es wird eine Bedeutungsübertragung vorgenommen. Es handelt sich dabei um den Vergleich zweier Bereiche, bei dem die Vergleichspartikel "wie" und die dem Vergleich zugrundeliegende Hinsichtnahme (tertium comparationis) fehlen, beispielsweise Das "Haupt" der Familie.
In der kognitiven Linguistik werden Metaphern als eine der wesentlichen Strukturierungen des Denkens angenommen (Lakoff/Johnson 1980). Diese Strukturen werden als 'konzeptuelle Metaphern' bezeichnet und vereinen einen Quellbereich sowie einen Zielbereich. Als Beispiel könnte DAS LEBEN (Zielbereich) IST EINE REISE (Quellbereich) genannt werden. Dieses Konzept vereint zahlreiche gängige metaphorische Ausdrücke (beispielsweise "Am Beginn des Lebens", "Lebensweg", "Stolpersteine" etc.). Metaphorische Kreativität ist demnach vor allem innerhalb der bestehenden Konzepte möglich. Recht analog ist die Terminologie von Harald Weinrich, der die Regularitäten der Bildlichkeit als 'Bildfelder' kennzeichnet, denen ein gemeinsamer 'Bildspenderbereich' und ein gemeinsamer 'Bildempfängerbereich' zugeordnet ist.
Zu den modernen Metapherntheorien zählen außer der kognitiven Linguistik auch die pragmatische Metapherntheorie und Coenens Theorie zum Analogieverhältnis der Metapher. Die pragmatische Metapherntheorie ist Teil einer pragmatisch orientierten Grammatik und gibt fünf Merkmale metaphorischen Sprechens an:
- Die Metapher ist Teil einer Äußerung, untersucht wird ihre Stelle und Funktion im Kontext. Erkannt wird sie nicht aufgrund von Regeln, sondern kontextbezogen. Der kommunikative Sinn ergibt sich aus der Äußerungssituation heraus.
- Die Metapher soll nicht auf ihr Wesen hin untersucht, sondern kann nur für den jeweils konkreten Zusammenhang erklärt werden. Über die Betrachtung des Metapherngebrauchs und deren Erklärung kommt man zur jeweiligen kontextbezogenen Bedeutung. Eine umfassende Beschreibung ist daher nicht möglich.
- Die Metapher läßt sich nicht durch einen eigentlichen Ausdruck ersetzen (Mrs. Thatcher is a bulldozer.). Paraphrasen wie z.B. ein Vergleich können genauso unwahr sein.
- Die Verwendung der Metapher liegt zwischen Kreativität und Regelgeleitetheit (Für eigene Fehler sind die Menschen Maulwürfe, für fremde Luchse.). Die Metaphernbildung greift auf konventionelle Verwendungsweisen zurück, die ursprüngliche Bedeutung bleibt im neuen Verwendungszusammenhang erhalten.
- Das metaphorische Sprechen wird als kommunikatives Verfahren bewußt angewendet und enthält eine bewußte Doppeldeutigkeit. Durch den Interpretationsprozeß, der entsteht, weil Inkongruenz zwischen Metapher und Kontext herrscht, findet Interaktion zwischen den Sprechern statt. Der außergewöhnliche Wortgebrauch stellt so eine sinnvolle und aufschlußreiche Abweichung dar.
Einen anderen Ansatz verfolgt Coenen mit seiner These vom Analogieverhältnis der Metapher . Das Bilden von Metaphern wird bei ihm als motivierter Akt verstanden. Ein als Metapher verwendetes sprachliches Zeichen erscheint nicht in seiner Kernbedeutung (Denotation, von Coenen als "Theoretischer Anwendungsbereich" bezeichnet), sondern mittels ihm eigener Konnotation (dem sog. "metaphorischen Theoretischen Anwendungsbereich"). Dabei kommt es zu einem für den Rezipienten meist überraschenden Wechsel des Bildfeldes des sprachlichen Zeichens. Ein Bildfeld besteht nach Coenen aus einem Bildfeldbereich und dazugehöriger Positionsmenge. Zwei oder mehr voneinander verschiedene Bildfelder können mittels einer gemeinsamen Strukturformel (Analogiewurzel) verbunden werden. Eine Analogiewurzel ist dabei die Menge aller Beschreibungen, die eine Analogie begründen. Mittels dieser Stukturformel ist es möglich, die Elemente der Positionsmengen der teilnehmenden Bildfelder paradigmatisch auszutauschen und zu einer neuen Metapher zusammenzusetzen. Die Decodierung der Metapher erfolgt (sofern es sich nicht um eine "tote Metapher" = lexikalisierte Metapher handelt) über die Konnotation ihrer sprachlichen Zeichen. Der Empfänger bedarf daher zur erfolgreichen Decodierung nicht nur des Wissens um die Kern-, sondern auch um die Randbedeutung eines sprachlichen Zeichens.
Metaphernarten (Auswahl)
Es gibt:
- Lebendige Metaphern - Der Übertragungseffekt ist offensichtlich, zum Beispiel "Das Konzert war ein Feuerwerk"
- Tote Metaphern - sie sind zum Begriff geworden, man nimmt sie nicht mehr offensichtlich wahr, beispielsweise "Tischbein", "Handschuh"
- Lexikalisierte Metaphern - Tote Metaphern, die als Zweitbedeutung in den Begriffswortschatz eingegangen sind. Beispiel: Schloss (Burg, das eine Tür "abschließt").
Eine Metapher ist nicht immer von einer Metonymie klar unterscheidbar: ein Tischbein ist sowohl eine Funktion, als auch aus einem anderen Bereich übertragen.
Oft werden Metaphern verwendet, wenn ein Wort durch ein anderes ersetzt werden soll, weil es tabu ist, oder weil es aus anderen Gründen nicht nennbar ist, (dann verwendet man einen Euphemismus).
Metaphern spielen beim Lernen (Wissensbildung) eine wichtige Rolle. Durch strukturelle, visuelle und funktionale Analogien können neue Inhalte wesentlich schneller erfasst und verstanden werden.
Die Wissenschaft von der Metapher nennt Hans Blumenberg 'Metaphorologie'. Sein Verständnis der Metapher erläutert er in seinem Werk "Paradigmen zu einer Metaphorologie". Es steht im Gegensatz zu der traditionellen Auffassung, Metaphern seien rhetorischer Schmuck ohne eigenen Aussagewert, man könne auch in nicht-bildlicher Sprache ihre Aussage exakt wiedergeben. Blumenberg bezweifelt zwar nicht, dass es solche verzichtbaren Metaphern gibt, ist jedoch davon übereugt, dass es auch solche geben müsse, die mehr aussagen als in der Objektsprache möglich. Diese bezeichnet er als absolute Metaphern. Fraglich ist jedoch, wo und wie diese absoluten Metaphern zu finden sind. Am vielversprechendsten scheinen Gebiete der Naturwissenschaften zu sein, auf denen noch Forschungsbedarf besteht. Der Begriff des "Schwarzen Loches" beinhaltet immer noch mehr als seine objektsprachlichen Umschreibungen, da noch nicht alle Aspekte dieses Phänomens geklärt sind.
Beispiele für Metaphern
- Rabeneltern - Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen
- jemanden in den Himmel loben - die Schmeichelei übertreiben
- mein eigen Fleisch und Blut - die eigene Verwandtschaft
- leeres Stroh dreschen - inhaltslos reden
- Er hat sich in den Stürmen des Lebens bewährt. - Er hat sein Ziel erreicht.
- Eine Mauer des Schweigens empfing uns - wir wurden still empfangen.
- Er baut seine Argumentation auf dem losen Sand überdehnter Begriffe
- Der FCB reitet auf einer Erfolgswelle - Der FCB ist erfolgreich und hat im Moment Glück.
- Die blauen Berge des Todes
- Einen Krieg entfesseln - durch aggressives Handeln während bestehender Spannungen den Krieg beginnen.
- Auf den Hund kommen - langsam kein Geld mehr haben
- Die Firma ist wie eine große Familie - es herrscht ein gutes und lockeres Klima
- Jmdm. nicht das Wasser reichen können - jmdm. an Fähigkeiten, Leistungen nicht annähernd gleich kommen.
- Der Apfel fällt nicht weit von Stamm - Vererbung
- Kaderschmiede,- aus Kader, Bildungseinrichtung für zukünftige Machteliten
Literatur
- Beckmann, Susanne: Die Grammatik der Metapher. Eine gebrauchstheoretische Untersuchung des metaphorischen Sprechens, Tübingen: Niemeyer, 2001. 241 S. (Die Autorin untersucht, wie das Bilden und Verstehen von Metaphern adäquat beschrieben werden kann.)
- Blumenberg, Hans: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt a.M. 1998
- Blumenberg, Hans: Beobachtungen an Metaphern. in: Archiv für Begriffsgeschichte XV/2, hrsg. von Karlfried Gründer, Bonn 1971, S. 161-214
- Calvert, Kristina: Mit Metaphern philosophieren. Sprachlich-präsentative Symbole beim Philosopieren mit Kindern in der Grundschule, 201 S., kt., München: KoPäd-Verlag 2000
- Caviola, Hugo: In Bildern sprechen: Wie Metaphern unser Denken leiten. Materialien zur fächerübergreifenden Sprachreflexion. Bern: hep 2003
- Fuhrmann, Manfred: Aristoteles. Poetik. Griechisch / Deutsch. Stuttgart 1994.
- Coenen, Hans Georg: Analogie und Metapher. Grundlegung einer Theorie der bildlichen Rede. deGruyter. Berlin, New York 2002
- Drewer, Petra: Die kognitive Metapher als Werkzeug des Denkens. Tübingen: Narr 2003
- Gamm, Gerhard : Die Macht der Metapher. Im Labyrinth der modernen Welt. Stuttgart: Metzler 1992
- Kurz, Gerhard: Metapher, Allegorie, Symbol. Göttingen 1988
- George Lakoff, Mark Johnson: Metaphors We Live By. Amsterdam/Philadelphia. 1980
- Macho, Thomas, H.: Todesmetaphern. Frankfurt am Main 1987
- Metaphorischer Sprachgebrauch. (Reihe: 'Arbeitstexte für den Unterricht'), Stuttgart: Philipp Reclam jun., Universal-Bibliothek Nr. 9570 (2)
- Neswald, E.: Und noch mehr Metaphern? Zur Metaphernforschung der 90er Jahre. in: Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 3/1998, Stuttgart: Frommann-Holzboog
- Otto, Detlef: Wendungen der Metapher. Zur Übertragung in poetologischer, rhetorischer und erkenntnistheoretischer Hinsicht bei Aristoteles und Nietzsche. München: Wilhelm Fink Verlag 1998, 503 S., kart., 78 Mark
- Rapp, Christof: Aristoteles, Rhetorik. Übersetzung und Erläuterungen, 2 Bde. Berlin 2002 (Zu Aristoteles' Theorie der Metapher: Bd. 1: III 2, 4, 10, 11. Bd. 2, Kommentare zu den entsprechenden Stellen und S. 921 ff.)
- Söhngen, G.: Analogie und Metapher. Freiburg/München 1962
- Stub, Chr.: Kalkulierte Absurditäten Freiburg: Alber 1991, (Hat die Metapher in der modernen Kommunikation eine Existenzberechtigung? Der Autor entwickelt eine eigene Metapherntheorie, die den 'Skandal der Metapher' gegen gängige Theorien zu bewahren sucht.)
- Teuwsen, Rudolf: Familienähnlichkeit und Analogie. Freiburg/München: Verlag Karl Alber 1988.
- Weinrich, Harald: Sprache in Texten. Stuttgart 1976
- Wetz, Franz Josef: Hans Blumenberg zur Einführung. Hamburg 1993
Siehe auch
Weblinks
- Das online-Journal zur Metaphorik in Sprache, Literatur und Medien
- Artikel "Über Metaphern" von Thomas Wirth
- Hamburger Metapherndatenbank
- Aufsatz von Monika Schmitz-Emans im Basislexikon Literaturwissenschaft
- Empirische Untersuchungen zum Metaphernerwerb von Beatrix Fehse
- Eine sprachanalytische Theorie der Metapher von Martin H. Eick
- Rhetorische Mittel im Detail