Die indische Küche ist die begriffliche Zusammenfassung aller Kochkulturen, die sich auf dem indischen Subkontinent entwickelt haben. Sie ist jedoch vom Himalaya bis zur Südspitze Indiens recht verschieden, so dass die Zusammenfassung unter einem Begriff durchaus missverständlich ist. Als Inbegriff für diese Kochkultur gilt in der westlichen Welt die Vielfalt der Gewürze und das Verwenden von scharfen Soßen.

Der Grund für die unterschiedliche Entwicklung dieser Küche ist nicht nur mit den geografischen und damit verbundenen klimatischen Gegebenheiten zu erklären, sondern auch mit verschiedenen kulturellen Entwicklungen im Lauf der Geschichte, aber auch mit religiösen und sozialen Einflüssen. Man findet beispielsweise in der indischen Küche genauso Elemente der orientalischen Küche (zum Beispiel Pilaw) wie „Mitbringsel“ der Portugiesen und Briten (z. B. Tomaten, Kartoffeln und Chili).
Charakteristische Elemente
Vegetarismus spielt in der Indischen Küche eine bedeutende Rolle. So essen viele Hindus überwiegend oder ausschließlich vegetarisch, der Verzicht auf Fleisch ist allerdings kein Dogma. Tabu ist im Hinduismus jedoch der Verzehr von Rindfleisch, da im Hinduismus der Kuh eine besondere Bedeutung zukommt. In den muslimischen Bevölkerungsteilen betrifft dieses Tabu den Verzehr von Schweinefleisch. Angehörige der untersten Schicht der Kastenordnung sind von diesen religiös begründeten Restriktionen weniger betroffen, doch leben viele in Armut und essen das, was sie sich leisten können. Ein Faktor, der den geringen Fleischkonsum zusätzlich begründet. Streng vegetarisch leben in Indien etwa nur 20 % der Bevölkerung, etwa 30 % gelten als regelmäßige Fleischesser. [1]
Für den Großteil der Inder stellt Fleisch jedoch generell eine untergeordnete Rolle auf dem täglichen Speiseplan dar und ist von der Menge her häufig nur eine kleine Beilage. Als Eiweißlieferanten dienen in der indischen Küche hauptsächlich Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Abgesehen von rein vegetarischer Ernährung ist Hühnerfleisch über alle Kasten- und Religionsgrenzen hinweg beliebt (das Huhn wurde ursprünglich in diesem Teil der Welt domestiziert).
Charakteristisch für die Küche des gesamten Subkontinents sind Gerichte, die sich durch einen komplexen und subtilen Einsatz verschiedener Gewürze (Pfeffer, Kurkuma, Kardamom, schwarzer Senf, Bockshornklee, etc.) auszeichnen. Zu den Grundnahrungsmitteln gehören Reis, Weizen und die angesprochenen Hülsenfrüchte. Darüber ist jedoch die Küche von Nord nach Süd und von West nach Ost sehr unterschiedlich mit großen und kleinen Teilküchen.[2] Dennoch lassen sich einige grobe Richtungen festmachen: Im Norden wird sehr viel Weizen angebaut, der dort, meist in Form von Fladenbrot genossen, auch das wichtigste Grundnahrungsmittel darstellt. Beispiele für die zahlreichen Brotsorten sind Chapati, Puri oder Nan. Dagegen bevorzugt man im Süden und Osten Indiens Reis als Grundnahrungsmittel. Reis wird in Indien, anders als in den ostasiatischen Ländern, meist als Langkornreis angebaut (besonders bekannt ist bei uns die Sorte Basmatireis). Es ist vor allem Reis, der zusammen mit verschiedenen Hülsenfrüchten – wie etwa geschälten roten Linsen oder auch Kichererbsen – die tägliche Sättigungsgrundlage darstellt.
Regionenküche
Nordindien
Die nordindische Küche, insbesondere die der Mogulen, ist die in der westlichen Welt bekannteste indische Küche. Charakteristische Merkmale sind ein hoher Gebrauch von Milchprodukten, wie Joghurt oder Ghi und ein verhältnismäßig hoher Anteil an Fleischgerichten, meist Ziegen- oder Lammfleisch. Dem orientalischen Einfluss geschuldet ist die Verwendung von Nüssen, sowie Gewürzen wie Kreuzkümmel und Safran. Typisch sind Gerichte aus dem Tandur, einem Lehmofen, in dem nicht nur Nan und Chapati, sondern unter anderem auch das bekannte Tanduri-Hähnchen zubereitet werden. Eine weitere Spezialität sind die auch in Pakistan verbreiteten Samosas, variantenreich und aromatisch gefüllte Teigtaschen. Die meisten Gerichte sind eher zurückhaltend scharf und haben eine soßige Konsistenz, die von langen Garzeiten herrührt.
Ostindien
Die ostindische Küche ist bekannt für ihre Desserts und Süßigkeiten. Vor allem die Bengalische Küche hat viele Gerichte hervorgebracht, die inzwischen auch auf dem ganzen Subkontinent verbreitet sind, wie der bekannte Khir, ein aromatisch gewürzter Reispudding oder Sandesh, eine konfektähnliche Spezialität. Typische Gewürze sind Senföl, Fenchelsamen, Schwarzkümmel und Kreuzkümmel, die ganz (das heißt ungemahlen) mit zurückhaltender Schärfe eingesetzt werden (siehe Panch Phoron). Ähnlich wie in der nordindischen Küche werden auch viele Nüsse verarbeitet, insbesondere für Süßigkeiten.
Reis gehört in der ostindischen Küche wie in Südindien auch zum wichtigsten Grundnahrungsmittel, darüber hinaus findet man viel Gemüse und – sonst in Indien eher unüblich – Süßwasserfisch.
Südindien
Reis gehört in Südindien zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Er wird nicht nur als ganzes Korn, sondern auch in Form von Mehl unter anderem für die Zubereitung von Idli oder Dosa verwendet. Dem tropischen Klima geschuldet ist der Einsatz einer Vielzahl verschiedener Gemüse und Früchte, aber auch Fisch und Meeresfrüchte. Ebenfalls charakteristisch ist die Verwendung von Kokosnuss, auch in Form von Kokosmilch oder Kokosöl. Zu den bekanntesten Gerichten gehören die zahlreichen Varianten des bekannten Sambar, einem würzigen Linsengericht, sowie verschiedenen Biryanis, gemischte Reisgerichte mit Gemüse und meist auch Fleisch. Ebenfalls in Südindien, genauer in der tamilischen Küche beheimatet sind die Currys. Hinter diesem Begriff verbirgt sich nicht die bei uns unter der Bezeichnung bekannte Gewürzmischung, sondern soßig-würzige Gerichte, die lediglich als Inspiration für das nur für den Export hergestellte Currypulver gedient haben.
Die Südindische Küche ist charakteristisch scharf durch einen hohen Einsatz an grünen und roten Chilies, aber auch an dem aus dem südwestindischen Kerala stammenden Pfeffer, sowie Knoblauch und Ingwer. Daneben werden viele Speisen auch mit Curryblättern und Tamarinde gewürzt.
Westindien
Westindien ist geprägt von den recht unterschiedlichen Küchen Goas, Maharastras und Gujarats, die sich auch geografisch stark unterscheiden. Das an der Küste liegende Goa verwendet viel Fisch und Meeresfrüchte, die hier auch auf dem Speiseplan der Hindus stehen. Durch den historisch bedingten hohen Anteil an Katholiken ist in Goa auch der Verzehr von Schweinefleisch üblich, wie unter anderem in der bekannten Spezialität Vindalho. Die Küche Maharastras ist geprägt von seiner sehr fruchtbaren Landschaft, die eine Vielzahl von Früchten und Gemüse bietet. Darüber hinaus ist Hirse, vor allem Sorghumhirse, weit verbreitet. Die Region Gujarat hat den höchsten Anteil an Vegetariern auf dem Subkontinent, was dazu führt, dass aus dieser Küche auch die variantenreichsten vegetarischen Gerichte stammen. Ebenfalls einen großen Einfluss haben die extremen Klimabedingungen in der Region, die von trocken-heißem Wüstenklima bis zum nass-warmen Klima zur Monsunzeit. Die Küche ist meist kräftig gewürzt. Typisch sind variantenreiche Gerichte aus Hülsenfrüchten, wie beispielsweise Dals.
Bekannte Gerichte
Mit der Ausnahme Großbritanniens wurde die indische Küche im Westen erst vor etwa 30 Jahren populär, da sich Indien damals immer mehr zum Urlaubsland entwickelte und Touristen das Wissen um die indischen Speisen in die westliche Welt brachten. In einigen Ländern haben auch die vielen indischen Immigranten indische Speisen populär gemacht.
Die international wohl bekanntesten indischen Gerichte wurden unter der Sammelbezeichnung Curry populär. Mit dem Wort Curry werden diverse Speisen bezeichnet, es ist außerhalb Indiens aber auch der etablierte Begriff für eine fertige Gewürzmischung, das Currypulver. Dessen Name wurde von der in Indien gängigen, gleichnamigen Zubereitungsart abgeleitet, die am ehesten einem Ragout entspricht. Hingegen werden dort die diversen Gewürzmischungen als Masala (zum Beispiel Garam Masala) bezeichnet. Zudem gibt es eine Currypflanze, deren aromatische Blätter in der indischen Küche Verwendung finden.
Fleisch und Fisch
- Lammspieße
- Lammkotelett
- Lamm-Curry
- Murg (Huhn)
- Chicken Tikka Masala (in Großbritannien entstanden, dort kurz CTM)
- Murg Balti
- Murg Tanduri (Tanduri-Hühnchen, auch engl. Tandoori Chicken)
- Fisch-Curry
- Bratfisch im Teigmantel
- Vindalho
Milchprodukte und Gerichte
- Koah oder Khoya (eingekochte Milch mit cremiger Konsistenz)
- Malai (ein in der Konsistenz sahneähnliches Milchprodukt)
- Ghi (geklärte Butter bzw. Butterschmalz, auch für rituelle Zwecke verwendet)
- Panir (ein oft hausgemachter, neutral schmeckender fester Frischkäse)
- Indischer Joghurt (Dahi)
- Raita (kalte Gerichte auf Joghurtbasis, süß wie pikant)
- Gurkenraita, vergleichbar Tzatziki
- Kartoffelraita
- Lassi (Getränke auf Joghurtbasis, süß wie pikant)
- Mango-Lassi
Gemüse
- Kartoffel-Curry
- Dal (Gerichte aus Hülsenfrüchten)
- Gemüse-Curry
- Gemüsepfannen
- Sambar (Linsengericht)
Reisgerichte
- Gemüsereis
- Gewürzreis
- Safranreis
- Biryani
- Appam oder Idiappam (schalenförmige Pfannkuchen aus Reisteig)
- Idli (diskusförmige, gedämpfte Bällchen aus einem Linsen-/Reismehlgemisch)
Brote und Fladenbrote
- Roti
- Chapati
- Puri (frittiert)
- Bhatura (frittiert)
- Kochuri (frittiertes Fladenbrot mit Erbsenpüree)
- Nan (das Mogul-Brot, meistens im Tandur-Ofen gebackenes Hefe-Fladenbrot)
- Paratha (geschichtetes und gebratenes Fladenbrot; auch als Alu Paratha aus Kartoffeln)
- Masala Dosa (hauchdünne Pfannkuchen aus Reis- und Linsenmehl, gefüllt mit Kartoffelcurry)
Gewürzbeilage
- Pan (Das Blatt einer pfefferartigen Pflanze wird mit gelöschtem Kalk, Gewürzen und geriebener Betelnuss – dazu mitunter auch Tabakpulver – gefüllt, zusammengerollt und gekaut wie Kautabak.)
- Chutney (zum Beispiel Mangochutney)
- Pickle (mit Gewürzen, Salz und Senföl eingelegtes Obst und Gemüse)
- Kevda water (Kevda Wasser, aus Pinien hergestellt)
- Tamarindensirup
Snacks und Beilagen
- Samosa (dreieckige, verschieden gefüllte Teigtaschen)
- Pakora (in Kichererbsenmehl ausgebackene Gemüsestücke)
- Indisches Omelett
- Gewürzplätzchen
- Papad bzw. Papadam (dünne getrocknete Linsenfladen, werden fritiert oder gebraten)
- Namkin (gewürzte, bzw. gesalzene Snacks aus Weizenmehl, „Knabberzeug“)
- Petha (Süßwaren aus Früchten, Zucker und Kevda-Wasser)
- Dalmoth (allgemein für Snacks, Nüsse und Trockenfrüchte)
- Bengali sweets (gemischte kleine Süßigkeiten auf Milchbasis)
Desserts
Zum Nachtisch wird in Indien häufig Obst gegessen, aber es gibt auch eine Reihe von Süßspeisen, deren Grundlage oder Bestandteil oft Koah (eingekochte Milch, vergleichbar mit Kondensmilch) sowie Zuckersirup bzw. Nalen Gur ist, eine Art Melasse aus dem Saft von Dattelpalmen, ähnlich dem Ahornsirup.
- Barfi badam (auch Burfi badam, Konfekt)
- Halva (eine Art weißer Nougat)
- Khir (Milchreispudding)
- Kulfi Falooda (indische Eiscreme)
- Gulab Jamun (kugelförmiges Fettgebäck aus Khoa in Sirup)
- Rasagolla und Ras Malai (Kugelförmige Süßigkeit aus Khoa in Sirup)
- Malai Am (Mangocreme)
- Firni (Reisdessert mit Rosenwasser und Mandeln)
Getränke
- Masala Chai (ein Tee der mit Milch und Gewürzen wie Kardamom und Ingwer zubereitet wird)
- Fruchtsäfte (zum Beispiel Kokoswasser oder Mangosaft)
- Kaffee (meistens mit viel Milch und Zucker, oft ebenfalls mit Kardamom gewürzt)
- Lassi (ein Joghurtgetränk)
- Toddy, Fenny (vergorenes Getränk aus Palmsaft)
- Arrak (Destillat aus Reis oder Palmsaft)
- Wein (In Indien werden bereits mehrere Sorten indischer Weine, meistens Chardonnays, angeboten.)
Küchenpraxis
- Degchi, eine große Kasserolle aus Kupfer oder Aluminium
- Tandur, Ofen zur Bereitung von Tanduri-Gerichten
- Karahi oder auch Kadai oder Karai genannt, eine kleine wokähnliche Pfanne mit zwei Griffen. Die darin zubereiteten Gerichte werden als Balti bezeichnet und in der Pfanne serviert.
- Reiskocher und Mikrowellenherd sind bei der wachsenden Mittelschicht inzwischen ebenfalls sehr populär.
- Mörser oder elektrische Gewürzmühle
Man serviert traditionell auf dem Thali, einem großen Metall-Tablett, auf dem sich eine Anzahl kleiner Metallschüsseln befindet. Der Reis oder das Fladenbrot kommt direkt auf das Tablett, die einzelnen Gerichte wie etwa Currys in die Schüsseln. In vielen traditionellen Haushalten lässt man sich die zuhause gekochte Hauptmahlzeit zum Arbeitsplatz liefern. Im Tiffin-Geschirr, der indischen Version des Henkelmanns, wird sie auch von den Dabbawalas ausgeliefert. Neben hygienischen und gesundheitlichen Bedenken spielt dafür manchmal auch der Umstand eine Rolle, dass vor allem einige Brahmanen-Familien bevorzugt von Kastenangehörigen zubereitetes Essen zu sich nehmen.
In Südindien werden die Gerichte statt auf einem Thali oft auch auf einem Bananenblatt serviert.
Literatur
- B. Böttner: Indische Küche: Welt der Gewürze. In: UGB-Forum 6, S. 329–332, 1998 [1]