Bethlehem

Stadt im Westjordanland, Palästina
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Koordinaten: 31° 42′ N, 35° 12′ O

Karte: Palästinensische Autonomiegebiete
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Bethlehem
Geburtskirche
Omar-Moschee und Omar-Platz gegenüber der Geburtskirche Jesu

Betlehem (auch Bethlehem, Efrata; arabisch بيت لحم Bait Lahm, DMG Bayt Laḥm; hebräisch בית לחם, Bet Lechem) ist eine Stadt im Westjordanland mit 29.930 Einwohnern. Die Stadt gehört zu den Palästinensischen Autonomiegebieten und grenzt im Norden an Jerusalem. Sie beheimatet zwei Universitäten. Zur Agglomeration Betlehem gehören auch Beit Dschala und Beit Sahur; letzterer Ort hat wie Betlehem biblische Bedeutung. Bürgermeister der Stadt Betlehem ist seit Mai 2005 der römisch-katholische Christ und pensionierte Arzt Victor Batarseh. Für die 2,1 Mrd. Christen ist die Stadt von besonderer Bedeutung, weil sie der Überlieferung nach als der Geburtsort von Jesus Christus gilt.

Etymologie

Die Bedeutung des Namens Betlehem ist bisher ungeklärt. Während bet das Wort für „Haus“ ist, steht im Arabischen laḥm für „Fleisch“, im Hebräischen lechem dagegen für „Brot“, in manchen südarabischen Dialekten für „Fisch“. Das heißt, die Wurzel bezeichnet ursprünglich das Grundnahrungsmittel. In den modernen Sprachen hat Betlehem etwa die Bedeutung von Haus des Fleisches oder Haus des Brotes.

Möglich ist aber auch eine Ableitung des zweiten Wortbestandteils aus der homonymen Wurzel lḥm mit dem semantischen Feld „kämpfen“; Betlehem hätte dann die Bedeutung „Haus des Kampfes“. Weitere Deutungen beziehen das Götterpaar Lahmu/Lahamu in ihre Überlegungen ein, Betlehem wäre demnach das „Haus der Gottheit L.“[1].

Biblische Überlieferung

 
Stern von Betlehem in der Geburtsgrotte

Die erste Erwähnung Betlehems in der Bibel findet sich in Gen 35,19 EU, wo es heißt, dass Jakobs geliebte Frau Rahel „an der Straße nach Efrata, das jetzt Betlehem heißt“, begraben wurde. Nach der Eroberung Kanaans durch die israelitischen Stämme fiel Betlehem dem Stamm Juda zu. Auch das Geschehen aus dem Buch Rut spielt sich zu einem großen Teil in Betlehem ab und sowohl Ruts Schwiegervater Elimelech wie auch ihr späterer Mann Boas kamen aus diesem Ort (Rut 1,1 EU).

Betlehem war nach 1 Sam 16,1 EU der Herkunftsort Davids, wo auch der erwartete Messias als Nachkomme („Sohn“) Davids zur Welt kommen sollte (Mi 5,1 EU). In diesem Vers wird es als „Betlehem-Efrata“ bezeichnet, um es von einem anderen Ort mit Namen Betlehem zu unterscheiden, der im Stammesgebiet von Sebulon, ca. 11 km westnordwestlich von Nazaret, lag.

Nach Matthäus 2,1 EU und Lukas 2,4-11 EU ist Jesus Christus in Betlehem geboren worden. Die wahrscheinlich genaue Lage in einer Höhle, die die Christen als Geburtsstätte Jesu ansehen und über die sich seit dem Jahr 333 die Geburtskirche erhebt, wird schon ab dem 2. Jahrhundert verehrt. Durch den Besuch orientalischer Sterndeuter in Jerusalem wurde König Herodes auf das Kind aufmerksam und versuchte es umzubringen, indem er in Betlehem und Umgebung alle männlichen Kinder im Alter von bis zu zwei Jahren töten ließ (Kindermord in Betlehem, Mt 2,12-16 EU). Umstritten ist, ob Betlehem tatsächlich der Geburtsort Jesu ist. Vielfach wird argumentiert, es handele sich hierbei, ebenso wie beim Kindermord des Herodes, um Legendenbildungen, die die königliche Abstammung Jesu unterstreichen sollen. Es gibt aber ebenso namhafte Historiker, die die Schilderungen im Lukasevangelium für glaubhaft und historisch wahrscheinlich halten.[2]

Universitäten

Seit 1973 gibt es die vom Vatikanstaat gegründete Universität Betlehem. Es sind 2000 Studenten immatrikuliert; davon ein Drittel Christen und zwei Drittel Moslems. Es wird Philosophie, Wirtschafts- und Naturwissenschaften, Erziehung, Krankenpflege und Tourismus gelehrt. Neu eingeführt wurde ein Studiengang von acht Semestern mit theologischen, religiösen und soziologischen Fächern, der mit einem Bachelor of Arts abgeschlossen wird.

Die Caritas betreibt seit 1952 das Caritas Baby Hospital, das einzige palästinensische Kinderspital.

Im September 2007 wurde von der palästinensischen Administration die Gründung einer zweiten Universität in Betlehem bekannt gegeben. Die Aufnahme des Studienbetriebs an der Ahliya-Universität erfolgte mit unmittelbarer Wirkung.[3]

Tourismus

Der Fremdenverkehr war für die Stadt immer eine wichtige Einnahmequelle. Durch die Nähe zu Jerusalem wohnten viele Reisegruppen früher lieber in den günstigeren palästinensischen Hotels als in der Hauptstadt. Nach der Autonomie entstanden deswegen große Hotelneubauten, die von zurückgekehrten Auswanderern errichtet wurden, z.B. Hotel Bethlehem, Hotel Nativity. Der Krippenplatz wurde nach dem Bau einer Parkgarage autofrei. Die vielen Andenkenläden lebten auch von den Tagestouristen gut. Mit großem Eifer wurde das Jubiläumsjahr 2000 vorbereitet und eröffnet, doch der Ausbruch der Zweiten Intifada zerstörte alle Bemühungen. Die mehrmalige Besetzung der Stadt (einmal mit Belagerung der Geburtskirche) verursachte große Schäden. Die große Mauer behindert den Tourismus massiv. Das tägliche Durchqueren der Grenzkontrollstelle ist so umständlich, dass die Gruppen nur mehr selten in der Stadt übernachten. Die großen Hotels mussten wieder schließen bzw. ihre Kapazität reduzieren. Tagesgäste müssen an der Grenze zu Jerusalem den Bus und den Reiseführer wechseln. 2006 hatten nur mehr zwei Andenkenläden beim Krippenplatz geöffnet. Die großen Werkstätten für Olivenholz-Schnitzereien mussten viele Mitarbeiter entlassen. Sie können ihre Produkte zwar noch in Jerusalem vermarkten, aber mit weniger Gewinn. Allein zur Weihnachtszeit blüht die Stadt für eine Woche wieder etwas auf.

Aktuelle Lage

 
Mauer von Betlehem

Nördlich der Stadt verläuft die Israelische Sperranlage, die mit einer bis zu acht Meter hohen Mauer Betlehem von Jerusalem und kleineren palästinensischen Dörfern wie Walaja und Jaba trennt. Die Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bewohner der Stadt Betlehem wird dadurch eingeschränkt.[4]

In der Agglomeration Betlehem gab es vor 50 Jahren nur wenige Moscheen. Heute sind es etwa 100.[5] Am Tag der Ankunft Arafats am 23. Dezember 1994 wurde auf dem Dach der Geburtskirche Betlehems ein 4x4 Meter großes Modell des muslimischen Felsendoms aufgestellt. Die Christen antworteten mit dem Aufstellen großer beleuchteter Kreuze auf ihren Privathäusern. Im Januar 1994, wenige Tage nach der Übergabe Betlehems an die palästinensische Autonomiebehörde, wohnten genau 49.654 Christen in den palästinensisch-kontrollierten Gebieten im Westjordanland und in Gaza. Seitdem hätten 10.754 Christen diese Gebiete verlassen, etwa die Hälfte von ihnen seit Ausbruch der El-Aksa-Intifada im September 2000. Allein in Betlehem, der größten Konzentration von Christen, sank deren Zahl von 29.401 auf 23.659. Die Spannungen zwischen Christen und Moslems wuchsen wegen der Stärkung islamistischer Strömungen. Problematisch sei das soziale Gefälle zwischen wohlhabenden Christen und eher ärmlichen Moslems. Den Christen wurde vorgeworfen, mit Israel kollaboriert zu haben, weil sie sich nicht aktiv an der Intifada beteiligten. Christliche Frauen seien beleidigt worden. Christliche Mädchen verschwanden. Für Christen gespendete Hilfsgelder aus dem Ausland wurden beschlagnahmt und an Moslems verteilt.[6]

Seit langem ist festgelegt, dass der Bürgermeister, sein Vize und auch die Mehrheit des Gemeinderates der Stadt Christen sein müssen[7]. Es ist sogar die Konfession des Bürgermeisters festgelegt: Griechisch-orthodox oder römisch-katholisch[8]. In Anbetracht der Bevölkerungsentwicklung regt sich von Seiten der Muslime Widerstand gegen dieses Statut. Dadurch konnte die Hamas nach der letzten Wahl 2005 trotz ihres Sieges keinen ihrer Kandidaten zum Bürgermeister machen. Statt des langjährigen gemäßigten Amtsinhabers Hanna Nasser (römisch-katholisch) bekleidet nun der radikalere Marxist Walid Victor Batarseh (römisch-katholisch) dieses Amt. Er wird der Popular Front for the Liberation of Palestine (PFLP) zugerechnet ist aber kein Parteimitglied. Dieser Umstand erlaubt es z.B. den Partnerstädten die politischen Kontakte mit der von der Hamas dominierten Gemeinde aufrecht zu halten.[9]

Partnerstädte

In Verbindung mit Friedensaktionen junger Menschen steht die ökumenisch angelegte Aktion „Friedenslicht aus Betlehem“, die 1986 in Österreich ihren Anfang nahm. Träger sind in Deutschland die Kirchen sowie die Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände.

Literatur

  • Hanswulf Bloedhorn: Art. Bethlehem, in: in: RGG4 I, Tübingen 1998, 1377f.
  • Siegfried Mittmann: Art. Bethlehem, in: Theologische Realenzyklopädie 5 (1980), S. 759-763 (Geschichte u. Bibel)

Einzelnachweise

  1. Erasmus Gaß: Die Ortsnamen des Richterbuchs in historischer und redaktioneller Perspektive (APDV 35). Wiesbaden 2005.
  2. Beispielsweise geht Ben Witherington davon aus, dass zwei unabhängige Quellen, die Matthäus resp. Lukas benützten, Betlehem als Geburtsort angeben. Birth of Jesus in IVP Dictionary of the New Testament.
  3. „Neue Universität in Bethlehem“ Generaldelegation Palästinas, 20. September 2007
  4. http://stopthewall.org/enginefileuploads/bethlehem.jpg
  5. Kath.net: In Betlehem feiern die Kirchen dreimal Weihnachten 16. Dezember 2007
  6. Evangelische Landeskirche in Baden: Christen fliehen aus Bethlehem 13. Mai 2005
  7. http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/4548312.stm http://www.crystalinks.com/bethlehem.html
  8. http://www.israeltoday.co.il/Default.aspx?tabid=128&view=item&idx=498
  9. http://www.ajn.com.au/news/news.asp?pgID=3469

Siehe auch

Commons: Bethlehem – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bethlehem – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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