Masse (Physik)
Die Masse ist eine Grundgröße der Physik. Die Masse besitzt die Eigenschaft, ihren Bewegungszustand beizubehalten, d.h. eine Änderung des Bewegungszustands einer Masse bedarf einer Kraft (Trägheit). Zwischen Masse , Beschleunigung und der Kraft besteht der Zusammenhang
- .
Definition
Über den Zusammenhang zwischen Masse und Trägheit könnte die Masse auf einen Proportionalitätsfaktor zwischen Kraft und Beschleunigung zurückgeführt werden, und als abgeleitete Größe definiert werden. Im üblichen Größenkanon der Physik wird die Masse jedoch nicht als abgeleitete Größe eingeführt, sondern als Grundgröße definiert1. Diese folgt durch Festlegung einer Referenzmasse, die die zugehörige SI-Basiseinheit Kilogramm (kg) definiert: Das Kilogramm ist gleich der Masse des internationalen Kilogrammprototyps2. Eine Messung ist ohne Rückbezug auf andere Größen möglich, alleine durch Vergleich mit der Referenzmasse.
Neben der Trägheit ist mit der Masse auch das Gewicht verbunden, d.h. ist die Masse die Quelle der Gravitationskraft:
- ,
wobei und die beteiligten schweren Massen im Abstand sind. ist die Gravitationskonstante, eine Naturkonstante, die die Stärke der Gravitation beschreibt.
Die Äquivalenz von träger und schwerer Masse ist in der klassischen Mechanik eine empirische, nicht weiter begründbare Feststellung. Sie führt dazu, dass Körper im Gravitationsfeld (im Vakuum) unabhängig von ihrer Masse stets gleich schnell fallen. Der Legende nach soll Galileo Galilei dieses Gesetz gefunden haben, indem er Gegenstände vom schiefen Turm in Pisa fallen ließ.
1) Bei der Wahl, dass es sich bei der Masse um eine Grundgröße, und bei der Kraft um eine abgeleitete Größe handelt, handelt es sich um eine willkürliche Festlegung.
2) Die Masse des internationalen Kilogrammprototyps orientiert sich ursprünglich an der von einem Kubikdezimeter Wasser maximaler Dichte (bei 3,98 °C). Genauere Messungen zeigten jedoch, dass die Masse des Kilogrammprototyps nicht exakt der von einem Kubikdezimeter Wasser bei 3,98 °C entspricht.
Newtonsche Mechanik
Die Massenträgheit wird genauer als Impulserhaltung formuliert. Der Impuls ist in der klassischen Mechanik definiert als das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit :
- .
Die Masse ist galilei-invariant, d.h. im Wesentlichen, dass sie unabhängig von der Geschwindigkeit ist.
Spezielle Relativitätstheorie
In der speziellen Relativitätstheorie treten an Stelle der newtonschen trägen Masse unterschiedliche Größen auf, je nachdem, welche ihrer Eigenschaften aus der newtonschen Mechanik als Vorbild dienen sollen:
- dass sie eine dem Körper an sich zukommende, insbesondere geschwindigkeitsunabhängige, Eigenschaft eines Körpers ist, die seine Trägheit charakterisiert,
- der Zusammenhang p=mv zwischen Impuls und Geschwindigkeit, oder
- der Zusammenhang F=ma zwischen Kraft und Beschleunigung im Trägheitsgesetz.
In der speziellen Relativitätstheorie ist der Impuls allerdings nicht mehr proportional zur Geschwindigkeit, und somit das Verhältnis zwischen Impuls und Geschwindigkeit selbst abhängig von der Geschwindigkeit. Der Zusammenhang lautet
- , mit
Hierbei ist eine geschwindigkeitsunabhängige Eigenschaft des Körpers, übernimmt also die erste der oben genannten Eigenschaften. Sie wird historisch Ruhemasse, in moderner Sprechweise auch invariante Masse oder einfach Masse genannt. Mit der Masse eines Objekts ist heute stets diese Größe gemeint.
Die Größe , die das Verhältnis zwischen Masse und Geschwindigkeit beschreibt, wird als relativistische Masse bezeichnet. Für diese Größe gilt die berühmte Gleichung
Seit Albert Einstein weiß man, dass Masse und Energie gemäß dieser Formel ineinander umgewandelt werden können, bzw. dass Masse und Energie einander äquivalent sind. Außer bei der Kernspaltung, der Kernfusion und bei verschiedenen Experimenten der Elementarteilchenphysik ist jedoch die mit Energieänderungen des Systems einhergehende Massendifferenz weit unterhalb der Messgenauigkeit.
Mit dem Trägheitsgesetz ist es noch komplizierter: Hier hängt die Masse nicht nur von der Geschwindigkeit, sondern auch noch vom Winkel zwischen Geschwindigkeit und Kraft ab. Dies hat anfangs zu den Begriffen der longitudinalen und transversalen Masse geführt (für Beschleunigungen in Bewegungsrichtung und senkrecht dazu), die aber heute nicht mehr verwendet werden. Eine Folge ist jedoch, dass in der Relativitätstheorie die Beschleunigung nicht immer in die Richtung der Kraft erfolgt.
Da die spezielle Relativitätstheorie nicht die Gravitation behandelt, ist eine schwere Masse in ihr nicht definiert.
Allgemeine Relativitätstheorie
Das Äquivalenzprinzip ist Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie (ART). In ihr wird die Bewegung der Körper im Gravitationsfeld nicht durch eine Kraft, sondern durch die Krümmung der Raumzeit beschrieben. Jeder gravitierende Körper bewegt sich in der Raumzeit geradeaus (genauer: auf einer Geodäte).
Aus der Grundgleichung der ART folgt, dass die Krümmung des Raumes, beschrieben durch den Einstein-Tensor , proportional zum Energie-Impuls-Tensor ist. Dieser hängt von der in dem betrachteten Raum befindlichen Materie ab und in seine Definition geht u.a. die Energie und der (Strahlungs-)Druck der betrachteten Materie ein.
Die Definition einer Masse ist in der ART in stark gekrümmten Räumen nicht mehr ohne weiteres möglich und es existieren verschiedene mögliche Definitionen. Eine häufig verwendete Definition ist die ADM-Masse, die für asymptotisch flache Raumzeiten anwendbar ist. Eine Krümmung des Vakuums wird hier mit in Betracht gezogen, Schwarze Löcher haben z.B. eine ADM-Masse.
Eine Reduktion der ART auf den Newton'schen Fall erhält man bei einer Näherung für geringe Krümmung.
Ursprung der Massen der Elementarteilchen
Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik wird der Ursprung der Massen der Elementarteilchen (und damit der Masse jedes Objektes) durch den Higgs-Mechanismus erklärt. Dieser beinhaltet die Wechselwirkung aller massiven Elementarteilchen mit dem so genannten Higgs-Boson, ein bisher noch unbeobachtetes skalares Elementarteilchen.
Vielfaches einer Masse
In der klassischen Mechanik gilt: Werden n Körper von gleicher Masse zusammengefügt, entsteht ein Körper n-facher Masse. Die Summe aller Massen ist eine Erhaltungsgröße.
In der Relativitätstheorie gilt dies aufgrund der Äquivalenz von Masse und Energie nicht mehr. Ziehen sich zwei Körper an, so ist ihre gemeinsame Masse kleiner als die Summe ihrer Einzelmassen.
Für normale Objekte ist dieser Effekt weit jenseits der Messungenauigkeit, jedoch ist für die Masse eines Atomkerns deutlich kleiner als die Summe der Masse der Nukleonen, aus denen er zusammengesetzt ist. Man spricht vom Massendefekt des Kerns.
Umgekehrt trägt auch die kinetische Energie der Teile eines insgesamt ruhenden Körpers (z.B. Wärmeenergie) – nicht aber die kinetische Energie des Gesamtkörpers aufgrund seiner Schwerpunktsbewegung – zu seiner Masse bei. In diesem Fall ist die Gesamtmasse größer als die Summe der Einzelmassen. Auch dieser Effekt ist für makroskopische Objekte weit unterhalb der Messgenauigkeit, allerdings ist die Masse der Nukleonen wesentlich kleiner als die Summe der Massen der Quarks, aus denen sie zusammengesetzt sind.
Messung
Die Messung der Masse erfolgt prinzipiell durch Vergleich mit einer Referenzmasse. Zwei Massen sind gleich, wenn sie in einem gleichstarken Gravitationsfeld die gleiche Gewichtskraft erfahren, dies kann gemessen werden durch eine Balkenwaage. Die Stärke des Gravitationsfeldes ist prinzipiell unerheblich, es muss nur an den Orten der beiden Massen gleich sein, und ungleich null. Statt Vergleich der Gravitationskraft kann die Masse auch durch Vergleich der Massenträgheit gemessen werden.
Indirekt kann die Masse auch durch Messung der Kraft gemessen werden, die eine Masse in einem Gravitationsfeld erfährt, oder die zu einer definierten Beschleunigung einer Masse notwendig ist. Bei der Messung über die Gewichtskraft ist, anders als beim direkten Vergleich zweier Gewichtskräfte, die Kenntnis des Gravitationsfeldes am Ort der Messung notwendig.
Die folgende Aufstellung soll helfen, ein Gefühl für die Größenordnungen von Massen zu erhalten. (Die Werte sind nicht exakt):
2·10-26 kg | Masse eines Kohlenstoffatoms | |
10-3 kg | = 1 g | Masse eines Würfels mit der Kantenlänge 1 cm voll Wasser bei höchster Dichte, bei 3,98 °C |
10±0 kg | = 1 kg | Masse eines Liters Wasser bei höchster Dichte, bei 3,98 °C |
10+3 kg | = 1 t | Masse eines Personenkraftwagens |
5,98·10+24 kg | Masse der Erde | |
1,989·10+30 kg | = 1 M☉ | Masse der Sonne, siehe hierzu auch: Sonnenmasse |
10+38 kg | ~ 50 Mio M☉ | Masse eines Kugelsternhaufen |
3,6·10+41 kg | ~ 181 Mrd M☉ | Masse der Milchstraße |
1,737·10+41 kg | ~ 87,3 Mrd M☉ | Masse der Milchstraße innerhalb der Bahn der Sonne |
8,5·10+52 bis 10+53 kg | = 4,65·10+22 M☉ | Masse des sichtbaren Universums |
Umgangssprache
In der Umgangssprache wird sehr oft die Masse mit dem Gewicht verwechselt. "Wieviel wiegst Du?" -- "Ich? 75 Kilogramm."
"'Wie schwer bist du?' -- 'Ich? 75 Kilogramm.'" ist dagegen korrekt, es wird sich nach der schweren Masse erkundigt.
Wenn man statt "Gewicht" von "Gewichtskraft" spricht, ist der Unterschied zur Masse deutlicher: eine Gewichtskraft erfährt ein Körper, wenn ein anderer Körper in der Nähe ist (meistens ein Himmelskörper) - die Gewichtskraft hängt vom Ort ab und ist keine "persönliche" Eigenschaft des Körpers, die Masse hängt dagegen vom Körper ab, von der Anzahl der Atome und ist überall gleich. Ein Körper ist schwerelos, wenn er keine Gewichtskraft erfährt (Weltall).
Bei Architekten setzt sich die Bezeichnung 'Massenermittlung' für eine Volumenbestimmung langsam durch.
Siehe auch
Gewicht, Kraft (Physik), Waage, Trägheit
Außerhalb der Physik gibt es auch noch andere Bedeutungen des Begriffs Masse.