Dschingis Khan

Khan der Mongolen, der weite Teile Zentralasiens und Nordchinas eroberte
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Dschinghis Khan war auch eine deutschsprachige Pop- und Schlager-Band aus den 1970ern, produziert von Ralph Siegel.


Dschingis Khan, eigentlich Temudschin, der Eiserne, (* 1155, 1162 oder 1167; † 18. August 1227) war ein hochmittelalterlicher Khan der Mongolen, der die turko-mongolischen Stämme vereinte und weite Teile Zentralasiens und Nordchinas unter seine Kontrolle brachte.

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Geschichte

Die Mongolen siedelten ursprünglich im Nordosten der heutigen Mongolei, zwischen den Flüssen Onon und Kerulen. Sie waren sowohl nomadische Hirtenstämme der Steppe, als auch Jäger und Fischer der Waldgebiete und unterteilten sich in zahlreiche Stammessplitter.

Das Weidegebiet war Gemeineigentum, d.h. Besitzrechte an Grund und Boden waren unbekannt. Auf Grund des Viehbesitzes gab es eine frühfeudale Ordnung in der Stammesvereinigung. So wurden die mongolischen Führer für Kriegs-, Raub- und Jagdzüge um 1200 noch von den Stammesfürsten auf einer Kuriltai frei gewählt. Aber es bildete sich in den Einigungskämpfen jener Zeit eine Militäraristokratie heraus, die sehr viel Macht bekam und unter Dschingis Khan schließlich erblich wurde.

Dschingis Khan gehörte zum Stamm der Mongghol, zum Klan der Borjigin (Wildenten-Leute) und zum Unterklan der Qiyat. Er stammte aus einer hoch angesehenen Familie und wurde als ältester Sohn des Klanchefs Yesügai Bahadur geboren. Er war der Urenkel des legendären Mongolenfürsten Qabul (auch als Kabul Khan bekannt), der um 1130-50 die mongolischen Stämme vorübergehend vereinigt hatte und erhielt von seinem Vater den Namen Temudschin (tatar. "der Eiserne", fälschlich mit "der Schmied" übersetzt), der vielfach auch als Temujin oder Temüdschin angegeben wird. In dem erst nach dem Tode Dschingis Khans von seinem leiblichen Sohn Ugedai, oder laut anderen Quellen von diesem beauftragt aber von dem tartarischen Adoptivsohn Dschingis Khans Schigiqutuqu verfassten Epos "Die geheime Geschicht der Mongolen" wird berichtet, dass der kleine Temudschin bei seiner Geburt einen Blutklumpen fest in seiner rechten Hand hielt. Darin sahen die Schamanen ein göttliches Zeichen für einen zukünftigen großen Krieger. Als mögliche Geburtsplätze werden heute drei Gegenden vermutet:

  • Laut den west- und nordmongolischen Traditionen der Oiraten und Burjaten wurde Dschingis Khan auf der rechten Ononseite geboren. Vor allem die alte mongolische Region Dulun-Boldaq (südlicher Baikalsee/Russland) wird hier genannt.
  • Die ostmongolischen Chalcha nehmen ihrerseits die Region Deligün Boldogh am mittleren Kerulen als möglichen Geburtsplatz an. Damit läge dieser in der Nähe der heutigen mongolischen Hauptstadt Ulan-Bator.
  • Doch gibt die Familiengeschichte Dschingis Khans, die Geheime Geschichte der Mongolen, eine Stelle am Fusse des Burhan Qaldun (ebenfalls in der Nähe der Ononquelle) als Geburtsplatz an, und damit läge dieser in der nordwestlichen Mongolei.

(Da nun die Mehrheit der Überlieferungen den Onon-Fluss angeben, so dürfte dieser der wahrscheinlichste Geburtsort sein.)

Zu dieser Zeit waren die Clans der Steppe in ständige Kämpfe untereinander verwickelt. Temudschins Vater Yesügai hatte für den Seinigen auch durch Raubzüge gegen die Tartaren und Merkiten das Stammesgebiet stark vergrößert und es zu Reichtum und Wohlstand gebracht. In einer sorgenfreien Kindheit lernte der kleine Temudschin schon früh reiten, bogenschießen und jagen, die damals entscheidende Fähigkeiten für das Überleben in den Steppen Zentralasiens. Wie so oft bei Nomadenvölkern galt auch dort das Gesetz des Stärkeren, der sich immer ohne Rücksicht nimmt, was er gerede braucht. Deshalb drohte aber auch nach jedem Überfall und Raub im Gegenzug die spätere Rache des Unterlegenen.

Den Berichten nach als kleiner Junge zunächst eher ängstlich und schüchtern entwickelte er eine enge Bindung zu seinem Schwurbruder Dschamucha, der später allerdings aus Rivalität zu seinem erbittertsten Feind werden sollte.

Temudschin war noch ein neunjähriger Junge, als sein Vater wie damals üblich mit ihm auf Brautschau ging. Im Lager eines befreundeten Clans entdeckten sie ein kleines, hübsches Mädchen und hielten bei ihrem Vater um ihre Hand an. Da dieser einverstanden war, blieb nach altem Brauch der junge zukünftige Bräutigam dort bei seinen Schwiegereltern für einige Zeit zurück, in der er in glücklichen Wochen seine kleine Verlobte liebgewann. Sein Vater ritt allein zurück und nahm unterwegs die Gastfreundschaft von Tartaren an. Diese erkannten jedoch alsbald in ihm das Oberhaupt ihres Feindes und vergifteten ihn beim Essen. Von einem Boten über den plötzlichen Tod seines Vaters unterrichtet, kehrte Temudschin nach hause zurück. Dort erwartete ihn ein Chaos. Wegen seiner Jugend wurde er nicht als Nachfolger seines Vaters anerkannt, die ehemaligen Gefolgleute wandten sich ab, die ganze Sippe löste sich auf und er war als ältester Sohn mit der Mutter, seinen drei halbwüchsigen Brüdern und einer kleinen Schwester alleine. Schutzlos wie sie waren, wurde nach und nach ihr gesamtes Hab und Gut geraubt und sie lebten die nächsten Jahre in Armut. Zwischen ihm und seinen Brüdern gab es häufig Streit. Nach dem Gesetz des Steppe rächte Temudschin die ständigen Schmähungen und Demütigungen von Seiten seines jüngsten Bruders Bektar mit einem ungesühnten Brudermord. Nach anderer Quelle tötete er seinen Bruder im Streit um Beute nach einem Raubzug. Auch als Jugendlicher ist er für andere Mongolenfürsten trotz seiner kläglichen Lebensumstände dennoch eine Bedrohung und er muss mit seiner Restfamilie immer wieder fliehen. Auf einer dieser Fluchten wurde er schließlich von den Taijut gefangengenommen, mehrere Jahre wie ein Sklave gehalten und aufs Tiefste gedemütig. Durch seine abenteuerliche Flucht aus dieser Gefangenschaft erlangte er bei seinen Altersgenossen großes Ansehen. Er suchte und fand seine Verlobte Bürte wieder und konnte sie endlich heiraten.

Er hatte verstanden, dass man in der Steppe nur überleben kann, wenn man mächtige Verbündete hat. Durch geschickte Diplomatie gelang es ihm, diese zu finden und nach und nach seine Gegner auszuschalten. Diese waren vor allem im Westen die Naimanen, im Norden die Merkiten und im Osten die Tartaren.

1190 einte er die mongolischen Sippen und unter seiner Führung unterwarfen sie zusammen die anderen Steppenvölker. Als Anreiz für den unbedingten Gehorsam seiner Kämpfer, versprach er ihnen reiche Beute auf den noch kommenden Kriegszügen.

1201 verzeichnete man einen Sieg über seinen umtriebigsten Rivalen, den "Gurkhan" Dschamucha (Mongole), seinen ehemaligen Schwur- bzw. Blutsbruder. Dieser konnte sich zunächst noch retten, verlor jedoch ein Großteil seiner Gefolgschaft und wechselte verbissen im Kampfeswillen gegen Temudschin ständig seine Bündnisse mit Freund und ehemalig Feind. Dieses aussichtslose Wechselspiel leid, wurde er schließlich von seinen letzten engsten Vertrauten gefangengenommen und an Temudschin ausgeliefert. Der setzte jedoch ein für ihn bezeichnendes Exempel. Da ihm nichts so verhasst war Treulosigkeit und Verrat, besonders von engsten Vertrauten, ließ er die Häscher von Dschamucha und all ihre Familienmitglieder erbarmungslos töten. Seinem ehemaligen Blutsbruder bot er erneut seine Freundschaft an und bat ihn, an seine Seite zurückzukehren. Der konnte und wollte dieses großzügige Angebot nicht annehmen und bat um einen standesgemäßen Tod, der ihm gewährt wurde.

1202 nach einem Sieg über die Merkiten fühlte Temudschin sich stark genug, um sich an den Tartaren für den Tod seines Vaters zu rächen. In blutigen Kämpfen besiegte er die vier Stämme der Tataren und nach den Texten der "Geheimen Geschichte der Mongolen" ließ er bei den Besiegten nur diejenigen am Leben, die nicht größer als die Achshöhe eines Ochsenkarren waren. 1203 schlug er die Keraiten (Toghril Khan, Nilkha) und 1204 die Naimanen (Tayang Baybugha). Damit waren die letzten Hürden auf dem Weg zur uneingeschränkten Macht überwunden.

Im Jahr 1206 berief Temudschin am Flussufer des Onon einen Reichstag, den sogenannten Kuriltai ein. Dort wurde er von den anwesenden Schamanen und Stammesfürsten unter der weißen Standarte zum Dschingis Khan, dem Großkhan aller Mongolen erhoben und bekam damit als erster Khan den Titel "ungestümer Herrscher" (ozeangleicher Herrscher). Sein ihm verliehenes Hoheitszeichen, die weiße Standarte, steht noch heute zusammen mit neun gleichartigen Stützen (für die damaligen Kernstämme des Reiches) als Symbol des heutigen mongolischen Staates, des friedlichen Lebens und als Staatswappen im mongolischen Parlament. Damals entstand also ein neuer Staat und Dschingis Khan war als unumschränkter Herrscher auch der alleinige Gesetzgeber. Die Regierung bildeten seine Mutter, Brüder und Söhne. Von den ehemaligen Kanzlern anderer Völker lernte er, wie man ein großes Reich verwaltet. Auch dazu befahl er seinem Sohn Ugedai, die alten und neuerlassenen Gesetze in Form eines mongolischen Grundgesetzes, der Jassa, aufzuschreiben. Dieses Werk vereinheitlichte die unterschiedlichen Gesetze der Steppe und formulierte eine rigide Sammlung von Geboten und Vorschriften, die das Zusammenleben im neugegründeten Mongolenreich regeln sollten. Das neue Gesetz beendete die Willkürherrschaft der Steppe und schaffte eine wesentliche Grundlage zur Gründung eines mongolischen Staates, dem einzigsten Nomadenstaat der Welt, der 200 Jahre lang Weltgeschichte schreiben sollte. Nach anderer Quelle ließ er die Jassa von seinem schreibkundigen, tartarischen Adoptivsohn Schigiqutuqu aufzeichnen, und machte diesen auch zu seinem obersten Richter.

Dschingis Khan hatte die Angewohnheit gelegentlich seiner Frau oder seiner Mutter einen kleinen Jungen aus den jeweils unterworfenen Stämmen mitzubringen und zu schenken. Ein solches Kind wurde von ihnen adoptiert und wuchs anschließend als gleichberechtigtes Familienmitglied mit den leiblichen Söhnen des Khans auf. Zum großen Rückhalt für Dschingis Khan wuchsen so in seiner Jurte immer eine Gruppe junger, oft talentierter Männer heran, welche ihm Dank und Loyalität schuldeten.

Datei:Reich Dschingis-Khans (1206-1227).PNG
Das Mongolenreich unter Dschingis Khan (1227)

Alsbald verkündete er die allgemeine Wehrpflicht und betraut aus der Reihe derjenigen, die bisher mit ihm gezogen waren, Tausendschaftsführer mit der Führung seiner großen Armee. Für diese und andere Ernennungen ist nicht mehr die Blutsverwandschft entscheident, sondern ohne Rücksicht auf Herkunft und Stamm nur bedingungloser Gehorsam dem Khan gegenüber und besondere Tapferkeit in vorausgegangenen Kämpfen. Der alte Stammesadel wurde teilweise entmachtet und durch zuverlässige Leute (Köcherträger) aus dem Militär ersetzt. Unzuverlässige Stammesgruppen wurden der Auflösung preisgegeben. All das bedeutete einen revolutionären Bruch mit den bisherigen sozialen Verhältnissen der Steppe. Diese neue Ordnung ersetzte Verrat und Betrug der Steppennomaden durch Disziplin und Gefolgschaft.

Als neuer Großkhan stellte er sich auch eine eigene Leibgarde von ca. 10 000 Soldaten auf. Diese waren die Söhne oder Brüder von Stammesfürsten und Heerführern und sollten als seine Krieger und zugleich Geiseln ein Faustpfand darstellen, um den unbedingten Gehorsam des Steppenadels sicherzustellen.

Da Dschingis Khan außer einigen Schreibern anfangs überhaupt keine Verwaltung bzw. Bürokratie zur Verfügung hatte, bildete seine streng organisierte und disziplinierte Armee das einzige zuverlässige Machtmittel gegen die traditionelle Eigenständigkeit des Stammesadels. Erst um 1220 kamen genügend ausländische Beamte in mongolische Dienste, so dass man auch an eine Art Zivilverwaltung der unterworfenen Völker denken konnte.

Da Dschingis-Khan selbst Analphabet war, ließ er für die Verwaltung seines Reiches eine eigene Schrift entwickeln. So entstand zuerst die aus dem Uighurischen abgeleitete Mongolische Längstschrift und später gegen Ende des 13. Jahrhunderts die von dem gelehrten Lama Phags-pa aus der tibetanischen Schrift abgeleitete Phags-pa-Schrift, auch als Mongolische Quadratschrift bezeichnet.

Die Truppen wurden in Zehnerschaften geordnet und die Männer kontrollierten sich gegenseitig. Floh ein Krieger vor dem Feind, mussten auch die anderen neun sterben. Mit der Überreichung von Pferdehaaren, ein Haar von jedem Pferd eines jeden Soldaten, schworen die Armeeführer dem Khan bedingungslosen Gehorsam. Aus diesen Pferdehaarbündeln entstand die "Schwarze Standarte", das neue Feldzeichen der Mongolenarmee. (Diese Standarte wird noch heute als Nationalheiligtum im Verteidigungsministerium in Ulan Bator aufbewahrt und ist niemandem zugänglich. Allein der jeweils amtierende Generalstabschef der Armee hat Zutrittsrecht zu dem Aufbewahrungsraum. Als Symbol gemeinsamer Stärke wird sie einmal im Jahr an einen geheimen Ort gebracht. Dort beschwört die gesamte Armeeführung die Einheit der Nation und erinnert an die Taten Dschingis-Khans.)

Die Schlagkraft seiner neuen Armee beruhte auf ihrer strengen Disziplin, ihrer extremen Wendigkeit auf den schnellen, zähen und ausdauernden Pferden, ihren Waffen und ihrer ausgefeilten Kriegslist. Die Reiter führten 2 - 3 Pferde mit sich und konnten durch die damit immer gegebene Austauschmöglichkeit in kürzester Zeit große Entfernungen zurücklegen. Dabei machten sie unterwegs nur Rast zum Essen und Schlafen. Als Proviant führte jeder Kämpfer u.a. getrocknetes Fleischpulver in am Sattel befestigten Kuhblasen mit sich. Dieses Fleischpulver wurde wie eine heutige Tütensuppe in heißem Wasser aufgelöst. Mit dieser unverderblichen, ohne großen logistischen Aufwand einfach zu transportierenden und leicht zubereitbaren, dabei energiespendenden und nahrhaften Verpflegung konnten sie sich monatelang selbst versorgen. Die mongolischen Krieger waren von Kind an gute Reiter und Bogenschützen und die Jagt galt ihnen als die Schule des Krieges. Ihre Hauptwaffen waren Pfeil und ein nur von Ihnen verwendeter besonderer Reflexbogen mit extremer Beschleunigungskraft. Sie führten immer mehrere Bögen und viele Pfeile mit geschmiedeter Eisenspitze mit sich. Die von diesen Reflexbögen abgeschossenen Pfeile hatten eine so enorme Durchschlagskraft, dass sie u. a. auch Kettenhemden durchschlugen. Ein geübter Reiter traf mit dieser tödlichen Waffe ein Ziel selbst im gestreckten Galopp aus einer Entfernung von 300 m! Sie waren auch zur damaligen Zeit die einzigen Reiter, die ihren Bogen aus diesem Galopp auch nach hinten abschießen konnten (Parthisches Manöver). Hinsichtlich der Kriegskunst bzw. -list beruhte ihr Erfolg auf der überaus beweglichen Kavallerie. Sie tat oft so, als würde sie fliehen und griff dann völlig überraschend den Feind im Rücken oder in den Flanken an.

Nach der Reichseinigung wandte sich Dschingis Khan der Eroberung Chinas zu. Bis 1209 hatte er sich auf der chinesischen Seite der Großen Mauer ein Lager für weitere Eroberungszüge geschaffen, nachdem er die Tanguten unterwerfen konnte. 1211 führte er seine Truppen mit mehr als 100 000 Kämpfern Richtung Süden und Osten in das von der Jin-Dynastie beherrschte Gebiet und drang bis zur Halbinsel Shandong vor. 1215 nahm er Peking ein und 1219 zahlte auch Korea an ihn Tribut.

Im Jahre 1218 unterwarf der Khagan das Kara-Khitai-Reich am Balchaschsee. 1219 wandte er sich aus Rache für die Ermordung mongolischer Kaufleute nach Transoxanien (heute das Gebiet um Buchara, Samarkand und Persien) gegen das Reich von Mohammed Schah von Choresmien. Bei dieser Eroberung ließ Dschingis Khan seine Krieger ganz besonders grausam vorgehen, was ihren Ruf als Geißel der Menschheit begründete.

1220 gründete Dschinghis Khan zur Festigung seiner Macht die Stadt Karakorum (schwarze Berge) am Ufer des Orchon. Dieser Fluss war und ist die Lebensader der ganzen Region und an seinem Ufer lagen schon vor Dschinghis Khan die Zentren großer vergangener Steppenreiche. Durch seine Stadtgründung gerade an dieser Stelle stellte er sich bewußt in die Tradition seiner Vorgänger. Karakorum entwickelte sich zur ersten Hauptstadt des Mongolenreiches und wurde später mit einer Befestigungsanlage versehen. Für die Mongolen ist Karakorum noch heute die Keimzelle und Geburtsstätte ihres Nationalstaates. Zur Ausübung der den Nomaden bisher unbekannten Tätigkeiten holte sich Dschinghis Khan fremde Handwerker und Künstler in sein Land, vor allem aber hierher in seine neue Hauptstadt. Die Mongolen eigneten sich die Kenntnisse der Fremden nicht an, sondern sie ließen sie für sich arbeiten. Die fremden Handwerker und Künstler kamen teils freiwillig zu ihnen, teilweise wurden sie jedoch auch hierher verschleppt.

In Karakorum zeigten auch die nachfolgenden, grausam kriegerischen und tyrannischen Khane ihr zweites, völlig andersartiges Gesicht. Durch ihre tolerante Haltung allem Neuen und Unbekanntem gegenüber wurde ihre Hauptstadt nicht nur die Schaltzentrale der Reichsverwaltung und ein Zentrum des Handels und Kunsthandwerks, sondern auch zu einem Schmelztiegel unterschiedlicher Religionen, Kulturen und Völker.

1223 drangen seine Truppen unter Jebe und Subotai sogar bis in die Ukraine vor, besiegten die Russen an der Kalka.

1224/25 kehrte der Khan in die Mongolei zurück und begann einen erneuten Feldzug gegen die Tanguten, auf dem er starb. Er erlag vermutlich am 18. August 1227 den inneren Verletzungen eines Reitunfalls. Sein Bestattungsort, der von den Pferden von tausend Reitern eingeebnet wurde (die Reiter wurden hingerichtet), ist bis heute nicht gefunden; doch es ist anzunehmen, dass er an den Hängen des Burhan Qaldun begraben wurde, der oftmals eine wichtige Rolle in seinem Leben spielte.

Als Dschingis Khan starb hatte sein Reich eine Größe von 19 Millionen km² und war damit doppelt so groß wie die heutigen USA. Es reichte nun vom Chinesischen Meer im Osten bis zum Kaspischen Meer im Westen. Doch es sollte erst unter seinen Nachfolgern zum größten Weltreich in der bisherigen Geschichte der Menschheit werden.

Sein ältester Sohn war Jochi († 1227), der zweite Tschagatei († 1242), der dritte Ugedai († 1241), der vierte Tolui († 1232). Dschingis Khan hatte entgegen aller Tradition aber getreu seinem Grundsatz, dass Kompetenz und Eignung entscheide, noch zu Lebzeiten den jüngeren Ugedai zu seinem Nachfolger bestimmt und nicht seinen ältesten Sohn Jochi. Auf einem einberufenen Reichstag wurde dieser 1229 zum neuen Großkahn Ugedai Khan ernannt. Die anderen Söhne bzw. ihre männlichen Nachkommen wie z. B. Batu Khan erbten ihre eigenen Teilreiche, wobei die Zusammenarbeit der vier Familien noch eine Zeitlang erhalten blieb.

Um die Persönlichkeit des Khans ranken sich bis heute viele Geschichten. Einigen Quellen zufolge gab sein Sohn Ugedai noch vor 1240 die Geheime Geschichte der Mongolen, eine Mischung aus Chronik und Epos, bei Dschingis Khans tartarischen Adoptivsohn Schigiqutuquals in Auftrag, der sie in mongolischer Längstschrift niederschrieb. Anderen Quellen zufolge hat sie Ugedai selbst verfasst. Sie erzählt die Lebensgeschichte von Dschingis Khan und nur der Familie des Khans war es gestattet, sie zu lesen. Dieses Werk war jahrhundertelang verschollen. Erst 1866 wurden in chinesischer Zeichenschrift verfasste Abschriftteile in einer Bibliothek in China gefunden. Das Original in mongolischer Längsschrift ist bis heute verschollen. Dieses Werk stellt heraus, dass Dschingis Khan aufgrund seines Werdeganges höchsten Wert auf die persönliche Treue und Loyalität der Menschen gegenüber ihrem Herren oder ihren Freunden legte. Die Völker, denen er Leid und Tod brachte, charakterisieren ihn als grausamen Schlächter. Er gilt bis heute als einer der größten Massenmörder in der Geschichte der Menschheit, doch brachte sein gewaltiges Redritter Sohn Ugich für seine Bewohner für eine lange Zeitspanne Sicherheit und Frieden.

Dessen ungeachtet war er religiös sehr tolerant und bereit, jeder Glaubensrichtung und jeder Staatsphilosophie sein Ohr zu leihen. Gegen Ende seines Lebens begriff er offenbar, dass seine Regierungsprinzipien nicht die einzig gültigen waren und setzte Berater wie den Kitan Yelü Chutsai und den Choresm-Türken Machmud Jalatwatsch in Spitzenpositionen, um sein Reich umfassend zu organisieren. Allerdings trug dieses Bemühen erst nach seinem Tod unter seinen Söhnen und Enkeln Früchte. Dschingis Khans Reich wurde weiter ausgebaut, war gegen 1260 so gut organisiert, dass es hieß, man könne es als Reisender ohne Gefahr von einem bis zum anderen Ende durchqueren. Damals umfasste es etwas über 33 Millionen km².

Herkunft des Titels Dschingis Khan

Über die Herkunft und die Deutung des Titels Dschingis Khan, auch als Genghis Khan, Cinggis-Khan, Dschingis-Chan und Dijngis Chan bekannt, gibt es mehrere Möglichkeiten, die schon vielfach in der Literatur Eingang fanden.

Nachfolgend sind die zwei überzeugensten Erklärungen angeführt:

1. Dschingis Khan entstand aus der chinesisch-türkischen Zusammensetzung chêng-sze khan (aus chinesisch: "chêng-sze" = edler Reiter/Ritter und alttürkisch: "khan" = Herrscher) mit der Bedeutung: "Herrscher der edlen Reiter"

oder

2. Dschingis Khan wurde aus dem rein alttürkischen tengis khan ("tengis" = Meer) gebildet und hätte dann die Bedeutung von: "Herrscher der Meere", "Ozeangleicher Herrscher" oder "Herrscher zwischen den Weltmeeren" = Weltherrscher.

Streit unter Historikern

Fast 800 Jahre nach dem Tode Dschingis Khans ist zwischen der mongolischen, der chinesischen und der kasachischen Geschichtsschreibung ein wahrer Streit über Dschingis Khan entbrannt. Die Moskauer Tageszeitung "Iswestja" berichtet, eine Historiker-Konferenz im kasachischen Alma-Ata versuche nachzuweisen, dass Dschingis Khan nicht Mongole, sondern Kasache war: "In der Mongolei ist Dschingis Khan seit jeher ein Nationalheld. Dabei hätten die Mongolen rein gar nichts mit Dschingis Khan zu tun", sagte der kasachische Historiker und Konferenz-Organisator Sakirjanow dem Blatt. "Seinerzeit sei die heutige Mongolei gar nicht von Mongolen, sondern von Kasachen, genauer von den Stämmen der Nayman und der Keräit, besiedelt gewesen."

Allerdings beanspruchen auch chinesische Historiker den Großkhan als Anführer einer Chinesischen Nationalen Minderheit für sich. Als wichtiges Argument dient ihnen das sogenannte Dschingis-Khan-Mausoleum im Ordos, das von chinesischen Medien gerne als Begräbnisstätte des Khans präsentiert wird.

Siehe auch

Literatur