Umckaloabo® ist ein alkoholischer Auszug aus den Wurzeln südafrikanischer Pelargonien-Arten (Pelargonium reniforme CURT./ P. sidoides DC.), Geraniaceae. Der Wurzelextrakt enthält unter anderem Cumarine, kondensierte und hydrolysierbare Gerbstoffe und Flavonoide. Das Hauptcumarin ist Umckalin, gefolgt von Scopoletin und einer Reihe weiterer meist tri- oder tetraoxygenierter Cumarine. Ein weiterer Bestandteil ist die Gallussäure, die unter anderem als Vorstufe in der Biosynthese der hydrolysierbaren Gerbstoffe zu sehen ist.
Historisches
Im Süden Afrikas werden Dekokte aus Pelargonium-Arten in der traditionellen Heilkunst verwendet. Ein englischer Arzt namens Charles H. Stevens, der überzeugt war, an Tuberkulose erkrankt zu sein, reiste 1897 nach Südafrika und wurde dort von einem Basotho-Heiler mit einem solchen Extrakt behandelt. Es wird vermutet, dass die Bezeichnung Umckaloabo auf ein Missverständnis zwischen Stevens und seinem Heiler zurückging. Die Zulu-Wörter umkhuhlane (Oberbegriff für Krankheiten, die mit Fieber und Husten einhergehen) und uhlabo (pleuritischer Brustschmerz) bezeichneten vermutlich die Diagnose, aber Stevens fasste "Umckaloabo" als Bezeichnung für das ihm verabreichte Mittel auf.
Stevens erholte sich vollständig und importierte die vermeintliche Wunderpflanze nach Europa. Unter der Bezeichnung „Stevens' Consumption Cure“ war der Extrakt eine Zeitlang als Tuberkulosemittel populär. Es verschwand jedoch vom Markt, als Stevens nach einer verlorenen gerichtlichen Auseinandersetzung mit der British Medical Association den Bankrott erklären musste. Die Standesorganisation hatte sein Heilmittel als Fälschung und ihn selbst als Betrüger bezeichnet.
Im deutschsprachigen Raum hielt das Interesse jedoch an, auch aufgrund der Arbeit des Schweizer Missionsarztes Adrien Sechehaye. Er behandelte noch in den 1920er Jahren viele Patienten mit „Stevens' Cure“.
Anwendungsgebiete
Umckaloabo wird zur Therapie von akuten und chronischen Infektionskrankheiten, besonders im Atemwegs- und im Hals-Nasen-Ohrenbereich, angewendet. Die historisch bedingte Anwendung als Phytotherapeutikum gegen Lungentuberkulose konnte weder für Extrakte noch isolierte Naturstoffe gezeigt werden.
Das moderne Phytotherapeutikum besteht aus einem ethanolischen standardisierten Extrakt "Eps 7630", welcher aus den Wurzeln von P. sidoides durch Perkolation und / oder Mazeration gewonnen wird.
Eigenschaften
Der Hersteller schreibt Umckaloabo eine dreifache Wirkung zu: eine antibakterielle, eine schleimlösende und eine abwehrstärkende.
Ziel der Therapie ist meist, den Einsatz von Antibiotika zu vermeiden, die häufiger Nebenwirkungen haben. Daher wird das Mittel oft Kindern verabreicht.
Umckaloabo soll Bronchitiden und Entzündungen der Nasennebenhöhlen sowie der Mandeln leichter verlaufen lassen, abkürzen und Reinfektionen verhindern. Die Wirksamkeit ist vorwiegend anekdotisch belegt. Umfragen unter Ärzten und Patienten zeigen, dass das Mittel subjektiv als wirksam empfunden wird. Ein objektiver Wirkungsnachweis nach Kriterien der evidenzbasierten Medizin steht jedoch bisher aus (Stand 04/04).
In-vitro konnte eine direkte antimikrobielle Wirkung gezeigt werden, die aber erst bei erheblich höheren als den empfohlenen Dosierungen eintritt. Stattdessen konnte eine stimulierende Wirkung auf Makrophagen (am lokalen Entzündungsprozess beteiligte Immunzellen) nachgewiesen werden. Von den im Extrakt vorkommenden Naturstoffen scheinen Gallussäure und verwandte Gerbstoffe für diese Wirkung verantwortlich zu sein.
Kritik
Die in dem Extrakt enthaltenen Cumarine können grundsätzlich gerinnungshemmend wirken und damit das Blutungsrisiko erhöhen. Die Hauptcumarine sind Scopoletin und Umckalin. Es ist umstritten, ob die Konzentration der Wirkstoffe ausreichend ist. Kritiker sprechen von 500-1.000-facher Unterdosierung.
Bedenklich ist der Ethanolanteil von 12 Vol.-%, der das Mittel zumindest bei kleinen Kindern kontraindiziert erscheinen lässt. Hier erscheinen alkoholfreie Extrakte als Alternative. Diese werden aber bisher nur außerhalb des deutschsprachigen Raums, so etwa in den USA, vermarktet.
Umckaloabo darf nicht anstelle von Antibiotika eingenommen werden. So ist bei einer Angina tonsillaris (vom Hersteller als Indikation angegeben), auf jeden Fall zunächst eine Erregerdiagnose angezeigt, um die Möglichkeit einer Infektion mit Streptokokken auszuschließen. Wird eine Streptokokkenangina nicht antibiotisch behandelt, sind schwere Komplikationen, unter anderem mit Beteiligung der Herzklappen zu erwarten.