Kastell Pfünz

wurde nach 90 an der Altmühl errichtet
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Das Kastell Pfünz, lateinisch Castra Vetoniana, ist ein ehemaliges römisches Kohortenkastell bei Pfünz, einem Ortsteil der Gemeinde Walting im Landkreis Eichstätt, Bayern. Es wurde ab ca. 90 n. Chr. auf einem 42 Meter hohem Jurasporn zwischen dem Tal der Altmühl und des Pfünzer Baches errichtet. Es ist Bestandteil des 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Rätischen Limes. Historisch bedeutend sind vor Ort die Reste des teils in den Felsen geschlagenen Doppelspitzgrabens, der an der Westmauer am besten erhalten ist. Im Zuge eines Druckwasserleitungsbaues wurden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 1998 erneut Sondierungen vorgenommen. Darüber hinaus bieten die Befunde und das reichhaltige, teile sehr seltene Fundmaterial aus Pfünz bis in die Gegenwart Anlass für neue Studien.

Kastell Pfünz
Alternativname Vetoniana
Limes ORL 73 (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 14
Datierung (Belegung) um 80 n. Chr.
höchstwahrscheinlich 233 n. Chr.
Typ Kohortenkastell
Einheit Cohors I Breucorum equitata civium Romanorum
Größe max. 189 (187) × 145 (144) m = 2,5 ha
Bauweise a) Holz-Erde
b) Steinkastell
Erhaltungszustand freigelegt und teilkonserviert
Ort Walting-Pfünz
Geographische Lage 48° 53′ 2″ N, 11° 15′ 50″ OKoordinaten: 48° 53′ 2″ N, 11° 15′ 50″ O
Höhe 425 m ü. NHN
Vorhergehend Kastell Weißenburg (nordwestlich)
Kleinkastell „In der Harlach“ (nordwestlich)
Anschließend Kastell Kösching (ostsüdöstlich)
Vorgelagert Kleinkastell Petersbuch (nordwestlich)
Kleinkastell Biebig (nördlich)
Kleinkastell Hegelohe (nördlich)
ORL 73a: Kastell Böhming (nordöstlich)
Kleinkastell Güßgraben ostnordöstlich

Lage und Forschungsgeschichte

 
Das Kastell mit seinem Limesumfeld
Datei:Kohortenkastell Vetoniana.svg
Das Kastell mit seinem näheren Umfeld nach den Befunden der RLK. Nach Fischer (2008) gab es an der Südseite nur einen Graben

In seiner Ausrichtung folgte das Kastell genau der Nord-Südrichtung. Im Norden und Osten konnte von den Türmen und Wehrmauern der talwärts liegende Pfünzer Bach, ein bereits damals dort befindlicher antiker Übergang und der angrenzende Talbereich überwacht werden. Außerdem befand sich in Pfünz eine zentrale Straßenkreuzung, unter anderem zum Kastell Weißenburg im Westen und zum nördlich am Limes gelegenen Kastell Böhming, das nach einem hölzernen Vorgängerbau 181 n. Chr in Stein neu ausgebaut worden ist. Der deutsche Ortsname Pfünz leitet sich von dem lateinischen pons (Brücke) ab. Neben diesen örtlichen Überwachungsaufgaben war Vetoniana auch für die Sicherung des in Luftlinie rund 10,2 km entfernten Limes zuständig und stellte vielleicht auch die Besatzung von Böhming.[1]

Der Flurname „Altkirchen-Feld“, auf dem das Kastell liegt, erinnerte nicht mehr an die alte Befestigung, sondern knüpfte an die Geschichte einer später hier aus römischem Ruinenmaterial errichteten Pfarrkirche an. Noch bevor die späteren Mitarbeiter der 1892 gegründeten Reichs-Limes-Kommission (RLK) im Jahr 1884 ihre Arbeiten in Pfünz aufnahmen, hatten bereits frühere Grabungen im Lagerdorf, dem Vicus, stattgefunden. Doch erst die Untersuchungen von Carl Popp, einem bayerischen Generalmajor, Friedrich Ohlenschlager, Hugo Arnold sowie Friedrich Winkelmann, einem Streckenkommissar der Reichs-Limes-Kommission, brachten ein umfassendes Bild der Geschichte dieses antiken Platzes. Die Grabungen von Pfünz waren zu ihrer Zeit die umfangreichsten im Bereich römischer Limeskastelle und Lagerdörfer und endeten 1900. Die besterhaltensten Teile Umwehrung wurden nach Abschluss der Arbeiten restauriert und sichtbar gemacht. Erst 1954/55 fand eine dringend notwendig gewordene Sicherung dieser Fundamente statt. 1960[2] wurde eine zurückhaltende Teilrekonstruktion an einigen Bauteilen ausgeführt, wie sie heute noch am Südosteckturm sichtbar ist. Der fortscheitende Verfall zog eine erneute Sanierung des Nord-, Süd- und Westtor zwischen 1987–88 mit sich.[3]

Heutiger Zustand

 
Rekonstruktionsversuch der um ein Stockwerk zu niedrigen Porta Praetoria auf den antiken Fundamenten. Blick vom Lagerinneren auf das Tor
 
Rekonstruktionsversuch des nordwestlichen Eckturms. Dieser trug in der Antike höchstwahrscheinlich ein Ziegel- oder Schindeldach

Ohne fachbezogene wissenschaftliche Mithilfe und ohne moderne archäologische Voruntersuchung[4] wurde zwischen 1992 und 1994 auf den antiken Mauerstümpfen in großflächiger, jedoch „wenig geglückter Art“[1] das Nordtor, der Nordwestturm und die dazwischenliegende Umwehrung nachempfunden.[5] Wie bei vielen fachlich nicht unterstützte Initiativen am Limes, einen nicht bekannten antiken Bestand zu ergänzen, wurden dabei teilweise verschiedene Befunde von anderen Kastellen, die in Pfünz nicht gemacht wurden, zusammengefasst. Da man beim Wiederaufbau gleichzeitig jedoch tatsächliche Befunde aus Pfünz nicht berücksichtigte, fehlt dem Nachbau nun das auch bei anderen Kastellen übliche Gesims an Tor und Mauer. Tor und Turm wurden zudem ein Stockwerk zu niedrig wiederaufgebaut und der Eckturm wird in der Antike mit einem Dach ausgestattet gewesen sein, obwohl man bei der RLK-Grabung dazu keinen Anhalt fand.[1] Somit gibt dieser Nachbau nur einen sehr frei interpretierte allgemeine Vorstellung von einem „römischen Kastell“. Ein wesentliches Erscheinungsmerkmal antiker Militärbauten ist ebenfalls nicht dargestellt. So trugen die Anlagen einen weißen Verputz, bei dem mit rotem Fugenstrich ein Quadermauerwerk vorgetäuscht worden ist.

Das Innere des Kastellgeländes wird bis heute landwirtschaftlich genutzt.

Baugeschichte

Vetoniana wurde möglicherweise bereits in der Spätzeit Kaiser Domitians um 90 n. Chr als Holz-Erde-Kastell im Zuge des Straßenbaus von Kastell Kösching (gegr. im Frühjahr 80) zum Kastell Weißenburg (gegr. um 90) errichtet. Dieser Straßenbau war notwendig geworden, da die Reichsgrenze in jener Zeit Richtung Norden vorgeschoben wurde. Die Ausgräber entdeckten von dem frühen Lager Spuren unter dem Süd- und Nordtor. Wie eine aus dem Torverband stammende, 1888 aufgefundene Bauinschrift an der Porta principalis sinistra deutlich macht,[6] wurde das Kastell während der Herrschaft von Kaiser Antoninus Pius (138–161) in Stein ausgebaut. Die Inschrift gibt jedoch keinen noch genaueren Zeitpunkt preis. Doch auch aufgrund der architektonischen Gestaltung der Principia ohne die später speziell im germanischen Raum übliche halbrund ausgeführte Apsis für das Fahnenheiligtum,[7] gilt eine Baudatierung in der ersten Hälfte der Regierungszeit von Antoninus Pius als ausgesprochen wahrscheinlich. Die Forschung geht anhand von Untersuchungen davon aus, dass der römische Kastellausbau in Stein einem allgemeingültigen Norm-Plan folgte, der den örtlichen Gegebenheiten sowie der vorgesehenen Mannschaftsstärke angepasst wurde. Die Cohors I Breucorum civium Romanorum, eine rund 608–640 Mann starke Mischeinheit aus Kavallerie und Infanterie (Cohors equitata), die als Stammbelegung für das Kastell Pfünz nachgewiesen ist, hat neben ihrem eigenen Kastell in Zusammenarbeit mit einer Bauabteilung der Legio III Italica im Jahr 181 auch das kleine Numeruskastell Böhming in Bayern nach Zerstörungen in den Markomannenkriegen neu errichtet. Nachdem die aus Regensburg stammende Legionseinheit Tore, Türme und Wehrmauern ausgeführt hatte, wurde die Innenbebauung von der Pfünzer Truppe erledigt. Die Nähe der Cohors I Breucorum zur Regensburger Legion ist zumindest für dieses Jahr belegt, da als Kommandant für die Pfünzer Einheit in der erhaltenen Böhminger Bauinschrift ein Centurio der Legio III Italica genannt wird.[8]

 
In situ erhaltener Radabweiser am südlichen Torturm
 
Der in den Jurafelsen gehauene Doppelspitzgraben an der Westseite des Kastells

Das Kastell Pfünz bildet im Grundriss ein verschobenes Rechteck (Parallelogramm) mit Ausmaßen von rund 189 (187) × 145 (144) Metern Seiten und umschloss rund 2,5 ha. Diese Fläche ist noch heute deutlich als erhöhter Wall erkennbar. Da die damaligen Geometer den Grundriss etwas verschoben festlegten, was vielleicht auf Gerätefehler zurückzuführen ist,[9] mussten sich die im Anschluss geplanten, weitgehend standardisierte Gebäude im Kastellinneren den damit verschobenen kreuzförmig zur Lagermitte zusammenlaufenden Hauptstraßen anpassen. Dabei drehte man die ergrabenen Gebäude jedoch nicht nur einfach, sondern plante sie gleichzeitig schiefwinklig. Wie bei den in diese Zeitstellung gehörenden Lagern üblich, besaß die Umwehrung runde Ecken in denen je ein Wachturm stand. Der 1887 ergrabene nordwestliche Eckturm war bei der Ausgrabung noch rund 50 cm hoch erhalten. Seine Mauerdicke betrug an der Außenseite rund 1,2 m, an den Flanken sowie an der dem Lager zugewandten Rückseite maßen die Ausgräber nur 0,85 bis 1,00 m.[3] Nach den Ausgrabungsbefunden hat es ansonsten nur einen Zwischenturm in der südöstlichen Retentura, der hinteren Lagerhälfte, gegeben. Alle vier Tore der Anlage sind mit einer Doppelzufahrt ausgestattet, die von zwei Tortürmen flankiert wird. Die das Kastell umlaufenden Doppelspitzgräben folgen den Rundungen der Kastellmauer und setzen an den vier Tordurchfahrten aus. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Lager im Süden nur einen Graben besessen hat. Der aber war dafür besonders breit und tief.[1] Von den ergrabenen Fundamenten der Principia (Stabsgebäude) in der Kastellmitte sind heute nur noch als leichte Erhöhungen im Gelände erkennbar. Neben den bereits erwähnten beiden Speicherbauten wurden bei den Grabungen noch eine Zisterne, zwei Holzgebäude und ein als Pferdestall gedeutetes Haus aufgedeckt. Als 1887 der heute rekonstruierte nordwestliche Eckturm freigelegt wurde, fand man die Mauern noch 0,50 m hoch erhalten vor. Seine Mauerdicke betrug außen 1,2 m und an den Seiten sowie an der dem Lagerinneren zugewandten Seite 0,85 bis 1,00 m. Bereits rund dreißig Jahre nach dem Steinausbau fand eine Generalsanierung des Kastells statt. Es wird diskutiert, ob sich zu diesem Zeitpunkt bereits Altersschwächen an den Gebäuden zeigten oder ob es sich bei der Bauinschrift für die Jahre 183/184 nicht doch um einen Hinweis handelt, der von der Beseitigung schwerer Schäden während der Markomannenkriege (166–180) berichtet.[10] Die Ausgräber hatten an den Toren zwei Zerstörungshorizonte beobachtet, wobei sie den unteren einem Markomannenangriff zuordneten. Aus einem unbekannten Grund wurde zu einem fraglichen Zeitpunkt an der Porta Principalis Sinistra (linken westlichen Seitentor) eine Zufahrt vermauert. Zumindest die letzte Zerstörung im 3. Jahrhundert, höchstwahrscheinlich bereits beim ersten Alamannensturm 233, geschah plötzlich und in Folge eines unerwarteten Angriffs auf das Kastell. Als Belege gelten neben der zweiten, mächtigen Brandschicht die Funde von drei im Ostturm des Südtores (Porta Decumana) an der Wand lehnende eiserne Schildbuckel.[11] Weitere Schildresten sollen auch vor dem Tor gefunden worden sein; des Weiteren hätten Skelette von vermutlich Erschlagenen im südlichen Torturm gelegen.[12] An der Südwestecke der Principia, dem Verwaltungsgebäude des Kastells, befand sich noch eine Eisenkette mit einem verschließbaren Ring, in dem noch der Unterschenkelknochen eines Gefangenen steckte. Durch den unerwarteten Angriff hatte man die Person nicht mehr aus dem Gefängnis befreien können und sie war mit den Principia verbrannt. Des Weiteren konnten zwei Pferdeskelette sowie vier Lanzenspitzen aus diesem Zerstörungshorizont in der zugemauerten Durchfahrt am Westturm geborgen werden.[13] Sowohl im Kastell Pfünz als auch im Kastell Niederbieber konnte der seltene Nachweis eines kämpfenden Untergangs der Kastellbesatzungen erbracht werden. Neben dem Kastell wurde auch der gesamte Vicus zerstört. Die gefundenen Münzreihen enden im Jahre 232 mit einem Denar des Kaisers Severus Alexander. Ein späterer Wiederaufbau sowie eine Neubelegung des Kastells bis zum endgültigen Limesfall um 260 konnten bisher nicht nachgewiesen werden.

Vor der Porta Praetoria (Nordtor) der Anlage, westlich der dort herausführenden Straße, entdeckten die Ausgräber ein 37 × 14 Meter großes Horreum (Speichergebäude). Neben dem im Kastellbereich aufgedeckten Speicherbau besaß Pfünz damit ein zusätzliches Lagerhaus.

Die Lagerruine wurde wie viele antike Stätten im Mittelalter als attraktiver Steinbruch angesehen. Unter anderem errichtete man aus ihrem Material 50 Meter vor der Nordostecke des Kastells die Pfarrkirche St. Nikolaus. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verlegte man diese Kirche in das nahegelegene Dorf. Das Gotteshaus verfiel; wurde im 19. Jahrhundert vollständig abgebrochen und sein Baumaterial erneut im Dorf verwendet. Aus der niedergelegten Nikolauskapelle stammt auch eine Weihealtar[14], der ab 1809 als Stufe vor einem Pfünzer Haus lag. Er ist dem provinzialen, aus Illyrien stammenden Gott Sedatus gewidmet und lautet:

Sedato
sacrum
coh(ors) I Bre(ucorum)
ex v(oto) s(olvit) l(ibens)
v(otum) s(olvit) c(uram) a(gente) Iul(io)
Maxim-
o dec(urione)

Übersetzung:

Sedatus geweiht. Die I. Kohorte der Breuker hat nach einem Gelübde froh und mit Freuden ihr Gelübde eingelöst unter der Führung des Dekurios Julius Maximus. Das Original dieser Inschrift befindet sich heute im römischen Museum Augsburg.

Bauinschriften

Die Bauinschrift aus den Herrschaftjahren von Kaiser Antoninus Pius (138 bis 161)[6] lautet:

Imp(eratori) Cae(sari) Tito
Ael(io) Hadr(iano)
Antonino
Aug(usto) Pio
coh(ors) I Br(eucorum) c(ivium) R(omanorum)

Übersetzung:

Für Kaiser Titus Aelius Hadrianus Augustus Pius. Die I. Kohorte der Breuker römischer Bürger.

Das Original dieser Inschrift befindet sich heute im Museum für Ur- und Frühgeschichte Eichstätt.

 
Abguss der Bauinschrift aus den Jahren 183/184

Die 183/184 n. Chr. erstellte Bauinschrift aus den Herrschaftjahren von Kaiser Commodus (180 bis 192) lautet: [15]

[Imp(eratori) Caes(ari)] M(arco) Aurel(io)
[Com[(modo)] Anto-
[nino Pio] Aug(usto) Germ(anico)
[Sarma]tic(o) co(n)s(uli) IIII
[coh(ors) I] Breuc(orum)
[Spicio] Ceriale
[leg(ato) Aug(usti)] pr(o) pr(aetore)

Übersetzung:

Für Kaiser Aurelius Commodus Antoninus Pius Augustus, dem Sieger über Germanen und Sarmaten, im vierten Konsulat. Die 1. Kohorte der Breuker unter Spicius Cerialis, kaiserlicher Statthalter mit Praetorrang.

Von einer dritten Bau- oder Ehreninschrift, die unter anderem Thomas Fischer mit einer Inspektionsreise von Kaiser Caracalla nach dessen Sieg über die Alamannen im Jahre 213 verbindet, blieben lediglich einige lose Bronzebuchstaben erhalten.[16][17] Auch aus den Kastellen Eining, Kösching Faimingen, Steinkirchen, Böbingen, Saalburg und Feldberg, Pförring, Oberhochstatt und Gnotzheim sind Steintafeln mit aufgesetzten Buchstaben bekannt.

Offiziere und Truppe

Drei Offiziere der Castra Vetoniana sind namentlich bekannt. Auf einem Grabstein in Nassenfels (Vicus Scuttariensium) wird überliefert, dass dort der Pfünzer Kommandeur (Praefectus cohortis) Puplius Crepereius Verecundianus seine junge Frau Valeria Honorata zu Grabe trug. Die Inschrift lautet:

Dis Ma-
nibus
Valeriae
Honora-
tae P(ublius) Cre-
perei(us) Ve-
recundi(anus) praef(ectus)
coh(ortis) I Breu(corum) uxori

Übersetzung:

Den Tötengöttern. Valeria Honorata, die Frau des Puplius Crepereius Verecundianus, Kommandeur der 1. Kohorte der Breuker.

Leider erwähnt die Inschrift keine Jahreszahl. Aus der bereits erwähnten Bauinschrift des Kastells Böhming geht hervor, dass der Centurio Aelius Fortis im Jahre 181 Kohortenführer in Pfünz gewesen ist. Daneben ist für den berittenen Teil der Truppe der Dekurio Julius Maximus aus der oben genannten Weiheinschrift bekannt.

Die einzige in Pfünz nachgewiesene Truppe, die Cohors I Breucorum civium Romanorum, war allem Anschein nach die einzige Kohorte, welche dieses Kastell dauerhaft belegt hat. Die Einheit trug zeitweise Ehrentitel wie Valeria Victrix und torquata ob virtutem appelata. In einigen Inschriften aus Pfünz[18][19] wird sie auch Cohors I Breucorum Antoniniana genannt.

Weiheinschrift

Aus dem vorgelagerten Kastell Böhming ist eine Weiheinschrift bekannt, die von der in Pfünz liegenden Cohors I Breucorum stammt und vielleicht nach Abschluss einer erfolgreichen Militäraktion aufgestellt worden ist. (Belegstelle: IBR 00290)

] Fo[r]-
[tuna]e Red(uci)
[coh(ors) I Br(eucorum)] Anto(niniana)
v(otum) [s(olvit) l(ibens)] l(aetus) m(erito)
Laeto II co(n)[s(ule)]

Vicus, Tempel und Handwerkerviertel

 
Die aus dem Südtor laufende Straße führte zur Donau. Der sich links und rechts des erhaltenen Straßendammes erstreckende Vicus reichte ungefähr bis zum heutigen Waldrand

Ein besonderes Augenmerk richteten die Ausgräber auf den zivilen Bereich des im Zuge der Wehranlage errichteten Lagerdorfes, des vicus, sowie das angrenzende Gräberfeld. Es wurde festgestellt, dass sich das hinter dem Südtor beginnende Lagerdorf rund 400 Meter in südliche Richtung ausbreitete. Man erkannte 137 Objekte, zumeist gemauerte Überreste der für obergermanisch-rätische Limeskastelle typischen Langhäuser, von Kellern, Gruben und Zisternen, die sich entlang der Straße nach Süden reihten. Von Bedeutung war die Aufdeckung dreier Tempelanlagen. Ein gallo-römischer Bau vor dem Südtor war Jupiter Dolichenus, einem kleinasiatischen Soldatengott, geweiht. Man fand Votivtäfelchen mit der Inschrift Iovi Optimo Maximo Dolicheno. Der zweite Tempel, eine Rundanlage mit drei Kultnischen, befand sich am Südende des Lagerdorfs. Die dort verehrten drei Gottheiten können nur vermutet werden. Südöstlich des Brandgräberfeldes, das gegenüber dem Dreinischentempel entlang der Straße lag, wurde der dritte, recht kleine Tempel mit Vorhalle und Cella ausgegraben.

Einen von der Reichs-Limes-Kommission nicht mehr in die Veröffentlichungen aufgenommenen Bereich des Vicus stellt das Handwerkerviertel dar. Es befand sich im Osten des Kastells an der Talsohle zwischen Pfünzer Bach und dem zum Kastellplateau führenden Steilhang. Die nie vollständig veröffentlichten Grabungsbefunde zu diesem Grabungssektor umfassten drei Töpferöfen, Eisenschmelz- und Schmiedeöfen, Gebäudereste, Zisternen, Brunnen, Abfallgruben und weiteres.

 
Die von Friedrich Winkelmann im ausgehenden 19. Jhr. untersuchte Therme

Nördlich der Eisenschmelze, ebenfalls im Tal und direkt unterhalb des Osttores gelegen, konnten die gut erhaltenen Fundamente eines groß dimensionierten Kastellbades, dessen Bodenbelag aus ansprechendem Solnhofener Plattenkalk[20] bestand, freigelegt werden, das vom Kastell aus über einen Serpentinenweg erreichbar gewesen ist.

Von all diesen Grabungen ist heute nichts mehr oberirdisch sichtbar.

Mit dem Alamannensturm, höchstwahrscheinlich schon 233, wurde auch der Vicus und die Infraktruktur des Platzes zerstört. Der schlagartige, verheerende Angriff führte dazu, dass die Bewohner nicht einmal die Zeit fanden, ihre Wertgegenstände zu verstecken. Eine Plünderung der vielfach kostbaren Gegenstände durch die Alamannen fand entweder nur oberflächlich oder überhaupt nicht statt. So wurden im Schutt des Jupiter-Dolichenus-Tempels, eng aneinanderliegend, Schmuckstücke und Geld gefunden: Neben einem Tongefäß, dass mit einer Schieferplatte abgedeckt war, wurden zwei Armreifen, ein Karneol ohne Fassung, ein Fingerring mit Karneol sowie 94 Silbermünzen entdeckt. Daneben lagen die Überreste eines Menschen, der versucht hatte, die Wertgegenstände zu retten.

Neben diesem kleinen Schatz entdeckten die Ausgräber vollständige, zum Teil hochwertige Militaria (Paraderüstungen, Reiterhelme, Waffen), Bronzegefäße, Werkzeuge und weiteren Schmuck. Ein weiteres bedeutendes Fundstück ist ein bisher äußerst selten geborgenes Feldvermessungsgerät (Groma)[21], das Friedrich Winkelmann 1885 in einem 9 × 23 Meter großen Speicherbau nahe der Principia entdeckte.

Durch das Auffinden der genannten Gegenstände und der Tatsache, dass im Vicus zusätzlich Hohlziegel und Heizkacheln für Fußbodenheizungen sowie Terra sigillata entdeckt wurden, konnte darauf geschlossen werden, dass es in Pfünz durchaus wohlhabendere Bevölkerungsschichten gegeben haben muss, die sich gewisse römische Annehmlichkeiten leisten konnten.

Gräberfeld

Das südlich des Lagerdorfs gelegene Brandgräberfeld konnte in einer Länge von 70 Metern erschlossen werden. Noch weiter südlich wurden außerdem zwei Grabhügelgruppen, bestehend aus sieben Hügelchen als mit Sicherheit römerzeitlich gedeutet.

Fundgut

Militaria

Hervorzuheben sind aus dem Brandschutt des Stabsgebäudes geborgene, vielfältige Bruchstücke von Turnier- bzw. Paraderüstungen, die höchstwahrscheinlich mit dem Zerstörungsjahr 233 in den Boden gekommen sind. Dazu gehört das mit Akanthusranken verzierte Fragment eines kurzen Nackenschutzes.[22]

Terra Sigillata

Insgesamt lagen bis zu Beginn der 1960er Jahre 337 Bruchstücke dieses in keinem gehobenen Haushalt der römischen Antike fehlenden Geschirrs aus Kastell, Vicus und Gräberfeld vor. Sie waren mit den damals bereits bestimmbaren 319 Rheinzabernern Bilderschüsselfragmenten aus Köngen verglichen worden.[23] An in Pfünz aufgefundener Terra Sigillata wurden Stempel des Primitivus (Gruppe II c) und des Julius II-Julianus I (Gruppe III a), ausgemacht, die beide in Rheinzabern ihre Werkstätten hatten. Primitivus-Ware fand sich auch an anderen Orte Rätiens wie in der um 200 eröffneten Manufaktur Schwabegg an der Fernstraße von Augusta Vindelicum (Augsburg) nach Cambodunum (Kempten). Dort wurden sogar 19 Formschüsselpunzen des Rheinländers abgeformt bzw. übernommen. Da Pfünz 233 n. Chr. nach heutigem Wissensstand wohl endgültig zerstört worden ist, waren beide Sigillata-Manufakturen wohl schon im ersten Drittel des 3. Jahrhunderts in Betrieb.[24] Hans-Günther Simon stellte 1962 fest, dass die Produktionen der beiden Hersteller wohl über die Zeit der Zerstörung von Pfünz hinausreichten.[25] In Pfünz wurde außerdem Sigillata eines Dagodu(b)nus gefunden. Dessen Produktionsstätte ist noch unbekannt und könnte entweder im gallischen Lezoux bei Clermont-Ferrand oder in Rheinzabern liegen.[26] Beides waren Manufakturzentren der Sigillata-Herstellung. Ware von Dagodubnus taucht auch in Regensburg, Kösching und Großbritannien auf.

Modius

Seit seiner Auffindung wurde ein eiserner Stab, auf dem noch ein gleichschenkeliges, einst drehbares Kreuz saß, als Überrest einer zweiten Pfünzer Groma gedeutet. Letztendlich waren die Überlegungen des Archäologen Dietwulf Baatz ausschlaggebend dafür, den eisernen Gegenstand als Überrest eines Modius (Scheffel), eines römischen Getreidemaßes von rund 8 Liter, aus dem frühen 3. Jahrhundert anzusehen. Zu dieser Feststellung passt auch die Tatsache, dass die Gerätschaft bei den Grabungen der RLK im Horreum aufgefunden worden ist. Der Modius wurde als Hohlmaß für trockenes Schüttgut, beispielsweise Getreide, verwendet. Er bestand in Pfünz aus einem hölzernen zylindischen oder kegelstumpfförmigen hölzernen Körper, der aus einzelnen Faßdauben zusammengefügt war. In der Mitte von dessen Bodenplatte wurde der erhaltene Eisenstab befestigt. Das drehbare Kreuz diente dazu, das über den Rand zu hoch gehäufte Schüttgut abzustreichen und so ein „gestrichenes Maß“ zu erhalten.[27] Ein vergleichbarer Modius des späten 1. Jahrhunderts, jedoch vollständig aus Metall gefertigt und mit Mengenangaben versehen, wurde am Hadrianswall beim Kastell Carvoran gefunden. Als Monatsration erhielt ein Infanterist 4 Modii Weizen, (rund 27 kg) zugeteilt, was eine tägliche Ration von rund 0,9 kg bedeutete. Das Getreide wurde von den Soldaten in den Mannschaftsquartieren selbständig auf einer kleinen Handmühle gemalen und zu Brot oder Brei verarbeitet. Einem römischen Kavalleristen standen nach Polybios 12 Modii Weizen und 42 Modii Gerste zu. Mit der doppelten Ration Weizen konnten sie den ihnen zugeteilten Reitknecht (Calo) mitversorgen, während die Gerste für das Pferd vorgesehen war.[28]

Denkmalschutz

Das Kastell Pfünz und alle anderen hier genannten Limesbauwerke sind als Abschnitt des Obergermanisch-Raetischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind das Kastell und der Vicus Bodendenkmale nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-786-12347-0, S. 308ff.
  • Thomas Fischer, in: Wolfgang Czysz u. a.: Die Römer in Bayern. Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-11-6, S.500f.
  • Thomas Fischer: Kastelle Ruffenhofen, Dambach, Unterschwaningen, Gnotzheim, Gunzenhausen, Theilenhofen, Böhming, Pfünz, Eining. In: Jochen Garbsch (Hrsg.): Der römische Limes in Bayern. 100 Jahre Limesforschung in Bayern. Ausstellungskataloge der Prähistorischen Staatssammlung 22, 1992, 37 ff.
  • Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2, S. 94 ff.
  • Wolfgang Czysz: Eine Töpferei von Terra-Sigillata- Gefäßen bei Schwabegg, Landkreis Augsburg, Schwaben. In: Das Archäologische Jahr in Bayern, 1980.

Grabungsbericht der Reichs-Limes-Kommission:

Einzelnachweise

  1. a b c d Thomas Fischer, Erika Riedmeier Fischer: Der römische Limes in Bayern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008. ISBN 978-3-7917-2120-0. S. 139 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Fischer2008“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  2. Walter E. Keller, Walter Grabert M.A.: Die Römer am Limes. 5. überarbeitete Auflage, Verlag Walter E. Keller, Treuchtlingen 1998, ISBN 3-924828-49-0, S. 71
  3. a b Karl Zecherle: Geschichte des Kastells Pfünz bei Eichstät. In: Schönere Heimat, Nr. 2/92. Mitgliederzeitschrift des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, 1992. S. 82-86.
  4. Hartwig Schmidt: Archäologische Denkmäler in Deutschland – Rekonstruiert und wieder aufgebaut, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1395-X, S. 109
  5. Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel: Der Limes, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1461-1, S. 136.
  6. a b CIL 03, 11930. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Bauinschrift“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  7. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 112.
  8. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 58.
  9. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 54.
  10. Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel: Der Limes, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1461-1, S. 135
  11. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2, S. 99.
  12. Thomas Fischer, in: Die Römer in Bayern, S. 501.
  13. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2, S. 98ff.
  14. CIL 03, 05918
  15. CIL 03, 11933
  16. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0-351-2
  17. Barbara Pferdehirt: Die Keramik des Kastells Holzhausen. Limesforschungen 16, Mann, Berlin 1976. ISBN 3-7861-1070-0. S. 18
  18. CIL 03, 11935
  19. CIL 03, 06530
  20. Britta Rabold, Egon Schallmayer, Andreas Thiel: Der Limes, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-8062-1461-1, S. 120.
  21. Walter E. Keller, Walter Grabert M.A.: Die Römer am Limes. 5. überarbeitete Auflage, Verlag Walter E. Keller, Treuchtlingen 1998, ISBN 3-924828-49-0, S. 71
  22. Marcus Junkelmann: Reiter wie Statuen aus Erz. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1996, ISBN 3-8053-1819-7, S. 36.
  23. Hans-Günther Simon: Terra sigillata aus Köngen. In: Hartwig Zürn: Festschrift Wolfgang Kimmig, E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1971. ISBN 3-510-49019-3 . S. 258.
  24. Barbara Pferdehirt: Die Keramik des Kastells Holzhausen. Limesforschungen 16, Mann, Berlin 1976. ISBN 3-7861-1070-0. S. 20ff.
  25. Fundberichte aus Baden-Württemberg, Konrad Theiß Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-806217270. S. 724.
  26. Andrea Faber: Das römische Auxiliarkastell und der Vicus von Regensburg-Kumpfmühl, C.H. Beck Verlag, München 1994, ISBN 3406356427. S. 372, Marginalie.
  27. Dietwulf Baatz: Groma oder Modius? Zu einem Fund aus dem Limeskastell Pfünz. Bayerische Vorgeschichtsblätter 59, 73-83, C.H. Beck, München 1994.
  28. Marcus Junkelmann: Panis militaris – Die Ernährung des römischen Soldaten oder der Grundstoff der Macht, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1997. ISBN 3-8053-2332-8. S. 90ff.