Karlheinz Schreiber
Karlheinz Schreiber (* 25. März 1934 in Petersdorf/Thüringen) ist ein deutscher Kaufmann und ehermaliger Rüstungslobbyist, der an mehreren politischen Affären beteiligt war. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren in der CDU-Spendenaffäre um Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble sowie im Prozess gegen Max Strauß. Gegen ihn wird wegen Bestechung, Beihilfe zur Untreue, gemeinschaftlichen Betrugs und Steuerhinterziehung ermittelt.
Leben
Schreiber ist Sohn eines Polsterers und wuchs in Hohegeiß im Harz auf. Nach Kriegsende absolvierte er nach seinem Schulabschluss in einem Braunschweiger Textilhaus eine Ausbildung zum Verkäufer. Nach einem Umzug nach München wurde Schreiber Geschäftsführer einer Teppichfirma und übernahm später eine Straßenmarkierungsfirma. Über den Wirtschaftsbeirat der CSU fand er Kontakt zu Franz Josef Strauß, dessen Vertrauter er wurde. Bis zum 5. November 2003 war Schreiber Mitglied der CSU.
Schreiber begann, Aufträge für Hubschrauber, Airbusflugzeuge und Spürpanzer zu vermitteln, und knüpfte Verbindungen zwischen Thyssen und der bayerischen Staatskanzlei. Zum Bundesnachrichtendienst soll er ebenfalls gute Kontakte gehabt haben. In den 1980er Jahren erhielt er von Thyssen für Rüstungsprojekte rund 15 Millionen Euro Provision. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg verteilte er das Geld über Tarnkonten und Firmen an Industrielle und Politiker.
Schreiber ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Maxwell-Affäre
→Hauptartikel Maxwell-Affäre
Schreiber war langjährig ein herausgehobenes CSU-Mitglied, bedingt durch sein besonderes langjähriges Vertrauensverhältnis zu Franz-Josef Strauß bzw. seiner Nähe zur Familie Strauß. Im Familienunternehmen F.M.S. Investments Ltd. (Franz und Marianne Strauß) war Schreiber bis 1996 zusammen mit Max Strauß Direktor. Gegen Schreiber wurde ein Ermittlungsverfahren eröffnet infolge dessen sein Haus in Kaufering durchsucht wurde. Nach dem Tod der Eltern waren Monika Hohlmeier und Franz Georg Strauß Inhaber der Firma. In seinem mehrfach ausschnittsweise veröffentlichten Terminplaner fanden sich neben Geldsummen die mit Decknamen bezeichneten Empfänger (mutmaßlich z. B. „Maxwell“ für Max Strauß) auch die Namen weiterer lokaler Persönlichkeiten, z. B. des früheren Landrats (Landkreis Landsberg) und Bezirkstagspräsidenten (Bezirkstag von Oberbayern) Erwin Filser und anderer.
CDU-Spendenaffäre
→ Hauptartikel CDU-Spendenaffäre
Unter anderem erhielt der ehemalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep von Schreiber in der Schweiz eine Million D-Mark, die in die Parteikasse der CDU flossen. Kiep, zwei Thyssen-Manager - Jürgen Maßmann und Winfried Haastert - und der damalige Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls wurden wegen Bestechlichkeit verurteilt.
Aufmerksamkeit erzielte unter anderem der Umstand, dass Wolfgang Schäuble von Schreiber 100.000 DM entgegen nahm. Der Verbleib dieser Zahlung konnte bis heute nicht geklärt werden. Weitere Spendenbeträge konnten zum Teil von der CSU noch nachträglich legalisiert werden.[1]
Außerdem hat der Rüstungslobbyist Schreiber den Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls mit 3,8 Mio. D-Mark (umgerechnet etwa 1,9 Mio. Euro) bestochen, um eine schnelle Lieferung von „Fuchs”-Panzern nach Saudi-Arabien zu ermöglichen. Pfahls befand sich von 1999 bis Juli 2004 auf der Flucht, als er schließlich in Paris verhaftet wurde. Nach dem umfassenden Geständnis im August 2005 nach einem Handel mit der Staatsanwaltschaft verurteilte ihn das Landgericht Augsburg zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft wegen Vorteilsnahme und Steuerhinterziehung. Da Pfahls die Untersuchungshaft im Ausland angerechnet wurde, galt bei der Augsburger Urteilsverkündung die Strafe als verbüßt und er verließ das Gericht als freier Mann. Eine der vielen offenen Fragen rund um die CSU-Spendenaffären ist, warum Pfahls sich angesichts des geringen ihm nachgewiesenen Straftatumfangs anfangs derart bemühte, für die Ermittlungsbehörden spurlos verschollen zu bleiben.
Flucht nach Kanada
Im Oktober 1995 setzte sich Schreiber nach einer Hausdurchsuchung von seinem Heimatort Kaufering nach Pontresina in die Schweiz ab. Im September 1997 erließ das Amtsgericht Augsburg Haftbefehl wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung.
Schreiber, der neben der deutschen auch die kanadische Staatsangehörigkeit besitzt, flüchtete 1999 nach Ottawa in Kanada und wurde per internationalem Haftbefehl gesucht. Am 31. August 1999 wurde er in Toronto gefasst, die deutsche Justiz beantragte seine Auslieferung. Am 8. September 1999 kam Schreiber gegen eine Kaution von 1,2 Millionen kanadischen Dollar (740.000 Euro) auf freien Fuß. Die Kaution wurde von Schreibers Frau Barbara, einem Mövenpick-Manager, sowie dem ehemaligen kanadischen Finanzminister Marc Lalonde und Elmar MacKay, einem Vertrauten des früheren kanadischen Premierminister Brian Mulroney gestellt. [2] Die Staatsanwaltschaft Augsburg erhob am 9. März 2000 Anklage gegen Schreiber wegen Bestechung, Beihilfe zur Untreue, gemeinschaftlichem Betrug und Steuerhinterziehung. Schreiber weigerte sich jedoch, ohne Zusicherung freien Geleits vor Gericht in Augsburg zu erscheinen.
Gegen eine drohende Auslieferung wehrte sich Schreiber seit 1999 mehrfach mit juristischen Mitteln. Am 8. März 2006 gab das höchste Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario in Toronto bekannt, dass die Berufung Schreibers gegen die Auslieferungsentscheidung des kanadischen Justizministeriums vom Oktober 2004 abgelehnt wurde. Schreibers Anwalt gab nach der Entscheidung bekannt, dass der Fall vor den Supreme Court of Canada, vergleichbar dem deutschen Bundesgerichtshof, gebracht werde. Die von drei Amerikanern eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen das Auslieferungsgesetz Kanadas wurde im Juli 2006 jedoch abgewiesen. Die juristischen Möglichkeiten Schreibers, sich einer Auslieferung an die Bundesrepublik Deutschland zu entziehen, hatten sich somit praktisch erschöpft.
Am 8. Juli 2005 beschloss der Bundesrat eine Verschärfung der Verjährungsregeln („Lex Schreiber“), in der die Verjährung von Straftaten ruht, solange sich der Beschuldigte im Ausland aufhält und die deutschen Behörden seine Auslieferung betreiben.
Anfang Februar 2007 befand sich Schreiber in kanadischer Auslieferungshaft. Nach Informationen der Augsburger Allgemeinen kam Schreiber zwischenzeitlich wieder auf freien Fuß. Das höchste Berufungsgericht der kanadischen Provinz Ontario entließ ihn am Donnerstag, dem 8. Februar 2007, aus der Auslieferungshaft, jedoch wurde er Anfang Mai 2007 wieder inhaftiert. Am 10. Mai 2007 scheiterte Schreibers Einspruch gegen die Auslieferung an diesem Berufungsgericht.
Untersuchungsausschuss gegen Mulroney
Am 24. März 2007 brachte er im Zuge seiner Verwicklung in der sogenannten „Airbus-Affäre“ eine Klage beim Obersten Gericht der kanadischen Provinz Ontario gegen Brian Mulroney, den ehemaligen konservativen Premierminister von Kanada, wegen Vertragsbruches ein. Er behauptete, Mulroney hätte ihm zwischen 1993 und 1994 versprochen, finanzielle und politische Hilfe gegen Zahlung von 300.000 CAD für den Bau einer Transportpanzerfabrik in Québec zu leisten. Mulroney soll diese Hilfe aber nicht gewährt haben.
Seine Klage bezüglich seiner Auslieferung wurde von einem Bundesrichter in Halifax am 11. Juni 2007 zurückgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt blieb ihm als einziges Rechtsmittel nur noch ein Einspruch am obersten Gerichtshof von Kanada, welcher zunächst im Oktober 2007 zurückgewiesen wurde.[3]
Am 5. November 2007 reichte Schreiber durch seinen Anwalt Edward Greenspan eine Erklärung beim Obersten Gericht Ontarios ein. Die Erklärung enthielt einige Vorwürfe, u. a. den, dass Mulroney noch im Amt war, als er den Vertrag beschlossen habe, und dass der jetzige konservative Premierminister Stephen Harper durch Mulroney einen Brief von Schreiber erhalten haben soll. Diese Äußerungen sorgten für großen Wirbel in den Medien. Harper berief einen Untersuchungsausschuss, versprach seine Zusammenarbeit und verbot den Kontakt zwischen Mitgliedern der Fraktionssitzung und Mulroney während der Untersuchung. Am 13. November 2007 berief Harper eine unabhängige Untersuchungskommission, nachdem Mulroney diese persönlich gefordert hatte.[4]
Am 15. November 2007 scheiterte Schreibers Antrag für die Aufhebung des Auslieferungsbefehls. Der kanadische Justizminister Rob Nicholson sicherte aber einen Aufschub bis zum 1. Dezember zu. Es blieb Schreiber eine letzte Möglichkeit, den Auslieferungsbefehl beim Obersten Gerichtshof anzufechten, sofern der Gerichtshof seinen Antrag überhaupt annimmt.[5] Am 30. November 2007 gewährte das Berufungsgericht der Provinz Ontario Schreiber eine weitere Frist, um erneut vor dem Obersten Gerichtshof gegen seine Ausweisung nach Deutschland vorgehen zu können. Am 4. Dezember 2007 entschied das Berufungsgericht der Provinz Ontario, Schreiber gegen eine Kaution von 1,3 Millionen kanadischen Dollar vorerst wieder freizulassen.[6]
Im April 2009 sagte Schreiber vor dem kanadischen Untersuchungsausschuss unter Eid aus, dass er 1988 über den später in Deutschland verurteilten Thyssen-Manager Winfried Haastert 500.000 kanadische Dollar an die SPD geleitet habe, jedoch dafür keinen Quittungsbeleg habe. [7] Schreiber drohte zudem mehrfach mit weiteren Enthüllungen insbesondere Richtung der Unionsparteien im Falle seiner Auslieferung. [8]
Auslieferung nach Deutschland
Anfang Juli 2009 scheiterte Schreiber zum vierten Mal an einem Gericht in Ontario mit seinem Vorhaben, Widerspruch gegen die Auslieferungsentscheidung aus dem Jahr 2004 zu erwirken. Damit stand ihm keine erneute gerichtliche Überprüfung seiner Auslieferung zu. Bis 31. Juli 2009 trat Schreiber in Kanada als Kronzeuge im Ermittlungsverfahren gegen Brian Mulroney auf.[9]
Am 3. August 2009 wurde Schreiber nach Deutschland ausgeliefert und in Untersuchungshaft genommen. Am 4. August 2009 wurde Schreiber der Haftbefehl eröffnet.[10] Anklage soll laut der zuständigen Staatsanwaltschaft Augsburg zügig erfolgen, aber erst nach der Bundestagswahl 2009. [11]
Weblinks
- Internetpräsenz Karlheinz Schreibers (englisch)
- Schreiber v. Canada (Attorney General), [2002] 3 S.C.R. 269, 2002 SCC 62
- Schreiber v. Canada (Attorney General), [1998] 1 S.C.R. 841
- Der Mann, der Millionen verteilte, Die Zeit
Siehe auch
Literatur
- John Goetz, Conny Neumann, Oliver Schröm: Allein gegen Kohl, Kiep & Co.. Ch. Links Verlag 2000, ISBN 3861532174. online
Einzelnachweise
- ↑ Bekanntmachung von Rechenschaftsberichten der politischen Parteien für das Kalenderjahr 1999 (1. Teil – Bundestagsparteien) (Seite 184)
- ↑ Allein gegen Kohl, Kiep & Co, Ch. Links Verlag, 2000 (online), (S. 135: Kaution)
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Urteil in Kanada – Schreiber scheitert erneut vor Gericht, 4. Oktober 2007
- ↑ The Globe and Mail: Harper calls public inquiry as RCMP to probe affidavit, 14. November 2007
- ↑ AFP: Karlheinz Schreiber unterliegt im Kampf gegen Auslieferung, 16. November 2007
- ↑ Financial Times Deutschland: Schreiber vor Freilassung auf Kaution, 4. Dezember 2007
- ↑ „Schreiber belastet SPD“ Spiegel Online von 8. August 2009
- ↑ „Union trotzt dem Schreiber-Showdown“ Spiegel Online vom 3. August 2009
- ↑ vgl. Waffenlobbyist Schreiber bald in Deutschland? bei tagesschau.de, 11. Juli 2009
- ↑ Haftbefehl gegen Ex-Waffenlobbyist Schreiber eröffnet
- ↑ Justiz will Waffenlobbyisten Schreiber schnell anklagen Spiegel Online vom 3. August 2009
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Schreiber, Karlheinz |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Waffenhändler |
| GEBURTSDATUM | 25. März 1934 |
| GEBURTSORT | Petersdorf (Thüringen) |