Systemtheorie

interdisziplinäre Betrachtungsweise komplexer Systeme, ohne einheitlichen Theorie-Ansatz
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Systemtheorie ist ein interdisziplinäres Erkenntnismodell, in dem Systeme zur Beschreibung und Erklärung unterschiedlich komplexer Phänomene herangezogen werden. Um Vorhersagen über das Verhalten dieser Systeme treffen zu können, werden Strukturen und Funktionen analysiert, wobei die Funktionsweise durch Regelkreisschemata beschrieben wird. Aufgrund des formalen Aufbaus lassen sich die meisten Systemmodelle mathematisch abbilden.

Die Begriffe der Systemtheorie werden in verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen angewendet. Die Systemtheorie will physikalische, biologische, psychische und soziale Phänomene erklären. In die Systemtheorie fließen Erkenntnisse aus Informatik, Physik, Biologie, Logik, Mathematik, Neurophysiologie, Ethnologie, Soziologie, Semiotik und Philosophie ein, wobei systemtheoretische Begriffe auf alle diese Wissenschaftszweige zurückwirken. Die Systemtheorie ist keine eigene Disziplin, sondern eher ein spezifischer fächerübergreifender Diskurs.

Dabei gibt es eigentlich nicht eine "Systemtheorie", sondern eher eine Vielzahl unterschiedlicher Systemdefinitionen. Es hat sich jedoch heute ein relativ stabiles Set an Begriffen und Theoremen herausgebildet, auf das der systemtheoretische Diskurs rekurriert.

Der Begriff Allgemeine Systemtheorie geht auf den Biologen Ludwig von Bertalanffy zurück. Seine Arbeiten bilden zusammen mit der Kybernetik (Norbert Wiener, William Ross Ashby) und der Informationstheorie (Claude Shannon, Warren Weaver) die grundlegenden Überlegungen dieses Wissenschaftsansatzes. Weitere wichtige Theorien stammen von Humberto Maturana und Francisco Varela (Autopoiesis), Stuart Kauffman (Selbstorganisation), Bronislaw Malinowski und Alfred Radcliffe-Brown (Funktionalismus) sowie Talcott Parsons (Strukturfunktionalismus oder Systemfunktionalismus) und Niklas Luhmann (soziologische Systemtheorie).


Ausprägungen und Varianten

Die Systemtheorie beruht auf drei unabhängig voneinander entwickelten Ansätzen, die später vermischt und erweitert wurden:

Systemlehre (L. von Bertalanffy)

Die Systemlehre behandelt offene Systeme, sie wurde als allgemeine Naturwissenschaft des Lebens konzipiert.

Kybernetik (N. Wiener)

Die Kybernetik behandelt Mechanismen. Sie wurde als Regelungs- und Kommunikationstheorie konzipiert.

soziologischer Funktionalismus (T. Parsons)

Der soziologischer Funktionalismus behandelt Gesellschaften, als eigenständige Entitäten, statt als Anhäufungen von Menschen. [[]]


Die Hauptrichtungen haben Vorläufer, Unterabteilungen, Entwicklungen, Anwendungen in den Fachdiziplinen. Hier gibt es eine Uebersicht. Die einzelnen Ansätze werden unten und/oder in eigenen Artieln behandelt.

Erweiterungen der Systemlehre:

zb Uexküll (da kenne ich mich nicht so gut aus)

Erweiterungen der Kybernetik:

Die Kybernetik beruht auf der Informationstheorie. Es gibt generelle und fachspezifische Auspägungnen.

Generelle Eweiterungen der Kybernetik:

Systemtheorie 2. Ornung, Autopoiesis, Selbstorganisation, radikaler Konstruktivismus

Die Systemtheorie 2. Ornung...

Die Autopoiesis...

Die Systemtheorie 2. Ornung...

Der Radikale Konstruktivismus wurde von Ernst von Glasersfeld entwickelt. Er hat dabei die Arbeiten von Jean Piaget radikal interpretiert und kybernetisch reformuliert.

Fachspezifische Erweiterungen der Kybernetik:

Technologische Kybernetik (Automatik , Informatik, Systemtheorie der Technik)

Biologische Kynbernetik (biologische Autopoiesis, Biokybernetik)

Sozietal Kybernetik (Sozialkybernetik


sozietale Autopoiese (N.Luhmann)


verwandte Gebiete

Informationstheorie

Systemdynamics Foresster

Chaostheorie

Systemisches Denken

Systemische Therapie



Konkrete Ausprägungen

(noch unsortiert, die Eintäge werden noch zugeordnet)

Das Ziel der Medizinischen Systemtheorie ist es, die komplexen Zusammenhänge des physischen Systems und deren spezifische vernetzte Funktionsweise besser zu verstehen. Dabei werden physiologische Dynamiken im gesunden und erkrankten Organismus identifiziert und systemtheoretisch modelliert.

Die Dialektische Systemtheorie geht davon aus, dass der Begriff System, verstanden als ein strukturiertes Ganzes, für die Wissenschaft als konstitutiv verstanden werden muss. Als Gegenbegriff des Systems wird das Chaos gesetzt. Der so verstandene Systembegriff und die Leitunterscheidung System und Chaos werden vor allem bei Kant und Hegel formuliert.

Der soziologische Systembegriff geht auf Talcott Parsons zurück. Parsons betrachtet dabei Handlungen als konstitutive Elemente sozialer Systeme (handlungstheoretische Systemtheorie). Sein Schüler Niklas Luhmann geht dagegen unter Verwendung des Informationsbegriffs davon aus, dass Kommunikationen die basalen Operationen eines Systems sind (kommunikationstheoretische Systemtheorie). Auf dieser Basis beschreibt er Gesellschaft als Kommunikationssystem mit funktional ausdifferenzierten Subsystemen. Leitdifferenz ist für ihn dabei die Unterscheidung von System und Umwelt. Einen solchen binären Code zur Strukturierung der Kommunikationen versucht er in der Beschreibung aller gesellschaftlicher Subsysteme zu identifizieren, indem er die spezifischen Diskurse des jeweiligen Systems untersucht (z.B. Recht/Untrecht im Rechtssystem, Wahr/Falsch im Wissenschaftssystem oder Zahlen/Nichtzahlen im Wirtschaftsystem, Glauben/Nichtglauben im Religionssystem, Regierung/Opposition im politischen System). Wichtige, kommunikativ erzeugte Unterscheidungen sind für ihn etwa Zentrum/Peripherie, Interaktion/Organisation, Stratifikation/funktionale Differenzierung. Die soziologische Systemtheorie ist konstruktivistisch und basiert auf der Theorie operativ geschlossener Systeme.

Katastrophentheorie/Systemdynamik

Hauptartikel: Konnektionismus
Konnektionismus versteht ein System als Wechselwirkungen vieler vernetzter, einfacher Einheiten. Die meisten konnektionistischen Modelle beschreiben die Infomationsverarbeitung in Neuronennetzen. Sie bilden eine Brücke zwischen biologischer Forschung und technischer Anwendung.

Hauptartikel: Komplexitätstheorie

Hauptartikel: Chaostheorie

Die Chaostheorie beschäftigt sich mit bestimmten nichtlinearen dynamischen Systemen, die eine Reihe von Phänomenen aufweisen, die man Chaos nennt. Eines dieser Phänomene ist der Schmetterlingseffekt, der besagt, dass kleine Änderungen unerwartet große Effekte haben können. Benannt wurde der Effekt nach Edward N. Lorenz, der sich die Frage stellte, ob der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Tornado in Texas auslösen kann. Weitere Vertreter sind Benoit Mandelbrot und Henri Poincaré. Chaotische Systeme sind zum Beispiel Wetter, Klima, Plattentektonik, Turbulenz, Wirtschaftskreisläufe, Internet und das Bevölkerungswachstum.

Hauptartikel: Komplexe Adaptive Systeme
Die Theorie der Komplexen adaptiven Systeme beruht vorwiegend auf den Arbeiten des Santa Fe Institute und erklärt unter anderem Multi-agent-Systeme.


Anfänge der Systemtheorie

Der Begriff Systemtheorie entlehnt sich Bertalanffys bereits 1949 veröffentlichem Buch "General Systems Theory". Bertalanffy spricht von offenen Systemen und bezieht sich dabei ausdrücklich auf Energie- und Stoffströme. Erst mit der Ausformulierung des Informationsbegriffes ließ sich dieses Konzept jedoch weiter generalisieren. Bereits ein Jahr zuvor (1948) hatte Norbert Wiener mit "Cybernetics" (Kybernetik) einen ebenfalls zentralen Ausdruck geprägt, der heute mit dem Systembegriff eng verbunden ist. Ein weiteres verwandtes Konzept ist die Tektologie Alexander Bogdanows.

Ein Charakteristikum dieser theoretischen Ansätze ist der Anspruch, eine formale Theorie zu erarbeiten, die möglichst umfassend anwendbar ist. Dieser Anspruch geht vor allem aus Bertalanffys Terminus "Allgemeine Systemtheorie" hervor. Auch heute ist es diese Ausrichtung, die systemtheoretische Ansätze attraktiv erscheinen lässt, auch wenn das Ziel bislang unerreicht ist. So verbindet etwa das Santa Fe Institute mit seiner "Theorie komplexer adaptiver Systeme" einen universellen Erklärungsanspruch. Auch die "Theorie Sozialer Systeme" Niklas Luhmanns teilt diese Ausrichtung.

Begriffe der Systemtheorie

Hauptartikel: System

Der zentrale Grundbegriff der Systemtheorie ist, wie der Name schon sagt, das "System" (nach gr. to systeme = Zusammenstellung). Die Annahme, es gäbe Systeme, kann quasi als Grundaxiom dieses Ansatzes betrachtet werden.

Ein System ist etwa wie folgt definiert:

1. Ein System ist begrenzt und abgrenzbar (System/Umwelt-Differenz). Es besteht aus einer Systemgrenze ("Boundary"), einem Systemkern, Systemelementen, dem Zusammenwirken dieser Elemente sowie aus Energie oder Signalen. Wird etwas über die Systemgrenzen hinweg transportiert ist dieses System ein offenes, sonst ein geschlossenes System. Alles außerhalb der Systemgrenze Liegende ist nicht Teil des Systems, sondern dessen Umwelt.

2. Ein System ist eine Menge von Elementen, die in einem abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich so zusammenwirken, dass dabei ein vollständiges, sinnvolles, zweck- und zielgerichtetes Zusammenwirken in einem funktionellen Sinne erzielbar wird.

3. Aufbau und Funktionsweise eines Systems hängen von dem Standpunkt des Betrachters ab.

Weitere Begriffe:


Beispiele

Im folgenden einige Beispiele für systemtheoretisches Denken aus der Ingieneurswissenschaft. Diesen Beispielen ist gemein, dass sie sich mit derselben Art von Differentialgleichungen lösen lassen. Diese Verwendung eines universellen Werkzeugs zur Lösung verschiedener, zunächst nicht verwandt erscheinender Problemen ist Teil des "systemtheoretischen" Denkens.

Siehe auch

Literatur