Nida (römische Stadt)

Stadt im Römischen Reich
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Nida war in der Zeit des Römischen Reichs Hauptort der Civitas Taunensium. Die Römerstadt Nida lag im Nordwesten der heutigen Stadt Frankfurt am Main, in der Gemarkung von Frankfurt-Heddernheim. Erste Spuren einer zumindest zeitweiligen römischen Besiedlung stammen aus der Zeit der Regierung von Kaiser Vespasian (69–79); aufgegeben wurde Nida im Jahr 260. Die im Boden weitgehend unberührt erhalten gebliebenen Überreste von Nida gingen erst im 20. Jahrhundert beim Bau der Siedlung Römerstadt und der Frankfurter Nordweststadt verloren. Der Name der Siedlung und der fast gleichlautende Flussname Nidda, in dessen Nähe Nida errichtet worden war, sind offensichtlich gemeinsam aus der römischen Zeit überliefert.

Lageplan der Kastelle und der Zivilsiedlung in Nida-Heddernheim.
Römischer Brunnen am Rande der Siedlung Römerstadt.

Geschichte

Frühe Militärlager und flavische Zeit

Dem Gelände am Fluss Nidda hatte die römische Militärführung „besondere strategische Bedeutung bei der Besetzung der Wetterau zugemessen.“[1] Hierauf deutet unter anderem der archäologische Nachweis von mindestens zehn meist nur kurzzeitig genutzten Militärlagern aus der Zeit um das Jahr 75 hin. Viele der Kastelle sind nur sehr ausschnitthaft bekannt. Das bedeutendste dieser Kastelle, war das Kastell A, auch Alen- oder Steinkastell genannt.

Westlich dieses Kastells entstand eine zivile Siedlung, ein sogenannter Vicus. Um 90 n. Chr. ist in dem Bereich eine Parzellierung nachweisbar.

Blütezeit im 2. Jahrhundert n. Chr.

Für das ursprüngliche Kastelldorf einschneidende Veränderungen fanden zur Regierungszeit des Kaisers Trajan um 110 n. Chr. statt. Die Truppen wurden an den Limes abgezogen, womit zunächst ein Bevölkerungsrückgang verbunden war. Gleichzeitig wurde Nida zum zivilen Verwaltungssitz der Region als Hauptort der Civitas Taunensium. Die Civitas Taunensium war ein Kreis/Bezirk der römischen Provinz Germania Superior („Obergermanien“) und Nida ein Wirtschaftszentrum im Grenzland des obergermanischen Limes sowie Umschlagsplatz im Handel mit Gebieten außerhalb der römischen Provinz. Ökonomisch bildete Nida den Zentralort und Markt für zahlreiche kleine und mittlere Betriebe, unter anderem die zahlreichen Villae rusticae, die sich in dieser Zeit auf den fruchtbaren Böden der Wetterau etablierten.

Die zivile Besiedlung ersetzte in Heddernheim bald die militärischen Strukturen. Ein großer Bereich im Zentrum der Siedlung wurde planiert und diente als Forum. Zwei große Thermen, das Prätorium, mehrere Tempel und ein Theater gehörten ebenfalls zum Stadtbild. Auch ein Triumphbogen hat wahrscheinlich existiert.[2] Die neuen städtischen Eliten repräsentierten sich durch zahlreiche Steindenkmäler und Inschriften. Kunsthistorisch bedeutsam ist ein erhalten gebliebenes, farbiges Steinbild aus einem der so genannten Mithräen, Heiligtümer des Gottes Mithras; das Original befindet sich heute im Museum Wiesbaden, eine Kopie im Archäologischen Museum Frankfurt. In beiden Museen sind auch weitere Fundstücke aus Nida ausgestellt, in Frankfurt beispielsweise die Jupitersäulen und die Dendrophoreninschrift.

Das weitgehend friedliche 2. Jahrhundert war die Blütezeit des römischen Nida, in der die meisten Gebäude und Steindenkmäler datieren. Erste Schwierigkeiten betrafen das Grenzland mit den Markomannenkriegen um 170 n. Chr. Zerstörungshorizonte gibt es sowohl aus Nida, wie aus einigen Kastellen und Villen der Umgebung.[3] Der Limes im Taunus wurde durch die Numeruskastelle Holzhausen, kleiner Feldberg und Kapersburg verstärkt.

Niedergang und Ende im 3. Jahrhundert

 
Kopie des Dativius-Victor-Bogens in Mainz.

Zu Beginn 3. Jahrhundert erhielt Nida eine eigene Stadtmauer; das Baumaterial (Basaltsteine) wurde in den Steinbrüchen des heutigen Bockenheim abgebaut, woran dort noch die Basaltstraße erinnert. Das umfangreiche Bauwerk mit einer Länge von 2750 m zeugt von einem Behauptungswillen der Bevölkerung im unsicherer werdenden Grenzland. Das Limessystem alleine konnte der Stadt keine ausreichende Sicherheit mehr garantieren. Funde von militaria (militärische Ausrüstungsgegenstände) und Funden, die Germanen zuzuordnen sind, werden ebenfalls als Beleg für Gegenmaßnahmen der Zivilbevölkerung gesehen. Zeugnis dieser für die Bewohner schwierigen Zeit geben ferner mehrere Steindenkmäler. Der Dativius-Victor-Bogen in Mainz wurde von einem Nidenser Ratsheren (decurio) vermutlich als Dank für die Aufnahme im sicheren Mainz gestiftet.[4]

Ein erster Einfall von Alamannen lässt sich für die Jahre 233–235 n. Chr. nachweisen. Ein Münzschatz, der unter der Schwelle eines Steinkellers verborgen war, weist als Schlussmünze das Jahr 227 n. Chr. auf. Eine Inschrift belegt die Wiederaufrichtung einer Jupitergigantensäule im Jahr 240.[5]

Die römische Epoche dauerte bis um 260, als die Römer von den Germanen endgültig verdrängt wurden. Dass Nida bis dahin bewohnt war, ist belegt durch die Münzreihe aus Heddernheim, die mit 14 Münzen des Kaisers Gallienus endet. Die jüngste Münze wurde im Jahr 258 geprägt und fand sich im sogenannten Dendrophorenkeller.[6] Die vielen Steindenkmäler, die in Brunnen verborgen wurden, lassen an eine planmäßige Räumung durch die Bevölkerung denken.[7] Die Mauern der Ruinen aus römischer Zeit waren noch im 15. Jahrhundert weithin sichtbar, danach wurden sie in Heddernheim und Praunheim als Baumaterial wiederverwendet.

 
Eckhaus Wenzelweg / In der Römerstadt mit römischer Türschwelle
 
Römische Türschwelle

Ausgrabungen und Forschungsgeschichte

1823 erfolgten die ersten geregelten Ausgrabungen in der antiken Römerstadt durch den Verein für Nassauische Altertumskunde. Kulturhistorische bedeutsame Funde gelangten in dieser Zeit, als das Gelände zum Herzogtum Nassau gehörte, in die Sammlung Nassauischer Altertümer, die im Museum Wiesbaden verwahrt wird.

Nach dieser frühen Phase der Erforschung gingen weitere Untersuchungen seit 1878 durch die Gründung des Historischen Museums von Frankfurt aus, obwohl Heddernheim erst 1910 eingemeindet wurde. Diese sind besonders mit dem Namen Georg Wolff verbunden. Wolff führte besonders im Auftrag der Reichslimeskommission viele Untersuchungen an den Kastellen, besonders dem großen Steinkastell A, durch.

Das Gelände von Nida blieb als „Heidenfeld“ bis zur Errichtung der Römerstadt-Siedlung 1927–29 unbebaut. Bereits zu dieser Zeit konnten nur Notbergungen unter großem Zeitdruck vorgenommen werden. Beim Bau der Nordweststadt (1961–1973) wurden die letzten Reste der archäologischen Werte weggebaggert und so für immer vernichtet, da dem Denkmalamt keine ausreichende Zeit für reguläre Grabungen und Fundsicherungen gewährt wurde. Einige größere Flächengrabungen wurden von Ulrich Fischer, dem damaligen Leiter des Museums für Vor- und Frühgeschichte (heute Archäologisches Museum Frankfurt) zwischen 1954 und 1965 durchgeführt. Die Grabungen konzentrierten sich auf das Steinkastell, die nördliche Vicusmauer, ein Gebiet im Zentrum von Nida und das Gräberfeld an der Saalburgstraße im Norden.

Hobby-Archäologen retteten als „Raubgräber“ einige wertvolle Stücke, zum Beispiel das Malergrab (heute im Archäologischen Museum); ein erheblicher Teil ihrer Funde blieb allerdings in Privatbesitz. Die Hobby-Archäologen haben sich im „Archäologischen Forum Nida“ zusammengeschlossen und planen gemeinsam mit dem Heddernheimer Bürgerverein, im ersten Stockwerk des Neuen Schlosses in Alt-Heddernheim ein Heimatmuseum einzurichten, in dem auch Fundstücke aus der Römerzeit ausgestellt werden sollen.[8]

Eine Abteilung des Archäologischen Museums in Frankfurt ist den Funden aus Nida gewidmet. Hier ist besonders die Zahl an Steindenkmälern beachtenswert und lässt Einblicke in das Leben einer Zivilstadt zu. Der Nidacorso im Nordwestzentrum verweist auf die vormalige Siedlung an gleicher Stelle. Eine römische Türschwelle ist heute noch am Eckhaus Wenzelweg/In der Römerstadt sichtbar, da sie als Abstandshalter zum Schutz der Hausecke vor abbiegenden Fuhrwerken in den Fuß des Gebäudes integriert wurde. Ein römischer Töpferofen wurde nahe dem Nordwestzentrum am Heddernheimer Steg an der Böschung zur Rosa-Luxemburg-Straße restauriert. Ferner hat sich noch ein kleiner Rest des Walles der Ostumwehrung von Nida vor dem Haus „Am Forum“ Nr. 29 erhalten sowie ein Brunnen am Fußweg unterhalb der Ringmauer. Außerdem erinnern zahlreiche Straßennamen an die römische Vergangenheit des heutigen Frankfurter Stadtteils. In den letzten Jahren fanden noch gelegentlich kleinere Grabungen in Heddernheim statt. Größere Flächengrabungen sind nicht mehr möglich. Der weitaus größte Teil der antiken Siedlung gilt als zerstört.

Kastelle

Alenkastell (A)

Das Alenkastell, oft auch Steinkastell genannt, wurde 1896 von Georg Wolff entdeckt. Wolff ergrub die Kastellumwehrung und einen Teil des Stabsgebäudes (principia). Grabungen von 1957–59 im Nordteil wiesen zwei Vorgängerbauten in Holz-Erde-Bauweise nach. Dies wurde durch drei Bauphasen der Mannschaftsbaracken belegt. Die letzte Holzbauphase brannte ab, was möglicherweise mit dem Aufstand des Lucius Antonius Saturninus zusammenhängt. Das Steinkastell schloss eine Fläche von 186 x 282 m ein und besaß neben den vier Toren 30 Türme. Die Mauer bestand aus Basaltbruchsteinen, denen Sandsteinquader vorgeblendet waren. Vor der Mauer befand sich an allen Seiten ein doppelter Spitzgraben. Das Kastell war mit dem Haupttor (porta praetoria) nach Süden zur Nidda hin orientiert. Als Innenbebauung wurde weiterhin ein größerer Werkstattkomplex (fabrica) nachgewiesen.

Die mit 5 ha relativ große Anlage diente vermutlich mehreren Einheiten als Garnison. Auf 16 Inschriften und Grabsteinen sind folgende Truppen erwähnt:

  • Ala I Flavia Gemina[9]
  • Cohors XXXII Voluntariorum Civium Romanorum[10]
  • Cohors IIII Vindelicorum[11]

Da die 32. Freiwilligenkohorte römischer Bürger ab 90 n. Chr im Kastell Ober-Florstadt belegt ist, war das Kastell vermutlich für eine Reiter- und Infanterieeinheit gemeinsam konzipiert. Die 4. Vindelikerkohorte könnte diese abgelöst haben. Sie ist später als Besatzung des Kastell Großkrotzenburg belegt.

Kastell B

Beim 1903–1906 ausgegrabenen Holz-Erde-Lager B handelt es sich um einen Annex an das Steinkastell A. Sein Spitzgraben knickt in den äußeren Graben des Steinkastells stumpfwinklig ab. Es besaß ein Fläche von 80 x 292 m, das einzige nachgewiesene Tor befand sich an der Ostseite in Verlängerung der via principalis des Steinkastells und war ein Holzbau mit zwei Durchgängen. Des weiteren konnte im Inneren ein größeres Gebäude durch Pfostengruben nachgewiesen werden, das als Magazinbau gedeutet wurde.

Lager B ist damit das jüngste aller Heddernheimer Holz-Erde-Kastelle. Es wurde zusammen mit dem Alenkastell nach 103 n. Chr. aufgegeben.

Kastell C

Vom Kastell C konnte 1901 bis 1908 nördlich des Alenkastells eine 420 m lange Südseite sowie die 280 m lange Westseite nachgewiesen werden. Vor dem westlichen Tor befand sich ein 16,50 m langer vorgelagerter Spitzgraben (titulum). Von dem Tor zweigte ein weiterer Spitzgraben in Richtung der Südostecke ab, sodass sich eine unsymmetrische Dreiecksform ergäbe. Die Nord- und Ostflanke des Kastells konnte nicht nachgewiesen werden.

Kastell C gilt deshalb als provisorisches oder durch eine reduzierte Truppe genutztes, kurzzeitiges Lager. Dafür würde sprechen, dass seine Lage auf die spätere Wegführung der vor dem W-Tor verlaufenden Römerstraßen keinerlei Bezug nimmt.

Kastell D

Von Kastell D konnte seit 1910 der Westliche (Länge 400 m) und südliche Graben (130 m) mit Tor sowie die Südwestecke ergraben werden. Der Südliche Graben war im Grabenbereich des Alenkastells nicht mehr nachweisbar. Der westliche Graben mündete nach einer kleinen Richtungsänderung in den westlichen Graben von Lager C ein. Daraus wird deutlich, dass Kastell D vor dem Alenkastell A, jedoch nach dem Kastell C bestanden haben muss. Wolff nahm an, dass D aufgrund der Lage um das Alenkastell herum als Baulager gedient haben könnte. Es zeichnet sich eine schnelle Abfolge der einzelnen Kastelle in der frühen Okkupationsphase unter Kaiser Vespasian ab.

Kastell E

Nordöstlich von Lager C konnte Wolff zwei Spitzgrabenprofile in zwei Ziegeleien beobachten. Möglicherweise gehören diese zu einem weiteren Lager E.

Kastell F

Die nordwestliche Ecke dieses Lagers wurde 1925–26 von F. Gündel auf dem Gelände des Christlichen Friedhofs in Heddernheim entdeckt. Gündel vermutete ein fast quadratisches Lager von 100–110 m Seitenlänge. Keramikfunde aus dem Spitzgraben und dem Palisadengräbchen datierten es in domitianische Zeit.

Kastell G

Vom Lager G wurden mehrere Spitzgräben in den 1960er Jahren bei den Baumaßnahmen für die Nordweststadt entdeckt. Zunächst konnte der nördliche Graben in etwa 80 m Entfernung zur späteren Stadtmauer auf einer Länge von 260 m verfolgt werden. Ein zugehöriger parallel verlaufender südlicher Graben konnte 1961 in 160 m Entfernung nachgewiesen werden. Während die östliche Begrenzung unbekannt bleibt, konnte als westliche Begrenzung ein Spitzgraben in einer Baugrube der Ernst-Kahn-Straße festgestellt werden. Das Kastell hätte damit eine Fläche von mindestens 4 ha eingenommen.

Am südlichen Graben wurden einige Backöfen ausgegraben. Funde von Terra Sigillata deuten vorsichtig auf eine frühere Datierung als das Alenkastell A hin.

Kastell H

Beim Bau einer Wasserleitung 1929 konnten in der Bernadottestraße zwei zusammenhängende Spitzgräben entdeckt werden. Möglicherweise gehört zu diesen ein in 140 m Entfernung parallel verlaufender Graben, der in der Straße Im Weimel beobachtet wurde. Beide erbrachten Scherben des 1. Jahrhunderts n. Chr.

Kastell J

Ein weiterer Spitzgraben wurde 1963 in der Baugrube In der Römerstadt 182–188, 102 m westlich der Vicusbebauung entdeckt. Er konnte über 14 m verfolgt werden und gehört vermutlich zu einem weiteren Kastell J.

Kastell K

Im Jahr 1929 konnte die Südecke eines Spitzgrabens in der Straße Alt-Praunheim beobachtet werden. Der Graben enthielt keinerlei datierende Funde.

Praunheimer Lager (L)

Nördlich der Heerstraße (früher Elisabethenstraße) konnte in den Gruben einer Ziegelei 1905 das sogenannte Praunheimer Lager (L) entdeckt werden. Seine Größe ist mit 270 x 340 m komplett erfasst worden. Datierende Funde gibt es aus dem Praunheimer Lager nicht. Aufgrund der Lage an der Straße nach Hofheim und Mainz wird es ebenfalls in die frühe Besatzungszeit gehören.

Zivilsiedlung

Rechtsstatus, Bevölkerung und Zivilverwaltung

Als Stadt im Grenzland des Imperium Romanum erreichte Nida niemals den Status einer freien (colonia) oder verbündeten (municipium) Stadt. Im Gegensatz zu vielen übrigen Dörfern der Region erreichte Nida aber den Status eines Civitas-Hauptortes, wahrscheinlich gegen Ende der Regierungszeit Kaiser Trajans oder zu Anfang der Regierung Hadrians. Die Bewohner waren damit zumeist Provinziale ohne römisches Bürgerrecht, vereinzelt werden sich Veteranen niedergelassen haben, die es nach Ableistung ihres Militärdienstes erhielten.

Obwohl die Civitates meist auf Stammesgemeinschaften zurückgehen, scheint die Civitas der Taunensier sich auf einen geographischen Begriff, der bereits vorher schon geläufig war, zu beziehen.[12] Für die Wetterau ist vor der Ankunft der Römer keine intensive Besiedlung archäologisch nachgewiesen.[13] Die Bevölkerung wird neben den wenigen Germanen, die im Fundmaterial greifbar werden, vor allem aus teilweise romanisierten Zuwanderern aus dem keltisch geprägten Gallien bestanden haben, was auch durch eine Aussage in der Germania des Tacitus über die Bewohner des Dekumatlandes gestützt wird.[14]

Obwohl es sich bei dem Fluss- und dem wohl daraus abgeleiteten Ortsnamen Nidda/ Nida um einen sehr alten Namen handelt, kann auch dieser keiner genauen Herkunft zugeordnet werden. Er ist auf zahlreichen Inschriften belegt, etwa auf einem Leugenstein aus Friedberg (a Nida [l(eugas)] X)[15], der Heddernheimer Dendrophoreninschrift,[16] sowie vermutlich zwei Weiheinschriften aus Mainz-Kastel.[17] In der Dendrophoreninschrift werden ausdrücklich der Vicus Nida und die Bewohner als Vicani Nidenses genannt.

Als Sitz des Verwaltungsbezirks und Vorort der Civitas Taunensium war Nida ähnlich einer römischen Stadt organisiert. Eine Art „Senat" (ordo decurionum) bestand aus den einflussreichsten Personen der Bürgerschaft, in der Regel reiche Gewerbetreibende oder Großgrundbesitzer. Diese Ratsherren (decuriones) wählten jährlich zwei Bürgermeister (duoviri) nach dem Vorbild des Consulat. Durch die Inschriften sind diese Ämter auch in Nida belegt, nämlich der duumvir Licinius Tugnatius Publius[18], die sieben Dekurionen Dativius Victor[4], C. Paternius Postuminus, Quietius Amandus, C. Sedatius Stephanus und Stephanius Maximus,[5] Tertinius Catullinus[19] sowie ein Firmus.[20] Eine weitere Inschrift nennt einen Aedil, der die Aufsicht über Markt und Gewerbe führte.[21]

Wirtschaft und Gewerbe

 
Sogenannte „Wetterauer Ware", Eine Terra Sigillata-Imitation aus dem Rhein-Main-Gebiet im Archäologischen Museum Frankfurt.

Neben der Zentralortfunktion für die Lager am Limes und die Villae rusticae des Grenzlandes bestand in Nida wie in vielen vici der Nordwestprovinzen ein einheimisches Gewerbe, das durch Funde bestens belegt ist.

Handwerkerviertel lassen sich dabei nur schwer bestimmen. Die Funde von Schlacken und Gusstiegeln der Metallhandwerker und die Töpferöfen streuen über die gesamte Stadt, wahrscheinlich aufgrund der langsam wachsenden Strukturen, die aus dem Lagerdorf hervorgingen. Größere Töpferviertel scheint es an der nördlichen Ausfallstraße und im Westen der Siedlung beiderseits der platea novi vici gegeben zu haben.

Insgesamt sind 105 Töpferöfen in Heddernheim nachgewiesen, die allerdings auch auf die Zeit, in der das Lagerdorf und die Zivilstadt bestanden, hochgerechnet werden müssen.[22] Hergestellt wurde vor allem Haushaltsgeschirr, aber auch Lampen, Kultgefäße und Graburnen. Besonders variantenreich war die Herstellung von verschiedenen Glanztonbechern. Eine gelegentlich vermutete Herstellung von Terra Sigillata in Nida geht auf die Fehldeutung einiger Fundstücke zurück.[23] So ist etwa eine Rheinzaberner Formschüssel des JANVS als Vorlage zur Herstellung von Imitationen verwendet worden. Als Nachahmung gilt auch die regional verbreitete, sogenannte Wetterauer Ware, meist dünnwandige, rotbemalte Gefäße, die in Nied oder Heddernheim hergestellt wurde.[24]

Weiterhin sind die Berufe Maurer, Zimmermann, Schmied, Schlosser, Möbelschreiner, Knochenschnitzer, Maler, Bronzegießer, Bronze-, Gold- und Silberschmied, Steinmetz, Schuhmacher, Metzger, Barbier und Arzt vorwiegend durch Werkzeugfunde belegt. Die Funde lassen einen Schwerpunkt bei den Buntmetall verarbeitenden Berufen erkennen.[25]

Straßen

Der Straßenzug In der Römerstadt/Heerstraße folgt noch heute im wesentlichen dem Verlauf einer befestigten, schnurgeraden Römerstraße, die von Mainz zum Westtor des Kastells führte.[26] In Höhe der Häuser In der Römerstadt 145 bis 165 sind – nur wenige Meter vom heutigen Gehsteig entfernt – Pflastersteine und Keller aus dieser Epoche erhalten geblieben, ferner die Reste eine farbigen Freskos aus dem 2. Jahrhundert.[27] Das Lagerdorf, wo sich Gastwirte, Händler, Schiffer und die mit den Soldaten ziehenden Frauen niederließen, entwickelte sich westlich des Kastells entlang der dortigen Ausfallstraße. Für diese ist der Name platea novi vici überliefert, was auf die Bezeichnung Novus Vicus für die früheste Zivilsiedlung hindeutet. Weiter nördlich, etwa entlang der heutigen Haingrabenstraße, verlief eine zweite, ältere Verbindungsstraße nach Mainz, die platea praetoria. Beide Straßennamen sind durch inschriftliche Weihungen an die Genien der Straßen belegt.[28] Im spitzen Winkel zwischen beiden Landstraßen wurde nach Aufgabe des Kastells und einer vermutlichen Reduzierung des Lagerdorfs das Forum der Stadt erbaut, um das sich später wichtige Gebäude gruppierten. Die Straßen der Stadt besaßen eine Kiesdecke. So ist für die platea praetoria eine 70 cm starke Kiesschüttung nachweisbar.

Nida war neben der Elisabethenstraße nach Mainz Ausgangs- und Kreuzungspunkt zahlreicher weiterer Römerstaßen.[29] Unmittelbar nördlich des heutigen Eschersheimer Schwimmbads sowie in Höhe des „Bubelochs“ gab es eine römische Holzbrücke über die Nidda, die von dort aus nach Bergen bzw. zum Frankfurter Domhügel führte und weiter zum benachbarten Civitas-Hauptort Dieburg;[30] infolge der Begradigung des Flusses entspricht der heutige Verlauf der Nidda allerdings nicht mehr demjenigen in römischer Zeit. Entlang der Nidda gelangte man zu den Thermen bei Bad Vilbel. Im Norden war Nida an zahlreiche Kastellorte (Okarben, Friedberg, Kastell Saalburg und Kastell Kleiner Feldberg) angebunden.

Wohnbauten

Wie in den meisten römischen Vici der Nordwestprovinzen, waren die Wohnhäuser der Stadt Nida überwiegend Streifenhäuser. Diese konnten besonders zahlreich entlang der südlichen Straße (platea novi vici) ausgegraben werden. Die bis zu 40 m langen Häuser grenzten mit ihrer schmalen Giebelseite direkt an die Straße, wo sich in der Regel ein steinerner Keller befand.

Einige wenige Häuser weichen von diesem Bautyp ab und waren etwas großzügiger gestaltet. Nach seiner Lage über den verfüllten Gräben des Alenkastells wurde das Wallgrabenhaus benannt. Das Gebäude mit einer Grundfläche von 9,50 x 17 m besaß sechs Wohnräume und eine zweigeteilte Vorhalle. Der Keller befand sich im hinteren Hausbereich. Weitere aufwendigere Privathäuser der vermögenden Schichten fanden sich abseits des Zentrums. Manche besaßen Innenhöfe mit Säulengängen. Allerdings wurden von diesen keine nach modernen Methoden ausgegraben.

Im weiteren Umfeld der Stadt ist eine Verdichtung der Villen nachweisbar. In direkter Nähe der Stadt können nur drei bis vier Anlagen als solche angesprochen werden. Darunter befindet sich die sogenannte Praunheimer Villa, die 1898-1904 von G. Wolff 450 m westlich der Stadt ausgegraben wurde, sowie die Villa Philippseck. Letztere befand sich 200 m östlich und wurde zusammen mit einem Rittersitz des 16. Jahrhunderts von F. Gündel ausgegraben. Der aufwendige Baukörper mit markanten Eckrisaliten wird auch als villa urbana bezeichnet.[31]

Praetorium

Das öffentliche Unterkunftshaus im Südosten der Siedlung gehört zu einem der am besten ergrabenen Gebäude. Es befand sich südlich der großen Straßenkreuzung. Die 62 nachgewiesenen Räume (eine Zweigeschossigkeit wird vermutet) gruppieren sich um einen zentralen Innenhof. Östlich grenzte ein weiterer von einer Portikus umschlossener Hof (palaestra) sowie die Ostthermen an. Ein Hof und Stallgebäude südlich der Anlage dürften zur Aufnahme von Wagen und Zugtieren gedient haben. Zur Straße war das Gebäude repräsentativ mit einer weiteren Portikus gestaltet. Die ganze Anlage besaß eine Größe von 43 x 70 m.

Thermen

Direkt östlich des praetoriums schlossen sich die großzügig ausgestatteten Ostthermen mit einer Größe von 36 x 64 m an. Hinweise auf die Ausstattung geben Funde von quadratischen Ziegelplättchen, farbigem Wandverputz und steinerne Architekturfragmente. Hinter der an das praetorium angebauten palaestra gliederten sich die Badetrakte (frigidarium, caldarium, tepidarium) entlang eines axialen Mitteltraktes. Umkleideräume, das Kaltwasserbecken, das Schwitzbad (sudatorium) sowie Toiletten mit Wasserspülung waren seitlich angebaut.

Da die Ostthermen einen eindeutigen baulichen Bezug zum praetorium aufwiesen, waren die Bürger von Nida wahrscheinlich auf ein eigenes Thermengebäude angewiesen. Diese sogenannten Westthermen entstanden an der Westseite des dreieckigen Marktplatzes. Sie wiesen eine Größe von 45 x 68 m auf, was einer für Provinzstädte üblichen Größe entsprach. Die zivile Nutzung wird durch eine doppelte Traktfolge für Männer und Frauen unterstrichen. Die palaestra mit einer Fläche von 13,6 x 20,4 m war als Innenhof gestaltet. In einer Ecke des Hofs befand sich der Unterbau für ein Steindenkmal oder eine Statue.

Theater

Ein hölzernes Theater konnte im Süden der Siedlung nachgewiesen werden. Es ist das einzige bekannte seiner Art auf rechtsrheinischem Boden und bot etwa 1000 bis 1500 Personen Platz. Bei den Ausgrabungen 1929 wurde das Gebäude in die Kastellzeit Heddernheims datiert. Eine weitere Nutzung durch die Zivilbevölkerung nach dem Abzug der Truppen ist jedoch denkbar.

Tempel

Aus Nida sind keine Befunde von oberirdischen Tempelbauten bekannt. Gleichwohl gibt es zahlreiche Hinweise auf solche Tempel durch Inschriften und andere Steindenkmäler. Statuen der dea candida und des mercurius negotiator können als Kultbilder von Heiligtümern angesprochen werden. Überproportional häufige Funde, die auf sogenannte Mysterienreligionen hinweisen, sind ebenfalls der Quellenlage geschuldet, die sich auf die Steindenkmäler stützt. Im Fall der unterirdisch angelegten Mithräen kommen günstige Erhaltungsbedingungen hinzu.

Mithräen

Insgesamt fünf Heiligtümer des Mithraskults konnten in Heddernheim nachgewiesen werden. 1826 erlangten die Ausgrabungen im „Heidenfeld“ Berühmtheit durch die Funde von zwei Mithräen im Nordwesten des Vicus. Das dabei entdeckte drehbare Kultbild aus dem Mithräum I findet bis heute Eingang in zahlreiche Abhandlungen zum Mithraskult.[32] Das Mithräum III wurde 1894 westlich des praetoriums entdeckt. Die Funde dieser drei ersten Mithräen befinden sich mehrheitlich in Wiesbaden.

Das Mithräum IV befand sich südwestlich des Holztheaters. Es wurde 1926 leer aufgefunden und wurde wahrscheinlich vorzeitig wegen der Anlage der nahe gelegenen südlichen Stadtmauer aufgegeben. Funde eines fünften Mithräums konnten in den 1960er Jahren während des Baus der Nordweststadt von privater Seite gesammelt werden, ohne, dass eine Dokumentation des Fundzusammenhangs stattgefunden hätte.

Magna Mater/ Kybele

 
Dendrophoreninschrift aus einem Keller der Römerstadt NIDA-Heddernheim im Archäologischen Museum Frankfurt a.M..

Auch die Anwesenheit des Magna-Mater- oder Kybele-Kults wird aus einer Inschrift deutlich, die deshalb als Dendrophoreninschrift bekannt wurde.[16] Das Kollegium der dendrophori (=„Baumträger“) gehörte zu einem hohen Feiertag des Kultes. Die Inschrift belegt die Erbauung eines Versammlungshauses (scola) aus eigenen Mitteln zusammen mit dem Kollegium aus dem benachbarten Dieburg. Das Land wurde ihnen von den Bürgern von Nida zugewiesen.

Die Inschrift fand sich 1961 in einem sehr kleinen Keller im Nordwesten des Vicus. Das erwähnte Gebäude oder ein Tempel der Göttin selbst konnten nicht nachgewiesen werden.

Jupiter Dolichenus

Auch ein Dolichenum als Heiligtum des Iupiter Dolichenus ist nur durch Funde belegt. Es handelt sich um einen Altar, fünf silberne Votivbleche, zwei bronzene Hände, zwei Bronze-Reliefs in Dreieckform sowie eine bronzene Tabula ansata, die vermutlich als Beschriftung einer Votivgabe diente. Die Funde gelangten von privaten Findern bereits früh im 19. Jahrhundert in den Kunsthandel und wurden nach Berlin und London verkauft. Der Altar und eine beschriftete Hand kamen in den Besitz der Grafen von Solms-Rödelheim. Nur wenige Teile gelangten in den Besitz der Museen in Frankfurt und Wiesbaden.

Die Fundstelle wird nach F. Habel direkt südwestlich des Forums vermutet.

Stadtmauer

Als das Grenzland im 3. Jahrhundert unsicherer wurde, benötigte auch Nida eine Stadtmauer. Sie wurde zu Beginn des Jahrhunderts errichtet. Einige Gebäude und Wohnviertel der ursprünglich weitgestreuten Bebauung fielen ihr im Osten, Süden und Westen zum Opfer. Sie besaß eine Länge von 2750 m und bestand aus einer 6 m hohen und 2 m breiten Mauer. Außer den acht Toren kamen in regelmäßigem Abstand Türme hinzu. Der Mauer vorgelagert war ein 7 m breiter Graben und ein 23 m breites Annäherungshindernis, das zum Schutz gegen Reiterangriffe diente. Einige der Zinnendecksteine haben sich im Spitzgraben gefunden. Der größte Teil der Steine fiel in nachrömischer Zeit dem Steinraub zum Opfer.

Von welcher Seite dieses Bauprogramm initiiert wurde, lässt sich mangels schriftlicher Quellen nicht sagen. Das monumentale Bauwerk zeugt indes von einem Behauptungswillen der Bevölkerung im Grenzland. Unklar bleibt, wer die Verteidigung der Mauer übernahm. Wenn es sich nicht um reguläre Soldaten gehandelt hat, käme als Erklärung auch die stärkere Präsenz von Germanen im Fundmaterial des 3. Jahrhunderts in Frage.[33] Dass die Bevölkerung im Grenzland angesichts der Staatskrise unter den Soldatenkaisern Maßnahmen in Eigenregie ergriffen hat, ist vereinzelt inschriftlich belegt, so durch eine Inschrift aus dem Kastell Altenstadt.[34]

Zu diesen Maßnahmen gehört wahrscheinlich der sogenannte Hallenbau, ein anscheinend militärisch genutztes Gebäude des dritten Jahrhunderts südlich des Marktplatzes.[35] Die Funde (u.a. drei der in Heddernheim gefundenen Helme) weisen eindeutig auf eine militärische Nutzung.

Hafenanlage an der Nidda

Aus Frankfurt-Nied wurden Ziegel und Keramikprodukte über eine Römerstraße, aber auch mit Lastkähnen über die Nidda zum kleinen Hafen von Nida gebracht, der unterhalb der heutigen Hadrianstraße angelegt worden war. Von hier wurde die Ware entweder für den Limesbau im Taunus oder zur Versorgung der Civitas weitertransportiert. Waren aus der Civitas wurden hier umgeschlagen. Der Transport dieser Waren war besonders im Falle von keramischen Produkten auf dem Wasserweg besonders günstig. Zusammen mit den gut ausgebauten Römerstraßen steigerte der Umschlagplatz die Bedeutung Nidas als regionales Wirtschaftszentrum.

Gräberfelder

 
Das Malergrab aus NIDA-Heddernheim. Grabinventar eines römischen Malers mit 29 Farbtöpfen im Archäologischen Museum Frankfurt a.M.

Insgesamt elf Gräberfelder werden in der archäologischen Literatur unterschieden. Da diese nicht großflächig ergraben wurden und über weite Bereiche nördlich und westlich der Stadt streuen, kann nicht gesagt werden, ob diese Unterscheidung auch in der Antike gültig war. Wie in römischen Städten üblich, befanden sich diese außerhalb des Stadtgebiets entlang der Ausfallstraßen.

  • Friedhof 1: Der Friedhof befand sich im Areal des späteren südlichen Westtores der Stadt und dürfte zu den frühen Soldatenfriedhöfen gehören. Zu den Funden gehören außer wenigen Brandgräbern zwei Grabsteine von Soldaten der 32. Freiwilligenkohorte.
  • Friedhof 2: Dieser erstreckte sich beiderseits entlang der nördlichen Ausfallstraße nach Mainz und enthielt 300 Brandgräber aus der Zeit zwischen 70 und 120 n. Chr. sowie wenige spätere Nachbestattungen. Obwohl zehn Soldaten- oder Reitergrabsteine aus dem Gräberfeld bekannt sind, handelte es sich um keinen reinen Soldatenfriedhof.
  • Friedhof 3: Nördlicher Teil des „Älteren Praunheimer Gräberfeldes“ entlang der heutigen Hainstraße im Bereich der Praunheimer Villa. Wohl ein Gräberfeld der Kastellzeit, vermutlich aber von Zivilisten genutzt.
  • Friedhof 4: Nördlich der Stadt in Nähe zum Gräberfeld 10 gelegen. Wie Friedhof 3 wohl der Kastellzeit zugehörig, ohne, dass Soldatengräber belegt wären.
  • Friedhof 5: Dieses Gräberfeld befand sich beiderseits der Saalburgstraße und gehört der Zeit der Zivilstadt an. Überwiegend Brandgräber, aber auch wenige Körperbestattungen sind belegt.
  • Friedhof 6: Friedhof 6 befand sich entlang der Straße zum Kastell Okarben. Wie bei Gräberfeld 5 können keine genauen Angaben zur Zahl der Bestattungen oder zur Chronologie gemacht werden, da systematische Grabungen fehlen. Eine Besonderheit des Gräberfeldes 6 ist der Fund des sogenannten Malergrabs, das im Archäologischen Museum ausgestellt wird. Neben Ess- und Trinkgeschirr (z. B. ein großer Doppelhenkelkrug) enthielt es 29 Farbtöpfe mit Pgmentresten. Analysen zeigten, dass dem Maler vier Grundfarben (Eisenrot, Kupferblau, Bleiweiß und Bleirot) zur Verfügung standen.
  • Friedhof 7: Friedhof 7 befand sich mit 71 Gräbern etwas weiter außerhalb, ebenfalls an der Okarbener Straße. Auch er gehört in die Stadtzeit des 2. Jahrhunderts. Eine Besonderheit ist die Einfriedung in Form eines unregelmäßigen Vierecks, die wohl Ausdruck einer Gemeinschaft war. Möglicherweise lässt das auf ein Handwerker- oder Bestattungscollegium schleßen, wie sie in vielen römischen Städten nachgewiesen sind. Die Grabbeigaben lassen aber keine Unterschiede zu anderen Gräberfeldern erkennen,
  • Friedhof 8: Gräberfeld 8 lag vor der nordwestlichen Ecke der Stadtmauer. Nur wenige Brand- und Körperbestattungen konnten hier durch Funde aus Baugruben erfasst werden, die eine Einordnung in die Stadtzeit ermöglichten.
  • Das „Jüngere Praunheimer Gräberfeld“ (9): Bei dem Gräberfeld vor dem südlichen Westtor der Stadt dürfte es sich um den größten und angesehensten Friedhof handeln. Leider ist er nur sehr unvollständig untersucht. Die Gräber befanden sich beiderseits der Straße nach Mainz. Neben der prominenten Lage an der wichtigsten Straße deuten auch die Funde auf vornehmere Bestattungen. Neben den üblichen Brandbestattungen enthielt er auch zahlreiche Körpergräber. Auffällig ist, dass hier mehr Brandgräber in Steinkisten belegt sind, als in den nördlichen Gräberfeldern. Neben Körperbestattungen in Holzsärgen fand man hier auch drei Steinsarkophage.
  • Friedhof 10: Friedhof 10 wurde im 3. Jahrhundert an Stelle des früheren Friedhofs 4 angelegt, wobei die alten Brandgräber teilweise geschnitten wurden. Von dem Vorgänger war anscheinend oberirdisch nichts mehr sichtbar. Er umfasste 50 Körperbestattungen, die sehr ärmlich ausgestattet waren. Bedeutsam ist das Grab eines Germanen in römischen Diensten.
  • Friedhof 11: Der kleine Friedhof 11 lag weit abseits im Westen auf Praunheimer Gebiet. Seine 10 Brandgräber bildeten ursprünglich das östliche Ende von Gräberfeld 2. Auffällig ist eine Gruppe regellos bestatteter Körpergräber mit ärmlichen Beigaben. Darunter fanden sich einige in sehr unnatürlicher Lage: Bei einem Skelett fehlte der Kopf, zwei weitere waren gewaltsam zerrissen, eines lag in verdrehter Haltung. Es dürfte sich wahrscheinlich um Sonderbestattungen sozial ausgestoßener (Verbrecher u.ä.) handeln, wie sie häufig in Randlage römischer Nekropolen belegt sind.[36]

Literatur

chronologisch geordnet:

  • Peter Fasold: Zur Gründung des Civitas-Hauptortes NIDA. In: Egon Schallmayer (Hrsg.): Traian in Germanien, Traian im Reich. Bericht des Dritten Saalburgkolloquiums. Saalburgmuseum, Bad Homburg v. d. h. 1999, ISBN 3-931267-04-0 (Saalburg-Schriften 5) S. 235-246.
  • Peter Fasold: Ausgrabungen im teutschen Pompeji. Archäologische Forschung in der Frankfurter Nordweststadt. Museum für Vor- und Frühgeschichte, Frankfurt am Main, 1997.
  • Ingeborg Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. Kleine Schr. Kenntnis Röm. Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands 48 (Schriften des Limesmuseums Aalen), Stuttgart, 1994.
  • Ingeborg Huld-Zetsche in: Dietwulf Baatz und Fritz-Rudolf Herrmann (Hrsg.): Die Römer in Hessen. 3. Auflage. 1989. Lizenzausgabe Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 275-293.
  • Walter Meier-Arendt u.a. (Hrsg.): Römische Steindenkmäler aus Frankfurt am Main. Archäologische Reihe (Museum für Vor- und Frühgeschichte/ Archäologisches Museum) Band 1, Frankfurt 1983.
  • Ulrich Fischer u.a. Grabungen im römischen Vicus von Nida-Heddernheim 1961–1962, Verlag R. Habelt, Bonn, 1998. ISBN 3774928444
  • Georg Wolff: Die Römerstadt Nida bei Heddernheim und ihre Vorgeschichte, Jügels-Verlag, Frankfurt am Main, 1908.
  • Mitteilungen über römische Funde in Heddernheim Bd. I-VI vom Frankfurter Verein für Geschichte und Landeskunde (1894–1918)
  • F. G. Habel, Die römischen Ruinen bei Heddernheim, Nassauische Annalen 1827, Bd.I, S. 45.

Einzelnachweise

  1. Peter Fasold: Ausgrabungen im teutschen Pompeji. Archäologische Forschung in der Frankfurter Nordweststadt. Museum für Vor- und Frühgeschichte, Frankfurt am Main, 1997, S. 14
  2. Die Vermutung bezieht sich auf Funde von Steindenkmälern, darunter das sogenannte Liktorenrelief. Siehe dazu I. Huld-Zetsche: NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 18f.
  3. Dietwulf Baatz in: D. Baatz/ F.-R. Herrmann (Hrsg.): Die Römer in Hessen S. 211f.
  4. a b Zur Inschrift des Dativius-Victor-Bogens siehe CIL 13, 6705.
  5. a b CIL 13, 07352
  6. I. Huld-Zetsche in: D. Baatz/ F.-R. Herrmann (Hrsg.): Die Römer in Hessen S. 291, dieselbe: NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 61.
  7. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 38 und 61f.
  8. Katrin Mathias: Heimatmuseum für Heddernheim. In: Frankfurter Rundschau Nr. 113/S vom 16. Mai 2007, S. 35
  9. u.a. CIL 13, 07365 (4, p 125), CIL 13, 11948.
  10. u.a. CIL 13, 07362 (4, p 125), CIL 13, 07381 (4, p 125), CIL 13, 07382, CIL 13, 07383 (4, p 125).
  11. u.a. CIL 13, 07331, CIL 13, 11947, AE 1978, 00542.
  12. z.B. Pomponius Mela: De Chorographia 3,25; Tacitus, Annales XII 28 lat. Text; zur Überlieferungsgeschichte siehe Andreas Mengel:Gesucht: Der mons Taunus. In: E. Schallmayer u.a. (Hrsg.): Die Römer im Taunus. (Frankfurt a. M. 2005) S. 15-19.
  13. D. Baatz in: Die Römer in Hessen. S. 76f.
  14. Tacitus, Germania 29 lat. Text.
  15. CIL 13, 9123
  16. a b AE 1962, 00232
  17. CIL 13, 07263 (4, p 123); CIL 13, 07264 (4, p 123)
  18. CIL 13, 07265.
  19. CIL 13, 07394
  20. CIL 13, 07357
  21. CIL 13, 07370
  22. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 29
  23. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 29f.
  24. V. Rupp, Wetterauer Ware – Eine römische Keramik im Rhein-Main-Gebiet. Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 10, 1988, S. 23-36.
  25. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 30
  26. I. Huld-Zetsche in: Die Römer in Hessen S. 280f.
  27. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 26f. Abb. 28 a und b.
  28. CIL 13, 07335; CIL 13, 07337 - durch die Inschriften erfahren wir auch, dass es Altäre für die Genien in den Straßen gab.
  29. Siehe Georg Wolff: Die südliche Wetterau in vor- und frühgeschichtlicher Zeit mit einer archäologischen Fundkarte. (Frankfurt a. M. 1913).
  30. D. Baatz in: Die Römer in Hessen. S. 111; I. Huld-Zetsche in: Die Römer in Hessen S. 280.
  31. Zu den Villen siehe Vera Rupp, Die ländliche Besiedlung und Landwirtschaft in der Wetterau und im Odenwald während der Kaiserzeit (bis 3. Jahrhundert einschließlich). In: H. Bender/H. Wolff (Hrsg.), Ländliche Besiedlung und Landwirtschaft in den Rhein-Donau-Provinzen des römischen Reiches. Passauer Universitätsschriften zur Archäologie 2 (Passau/Espelkamp 1991/1994) S. 239f.
  32. Etwa David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998, ISBN 3-8062-1310-0 Abb. 2.1
  33. I. Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. S. 28 und Abb. 107.
  34. CIL 13, 7424
  35. I. Huld-Zetsche in: D. Baatz/ F.-R. Herrmann]] (Hrsg.): Die Römer in Hessen S. 291; Nida-Heddernheim im 3. Jahrhundert
  36. U.a. im römischen Gräberfeld von Kempten-Keckwiese, siehe M. Mackensen, Das römische Gräberfeld auf der Keckwiese in Kempten. Materialh. Bayer. Vorgesch. 34 (Kallmünz 1984) bzw. A. Faber, Das römische Gräberfeld auf der Keckwiese in Kempten. Materialh. Bayer. Vorgesch. 75 (Kallmünz 1998); zu den Sonderbestattungen siehe auch P. Fasold: Römischer Grabbrauch in Süddeutschland. Kleine Schr. Kenntnis Röm. Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands 46 (Schriften des Limesmuseums Aalen) S. 21 f. und Abb. 34.

Koordinaten: 50° 9′ 14,8″ N, 8° 38′ 15,9″ O