Proton (Rakete)

russische Trägerraketenfamilie
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Proton ist die Bezeichnung für eine russische Rakete, die zum Starten schwerer Nutzlasten (z.B. Raumstation-Module) und geostationärer Satelliten verwendet wird. Im Zuge des sowjetischen Mondprogramms entstanden, gilt sie bis heute als Arbeitspferd der russischen Raumfahrt.

Start einer Proton-K Rakete, die das Modul Swesda zur Internationalen Raumstation ISS befördert (Juli 2000)
Datei:Proton-K rocket with Zond spacecraft.jpg
Transport einer Proton-K/Block-D Rakete mit einem Sond Raumschiff für bemannte Mondeinsätze. Die Einstiegsluke für Kosmonauten und der Rettungsturm sind deutlich auf der Spitze der Rakete zu sehen (Baikonur, späte 1960er)
Start einer Proton-K mit dem Sarja ISS-Modul (Baikonur, 1998)

Die Proton war die erste sowjetische Rakete, die speziell für die Raumfahrt konzipiert wurde und nicht, wie alle bisherigen, auf der Grundlage einer Interkontinentalrakete entstand. Seit ihrem Erststart am 16. Juli 1965 und zahlreichen folgenden Fehlstarts hat sie zahlreiche Verbesserungen erfahren und gehört mittlerweile zu den erfolgreichsten, zuverlässigsten und kostengünstigsten Raketen weltweit.

Technik

Je nach Version und Mission hat die Proton 3 bis 4 Stufen (die Erststartversion war zweistufig) und kann eine bis zu 21 Tonnen schwere Nutzlast in eine erdnahe Umlaufbahn bringen. Die Erststufe mit einem Gewicht von ca. 450 Tonnen besteht aus einem zentralem Tank mit 4,1 Metern Durchmesser und 21 Metern Länge für den Treibstoffanteil UDMH und 6 Außentanks für den Treibstoffanteil Distickstofftetroxid mit einem Durchmesser von 1,6 Metern und je einem daran befestigten Triebwerk RD-253. Die Außentanks haben die Form von Boostern und werden oft für diese gehalten, sind jedoch keine. Der Treibstoff reicht für eine Brenndauer von etwa 125 Sekunden. Die Zweitstufe mit einem Gewicht von ca. 135 Tonnen besitzt drei RD-210-Triebwerke und ein RD-211-Triebwerk, ist 10,9 Meter lang und liefert einen Vakuumschub von ungefähr 2300 kN. Der Treibstoffvorrat der Zweitstufe reicht für eine Brenndauer von etwa 160 Sekunden. Die dritte Stufe wird von einem RD-0213-Triebwerk. Sowohl zweite, als auch dritte Stufe verbrennen UDMH und NTO als Treibstoff.

Zum Erreichen von geostationären Umlaufbahnen und zum Starten von interplanetaren Sonden erhält die Proton noch eine zusätzliche vierte Stufe. Der erste Start einer vierstufigen Proton erfolgte am 10. März 1967 im Rahmen des bemannten Mondprogramms. Die vierte Stufe erhielt den Namen Block D, in späteren Jahren entstanden durch Verbesserungen mehrere Versionen dieser Stufe, die für verschiedene Nutzlasten ausgelegt sind. Ab 1999 kam eine neue Oberstufe zum Einsatz - die Breeze M, die nun vor allem kommezielle Nutzlasten in den Weltraum befördert.

Startanlagen der Proton existieren nur in Baikonur, das auf kasachischem Boden liegt. Da die Proton die einzige Trägerrakete Russlands ist, mit der schwere Militärsatelliten in die geostationäre Umlaufbahn gebracht werden können, ist sie für die Militärs strategisch wichtig. Daher soll die Proton in den nächsten Jahren durch die neue schwere Angara-Rakete ersetzt werden, für die derzeit eine Startanlage in Plessezk entsteht (Plessezk liegt auf russischem Boden). Der Erststart der Angara ist jedoch nicht vor 2006/2007 zu erwarten, bis zum Flug der schweren Angara-A5 Version, die die Proton ersetzen soll, dürften ein Paar weitere Jahre vergehen.

Um die Wartezeit bis zum operationellen Einsatz der Angara zu überbrücken und dennoch im kommeziellen Geschäft bleiben zu können, wurde als Zwischenlösung eine Weiterentwicklung der Proton zur Proton-M durchgeführt. Die Proton-M ist derzeit einer der erfolgreichsten kommerziellen Träger weltweit.

Proton-M

Schwerpunkt der Weiterentwicklung stellte die Steigerung der Nutzlast, des Nutzlastvolumens und der Flexibilität der Aufstiegsbahnen dar. Im Hintergrund standen auch Aspekte des Konkurrenzkampfes innerhalb der russischen Raumfahrtkonzerne.

Neben der Anwendung der Breeze-M Oberstufe (im Gegensatz zu Block-DM ebenfalls aus dem Hause Chrunitschev) wurden die Triebwerke der ersten Stufe durch 6 mal RD-275 mit ca. 7 % mehr Leistung (je 1635 kN Bodenschub) ersetzt. Ein völlig neues digitales Lenksystem (Hersteller Piljugin-Zentrum Moskau) ermöglicht eine bessere Treibstoffausnutzung und variablere Aufstiegsbahnen und ist zudem 200 kg leichter als das bisherige ukrainische, analoge System. Ebenfalls digitalisiert wurde das Telemetriesystem (Produktionsvereinigung für Messtechnik in Koroljow). Nutzlastverkleidungen aus Verbundwerkstoffen stehen in Größen von 13,20 m, 11,60 m und 19,75 m Länge mit 4,35 m und 5 m Durchmesser zur Verfügung.

Die Produktion erfolgt durch den Konzern Chrunitschew in Moskau-Fili, nach einem Bahntransport wird die Endmontage der Rakete im Montagekomplex MIK-92 auf dem Kosmodrom Baikonur durchgeführt. Der Start erfolgt über die Rampen PU-24 und PU-39. Der Erststart der Weiterentwicklung erfolgte am 7. April 2001, nachdem die Breeze-M Oberstufe bereits zuvor in Verbindung mit der älteren Proton-K erfolgreich getestet wurde. Für russische Nutzlasten wird die Proton-K zeitweilig noch parallel eingesetzt. Die internationale Vermarktung wird vom Konsortium International Launch Services (ILS), zu dem auch die US-Firma Lockheed-Martin (s.a. Atlas) gehört, ausgeübt.

Versionen

  • Proton: zwei Stufen (Erststart 16.07.1965, letzter Start 06.07.1966)
  • Proton K: drei Stufen – letzter Start 2000
  • Proton K / Block D (D-1, D-2, DM, DM-2, DM-2M, DM-5, DM1, DM2, DM3, DM4): vier Stufen (Erststart (Block D) 06.07.1966 – derzeit im Einsatz (Block DM-2 und spätere))
  • Proton K / Breeze M: vier Stufen, Übergangsversion auf Proton M / Breeze M (Erststart 05.07.1999)
  • Proton M: 3 Stufen, bisher nicht eingesetzt
  • Proton M / Breeze M: vier Stufen (Erststart 07.04.2001 – derzeit im Einsatz)

Technische Daten

Erststartversion

  • Stufen: 2
  • Höhe: 32 m
  • Durchmesser 1. Stufe: 7,40 m (mit Außentanks)
  • Durchmesser 2. Stufe: 4,10 m
  • Startgewicht: ca. 585 t (davon ca. 541 t Treibstoff)
  • Startschub: 8844 kN
  • Vakuumschub: 10020 kN
  • Nutzlast: ca. 12 t (NEO)
  • Treibstoff: UDMH/NTO (Unsymmetrisches Dimethylhydrazin/Distickstofftetroxid)

Proton K

  • Stufen: 3 / 4
  • Höhe: 49 m
  • Durchmesser 1. Stufe: 7,4 m (mit Außentanks)
  • Durchmesser 2./3. Stufe: 4,1 m
  • Durchmesser 4. Stufe: 3,7 m (Block DM)
  • Startgewicht: ca. 684 t (davon ca. 634 t Treibstoff)
  • Startschub: 9500 kN (6 × RD-253)
  • Nutzlast: ca. 19,76 t (NEO), ca. 4,8 t (interplanetar), ca. 2,6 t (GEO)
  • Treibstoff: UDMH/NTO (Unsymmetrisches Dimethylhydrazin/Distickstofftetroxid)

Proton M

  • Stufen: 3 / 4
  • Höhe: 57,2 m (mit 4.Stufe und Nutzlastverkleidung)
  • Durchmesser 1. Stufe: 7,4 m (mit Außentanks)
  • Durchmesser 2./3. Stufe: 4,1 m
  • Durchmesser 4. Stufe: 4,1 m (Breeze-M)
  • Startgewicht: ca. 690 t
  • Startschub: 9800 kN (6 × RD-275)
  • Nutzlast: ca. 21 t (NEO), ca. 4,8 t (interplanetar), ca. 3,2 t (GEO)
  • Treibstoff: UDMH/NTO (Unsymmetrisches Dimethylhydrazin/Distickstofftetroxid)

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