Die Liste der Figurengruppen in der Berliner Siegesallee führt 32 Figurengruppen der ehemaligen Siegesallee im BerlinerTiergarten auf.
Plan der Siegesallee mit den 32 Figurengruppen 1902
Die aus Marmor hergestellten Gruppen bestehen aus 32 Standbildern von jeweils 2,75 Metern Höhe, die sämtliche Markgrafen, Kurfürsten und KönigeBrandenburgs und Preußens zwischen 1165 und 1888 darstellen. Jedem Standbild sind zwei kleinere Büsten von Personen zugeordnet, die im Leben oder in der Zeit der jeweiligen Herrscher eine wichtige Rolle spielten. Die Markgrafen, Kurfürsten und Könige standen zentral auf einem halbrunden Sockel, der hinten von einer Sitzbank geschlossen war. Die beiden Nebenfiguren waren in die Sitzbank eingepasst und teilten sie in drei Abschnitte.
Die monumentale Allee, von Teilen der Berliner Bevölkerung als „Puppenallee“ belächelt, entstand zwischen 1895 und 1901 im Auftrag Kaiser Wilhelms II.. Die künstlerische Leitung lag bei dem Bildhauer Reinhold Begas, die Direktion des historischen Programms bei dem Historiker und Präsidenten des Preußischen Geheimen StaatsarchivsReinhold Koser. Die Siegesallee wurde nach dem Zweiten Weltkrieg abgetragen, einige Figuren sind verschollen. Die verbliebenen, zum Teil beschädigten Denkmäler lagern mit Stand 2009 überwiegend im Lapidarium in Berlin-Kreuzberg. Der zukünftige Verbleib der Figuren ist ungewiss, da das Lapidarium vom Liegenschaftsfonds Berlin verkauft wurde.
Die Aufstellung listet zudem zwei ergänzende Gruppen auf, die 1903 auf dem halbrunden Platz vor dem Brandenburger Tor aufgestellt wurden und im Stil den Siegesalleegruppen angelehnt sind.[1] Im einzelnen gibt die Liste zu jeder Gruppe an: Titel, Funktion, Regierungszeit und Fürstengeschlecht der Hauptfigur; die von den Nebenbüsten dargestellten Personen und ihre Funktion; Bildhauer der Gruppe; Datum der Enthüllung; Verbleib und Erhaltungszustand der Figuren.[2] Zudem enthalten einige Gruppen ergänzende Hinweise zu ihrer Entstehungsgeschichte, Zusammenstellung oder künstlerischen Gestaltung, wenn diese Aspekte für die Gruppe besonders bemerkenswert sind.
Otto von Bamberg, Bischof. Da das Standbild Albrecht als Bezwinger des Heidentums auffasst, sind zwei Bischöfe als Beifiguren gewählt, die sich um die Missionierung verdient gemacht hatten.[3]
Albrecht Hof der Zitadelle Spandau, Wigger und Otto Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Standbild Albrechts um fehlende Teile ergänzt und restauriert; beiden Büsten fehlen kleinere Teile, ihre Köpfe sind intakt beziehungsweise bei Wigger wieder angesetzt.
Anmerkung zur Gestaltung:
Die Gesichtszüge Albrechts formte Schott nach seinem eigenen Kopf. Für die Nebenfiguren suchte er per Zeitungsannonce nach Modellen. Unter den rund 40 Bewerbern wählte er einen märkischen Fischer, einen reizenden alten Mann und für den Bamberger einen dicken Kölner Küfer aus. Denn von dem Brandenburger habe er die Vorstellung eines mageren, halbverhungerten Priesters gehabt, da es in der Mark nicht so viel zu essen gegeben habe, während er bei dem Bamberger aufgrund dessen gutsituierten Erzbistums an einen gebildeten, sehr behäbigen und runden Mann gedacht habe.[4]
Otto I. (Teile abgebrochen, starke Konturschäden) im Lapidarium, Berlin Kreuzberg; Pribislaw (nur Kopf erhalten) in Berliner Privatbesitz; Sibold im Hofgut Waldeck in Utting am Ammersee, ehemaliger Besitz der Familie Siebold.
Albrecht II. (ca. 1150–1220), jüngster Sohn von Otto I., Bruder von Otto II.
Titel, Funktion:
vierter Markgraf von Brandenburg
Regierungszeit:
1205–1220
Fürstengeschlecht:
Askanier
Nebenfigur links:
Eike von Repgow, Verfasser des Sachsenspiegels. (Keine Verbindung zu Albrecht II. Die Wahl der Nebenfigur ist wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass der Sachsenspiegel als das bedeutendste Rechtsbuch des deutschen Mittelalters großen Einfluss auch auf Brandenburg und Norddeutschland hatte.)
Lapidarium, Berlin-Kreuzberg (Albrecht II. und Salza Köpfe abgebrochen und 1984 wieder angesetzt; Albrecht fehlende Teile; Repkow linke Hand abgebrochen, vorhanden; Salza Arm mit Urkunde fehlt)
Doppelstandbild der Brüder Johann I. (1213–1266) und Otto III. (1215–1267), die gemeinsam regierten, Söhne von Albrecht II.
Titel, Funktion:
fünfter und sechster Markgraf von Brandenburg
Regierungszeit:
Johann I. 1220–1266 ; Otto III. 1220–1267
Fürstengeschlecht:
Askanier
Nebenfigur links:
Simeon von Cölln (zweite Gründungsstadt Berlins), Propst, als Zeuge in der ersten Urkunde Cöllns (28. Oktober 1237) genannt (mit Johann I. und Bischof Gernand von Brandenburg)[5]
Nebenfigur rechts:
Marsilius, erster nachgewiesener Schultheiß von Berlin (andere Angabe: von Cölln)
Doppelstandbild (Kopf Otto abgebrochen, 1984 wieder angefügt; weitere Teile abgebrochen) Lapidarium, Berlin-Kreuzberg; Büsten (einzelne Teile abgebrochen) Zitadelle Spandau, Pulverkammer der Bastion König.
Anmerkung zur Gestaltung:
Johann I. und Otto III. galten zur Zeit der Denkmalerrichtung als Gründungsväter der ursprünglich getrennten Doppelstadt Berlin und Cölln. Der auf einem Stein sitzende Johann I. hat über seinen Knien die Urkunde ausgebreitet, durch die Berlin und Cölln das Stadtrecht erhalten haben sollen. Der engen Verbindung der beiden Markgrafen zu Berlin/Cölln ist zudem die Wahl der Nebenfiguren geschuldet.
Relief von 1909 nach dem Siegesallee-Standbild in Berlin-Mariendorf, Foto 2007
Hauptfigur:
Johann II. (* 1237(?); † 10. September 1281), Sohn von Johann I.
Titel, Funktion:
(Markgraf von Brandenburg, Mitregent seines Bruders Otto IV. (mit dem Pfeil); eher unbedeutend für die Geschichte Brandenburgs. Zu den Gründen, die zur Aufnahme Johanns II. in die Siegesallee führten, liegen keine Angaben vor.)
Graf Günther I. von Lindow und Ruppin (?–1284). Die Grafenlinie Lindow-Ruppin war eine Nebenlinie der thüringischen Grafen von Arnstein, siehe auch Wichmann von Arnstein; der Graf bezeugte mehrere Urkunden Johanns und hat sich wahrscheinlich in dessen Gefolge aufgehalten.
Nebenfigur rechts:
Konrad Belitz, auch Konrad von Beelitz (? {Ersterwähnung 1288}–1308), Fernhändler, Kaufmann [6], Ratsmann und Bürgermeister (?[7]) von Berlin; ältester erhaltener, künstlerisch bearbeiteter Grabstein Berlins, Franziskanerkloster, heute laut Edition Luisenstadt in der Nikolaikirche[8].
Hauptfigur (leichte Konturschäden) und Büste Graf Günter (ohne Kopf) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg; Büste Konrad Belitz verschollen (sollte laut Magistratsbeschluss vom 7. Juli 1947 in das Märkische Museum überführt werden).
Anmerkung zur Gestaltung:
Die Gestaltung Felderhoffs fiel völlig aus dem Rahmen, indem er gegen die gängige historisierende Kunst eine (fast moderne) großflächige typisierende Form wählte (siehe ausführlich: Felderhoff, Siegesalleegruppe).
Johann von Kröcher, genannt Droiseke, mit Erwähnungen in mindestens 180 Urkunden bestdokumentierter märkischer Ritter und Edelmann der askanischen Zeit, ausgedehnter Landbesitz
Nebenfigur rechts:
Johann von Buch, Vertreter des Bruders Johann II., sorgte für den Freikauf Ottos aus der Gefangenschaft, obwohl der ihn als Berater entlassen hatte
Hauptfigur (nur Kopf erhalten) in Berliner Privatbesitz; Büsten im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg (von Buch ohne Kopf, verschollen)
Anmerkung zur Gestaltung:
Die Augenbinde Ottos IV. verweist auf die Verwundung durch einen Pfeil, die er im Alter von etwa 40 Jahren erlitt. Die mit Eichenlaub bekränzte Leier am Baumstamm hebt seine Bedeutung als Minnesänger hervor. Der Turnierhelm im linken Arm und das Schwert zeigen die heldenhaften, kriegerischen Züge des Markgrafen.[9]
Lapidarium, Berlin-Kreuzberg (Hauptfigur Konturschäden; leichte Beschädigungen an den Sockeln der Büsten)
Anmerkung:
Da Waldemar als der bedeutendste märkische Askanier galt, legte Wilhelm II. auf die Gestaltung dieser Gruppe besonderen Wert und übertrug die Arbeit Reinhold Begas, dem künstlerischen Direktor des Gesamtprojekts Siegesallee. Der aber vermochte dem Auftrag kein Interesse abzugewinnen (was laut Lehnert der Figur dann auch anzusehen war) und versuchte die Arbeit abzugeben. Dem Wunsch entsprach der Kaiser nicht.[11]
Lapidarium, Berlin Kreuzberg (Hauptfigur ohne Kopf, re. Arm, li. Bein; Wedigo (= Zille) Kopf fehlt)
Anmerkung:
Da Heinrich das Kind für die märkische Geschichte bedeutungslos blieb, war seine Aufnahme in die Siegesallee in der Historischen Planungskommission unter Reinhold Koser sehr umstritten. Modell stand der französische Cellist Paul Bazelaire (→ Ausführlich zur Gestaltung des Standbilds: Abschnitt zur Gruppe 9 im Artikel August Kraus).
Johann von Buch der Jüngere, Jurist, gehörte zum Gefolge Ludwigs. (Zum Vater Johann von Buch siehe Gruppe 7 (Otto IV.). Die kaiserliche Direktive, nach der kein Geschlecht zweimal vertreten sein sollte, wurde nicht nur hier durchbrochen.)
Nebenfigur rechts:
Johann II., Burggraf von Nürnberg, 1345 für kurze Zeit Statthalter von Ludwig I. (der „eigentlich erste“ Hohenzoller in der Mark). Hält im rechten Arm seinen mit einem Brackenhaupt verzierten Helm (Bracke ist ein „starker Fanghund, Symbol der Jagdgerechtigkeit; das Brackenhaupt auf dem Hohenzollernwappen ist 1317 von der Familie erkauft worden.“[13])
Standbild Ludwig und Büste Johann von Buch wahrscheinlich kriegszerstört, verschollen. Lediglich der Torso des Nürnberger Burggrafen (Kopf verschollen) ist erhalten und befindet sich im Lapidarium, Kreuzberg.
1351–1365 Markgraf von Brandenburg, 1356–1365 (erster) Kurfürst von Brandenburg (ferner als Ludwig VI. Herzog von Oberbayern)
Regierungszeit:
1351–1365
Fürstengeschlecht:
Wittelsbacher
Nebenfigur links:
Ritter Hasso der Rote von Wedel, hatte sich um die Bekämpfung des Falschen Waldemar verdient gemacht; zudem sollte ein Mitglied der Familie von Wedel in der Skulpturenreihe vertreten sein.
Emil Graf von Schlitz genannt Görtz. Von Görtz und seine Familie waren dem Kaiser freundschaftlich verbunden, er trat ansonsten bildhauerisch kaum in Erscheinung. Lehnert resümiert ihren Eindruck der Gruppe: „Ganz offensichtlich war Graf Görtz den kompositorischen Anforderungen nicht gewachsen.“[14])
Datum der Enthüllung:
14. November 1900
Verbleib der Figuren:
Sämtliche Figuren im Zweiten Weltkrieg zerstört, verschollen
Markgraf und Kurfürst von Brandenburg (ferner Herzog von Oberbayern)
Regierungszeit:
1365–1373
Fürstengeschlecht:
Wittelsbacher – der letzte Wittelsbacher in der Mark Brandenburg
Nebenfigur links:
Thilo von Brügge, Berliner Patrizier, Münzmeister von Berlin, Inhaber des Stadtgerichts, Vogt über sechs märkische Städte. Die Büste zeigt ihn mit Amtskette. Das umstirnte Drachenhaupt im Wappen verweist auf die rheinische Herkunft seiner Familie.
Nebenfigur rechts:
Thilo von Wardenberg (Tiele Wardenberg), Bürgermeister (möglicherweise nur Ratsherr) von Berlin, Symbolfigur des Widerstands gegen Karl IV.. Sockelinschrift: Thilo von Wardenberg, Oldermann von Berlin.
Alle drei (mit leichten Konturschäden) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg
Anmerkung:
Die Gruppe gehörte zu den wenigen, die sowohl bei Auftraggebern wie auch Vertretern der „Moderne“ hohe künstlerische Wertschätzung genossen. Der Kaiser war besonders angetan von der brillant getroffenen nichtstuerischen Nonchalance[15]. Allerdings reizte der „in ziemlich lascher Haltung und mit herunterhängenden Augenlidern, kurz mit blödem Gesicht“[16] dargestellte Wittelsbacher die zeitgenössischen Kritiker der Siegesallee zu bissigen Karikaturen, siehe Siegesallee, Otto der Faule.
Der Titel Markgraf und Kurfürst von Brandenburg lag eigentlich bei seinem minderjährigen Sohn Wenzel von Luxemburg (1361–1419), doch führte Karl IV. die Regierungsgeschäfte für ihn aus. Wenzel fand in der Siegesallee an keiner Stelle eine Erwähnung.
1378–1397, 1411–1415 (Die Lücke zwischen 1397 und 1411, die Jobst von Mähren ausfüllte, wurde in den Darstellungen der Siegesallee nicht geschlossen; der Vorschlag Kosers von 1895, mit Sigmund und Jobst eine Doppelgruppe zu installieren, wurde aus unbekannten Gründen nicht realisiert.[17])
Wend von Ileburg (Adelsfamilie Eulenburg), Landeshauptmann, kaum Bedeutung für die märkische Geschichte. Laut Lehnert Reverenzentscheidung zugunsten der dem Kaiser nahestehenden Adelsfamilie Eulenburg. Ursprünglich war Caspar Gans zu Putlitz vorgesehen[18], auch wenn er am Kremmer Damm noch gemeinsam mit den Quitzows die Hohenzollern bekämpft hatte.
Relief:
Als Besonderheit dieser Gruppe war in der Bank zwischen den beiden Büsten ein Relief eingelassen, das die Kurfürstin Elisabeth im Gebet zeigte. Das war die einzige Darstellung einer Frau in der gesamten Monumentalallee, was selbst Reinhold Koser bedauerte.
Friedrich II. (* 19. November 1413; † 10. Februar 1471); dargestellt als Bezwinger des städtischen Widerstands; die Urkunde in seiner Faust symbolisiert die Unterwerfung der Doppelstadt Berlin-Cölln nach dem Berliner Unwillen; die Streitaxt, die Pfeile und die zerrissenen Urkunden am Boden sollen gleichfalls auf die vom Eisenzahn gebrochene Macht der märkischen Städte hinweisen („historisch verbrämte Warnung“ Wilhelm II. an die aktuellen Stadtväter um 1900[19]).
Wilke Blankenfelde, Bürgermeister von Berlin, zwar einer der „[…] gegen Friedrich II. revoltierenden Patrizier […], später jedoch als geläuterter Untertan wieder in Amt und Würden eingesetzt und damit denkmalwürdig […].“[20] Hält in seiner rechten Hand das wiederverliehene Amtssiegel.
Hauptfigur und Büste Blankenfelde (beide gut erhalten mit einzelnen fehlenden Teilen) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg; Büste Sesselmann in der Zitadelle Spandau, Pulverkammer, Bastion König (Mitraspitzen abgebrochen)
Markgraf und Kurfürst; ferner als Albrecht I. Markgraf von Ansbach und Kulmbach
Regierungszeit:
1470–1486 (da sich Achilles vor allem in der Reichspolitik engagierte, hatte er die Regentschaft der Mark bereits 1473 seinem Sohn und Nachfolger Johann übertragen)
Fürstengeschlecht:
Hohenzollern (der letzte Hohenzoller, der über die Mark Brandenburg und die fränkischen Lande in Personalunion herrschte)
Aus dem Rahmen fiel die aufwändige, in gotischem Stil gehaltene Gestaltung der Bank und der Architekturteile. Die Banklehne durchzog ein durchbrochenes Fischblasenornament, „dem die Wappen von Zollern, Nürnberg, Brandenburg und Pommern appliziert waren.“ Die Bankmitte schmückte das Wappen mit dem kurfürstlichen Zepter. Zu beiden Seiten des Bankendes ruhte die obligatorische Kaiserkrone auf einem Kissen. „Am Sockel der Hauptfigur sollten filigrane Spitzbögen, ein Fries aus stilisierten Rosen und Disteln und das vom hohenzollernschen Brackenhelm geschmückte brandenburgische Wappen Assoziationen an die Zeit Albrechts hervorrufen.“[21]
Alle drei im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Alle mit Schäden, Gesicht der Hauptfigur zerstört.
Anmerkung zur Gestaltung:
Lessing lehnte die Gestaltung des Standbildes stark dem Stifterbild Albrechts vom Schwanenordensaltar in der Gumpertskirche an; ferner unterstrich er Albrechts Ritterschaft im Schwanenorden mit einer Ordenskette, die Albrecht um den Hals trägt.[21]
Alle drei im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Hauptfigur gut erhalten. Büste Albrecht Bruchschäden, Teil des Gesichts abgeplatzt; an der Bülow-Büste fehlt der Kopf.
Markgraf und Kurfürst. Die erbbedingte vorübergehende Aufteilung der Mark zwischen Hektor und seinem jüngeren Bruder Johann dem Weisen (auch Hans von Küstrin), der die Neumark als Markgrafschaft Brandenburg-Küstrin erhielt, wurde in der Siegesallee nicht thematisiert; Johann fand keine Erwähnung.
Harro Magnussen. Das Denkmal ist das letzte in der Reihe der Siegesallee, das die Hauptperson mit einer Rüstung zeigt. Bei der Darstellung Hektors Rüstung übertrug Magnussen exakt die Einzelheiten der reichverzierten Prunkrüstung Joachims II., die im Zeughaus ausgestellt war.
Datum der Enthüllung:
22. Dezember 1900
Verbleib der Figuren:
Hauptfigur und Büste Georg der Fromme im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg (beide ohne Kopf und mit weiteren Schäden); Büste Jagow und Medaillon Luther verschollen.
Anmerkung:
Zentrales Thema der Gruppe war die Einführung der Reformation 1539 durch Hektor. Neben der Auswahl der Begleitfiguren und dem Medaillon unterstrichen die historische Kommission und Magnussen das Thema mit einer üppig verzierten Inschriftenkartusche am Denkmalsockel, in der unter anderem ein Abendmahlskelch und eine Hostie dargestellt waren.[23]
Johann Georg (* 11. September 1525, † 8. Januar 1598). Beiname Oeconomicus, da er gemeinsam mit Kanzler Distelmeyer (Nebenfigur rechts) versuchte, die Überschuldung der Mark mit einer rigorosen Sparpolitik zu reduzieren.
Hauptfigur im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Büsten in der Zitadelle Spandau. Graf Rochus an der Treppe zum Kommandantenhaus, Distelmeyer in der Zitadellenschänke. Alle drei Figuren mit diversen Beschädigungen und fehlenden Teilen.
Anmerkung zur Gestaltung:
Laut Uta Lehnert zeigt das Ensemble „einen Detailreichtum, der dazu geignet ist, Geschichte in Bildern ohne Worte zu erzählen.“[24] Zu einigen dieser Details → Denkmalabschnitte in den Artikeln zu Johann Georg, zu Lynar und Distelmeyer.
Hauptfigur und von Loeben im Zweiten Weltkrieg zerstört, verschollen. Graf Hieronymus: Torso im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg; Kopf im Besitz der Erben des Theaterkritikers Friedrich Luft.
Anmerkung zur Gestaltung:
Das im Renaissancestil gehaltene Hausmodell, an das sich der Kurfürst leger anlehnt, verweist auf seine Gründung des Joachimsthalschen Gymnasiums 1607. Das am Postament unter dem Gymnasium dargestellte Segelschiff erinnert an den von ihm veranlassten Bau des Finowkanals. Zusammen mit der Inschrift „Erhält des Friedens Wohlfahrtsstand durch der Gesetze festes Band“[25] sollen diese Accessoires Joachim Friedrich als Friedensfürst würdigen.[26]
Markgraf und Kurfürst; Herzog und Co-Regent von Preußen.
Regierungszeit:
1608–1619
Fürstengeschlecht:
Hohenzollern
Nebenfigur links:
Graf Fabian von Dohna (1550–1622), Oberburggraf; Beiname Fabian mit der Schmarre (wegen einer Kopfwunde, die er sich in einem Kriegszug zur Verteidigung der Hugenotten 1587 zuzog, in der Figur dargestellt als Stirnnarbe).
Hauptfigur (erhebliche Kriegsschäden, Gesicht abgeplatzt) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Beide Büsten verschollen.
Anmerkung zur Gestaltung:
Die mit ruhigem, ernsten Gesicht und in fester Haltung dargestellte Hauptfigur betont die feste Haltung Johann Sigismunds in Glaubensfragen. Die füllige Gestalt in spanisch-niederländischer Tracht mit weiten Pluderhosen kennzeichnete die zeitgenössische Kritik als „Falstafffigur“.[27]
Hauptfigur (rechter Arm fehlt, weitere erhebliche Schäden) und Büste Graf Adam (ohne Nase, starke Konturschäden) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Büste Konrad von Burgsdorff verschollen.
Anmerkung zur Gestaltung:
Da der zaudernde und unentschlossene Kurfürst sich den Wirren der Zeit und des Dreißigjährigen Krieges nicht gewachsen gezeigt und sich bei weiterhin aufwändiger Hofhaltung nach Königsberg zurückgezogen hatte, wählte der Bildhauer statt einer erhabenen Monumentalfigur eine dekorative, luxuriös ausstaffierte Kostümfigur. Eine ornamentale Ausstattung mit Fabeltieren und Blattwerk in der Inschriftenkartusche, pilasterartig gestaltete Bankwangen und zwei Löwenfiguren unter der Bank (Symbol für die ruhende Stärke Brandenburgs) unterstrichen die malerische Darstellung, die dem besonderen Talent des Bildhauers entsprach (→ Abschnitt Siegesalle bei Uechtritz-Steinkirch). Die Belehnung Brandenburgs mit Preußen in Georg Wilhelms Regierungszeit wurde nicht thematisiert.
Friedrich Wilhelm (der Große Kurfürst)
Friedrich Wilhelm I., der Große Kurfürst (Gruppe 25)
Gruppe 25, 1901
Bildmontage der Gruppe, 1900 (Büsten seitenverkehrt dargestellt)
Alle drei im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Alle mit Schäden und Abbrüchen.
Anmerkung zur Gestaltung:
Schapers erstes Modell, das den Großen Kurfürsten als Feldherrn darstellte, lehnte Wilhelm II. ab. Die realisierte Ausführung zeigt ihn als Friedensfürsten im Hofkostüm und Staatsgründer. „Die verheißungsvollen Schößlinge an dem mächtigen Eichenstumpf“, auf den sich die Figur stützt, „waren als Verweis auf die zuküftige politische Bedeutung Preußens für das Deutsche Reich gedacht.“[28]
Friedrich III. (Friedrich I. (Preußen))
Hauptfigur: Friedrich III. (* 11. Juli 1657; † 25. Februar 1713)
Titel, Funktion: Markgraf/Kurfürst und ab 1701 als Friedrich I. zusätzlich König in Preußen
Verbleib der Figuren: Alle drei im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Konturschäden und abgebrochene Teile an der Hauptfigur; Büsten mit leichten Beschädigungen.
Verbleib der Figuren: Alle drei im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. An der Hauptfigur fehlen Teile, der rechte Unterarm ist mit einer Eisenklammer am Oberarm befestigt. Beiden Büsten fehlen die Nasen. Die Büste des Ministers von Ilgen befand sich zwischen 1954 und 1988 im Park des Schlosses Britz, das Ilgen 1719 gekauft hatte. Seit 1988 steht dort eine Kopie der Büste.
Friedrich II. (der Große)
Hauptfigur: Friedrich II. (* 24. Januar 1712; † 17. August 1786)
Titel, Funktion: Markgraf/Kurfürst, König in bzw. von Preußen
Verbleib der Figuren: Hauptfigur (rechter Arm mit Stock fehlt), ihr Sockel (gut erhalten) und Büste Graf von Schwerin (rechter Arm teilzerstört) im Lapidarium, Berlin-Kreuzberg. Büste von Bach verschollen.
Verbleib der Figuren: Hauptfigur (rechte Hand und Stock fehlen) im Lapidarium, Berlin Kreuzberg; Büste Freiherr vom Stein am Reformationsplatz Spandau, Büste Blücher verschollen; Schadow-Relief nicht erhalten.
Die Banklehne schmückten die Bildhauer mit einem Fries von Kornblumen und Ähren, den Lieblingspflanzen Wilhelms I.
Bildhauer:
Reinhold Begas (?) – die Nebenfiguren stammen wohl tatsächlich von Begas, während das Hauptdenkmal sehr wahrscheinlich vom Begas-Meisterschüler August Kraus entworfen und ausgeführt wurde, der bereits die Gruppe 9 mit Heinrich dem Kind modelliert hatte. Das Erstmodell Wilhelms I. von Begas war bei Wilhelm II., dem Enkelsohn des ersten deutschen Kaisers, durchgefallen. „In Verbindung mit dem Pickelhelm machte das Modell […] einen zu soldatischen Eindruck, das heißt, es brachte die Herrscherwürde nicht angemessen zum Ausdruck.“ Kraus, der zwischen eigenen Arbeiten dem Meister immer wieder seine Arbeitskraft zur Verfügung stellte, hat dann sehr wahrscheinlich in Begas Werkstatt das zentrale Standbild ausgeführt, „die Urheberschaft jedoch erst später für sich beansprucht[…].“ [29] (→ Ausführlich zur Gestaltung der Denkmalgruppe: Abschnitt Gruppe 32 im Artikel August Kraus)
Datum der Enthüllung:
30. März 1901 (Der Erstentwurf stammt aus dem Jahr 1899)
Verbleib der Figuren:
Hauptfigur (starke Beschädigung im Gesicht) im Lapidarium, Berlin Kreuzberg; Nebenfiguren verschollen.
Zwei ergänzende Gruppen am Brandenburger Tor
Ergänzend wurden 1903 Standbilder von Kaiser Friedrich III. und Kaiserin Friedrich auf dem halbrunden Platz vor dem Brandenburger Tor aufgestellt. Die Gesamtentwürfe der Anlage stammen von Oberhofbaurat Ernst von Ihne, die architektonische und dekorative Ausstattung von August Vogel und Wilhelm Widemann. Die Marmorausführung übernahm der Steinbildhauer Fritz Tübbecke. Enthüllung beider Gruppen, oft als Gruppen 33 und 34 der Siegesallee bezeichnet, am 18. Oktober 1903.[1] Der Zuordnung der Gruppen zur Siegesallee widerspricht allerdings Uta Lehnert: „Die Denkmäler der Eltern Wilhelms II. standen zwar in einem gewissen ideellen Kontext zur Siegesallee, im engeren Sinne muß ihre verschiedentlich behauptete Zugehörigkeit (als Gruppen 33 und 34) aber verneint werden.“ So wäre es beispielsweise nicht denkbar gewesen, dass Wilhem II. seiner 1901 verstorbenen Mutter in der Siegesallee ein Denkmal gesetzt hätte.[30]
Weckt man den schönen, weißen Marmor ein? Vor langen Jahren, damals, im Examen, wußt ich, wie alle nach der Reihe kamen ... Soll das umsonst gewesen sein?
Und sie ist schön! – Laß uns vorübergehen und lächeln – denn wir wissen ja Bescheid. Ich glaub, wir lassen still die Puppen stehen als Dokumente einer großen Zeit.
Helmut Caspar (Hrsg): Die Beine der Hohenzollern, interpretiert an Standbildern der Siegesallee in Primaneraufsätzen aus dem Jahre 1901, versehen mit Randbemerkungen Seiner Majestät Kaiser Wilhelm II., Berlin Edition, Berlin 2001, ISBN 3814800869, 128 S.
Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-496-01189-0.
Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin (1237–1411). In: Wolfgang Ribbe (Hrsg.), Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin: Geschichte Berlins. 1. Band, Verlag C.H. Beck, München 1987, ISBN 3-406-31591-7.
Cornelius Steckner: Der Bildhauer Adolf Brütt – Schleswig-Holstein • Berlin • Weimar. Verlag Boyens & Co., Heide 1989 bes. S. 182–193 ISBN 3-8042-0479-1 (Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Hrsg. Dieter Lohmeier, Bd. 9)
↑ abGruppe Nr. 33 = Ergänzungsauftrag Kaiser Wilhelm II. vom 3. Oktober 1900 an Adolf Brütt; Enthüllung 18. Oktober 1903 – Gruppe Nr. 34 Kaiserin Friedrich; vgl. Steckner, 1989, S. 182–193.
↑Die Angaben über den Verbleib und den Zustand der Figuren stammen weitgehend aus dem Werk von Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale. …
↑Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin …, S. 175, 181
↑Die vielfache und auch von Lehnert vorgenommene Zuschreibung „Bürgermeister“ können wir nicht verifizieren; die Standardwerke zur Berliner Geschichte (Ribbe … in 2 Bänden; Stadtoberhäupter …; Edition Luisenstadt …) enthalten diese Angabe nicht, sondern sprechen lediglich von „Ratsmann“
↑Die einschlägige Literatur zur Siegesallee enthält hier die Angabe 1324 (statt 1323), die auf der entsprechenden Inschrift am Sockel beruht. Diese Angabe beruht auf einem Irrtum von Reinhold Koser, dem historischen Direktor der Siegesallee. Vgl. Uta Lehnert: Der Kaiser und die …, S. 64, Anm. 6
↑Uta Lehnert: Der Kaiser und die …, S. 238, Anm. 55