Germar Rudolf (* 29. Oktober 1964 in Limburg an der Lahn), ist diplomierter Chemiker und gehört zu der Gruppe der Geschichtsrevisionisten, die öffentlich behaupten, der Holocaust habe nicht oder nicht in der allgemein bekannten Form stattgefunden (siehe auch Holocaustleugnung).
Germar Rudolf nahm vorübergehend bis zu seiner Scheidung den Nachnamen seiner ersten Ehefrau, Scherer, an. Zeitweilig war er Mitglied der Republikaner.
Nach seinem Abitur 1983 in Remscheid nahm Rudolf ein Studium der Chemie in Bonn auf, das er 1989 abschloss. Während seines Studiums gehörte er der Korporation AV Tuisconia Königsberg zu Bonn und der KDStV Nordgau Prag zu Stuttgart im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen an (sein Ausschluss erfolgte 1995). Nach seinem Grundwehrdienst erhielt er im Oktober 1990 im Rahmen seines Promotionsstudiengangs eine befristete Anstellung am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Während dieser Zeit verfasste er im Auftrag des Düsseldorfer Rechtsanwalts Hajo Herrmann, der den General a. D. Otto Ernst Remer in einem Prozess wegen Volksverhetzung vertrat, eine Schrift unter dem Titel Gutachten über die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den Gaskammern von Auschwitz. In dieser Schrift, dem sogenannten Rudolf-Gutachten, behauptete Rudolf, den Gaskammern des KZ Auschwitz Mauerproben entnommen und in den Gesteinsresten nur kleine Rückstände von Zyklon B gefunden zu haben, anders als im Fall der Kleiderbegasungskammern gegen Läuse und andere Schädlinge, wo er mehr Rückstände von den die Zeit überdauert habenden Umwandlungsprodukten (‚Preußisch Blau‘) im noch vorhandenen Mauerwerk gefunden haben will. Was Rudolf verschweigt: Blausäure ist für Warmblüter (und dazu gehören Menschen) erheblich giftiger als für Läuse. Von Ungeziefer befallene Kleidung musste daher zwangsläufig erheblich länger und in erheblich höherer Konzentration dem Gas ausgesetzt sein. Um Läuse abzutöten, verwendet man das Gas in einer Konzentration von bis zu 16.000 ppm (parts per million) bei einer Anwendungsdauer von bis zu 72 Stunden. Hingegen sind schon 300 ppm über einen Zeitraum von 15 Minuten für Menschen tödlich. Anders als bei einer Entlausung wurden in den Gaskammern der Krematorien somit
- geringere Mengen an Blausäure
- für einen kürzeren Zeitraum
eingesetzt. In Konsequenz konnte die freigesetzte Blausäure bei den Vergasungen von Menschen nur weniger Cyanid-Verbindungen bilden.
Da Rudolf zur Erstellung seiner Schrift Ressourcen seines Arbeitgebers, des Max-Planck-Instituts, missbräuchlich verwendet hatte – unter anderem hatte er eine Analyse bei einem anderen Institut in Auftrag gegeben –, wurde ihm 1993 gekündigt; eine Klage dagegen verlor Rudolf. Er finanzierte seinen Lebensunterhalt in der Folge mit Gutachten in anderen Prozessen wegen Volksverhetzung und verwandter Delikte, durch Zuwendungen wohlhabender Gönner und durch publizistische Tätigkeit.
1994 erschien unter dem Pseudonym Ernst Gauss seine Publikation Grundlagen der Zeitgeschichte. Ein Handbuch über strittige Fragen des 20. Jahrhunderts im Grabert-Verlag. Am 15. Juni 1996 wurde dessen Verlagsleiter Wigbert Grabert deshalb wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe in Höhe von 30.000 DM verurteilt (das Urteil ist seit dem 9. Dezember 1998 rechtskräftig.) Das Buch wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom Juli 2000 endgültig eingezogen.
Rudolf, gegen den ebenfalls ermittelt und 1996 das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Tübingen begonnen wurde, floh im Frühjahr 1996 zunächst nach Spanien, schließlich weiter nach England, um einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten zu entgehen, die das Landgericht Stuttgart im Mai 1995 wegen der Veröffentlichung des ‚Rudolf-Gutachtens‘ verhängt hatte. Im Dezember 1999 musste das Strafverfahren gegen Rudolf wegen Verjährung schließlich eingestellt werden. Er lebt gegenwärtig in Chicago, wo er politisches Asyl beantragt hatte. Dieser Asylantrag ist im November 2004 endgültig abgelehnt worden. Obwohl er seit dem 11. September 2004 mit einer Amerikanerin verheiratet ist, droht ihm die Abschiebung nach Deutschland.
Rudolf hat unter zahlreichen Pseudonymen veröffentlicht, unter anderem auch unter den Namen Ernst Gauss, Manfred Köhler, Lennard Rose, Jakob Sprenger. Nach eigenem Eingeständnis wollte er dadurch seinen Schriften größere Glaubwürdigkeit verleihen, indem er so tat, als gebe es eine größere Zahl von Fachleuten, die seine Ansichten teilten. Derzeit gibt er verschiedene revisionistische Publikationen heraus, darunter auch seit 1997 die Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung, VffG der belgisch-flämischen Organisation Vrij Historisch Onderzoek (Freie historische Forschung), deren Internetauftritt er maßgeblich betreut. Außerdem ist Rudolf Inhaber des revisionistischen Buchverlags Castle Hill Publishers.
Literatur
- Thomas Grumke/Bernd Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Opladen, 2002, S. 312 - 314.
- Martin Finkenberger: Geschichtsrevisionisten vor Gericht. In: Martin Finkenberger/Horst Junginger (Hrsg.): Im Dienste der Lügen. Herbert Grabert (1901-1978) und seine Verlage. Aschaffenburg: Alibri-Verl., 2004. S. 124-141, hierzu S. 128-141. ISBN 3932710762.
Weblinks
- http://lexikon.idgr.de/r/r_u/rudolf-germar/rudolf-germar.php Lexikonartikel des Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus
- http://germarrudolf.com/ Selbstdarstellung (englisch)
- http://www.h-ref.de/ar/rudolf/werke.shtml Kritische Darstellung von Rudolfs Publikationen
- http://www.idgr.de/news/2004/n041118-a.php Artikel zur Ablehnung des Asylantrags in den USA auf den Seiten des Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus
Personendaten | |
---|---|
NAME | Rudolf, Germar |
KURZBESCHREIBUNG | Chemiker, Holocaustleugnung |
GEBURTSDATUM | 29. Oktober 1964 |
GEBURTSORT | Limburg an der Lahn |