Wiesenweihe

Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen
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Die Wiesenweihe (Circus pygargus) ist ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Wie viele Arten der Gattung Circus zeigt auch die Wiesenweihe einen starken Geschlechtsdimorphismus bezüglich Größe und Färbung. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich über weite Teile der westlichen und mittleren Paläarktis. Die Art bewohnt offene, feuchte bis trockene Habitate wie Verlandungszonen, Niedermoore und Steppen, in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten stark zunehmend auch intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen. Wiesenweihen sind Langstreckenzieher, sie überwintern in Afrika südlich der Sahara sowie im Süden Asiens.

Wiesenweihe

Wiesenweihe (Circus pygargus), vorn nicht ausgefärbtes Männchen, rechts adultes Weibchen, hinten links Vogel im Jugendkleid

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Greifvögel (Falconiformes)
Familie: Habichtartige (Accipitridae)
Unterfamilie: Weihen (Circinae)
Gattung: Weihen (Circus)
Art: Wiesenweihe
Wissenschaftlicher Name
Circus pygargus
(Linnaeus, 1758)

Beschreibung

Wiesenweihen sind mittelgroße, jedoch sehr schlanke und leichte Greifvögel. Die Körperlänge beträgt 39-50 cm, die Flügelspannweite 96-116 cm.[1] Wie viele Arten der Gattung Circus zeigt auch die Wiesenweihe einen starken Geschlechtsdimorphismus bezüglich Größe und Färbung. Adulte Männchen aus Europa wiegen 227-305 g und haben damit das Gewicht einer Straßentaube. Sie haben eine Flügellänge von 342 bis 389 mm, im Mittel 364 mm. Weibchen erreichen ein Gewicht von 319-445 g und eine Flügellänge von 350-388 mm, im Mittel 371 mm.[2]

Bei adulten Männchen sind Kopf, Oberseite des Rumpfes, die Oberflügeldecken sowie die Unterseite des Rumpfes bis zur Bauchmitte einfarbig dunkelgrau. Ab der Bauchmitte bis einschließlich der Unterschwanzdecken ist der Rumpf weißlich, die Bauchmitte ist mehr oder weniger kräftig fein rostbraun gestrichelt. Die großen Hand- und Armdecken der Oberseite sind grauweiß, auf der Unterseite zeigen sie auf ebenfalls grauweißem Grund kräftige rotbraune Strichel und Flecken. Die Armschwingen sind ebenfalls hellgrau mit einer schwarzen Querbinde auf der Ober- und zwei Binden auf der Unterseite. Die Handschwingen sind auf Ober- und Unterseite schwarz. Insgesamt ist die Oberseite der Flügel damit deutlich dreifarbig dunkelgrau, weißgrau und schwarz. Die Steuerfedern sind auf hellgrauem Grund dunkler grau gebändert, das mittlere Steuferdernpaar ist einfarbig dunkelgrau.

 
Weibliche Wiesenweihe

Adulte Weibchen sind auf Oberkopf, Hinterhals, Rücken und Oberflügeldecken einfarbig mittelbraun, die kleinen Armdecken sind in der Flügelmitte etwas aufgehellt. Die Schwingen sind oberseits auf graubräunlichem Grund schwärzlich gebändert und zeigen auch eine schwärzliche Spitze. Der Bürzel ist deutlich kontrastierend weiß. Die Steuerfedern sind auf hellbraunem Grund schwarz gebändert und zeigen eine breite schwarze Endbinde. Die Unterseite ist insgesamt deutlich heller. Hals, unterer Rumpf und die kleinen Unterflügeldecken sind auf hellbeigem Grund kräftig braun gestrichelt, die Strichelung wird zum Unterbauch hin schwächer. Die mittleren und großen Flügeldecken sind unterseits kräftig rötlich braun quergebändert. Die Unterseiten von Schwingen und Steuerfedern sind auf hellgrauem Grund breit dunkelbraun bis schwarz gebändert und zeigen eine breite dunkle Endbinde. Der Kopf zeigt einen schmalen dunklen Augenstreif, der ober- und unterhalb des Auges breit weißlich eingefasst ist. Das breite Wangenband ist dunkelbraun.

Vögel im Jugendkleid sind oberseits ähnlich wie adulte Weibchen gefärbt, die Armschwingen sind jedoch fast einfarbig dunkel graubraun. Auf der Unterseite unterscheiden sie sich von adulten Weibchen jedoch deutlich. Die Kehle, der gesamte Rumpf einschließlich der Beinbefiederung und der Unterschwanzdecken sowie die Unterflügeldecken sind fast einfarbig kräftig rostbraun. Die Brustseiten zeigen auf diesem Grund häufig eine feine dunkle Strichelung, die mittleren und großen Unterflügekldecken ein kräftigere Strichelung. Die Handschwingenspitzen sind unterseits schwärzlich, die Armschwingen sind insgesamt sehr dunkel und kontrastarm gebändert.

Die Iris ist bei adulten Vögeln gelb, bei Männchen im Jugendkleid grau, bei Weibchen im Jugendkleid braun. Wachshaut und Beine sind in allen Kleidern gelb, der Schnabel und die Krallen sind schwarz.

 
Verbreitungsgebiet der Wiesenweihe (grün = Brutgebiet, blau = Winterquartier)

Verbreitung und Lebensraum

Das Verbreitungsgebiet der Wiesenweihe umfasst große Teile der südwestlichen Paläarktis von Nordafrika über Süd- und Mitteleuropa bis West- und Mittelsibirien. Die Nordgrenze der Verbreitung liegt im Westen des Areals im Süden Großbritanniens und Südschweden, weiter östlich in Südwestfinnland und schließlich in Sibirien bei etwa 56° 30' N.

Die Art bewohnt offene, feuchte Habitate wie Verlandungszonen, Moore und seltener auch trockenere Lebensräume wie Steppen. In Mitteleuropa wurden die Horste früher überwiegend im Bereich von Verlandungszonen angelegt und dort vor allem im Übergangsbereich vom Röhricht zum Seggenried und in noch weiter vom offenen Wasser entfernten Bereichen mit schütterem Schilf. Diese Lebensräume sind in Mitteleuropa fast völlig zerstört, die Art besiedelt hier jedoch in den letzten Jahrzehnten stark zunehmend auch intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen, vor allem Getreidefelder.

Jagdweise und Ernährung

 
Männliche Wiesenweihe

Die Strategie der Wiesenweihen ist die Überrumpelung ihrer Beute im niedrigen "gaukelnden" Suchflug über Offenland aller Art (Grünland, Brachen, Äcker). Die Hauptnahrung besteht aus kleinen Säugetieren wie Wühlmäusen und kleinen Vögeln, daneben werden auch sehr häufig größere Insekten wie Heuschrecken, Libellen und Käfer gefressen. Vor allem im Südeuropa können auch Eidechsen einen erheblichen Teil der Nahrung ausmachen.

Fortpflanzung

Ab April/Mai sind beeindruckende Schauflüge der Wiesenweihen zu beobachten. Dabei schlagen die Vögel in der Luft Purzelbäume und lassen sich unter lautem "kekekek" Rufen mit angelegten Flügeln in die Tiefe fallen. Das Männchen steigt oft senkrecht in die Höhe und kehrt in einem Sturzflug zur Partnerin zurück.

 
Männliche Wiesenweihe, schematische Darstellung der Unterseite

Wiesenweihen sind Bodenbrüter und bauen heute ihr Nest verstärkt in Wintergerste- oder Weizenfeldern, da die Halme des Getreides im April/Mai höher stehen als die der Wiesen und so bessere Deckung bieten. Bei geeignetem Bruthabitat brüten oft mehrere Paare auf relativ engem Raum zusammen (Horstabstände teilweise unter 30 m). In Deutschland findet die Eiablage im Mai/Juni statt, das Gelege besteht zumeist aus 3-5 Eiern. Die Brutdauer beträgt 28-30 Tage, die Nestlingszeit 35-40 Tage. Hauptsächlich brütet das Weibchen, welches in dieser Zeit nicht selbst jagt, sondern vom Männchen mitversorgt wird (spektakuläre Beuteübergabe im Flug). Junge Wiesenweihen werden auch nach dem Flüggewerden noch weiter vom Vater mit Nahrung versorgt. Oft fliegen sie ihm entgegen und nehmen ihm die Beute in der Luft aus den Fängen. Mit sieben Wochen machen sie ihre ersten Jagdversuche.

Zugverhalten

Die Wiesenweihe ist ein Zugvogel. Das Winterquartier in Afrika reicht vom Südrand der Sahara bis nach Kapland und vom Irak bis nach Sri Lanka. Populationen aus Nord- und Mitteleuropa ziehen über Frankreich und Italien nach Afrika. Der Abzug aus den Brutgebieten erfolgt bereits ab Ende Juli/Anfang August, in Deutschland ist der Höhepunkt des Wegzugs etwa Mitte August/Anfang September. Der Heimzug erfolgt etwa Ende April/Anfang Mai.

Bestand und Schutz

In Folge fortschreitender Zerstörung ihres ursprünglichen Lebensraumes (Entwässerung von Feuchtgebieten oder Grünlandumbruch) kam es etwa seit den 1950er Jahren europaweit zu einem starken Bestandsrückgang. Gefährdet ist die Art auch durch den Nestbau in Wintergerste oder -weizen: Schon Ende Juni, noch bevor die Jungen flügge sind, beginnt typischerweise die Ernte mit den Mähdreschern. Die Brut kann in der Regel gerettet werden, wenn das Getreide auf einer Fläche von ca. 50 m x 50 m um den Horst herum stehen bleibt. Da die Wiesenweihe ohne Schutzmaßnahmen nur geringe Überlebenschancen hat, werden von den Umweltämtern meist Mittel für Sofortmaßnahmen zum Schutz dieser Art bereitgestellt.

Die Wiesenweihe gehört heute zu den nach europäischem Recht besonders geschützten Arten (Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie). Sie ist auch in Deutschland vom Aussterben bedroht. Franken - und dabei vor allem die Gegend zwischen Uffenheim und Würzburg - besitzt heute das größte Wiesenweihen-Vorkommen in Deutschland. Die europäischen Bestandsschwerpunkte liegen in Russland (35.000), Frankreich (4.000) und Spanien (3.000).

Quellen

Einzelnachweise

  1. Lars Svensson, Peter J. Grant, Killian Mullarney, Dan Zetterström: Der neue Kosmos Vogelführer. Kosmos, Stuttgart; 1999: S. 86. ISBN 3-440-07720-9
  2. U. N. Glutz v. Blotzheim und K. M. Bauer & E. Bezzel: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 4., 2. Aufl., AULA-Verlag, Wiesbaden, 1989: S. 384

Literatur

  • U. N. Glutz v. Blotzheim, K. M. Bauer & E. Bezzel: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 4., 2. Aufl., AULA-Verlag, Wiesbaden, 1989: S. 380-406. ISBN 3-89104-460-7
  • Lars Svensson, Peter J. Grant, Killian Mullarney, Dan Zetterström: Der neue Kosmos Vogelführer. Kosmos, Stuttgart; 1999: S. 86-87. ISBN 3-440-07720-9
Commons: Wiesenweihe – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Wiesenweihe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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