Deismus
Als Deismus [de:'ismus] (Gottgläubigkeit, nach lat. deus „Gott“) bezeichnet man im Allgemeinen den Glauben an Gott aus Gründen der Vernunft. Allen Deisten gemeinsam ist die Kritik an geoffenbarten Heiligen Schriften.
Die Anhänger des Deismus gehen zwar von der Schöpfung des Universums durch Gott aus, nehmen aber an, dass Gott im Folgenden keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse im Universum nimmt. Leibniz etwa spricht von Gott als von einem Uhrmacher, der das von ihm hergestellte Uhrwerk nur in Gang setzte, worauf dieses dann von selbst weiterlaufe.
Die bekanntesten Vertreter sind George Washington, Thomas Jeffersen und Benjamin Franklin.
Geschichte
Allgemein
Im engeren Sinne handelt es sich beim Deismus um eine freidenkerische Glaubensströmung, die sich in England am Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte und nur die „natürlichen“ Gesetze der Vernunft, nicht aber die religiöse Offenbarung gelten ließ.
Newton erklärte seine Naturkräfte noch durch das Eingreifen Gottes (spirituelle Kräfte). Dagegen wandte Leibniz ein, dass Newton Gott als einen schlechten Uhrmacher betrachten würde. Dies war Ausdruck des klassischen Deismus. Das alte Uhrmacherargument, das in der Schöpfung eine Äußerung göttlichen Planens sah, erfährt hier eine Verschärfung. Gott hat der Welt nur am Anfang einen Plan gegeben. Jedes Eingreifen Gottes in die Welt wird als Versagen der Schöpfung Gottes interpretiert. Deshalb hat Offenbarung hier keinen Platz.
Für Lord Henry Bolingbroke (1678–1751) sind Religion, Christentum und Kirche lediglich Mittel, die dem Staat dazu dienen, die Instinkte des Menschen im Zaum zu halten. Nur soweit das Christentum mit den Grundsätzen der Vernunft zu vereinbaren sei, wohne ihm Wahrheit inne. Der ganze Kirchenglaube dagegen sei nichts als Menschenwerk, würde nur aus Gründen der Staatwohlfahrt aufrechterhalten und von gut bezahlten Pastoren dem abergläubischen Volk trügerisch als göttliches Gebot dargestellt.
Auch für Matthew Tindal ist die Offenbarung nur noch eine von mehreren Möglichkeiten[1]. Die Offenbarungsreligionen werden als Schwindel gesehen, die der Welt durch Priester untergeschoben wurde. Jede anthropomorphe Gottesvorstellung wird von ihm abgelehnt. Die Religion sollte nur auf rein moralischen Grundsätzen und auf einer toleranten Haltung gegenüber Andersdenkenden basieren. Wunder und Prophezeiungen, wie sie in der Bibel geschildert werden, seien Unsinn.
Der Deismus bildet in manchen Ländern einen religiösen Bezug in der Freimaurerei und hatte in der Zeit der Aufklärung bedeutende Anhänger wie Anthony Collins, Thomas Jefferson und Voltaire. Ein anderes abgeleitetes Konzept ist Pandeismus, das Pantheismus mit Deismus kombiniert.
Deutschland
Der Deismus fand in Deutschland wenig Verbreitung. Neben Adam Weishaupt, dem Gründer des Illuminatenordens, ist Hermann Samuel Reimarus als ein weiterer deutscher Vertreter des Deismus erwähnenswert, da von Gotthold Ephraim Lessing veröffentlichte Fragmente seiner Schriften (Fragmente eines Ungenannten) zum so genannten Fragmentenstreit führten.
Deistisches Gedankengut findet man auch bei Albert Einsteins Sichtweise des Universums wie bei Lessing im Sinne des Spinozismus, auch wenn Einstein dafür nie direkt den Begriff Deismus verwendete.
Richard Dawkins prägte den Begriff der Einsteinschen Religion; er selbst interpretierte die Äußerungen Einsteins dahingehend, dass Einstein den Begriff Gott nicht im deistischen/theistischen Sinn, sondern nur als Metapher für die Summe aller Naturgesetze verstand.
Einsteins berühmte Aussage, „Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt davon, dass der nicht würfelt.“, oft verkürzt als „Gott würfelt nicht“ wiedergegeben und reflektiert eine pandeistische Gottesvorstellung. Einstein distanzierte sich von der Unterstellung, er vertrete eine theistische Gottesvorstellung: „Es ist selbstverständlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen lesen, eine Lüge, welche systematisch wiederholt wurde. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dies niemals bestritten, sondern es klar ausgedrückt. Wenn es etwas in mir gibt, was man als religiös bezeichnen kann, dann ist es meine ungeheure Bewunderung für die Struktur dieser Welt, soweit sie die Wissenschaft erforscht hat.“ [2]
Einzelnachweise
- ↑ Lexikon für Theologie und Kirche, begr. v. Michael Buchberger, hrsg. v. Josef Höfer und Karl Rahner, Freiburg 1957ff. (2. Aufl.), Bd. III, Sp. 195ff; Hans-Georg Kemper, Deutsche Lyrik der frühen Neuzeit, Bd. V/2 (Frühaufklärung), Tübingen 1991, S. 62ff.
- ↑ Albert Einstein (Autor), Helen Dukas (Herausgeber), Banesh Hoffmann (Herausgeber): Albert Einstein, the Human Side: New Glimpses from His Archives. Princeton University Press, Mai 1981, ISBN 978-0691023687.
Literatur
- Thomas Paine: The Age of Reason. ISBN 1-58509-213-4
- Matthew Tindal: Christianity as Old as the Creation. London 1730; Nachdruck Stuttgart-Bad Cannstatt 1967
- Gotthart Victor Lechler: Geschichte des englischen Deismus. Tübingen 1841; Reprint Hildesheim 1965
- Christopher Voigt: Der englische Deismus in Deutschland. ISBN 3-16-147872-X
- Christof Gestrich: Deismus. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 8, de Gruyter, Berlin / New York 1981, ISBN 3-11-008563-1, S. 392–406.
- Troeltsch: Deismus. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 4, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 532–559.