Als Todsünde bezeichnet das katholische Christentum bestimmte, besonders schwer wiegende Sünden wie Mord oder schweren Diebstahl. Im Gegensatz zu einer schweren Sünde gibt es auch geringfügige oder lässliche Sünden. Damit eine Sünde eine Todsünde ist, muss sie drei Voraussetzungen erfüllen: es muss sich um eine wichtige Sache handeln (z. B. Unkeuschheit, Diebstahl, Mord), der Sünder muss die Schwere der Sünde erkennen und die Sünde muss freiwillig erfolgen.
Theologische Konsequenzen
Nach der Lehre der Katholischen Kirche zieht man den zweiten Tod, die Höllenstrafe nach sich, wenn man mit einer Todsünde auf dem Herzen stirbt. Die Todsünde kann nur in der Beichte oder durch vollkommene Reue vergeben werden - auch bei vollkommener Reue ist die Beichte jedoch Pflicht. Ohne Beichte aller Todsünden erlaubt die katholische Kirche dem Gläubigen nicht die Teilnahme an der Kommunion.
Vier Todsünden (Mord, Verweigerung des gerechten Arbeitsentgelts, widernatürliche Unzucht und die Unterdrückung von Armen, Waisen und Witwen) wurden auch als Himmelschreiende Sünden bezeichnet, um ihre besondere Schwere zu betonen.
Abgrenzung zum Laster
Sünden entstehen nach der klassischen Theologie aus sieben schlechten Charaktereigenschaften:
- Superbia: Stolz, Eitelkeit
- Avaritia: Geiz, Habsucht
- Invidia: Neid, Missgunst
- Ira: Zorn, Wut
- Luxuria: Wollust, Unkeuschheit
- Gula: Gefräßigkeit, Völlerei, Unmäßigkeit
- Acedia: Faulheit, Trägheit des Herzens
Diese Charaktereigenschaften werden als Hauptlaster bezeichnet. Sie sind selbst keine Sünden im engeren Sinne, jedoch die Ursache von Sünden. Sie können sowohl zu schweren als auch zu lässlichen Sünden führen. So kann der Neid zu der schweren Sünde eines Raubmordes führen, oder auch nur zu der lässlichen Sünde eines kleinen Diebstahls. Da die Hauptlaster Ursache und somit Wurzel von Sünden sind, werden sie gelegentlich auch als Wurzelsünden bezeichnet; auch der Begriff Hauptsünde ist gebräuchlich. Verwirrend und theologisch falsch, aber umgangssprachlich gebräuchlich ist die Bezeichnung der sieben Hauptlaster als sieben Todsünden.
Seit der mittelalterlichen Theologie werden den Hauptlastern häufig die Kardinaltugenden gegenübergestellt, die verschiedene Teil-Tugenden zusammenfassen. Zahlreiche Kirchenväter und Theologen befassten sich mit den Hauptsünden und trugen auch zu ihrer Systematisierung bei. Papst Gregor der Große († 604) stellte ihnen etwa die "Sieben Gaben des Heiligen Geistes" gegenüber.
Holzstiche von Hieronymus Cock (nach Pieter Bruegel dem Älteren, 1557)
Nicht nur in der Theologie oder des damals (zur Zeit der Zusammenstellung der sieben Hauptlaster) existierenden Weltbildes hatten die Hauptlaster eine Bedeutung. Gerade heute ist deren Bedeutung wichtiger denn je. Dabei fängt es im täglichen Leben meist mit Kleinigkeiten an, die nach und nach, da man sie nicht merkt, immer größer und zur Gewohnheit werden. Das Zusammenleben und das Arbeiten mit Mitmenschen wird dadurch immer schwerer. In schlimmsten Fällen kann dies jedoch zu schweren Verbrechen führen, die entweder aus blindem Eifer oder (gedachter) Ausweglosigkeit begangen werden. Das Schlimme an diesen Hauptlastern ist, dass sie meist schleichend entstehen und man selbst gar nicht merkt, dass man einem solchen erliegt.
Verbunden mit dem Dämon Luzifer. Jeder Mensch hat durchaus ein Recht darauf, stolz auf sich zu sein, wenn er es verdient hat. Schlägt dies jedoch in Hochmut um ("Ich kann das eh immer besser als die anderen."), so ist hier die Grenze überschritten. Ebenso bei Stolz auf Taten, die man auf Kosten anderer oder auch gar nicht erst selbst erreicht hat. Als Mitarbeiter oder auch als Chef ist die Gefahr groß, von falschem Stolz verführt werden zu können. Als Führer eines Volkes (oder Politiker) kann man stolz werden auf seine eigenen Gebräuche, Glauben und Sitten, gerät in eine Blindheit anderen Nationen und deren Eigenheiten gegenüber. Man lehrt seinem Volk den eigenen Glauben und das eigene Weltbild, bei Bedarf auch mit Gewalt, durchzusetzen.
Ethnische Säuberungen, Rassismus und (besonders religiöse) Intoleranz wären hier die Folge.
Geiz ist für all diejenigen lange nicht mehr geil, welchen aufgrund immer größer werdenden Kostendrucks von ihrer Firma gekündigt wurden. Das Verhängnisvolle daran ist aber noch mehr die Tatsache, dass genau jene immer noch blind für die Ursache sind und sich ebenfalls für 2 Stunden in die Schlange stellen um Elektronik zum Schnäppchenpreis zu erwerben. Habsucht haftet aber auch denen an, welche als Politiker oder Firmenbosse nur in die eigene Tasche wirtschaften. Bestechlichkeit entsteht. Genauso entsteht Habsucht aber auch dem einfachen, eigentlich fleißigen, Mitarbeiter, welcher vor lauter Arbeit keine Zeit für seine Familie mehr hat.
Geiz und Habsucht können z. B. zum Diebstahl oder zum Betrug verleiten.
In gewissen Grenzen spornt Neid an. Es macht uns fleißiger, um ebenfalls befördert zu werden, es macht uns verbissener, um den Anforderungen gerecht zu werden. Neid kann uns aber auch intrigant und hinterhältig machen. Nachbarschaft-Streite entstehen sowie Missgunst und Bosheit gegenüber Mitarbeitern, Freunden und Familienmitgliedern. Neid führt zu Stolz, wenn wir uns jetzt endlich doch ein teureres Auto leisten konnten, als der Nachbar.
In gewisser Weise ist Neid die konsequente Steigerung der Habsucht. Während der Habsüchtige an sich rafft, was er bekommen kann, so giert der Neidige selbst nach dem, was er nicht bekommen kann und zürnt jenem, der es besitzt.
Neid und Missgunst können sowohl Wutausbrüche, Intrigen und üble Nachrede gegen den Beneideten als auch Diebstähle und Betrug zur Folge haben.
Verbunden mit dem Satan Zorn und Wut machen blind gegenüber der Realität. Unter Zorn richten wir nicht nüchtern, sondern so, wie wir es sehen wollen. Unter Zorn sind Kriege geführt worden, die nicht hätten sein müssen. Seinen Mitmenschen, von denen man bestätigt werden möchte bzw. seinem Volk, das einen wiederwählen soll, spielt man wissentlich oder unwissentlich falsche oder unvollständige Tatsachen vor.
Zorn und Wut können zu unkontrollierten Wutausbrüchen, Gewalt, Beleidigungen und gemeinen Racheakten führen.
Luxuria: Wollust, Unkeuschheit
In der heutigen Zeit - kann man denken - ist die Tatsache, Unkeuschheit als Sünde zu bezeichnen, unmodern geworden. Offenheit gegenüber diesem Thema gilt in unserer heutigen Zivilisation als Selbstverständlichkeit. Jedoch unweit von offensichtlichen Grenzen (Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Menschenhandel) gibt es auch solche, die wir meist erst erkennen, wenn es zu spät ist. Wie oft ist schon eine lange Freundschaft aufgrund einer kleinen Affäre untereinander zu Bruch gegangen.
Abstrakt könnte Wollust als eine Fixierung auf Eigenschaften (zum Beispiel Geschlechtsmerkmale) beschrieben werden, wobei der Träger dieser Eigenschaften (im obigen Beispiel der Mensch) ignoriert, als unwichtig oder austauschbar angesehen wird. So betrachtet handelt es sich bei der Wollust um eine Abart der Gier.
Wollust und Unkeuschheit können zu Prunksucht und zur Schamlosigkeit verführen. Beispiele dafür wären die Sodomie, die Pornographie (besonders die Kinderpornographie), der sexuelle Missbrauch und im schlimmsten Fall die Vergewaltigung.
Gula: Gefräßigkeit, Völlerei, Unmäßigkeit
Hier geht es nicht nur um unkontrollierte Nahrungszunahme. Vielmehr ist hier das Maß gemeint, mit dem man alle Dinge angehen soll. Man soll sich beherrschen, was auch immer man tut. Übermäßigkeit hat immer negative Auswirkungen. Maßlosigkeit führt häufig zur Abstumpfung oder zur Überreizung der Sinne.
Eine Folge von Unmäßigkeit ist z. B. die Fettleibigkeit und manche Zivilisationskrankheiten, die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr durch zu schnelles Fahren, Drogenexzesse oder der übermäßige Alkoholkonsum.
Im ursprünglichen Sinne bezieht sich Acedia nur auf die Unterlassung der Lobpreisung des Herrn.
"Sich gehen lassen" und "sich nicht mehr Anstrengen müssen" sind nur zwei Auswirkungen der Acedia. Gemeint ist damit aber ebenfalls, dass man nur noch seinem Alltagstrott nachgeht, nur weil es unbequem ist, diesen zu ändern. Sich nicht mehr messen wollen mit anderen, sich nicht mehr weiterbilden oder den Ehrgeiz haben, besser sein zu wollen, als andere gehört ebenfalls dazu. "Was habe ich für ein Ziel?" oder "Was kann ich tun um die Situation zu verbessern?" sollte man sich fragen. Allzu häufig werden unangenehme Situationen in Ehe und Partnerschaft einfach heruntergeschluckt oder von dem Geschädigten totgeschwiegen, anstatt sie anzusprechen und auszudiskutieren. Das ganze Leben besteht aus einem Geben und Nehmen anstelle nur zu nehmen, was man vorgesetzt bekommt. Jeder sollte (und das sein ganzes Leben lang) sein Ich selbst formen, wie es ihm gefällt und es nicht von der Gesellschaft formen lassen.
Faulheit und Trägheit des Herzens können zu unterlassener Hilfeleistung, zu Opportunismus und zum Missbrauch staatlicher Leistungen führen.
Verarbeitung
Malerei
Die sieben Todsünden sind in der Malerei ein häufiges Motiv, zum Beispiel:
- Die sieben Todsünden von Hieronymus Bosch
- Otto Dix, Die sieben Todsünden, siehe [1]
Film
Literatur
- Horst Herrmann: Die sieben Todsünden der Kirche. Mit einem Nachwort von Heinrich Böll. München: Bertelsmann, 1976.
- Jürgen Werner: Die sieben Todsünden. Einblicke in die Abgründe menschlicher Leidenschaft. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1999.
- Umberto Eco: Der Name der Rose (Die Morde im Buch sind nach den sieben Todsünden geordnet.)
Weblinks
- http://www.rpi.at/wien/Kamper-Dateien/7todsuend_med.htm - Die sieben Todsünden (Hauptsünden)
Siehe auch: Sünde, Christentum