Julius Neubronner

deutscher Apotheker und Amateurfotograf
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Julius Gustav Neubronner (* 8. Februar 1852 in Kronberg im Taunus; † 17. April 1932 ebenda[1][2]) war ein deutscher Apotheker, Erfinder, Firmengründer und Pionier der Amateurfotografie.

Julius Neubronner (1914)

Vater und Großvater

Die Familie Neubronner war in Kronberg als Apothekersfamilie ansässig, seit Christian Neubronner dort 1808 eine Apotheke übernommen hatte. 1844 ging sie an den Amtsapotheker Wilhelm Neubronner über, einen langjährigen Freund des Malers Anton Burger und Vater von Julius Neubronner.[3] Während der Märzrevolution 1848 leitete er die örtliche Bürgerwehr.[4]

Jugend

Schon als Jugendlicher war Julius ein begeisterter Amateurfotograf. Den Erwerb seiner ersten Kamera im Jahr 1865 musste er vor den Eltern verheimlichen und durch ein Darlehen beim Dienstmädchen der Familie eines Freundes finanzieren.[5]

Apothekenbetrieb

Julius Neubronner übernahm von seinem Vater die Apotheke in Kronberg sowie die Verwendung von Brieftauben zur schnellen Beförderung von Rezepten. 1887 erwarb er ein bedeutendes historisches Gebäude, die ursprünglich als katholische Kirche im evangelischen Kronberg geplante, jedoch nie eingeweihte, Streitkirche, und verlegte 1891 den Familiensitz sowie die Apotheke dorthin.[6][7] Nachdem Kaiser Friedrich III. im Dreikaiserjahr 1888 nach nur 99 Tagen Amtszeit starb, ließ sich seine Witwe Kaiserin Friedrich im Wald bei Kronberg Schloss Friedrichshof als Witwenresidenz errichten; Neubronner hatte nun den Rang eines Hofapothekers.[8] Neubronner baute die Nutzung von Brieftauben in seinem Betrieb weiter aus. Er bezog dringend benötigte Chemikalien in Mengen bis 75 Gramm auf diese Weise aus Frankfurt am Main und lieferte dringende Medikamente auf die selbe Weise ins Sanatorium in Falkenstein, einem Ortsteil von Königstein im Taunus. Das 1876 von Peter Dettweiler gegründete erste deutsche Lungensanatorium beherbergt heute das Hotel Kempinski.[9] 1897 erhielt Neubronner die seit fast 30 Jahren von der Familie angestrebte Genehmigung, in Königstein eine Zweigstelle zu eröffnen.[7]

Sonstige Aktivitäten

Julius Neubronner war verheiratet mit Charlotte Neubronner, geborene Stiebel (1865–1924). Charlotte Stiebel war eine Enkelin des Kronberger Mäzens und Ehrenbürgers Jacques Reiss (1807–1887), des Hauptinitiators der Cronberger Eisenbahn-Gesellschaft.[10][11] Im April 1915 war sie Mitunterzeichnerin einer Frankfurter Grußadresse an den Internationalen Frauenkongress in Haag.[12]

Wie schon sein Vater war Julius Neubronner ein Freund und Förderer der Kronberger Malerkolonie, deren Museum heute im 1. Obergeschoss seines Hauses untergebracht ist.[13] Als Jagdpächter ließ er 1903 eine Quelle als "Neubronners-Brunnen" anlegen, die mit einer kleinen Gedenktafel versehen noch heute im Kronberger Stadtwald existiert.[14]

Zwischen 1903 und 1920 nahm Neubronner historisch bedeutsame Amateurfilme auf, die von 1994 bis 1996 vom Deutschen Filmmuseum restauriert wurden.[2][15] Beim mühsamen Kleben der Filme, z.B. des 1904 entstandenen "Julius Neubronner zaubert", erfand er den Prozess vereinfachende "Trockenklebestreifen", die er patentierte. Für Produktion und Vertrieb gründete er 1905 die Fabrik für Trockenklebematerial, die unter dem Namen Neubronner GmbH & Co. KG mit ca. 80 Mitarbeitern noch heute besteht.[5][16]

1907 wurde Neubronner Mitglied der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.[17]

Ab 1909 wurde Neubronner international bekannt, indem er seine um 1903 erstmals angedachte und 1908 patentierte Erfindung der Brieftaubenfotografie auf der Internationale Photographischen Ausstellung in Dresden sowie der ersten Internationalen Luftschiffahrtausstellung in Frankfurt am Main einem interessierten Publikum vorstellte. Zuschauer in Dresden konnten das Einfliegen der Tauben beobachten, und die mitgebrachten Luftaufnahmen wurden an Ort und Stelle in Postkarten umgesetzt. Zweimal wurden Neubronners Fotografien auch auf der Internationalen Luftschiffer-Ausstellung in Paris mit der goldenen Medaille ausgezeichnet. Diese Erfindung wurde im ersten Weltkrieg und auch später versuchsweise zur militärischen Luftaufklärung eingesetzt, verursachte ihm jedoch außer Erwähnungen in Meyers Konversationslexikon und der Brockhaus Enzyklopädie nur Kosten.[5]

Nachfolger

Nach Julius Neubronners Tod im Jahr 1932 blieb die Apotheke noch für zwei Generationen im Familienbesitz: 1932–1972 wurde sie von Wilhelm Neubronner († 23. Mai 1972[18]) geleitet. Er schrieb ein Buch über Eisstockschießen, einen Sport den er in Kronberg populär machte, gründete 1928 den Tennis- und Eissportverein Cronberg (TEVC) und war aktiv im Deutschen Eisstock-Verband. 1972–1995 führte die Apotheke sein Sohn Kurt-Heinz Neubronner (* 1926), ebenfalls aktiv im TECV, danach wurde sie verkauft.[19]

Die Klebestreifenfabrik übernahm Julius Neubronners jüngster Sohn Carl Neubronner (* 13. Januar 1896; † 19. November 1997), der sie dann 70 Jahre lang leitete. 1957 erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, 1966 beteiligte er die Belegschaft am Gewinn des Unternehmens, und er war im Verband der Papier verarbeitenden Industrie aktiv.[11] Carl Neubronner wurde für seine Versuche mit Modellflug bekannt: Mit 16 Jahren entwickelte er das "Raketoplan", ein raketengetriebenes Modellflugzeug, und die Raketenmodellsportgemeinschaft e.V. vergibt jährlich den Carl-Neubronner-Preis.[20] 1984 wurde er Ehrenbürger von Kronberg.[21] Die Carl Neubronner-Sportstiftung unterstützt seit 1987 den Sport in Kronberg. Carl Neubronner war verheiratet mit Erika Neubronner (* 9. Juni 1923, † 8. Mai 2005). Im April 1997 gründeten sie die Carl und Erika Neubronner-Stiftung, eine Stiftung mit sozialer Ausrichtung.[22]

Belege und Anmerkungen

  1. Otto Renkhoff: Nassauische Biographie: Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. Historische Kommission für Nassau, 1992, S. 571
  2. a b Schobert, Walter (November 1996), Early amateur films by Julius Neubronner: restored, Journal of Film Preservation 53, S. 47–48.
  3. [1]
  4. [2]
  5. a b c Neubronner, Julius (1920), 55 Jahre Liebhaberphotograph.
  6. [3]
  7. a b [4]
  8. [5]
  9. [6]
  10. [7] [8]
  11. a b [9]
  12. [10], S. 203.
  13. [11]
  14. "Neubronners-Born im Kronberger Stadtwald 1903 im Auftrag des damaligen Jagdpächters Hofapotheker Dr. Julius Neubronner, * 1852,+ 1932, Erfinder der Brieftaubenfotografie." [12]
  15. [13]
  16. [14]
  17. [15]
  18. [16]
  19. [17], [18].
  20. [19] [20]
  21. [21]
  22. [22]