Dreizehenspecht

Art der Gattung Picoides
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Der Dreizehenspecht ist eine der zwölf Arten der Gattung Picoides innerhalb der Unterfamilie der Echten Spechte. Die nach unterschiedlicher wissenschaftlicher Auffassung in 8–12 Unterarten differenzierte Art ist in der gesamten borealen Holarktis vertreten. In letzter Zeit werden die drei in Nordamerika beheimateten Unterarten häufiger in die selbstständige Spezies Picoides dorsalis, Fichtenspecht gestellt. Die nordeuropäischen Vorkommen zählen zur Nominatform, während die mittel- und südosteuropäischen Reliktvorkommen zur Rasse P. t. alpinus gezählt werden.
Der Dreizehenspecht ist etwas kleiner als ein Buntspecht und auf Grund des Fehlens jeglichen Rots in der Gefiederfärbung recht gut bestimmbar. In Mittel- und Südosteuropa ist sein Vorkommen auf montane bzw. subalpine Lagen beschränkt.

Dreizehenspecht
Dreizehenspechte
Dreizehenspechte
Dreizehenspechte (Picoides tridactylus)
Nominatform mit breitem weißen Rücken
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Vögel (Aves)
Vorlage:Ordo: Spechtvögel (Piciformes)
Vorlage:Familia: Spechte (Picidae)
Vorlage:Subfamilia: Echte Spechte (Picinae)
Vorlage:Genus: Picoides
Vorlage:Species: Dreizehenspecht
(P. tridactylus)

Aussehen

Das Gefieder des knapp buntspechtgroßen Baumspechtes (Körperlänge 20–22 Zentimeter) weist keine Rot- oder Rosatöne auf. Trotz der zwischen den Rassen sehr unterschiedlichen Verteilung der schwarzen und weißen Gefiederanteile wirken Dreizehenspechte eher dunkel. Kennzeichnend sind die dunklen Wangen und der helle, gelbliche Bart- und der weiße Überaugenstreif. Der Überaugenstreif verläuft V-förmig in den Nacken, wo er bei den helleren borealen Unterarten in den weißen bis weiß-gescheckten Rücken einmündet, bei einigen ostasiatischen sowie der heimischen Unterart alpinus am schwarzen Oberrücken endet. Das Bauchgefieder ist bei den meisten Unterarten schwarz-weiß gesperbert, bei einigen ostasiatischen Subspezies aber auch fast zeichnungslos dunkel. Die Deckfedern der Flügel sind schwarz, ohne weiße Schulterabzeichen, die Handschwingen weisen eine schwarz-weiße Bänderung auf, ebenso die äußeren Steuerfedern. Nicht immer deutlich ist der gelbe bis orangegelbe Scheitel des Männchens zu erkennen. Beim etwas matter gezeichneten Weibchen ist der Scheitel schwarzgrau und wirkt etwas bereift. In der Größe unterscheiden sich die Geschlechter nicht. Insgesamt ist die Art feldornithologisch gut bestimmbar. Das dunkle Wangenfeld und das Fehlen von Rottönen und weißen Schulterabzeichen sind die besten Erkennungsmerkmale.

Stimme

Der Dreizehenspecht ist viel seltener zu hören als der Buntspecht. Insgesamt sind die Lautäußerungen (bis auf das Trommeln) auch leiser und gedämpfter als bei diesem. Häufigster Ruf ist ein gedämpftes, buntspechtähnliches Güg oder Gügg, zuweilen auch härter Kük. Beim Schelten (langsamer als beim Buntspecht) werden mehrere Elemente meist in leicht abfallender Tonreihe aneinander gereiht. Daneben verfügt die Art über eine Reihe von trillernden und keckernden Lautäußerungen. Das Trommeln, das von beiden Geschlechtern praktiziert wird, unterscheidet sich recht gut von dem des Buntspechtes, ist aber dem des Weißrückenspechtes sehr ähnlich. Die einzelnen Wirbel sind sehr lange (im Mittel etwa 1,3 Sekunden bei 20 Schlägen) wobei die Frequenz der letzten 5 Schläge deutlich beschleunigt ist. Verpaarte Spechte verständigen sich mit langsamen Trommelwirbeln.


Verbreitung

Der Dreizehenspecht ist zirkumboreal in der gesamten Holarktis verbreitet. Er bewohnt den gesamten nördlichen Nadelwaldgürtel von Nordost-Polen, dem Baltikum und Mittelskandinavien ostwärts bis Kamtschatka, Sachalin und Hokkaido. In der Nearktis erstrecken sich die Verbreitungsgebiete quer über den nordamerikanischen Kontinent von Neufundland bis Westkanada und Alaska. In den gebirgigen Nadelwaldgebieten reichen manche Vorkommen südwärts bis Neumexiko und Arizona. Isoliert vom geschlossenen Verbreitungsgebiet bestehen Vorkommen in Westchina, vor allem im Tienschan sowie in einigen Gebirgslagen Europas.
Die als eiszeitliche Reliktvorkommen angesehenen mitteleuropäischen und südosteuropäischen Verbreitungsgebiete umfassen subalpine bis alpine Lagen in den Alpen, den Karpaten, des Dinarischen Gebirges sowie der Rhodopen. Brutverdacht besteht auch in einigen Gebirgslagen Griechenlands.
Die Übergänge zwischen den verschieden Rassen verlaufen klinal, in den Kontaktzonen sind Mischformen verbreitet. Insgesamt ist die Rassengliederung des Dreizehenspechtes nicht sehr einfach, da auch in den Kerngebieten der Verbreitung einer Subspezies beträchtliche individuelle Unterschiede auftreten.

  • Rassen der nördlichen Paläarktis: Meist sehr kräftiger Schnabel, (fast) ungefleckter weißer unterer Rücken, relativ kontrastarme und hellere Seitenzeichnung. Die Rassen werden von West nach Ost heller, albidor weist einen fast zeichnungslosen weißen Bauch auf.
    • P.t.tridactylus: Die Nominatform von Skandinavien bis zum Ussuri.
    • P.t.crissoleucus: Nordtaiga vom Ural ostwärts bis ins nördliche Amurgebiet.
    • P.t.albidor: Isolierte Vorkommen auf der südlichen Kamtschatka und einigen benachbarten Inseln; möglicherweise besiedelt diese Unterart auch die nördlichsten japanischen Inseln.
  • Südost-bzw. südpaläarktische Rassen, sowie P.t.alpinus . Diese Vögel sind etwas kleiner als die borealen Rassen und insgesamt dunkler. Die Schwarz-Weißverteilung variiert.
    • P.t.alpinus und P.t.tienschanicus: Trotz des großen Verbreitungsabstandes nur geringe Färbungsdifferenzen - siehe Beschreibung weiter oben.
    • P.t.funebris: Diese kleine Unterart aus Westchina weist nur mehr spärliche Weißzeichnungen auf. Die übrigen südostasiatischen Rassen sind ebenfalls kleiner und dunkler als die borealen, aber nicht so extrem dunkel gefärbt wie funebris.
  • Nearktische Unterarten: Die Vertreter dieser drei Rassen sind nur unwesentlich kleiner als die Nominatform, bzw. die große borelae Unterart crissoleucus. Diese sehr hellen Unterarten unterscheiden sich voneinander vor allem durch die unterschiedliche Schwarz-Weißverteilung.
    Neuere Untersuchungen stellten jedoch eine vergleichsweise große genetische Divergenz zwischen nearktischen und holarktischen Dreizehenspechten fest [[1]], sodass eine wissenschaftliche Neubeurteilung der systematischen Einordnung dieser Unterarten zu erwarten ist. Häufig werden schon heute die nordamerikanischen Unterarten als Rassen der Art Picoides dorsalis - Amerikanischer Dreizehenspecht oder Fichtenspecht aufgefasst.
    • P.t.bacatus: oder Picoides dorsalis bacatus
    • P.t.dorsalis oder Picoides dorsalis dorsalis
    • P.t.fasciatus oder Picoides dorsalis fasciatus

Lebensraum

Der Dreizehenspecht ist sehr stark an die Fichte gebunden, brütet aber auch, wenn auch in geringeren Dichten in der Kiefernwaldtaiga beziehungsweise in Lärchen- und Arvenbeständen. In der nördlichen Taiga kommte er auch in reinen Birkenbeständen vor. P.t.alpinus brütet fast ausschließlich in reinen Fichtenbeständen, nur gelegentlich kommt er auch in alten Reinbeständen von Pinus silvestris (Gewöhnliche Kiefer) und Pinus peuce (Mazedonische Kiefer) vor. Ideale Lebensräume bilden wenig bewirtschaftete Wälder mit großen Lichtinseln und einem großen Anteil an Tot- bzw. Schadholz. In den Niederungsgebieten werden feuchte, moorige Waldgebiete trockenen eindeutig vorgezogen, in den subalpinen Lagen Mittel-und Südeuropas sind es vor allem autochthone Fichtenwälder, die der Art ideale Lebensräume bieten.

Nahrung

Der Dreizehenspecht ernährt sich vor allem von Insekten, die er durch Hacken oder Stochern aus der Rinde meist toter oder zumindest in ihrer Lebenskraft stark beeinträchtigter Bäume erbeutet. Dabei bilden Käferlarven und Käferpuppen den größten Anteil. Borkenkäfer, Rüsselkäfer, Prachtkäfer, Bockkäfer, sowie Holzwespen und Weidenbohrer spielen im Beutetierspektrum die größte Rolle.
Pflanzliche Nahrung wird vom Dreizehenspecht nur im geringen Maße aufgenommen. Möglicherweise werden bei Nahrungsknappheit oder als Ergänzungsnahrung regelmäßig Fichtensamen aufgenommen. Das Ringeln ist aber auch für den Nahrungserwerb dieser Art wichtig. Wahrscheinlich werden Baumsäfte (und Baumharze) sogar in der Jungenaufzucht verwendet.


http://europa.eu.int/comm/environment/nature/directive/picoides_tridactylus_en.htm