Mit D-Day bezeichnet man im englischen Sprachraum den Stichtag eines größeren, in der Regel militärischen, Unternehmens. Ein vergleichbarer deutscher Begriff ist Tag "X".
Am bekanntesten im deutschsprachigen Raum ist der Begriff für den 6. Juni 1944, als die Landung alliierter Truppen in der Normandie begann.
Der Begriff D-Day
Das Kürzel D-Day (ebenso wie H-Hour) hat keine bestimmte Bedeutung, außer dass damit der Zeitpunkt einer größeren militärischen Operation gemeint ist. D-Day wird dabei als Kürzel für Decision Day, Delivery Day, Deliverance Day, Doomsday oder Debarkation Day angesehen, doch ist die Herkunft des Begriffs nicht gesichert. Als alternative Erklärung findet man häufig auch, dass D und H einfach Wiederholungen von Day beziehungsweise Hour sind. Die erste nachweisliche Nutzung der Begriffe findet sich in der Field Order Number 9, First Army, American Expeditionary Forces vom 7. September 1918 im Ersten Weltkrieg. Dort heißt es:
- The First Army will attack at H hour on D day with the object of forcing the evacuation of the St. Mihiel Salient.„Combat Orders“ der "General Service Schools“ in Fort Leavenworth, Kansas, 1922
Vermutlich wurde dies zunächst nur als Platzhalter für einen bestimmten Tag und eine bestimmte Uhrzeit verwendet, wobei diese noch nicht feststanden.
Erstmals wurde D-Day als Code für den Sturmangriff amerikanischer Truppen auf die zum damaligen Zeitpunkt zum Deutschen Reich gehörende lothringische Stadt Saint-Mihiel während des Ersten Weltkrieges im September 1918 verwendet.
Landung in der Normandie
Entscheidung über die Landung und Beginn der Operation
Die Operationen am D-Day waren in drei größere Operationen eingebettet bzw. wurden von diesen unterstützt:
- die Täuschungsmanöver unter dem Decknamen Operation Fortitude, um die beiden Kernoperationen vor der Entdeckung durch die deutsche Spionage und Aufklärung zu schützen,
- die Befreiung Frankreichs mit dem Ziel bis nach Deutschland vorzudringen, die Operation Overlord,
- verschiedene amphibische und Luftlande-Operationen zur Vorbereitung der Landungen, die Operation Neptune.
Am 8. Mai 1944 setzte der alliierte Oberkommandierende des SHAEF, General Dwight D. Eisenhower, den D-Day auf den 5. Juni 1944 fest. Nachdem am 4. Juni für den nächsten Tag schlechtes Wetter vorhergesagt wurde, verschob Eisenhower den Termin auf den 6. Juni. Auf der entscheidenden Sitzung um 4:15 Uhr am 5. Juni wurde dam Unternehmen grünes Licht gegeben. Daraufhin setzte sich eine riesige Kriegsmaschine in Gang, deren Ablauf seit 1943 minutiös geplant worden war.
Etwa 5.300 Schiffe aller Größen und Bauarten liefen am frühen Vormittag des 5. Juni aus und steuerten auf die Calvadosküste zu. Zur Sicherung der Flotte und zur Unterstützung der Bodentruppen stellten die Alliierten etwa 2.000 Jagdflugzeuge und 1.000 Bomber bereit. Der Angriff erfolgte auf einer Breite von 98 km zwischen St. Mere Eglise auf der Halbinsel Cotentin im Westen, und Ouistreham im Osten. In den westlichen Abschnitten der amerikanischen Truppen mit den Codenamen Utah und Omaha) landeten drei Infanteriedivisionen, in den angrenzenden Abschnitten Gold, Juno und Sword zwei britische und eine kanadische Division, insgesamt etwa 170.000 Mann an diesem Tag. Zudem wurden an der westlichen Flanke, an der Basis der Halbinsel Contentin, die 101. US-Luftlandedivision und die 82. US-Luftlandedivision (Operation Detroit und Operation Elmira), sowie zwischen den Flüssen Orne und Dives die 6. Britische Luftlandedivision (Operation Tonga) abgesetzt.
Deutsche Truppen
Dieser Streitmacht stand eine relativ kleine deutsche Luftwaffe gegenüber. Am Tag der Landung waren es genau zwei deutsche Flugzeuge, gefolgen von Oberstleutnant Josef Priller und Feldwebel Heinz Wodarczyk, die die alliierten Landungstruppen angriffen, da alle anderen Flugzeuge am 4. Juni ins Landesinnere verlegt worden waren. Im Verlaufe des D-Day war die Luftherrschaft der Alliierten absolut.
Den gut ausgerüsteten alliierten Divisionen standen fünf deutsche Divisionen gegenüber, von denen nur drei beweglich und motorisiert waren. Der Oberkommandierende im Westen, Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, war beim Einsatz seiner drei Panzerdivisionen im Bereich der Normandie durch Weisungen Hitlers gebunden. Die Panzerverbände durften nur auf ausdrücklichen Befehl Hitlers eingesetzt werden. Generalfeldmarschall Rommel, Befehlshaber der deutschen Divisionen im Invasionsraum (Heeresgruppe B), war an diesem entscheidenden Tag auf Urlaub im heimatlichen Württemberg.
Rommel hatte sich stark für den Ausbau der Strandbefestigungen und des nahen Hinterlandes mit Hindernissen und Minen eingesetzt. Große Teile des Landegebietes der amerikanischen Fallschirmjäger im Westen waren von deutschen Pionieren, durch Stauung der Flüsse Merderet und Douve, überschwemmt. Auf zur Landung von Lastenseglern geeigneten Feldern wurden Holzpfähle eingerammt, die sogenannten „Rommelspargel“. Die Strände waren überall dort, wo eine Landung möglich war, mit Bunkern, Minen, Über- und Unterwasserhindernissen verstärkt. Die Invasion war für die Deutschen keineswegs eine Überraschung; nur der Ort und die Zeit waren unbekannt.
Allerdings wusste die deutsche Abwehr von zwei Zeilen aus Verlaines Gedicht Herbstlied, die kurz vor der Invasion Störaktionen der französischen Widerstandsbewegung auslösen sollten, und die über BBC verlesen wurden. Die entscheidende zweite Strophe kündigte die Invasion innerhalb der nächsten 48 Stunden gerechnet von 00.00 Uhr des auf die Durchsage folgenden Tages an. Diese Strophe wurde am 5. Juni um 21.15 Uhr von deutschen Funkstellen abgehört. Die 15. Armee, die allerdings am Pas de Calais, einem weiteren möglichen und von den Deutschen als wesentlich Wahrscheinlicher betrachteten Invasionsgebiet, stationiert war, wurde daraufhin in Alarmbereitschaft versetzt. Die 7. Armee in der Normandie wurde aus nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen nicht benachrichtigt.
Luftlandeoperationen
Zwischen 22 und 24 Uhr starteten die etwa 1.300 Transportmaschinen und Lastensegler der alliierten Luftlandedivisionen. Die ersten Markierungstrupps für die Landezonen der nachfolgenden Fallschirmjäger und Lastensegler sprangen zwischen 0 und 0.20 Uhr über der Normandie ab. Eine Stunde später landete der Großteil der Luftlandedivisionen. Aufgrund der immer noch dichten Bewölkung über der Normandie und des stark einsetzenden Flak-Feuers der Deutschen hatten vor allem die amerikanischen Piloten der Transportmaschinen Probleme, die Flugverbände zusammenzuhalten. Die Fallschirmjäger verstreuten sich über ein sehr großes Gebiet.
In der Dunkelheit irrten die Soldaten herum und versuchten ihre Einheiten zu finden und ihre Ziele, wie Brücken, Kreuzungen und kleine Städte, die erobert werden sollten, zu erreichen. Viele der schwer bepackten Soldaten ertranken in den überschwemmten Feldern. Die allgemeine Verwirrung war bei den Deutschen, ebenso wie bei den Alliierten, groß. In diesen Nachtstunden gab es noch keine großen Gefechte. Nur hier und da wurde um kleinere Ortschaften gekämpft und kleine Stoßtrupps der beiden Seiten beschossen sich gegenseitig.
Die eigentliche Landung beginnt
Etwa um 4.30 Uhr, 45 Minuten vor der Morgendämmerung, waren die ersten Landungsboote auf dem Weg zu den Stränden. Um 6.30 Uhr, 30 Minuten nach Sonnenaufgang (6 Uhr), begannen die Landungen von See her. Zwischen 5 und 6.30 Uhr begannen die Schlachtschiffe und Kreuzer mit ihrem Beschuss. Noch in der Nacht hatten hunderte von Bombern der Royal Air Force und der US Army Air Forces (heute: US Air Force) wichtige Geschützstellungen und Bunkeranlagen bombardiert.
Im Verlauf des Tages gelangen an allen Stränden die Landungen und der Vormarsch, über die Strände hinweg, ins Landesinnere. Am Omaha-Strand allerdings war bis zum frühen Nachmittag die Lage so kritisch, dass sogar eine Evakuierung der Truppen in Erwägung gezogen wurde. Schwere Verluste hatten auch die Kanadier am Juno-Strand. Die schweren Verluste sind u.a deshalb entstanden, weil sich die deutschen Schützen in den Ruinen der Häuser, welche sich auf dem Strand befanden, verschanzten und aus diesen auf die angreifenden Truppen schossen. Diese konnten nur schwer ausgemacht werden und große Luft bzw. Seeangriffe konnten nicht erfolgen, da die eigenen Truppen bereits angelandet waren.
Bei der Bombardierung der Strandabschnitte sollen einige alliierte Verbände die Bomben verzögert abgeworfen haben, um die eigenen Truppen am Strand nicht zu gefährden. Nachweisbar ist, dass im Hinterland einige französische Dörfer schwer getroffen wurden, aber nicht alle Bunkeranlagen am Strand. Daneben gingen während der Landung viele der provisorisch zu Schwimmpanzern umgebauten Shermanpanzer verloren, ohne den Strand zu erreichen. Der teilweise schwere Seegang ließ die Fahrzeuge volllaufen und kentern.
Die deutschen Stellungen, die zu einigen Teilen sogar mit Soldaten aus eroberten oder befreundeten Ländern besetzt waren, wurden nach und nach erobert. Die Kämpfe wurden auf beiden Seiten mit großer Härte geführt.
Am Ende des Tages
Am Abend des D-Day waren die Briten und Kanadier auf einer Frontbreite von 32 km im Durchschnitt 9 km tief vorgestoßen. Das war gerade halb so weit, wie es die Planungen vorsahen. Die schwachen deutschen Kräfte hatten aber keine Möglichkeit mehr, die Alliierten ins Meer zurückzuwerfen. Die so wichtigen deutschen Panzerdivisionen waren von Hitler zu spät freigegeben worden. Sie verloren auf dem Marsch während des Tages zum Invasionsgebiet durch die alliierte Luftwaffe viele Panzer, die sie bei einem Nachtmarsch und früher Alarmierung nicht verloren hätten.
Im amerikanischen Abschnitt Omaha war aufgrund des starken deutschen Widerstandes eine Breite des Landekopfes von etwa 6 km erreicht worden, der allerdings nur 2,5 km Tiefe hatte. Im Abschnitt Utah hatte der Landekopf eine Breite von 4 km und eine Tiefe von 6 km. Dort war die Verbindung mit einer Luftlandedivision bereits hergestellt; die andere war noch westlich des Flusses Merderet abgeschnitten. Die Brückenköpfe der Amerikaner und Briten hatten noch keine Verbindung zueinander.
Die gemeldeten Ausfälle (Verwundete, Vermisste und Tote) der Einheiten können aufgrund des Chaos dieses Tages nur ungefähr wiedergegeben werden:
- US-Luftlandedivisionen: ca. 6.400 Ausfälle
- US-Infanteriedivisionen: ca. 4.600 Ausfälle
- Britische Luftlandedivision: ca. 850 Ausfälle
- Drei britische und kanadische Divisionen: ca. 4.000 Ausfälle
Auf deutscher Seite wurde eine Division fast vollständig vernichtet und eine Panzerdivision hatte schwere Verluste erlitten. Die nun beginnende Schlacht um die Normandie sollte bis weit in den August dauern und wesentlich mehr Opfer erfordern als dieser erste Tag.
Der US-Soldatenfriedhof bei Colleville-sur-Mer in der Normandie erinnert heute noch an diesen Tag.
Filme
- Der längste Tag (USA 1962)
- Der Soldat James Ryan (USA 1998)
Literatur
- Hall, Tony (Hg.): Operation Overlord, Motorbuch Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-61302-407-1
- Piekalkiewicz, Janusz: Die Invasion - Frankreich 1944, Südwest Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-51700-670-X
- Percy Ernst Schramm (Hg.): Invasion 1944, Aus dem Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, Broschiert - DTV, München, ISBN 3-42302-942-0
- Janusz Piekalkiewicz: Die Invasion, Bechtermünz Verlag, Augsburg, ISBN 3-82890-279-0