Bischofsherberge

historisches Stadthaus in der Lübecker Altstadt
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Die Bischofsherberge ist das denkmalgeschützte ehemalige Stadthaus der Bischöfe von Ratzeburg und später der (Groß)herzöge von Mecklenburg-Strelitz in der Großen Burgstraße 11 in Lübeck.

Bischofsherberge, Zustand Mai 2009

Geschichte

 
Terrakotta-Erinnerungstafel von 1934 an der Bischofsherberge
 
Große Burgstraße mit Blick zum Burgtor, rechts die Bischofsherberge; Daguerrotyopie von Joseph Wilhelm Pero, vor 1847

Die Bischofsherberge ist eins von zwei Ratzeburger Stadthäusern in Lübeck. Auch das Ratzeburger Domkapitel besaß ein Stadthaus in Lübeck. Es lag der Katharinenkirche gegenüber an der Ecke Königstraße/Pfaffenstraße und wurde 1551 an Lübecker Kaufleute verkauft.

Wohl seit 1491 besaßen die Bischöfe das Haus in der Großen Burgstraße. Das Grundstück wurde 1289 erstmals erwähnt und 1324 bebaut. Aktenkundig wurde es 1583, als es baufällig geworden war und einzustürzen drohte. Der damalige Administrator des Stifts Ratzeburg Herzog Christoph von Mecklenburg ließ es daraufhin mit Zustimmung seines Koadjutors Herzog Karl I. und des Domkapitels abbrechen und neu errichten. Dazu nahm er bei seiner Frau Elisabeth von Schweden einen Kredit von 2000 Reichstalern auf und verpfändete ihr das Haus. Der großzügige Renaissance-Neubau mit dreigeschossigem Vorderhaus, einer zweigeschossigen Doppelflügelanlage und eingeschossigem Querhaus als Abschluss wurde 1588 fertig. Diese Jahreszahl findet sich auch im Renaissance-Giebel des Hauses.

Nach der Beschreibung von Gottlieb Matthias Carl Masch, dem ein Inventar von 1795 vorlag, hatte das dreigeschossige Haus über der Thür zwei Mecklenburgische Wappen, unten im Hause ist eine mit Feldsteinen gepflasterte Diele, eine Stube und Küche, im nördlichen Flügel 2 Stuben, im südlichen eine Kammer, ein Verschlag, eine kleine Stube; unter dem Hause 2 Keller. In der zweiten Etage vorne ein Vorsaal, 2 Stuben und eine Kammer; im nördlichen Flügel Stube und Kammer, im südlichen 2 Kammern. In der dritten Etage Vorboden, Stube und 2 Kammern und darüber der Hausboden. Der Zwerchhaus-Giebel des traufenständigen Baus war ursprünglich mit ausgehauenen Steinen verziert, worüber sich 1589 die Nachbaren beklagten; 1793 wurde er abgenommen und in vereinfachter Form spitz aufgemauert. Wohl gleichzeitig erhielt die verputzte Fassade eine klassizistische Gestaltung durch profilierte Putzgesimse.

Zwischen der Stadt Lübeck und den Eigentümern des Hauses, also zunächst den Administratoren des Stifts, dann ab 1648 den Herzögen von Mecklenburg-Schwerin und ab 1701 den Herzögen von Mecklenburg-Strelitz in ihrer Eigenschaft als Fürsten von Ratzeburg gab es lang anhaltenden Streit, weil von Ratzeburger Seite Haus und Grundstück als Exklave angesehen wurden, deren Bewohner von lübeckischen Steuern und Oberhoheit exempt seien.

Ab 1648 diente es als Mecklenburg-Schwerinsches Posthaus; nach dem Hamburger Vergleich (1701) hörte dies jedoch auf. Das Haus wurde zum Wirtshaus und Ausspann, in dem aber nur die Landwirte und Händler aus Schönberg (Mecklenburg) und dem Ratzeburger Land einkehren durften. Da der Wirt sich in seinem Vertrag verpflichten musste, allein die Ratzeburger Regierung als seine Obrigkeit anzuerkennen, gestatteten ihm die Lübecker Behörden nicht, Gäste aus der Stadt bei sich aufzunehmen. Bis zur Aufhebung 1754 hatten die Schönberger Bauern hier auch noch das Privileg der Stallfreiheit und konnten ihre Pferde im Querhaus unterstellen.

Während der Franzosenzeit wurden die rechtlichen und wirtschaftlichen Probleme des Hauses so groß, dass es am 18. Januar 1812 für 700 Reichstaler verkauft wurde.

Das Haus blieb eine bei den Mecklenburgern beliebte Schankwirtschaft und Ausspanne. Von 1841 bis zu ihrer Schließung gegen Ende des 20. Jahrhunderts hieß sie Zum Großherzog von Mecklenburg.

Seit 1967 steht das Vorderhaus, seit 1992 die gesamte Grundstücksbebauung mit Vorderhaus, Doppelflügelanlage und Quergebäude unter Denkmalschutz. Trotz mehrfacher Umbauten finden sich noch Raumstrukturen des 16. Jahrhunderts, besonders in den Flügeln, und Raumausstattungen vom Barock bis ins 19. Jahrhundert. Heute steht das sanierungsbedürftige Haus leer. Es befindet sich im Eigentum eines Vereins, mit dem die Stadt Lübeck seit längerem verhandelt.[1]

Literatur

  • Gottlieb Matthias Carl Masch: Geschichte des Bisthums Ratzeburg. Lübeck: F. Aschenfeldt 1835 (Volltext), S. 417f
  • Klaus J. Groth: Weltkulturerbe Lübeck: denkmalgeschützte Häuser. Lübeck: Schmidt-Römhild 1999 ISBN 3-7950-1231-7, S. 194

Einzelnachweise

  1. Geheime Welt in der alten Burg, LN vom 1. Februar 2007; abgerufen am 21. Juni 2009