Als Sintflut wird im Buch Genesis der Bibel eine große weltumspannende Flut bezeichnet, mit der Gott die Menschen für ihr sündiges Leben bestraft haben soll. Die Sintflut soll 40 Tage und 40 Nächte gedauert und selbst den höchsten Berg der Welt mit Wasser bedeckt haben. Anschließend dauerte es dem biblischen Text gemäß noch mehrere Monate, bis das Wasser wieder abgelaufen war.
Nur Noach (Noah), der auf göttliche Anweisung eine Arche gebaut hatte, gelang es, mit seiner Familie und vielen Tieren (mindestens einem Paar von jeder Art) zu überleben. Die Arche landete schließlich auf dem Berg Ararat; von dort verbreitete sich das Leben wieder über die Erde. Der biblische Bericht berichtet im Anschluss davon, dass Gott einen neuen Bund mit Noach und den Menschen schloss, in dem er gelobte, die Menschen nie wieder so heftig zu bestrafen. Das Zeichen dieses Bundes war der Regenbogen.
Parallelen und Vergleichswerke
Die Sintflut ist nicht nur in der Bibel erwähnt, sondern auch im älteren mesopotamischen Gilgamesch-Epos, dessen Ursprung auf etwa 2600 v. Chr. datiert wird, sowie im Deukalion-Mthos, der vermutlich um 1400 v. Chr. entstand. Sie zählt somit zu den ältesten Erzählungen der Menschheit. Ähnliche Ereignisse von alles zerstörenden Naturkatastrophen und von wenigen auserwählten Überlebenden gibt es in fast allen Religionen und Kulturen.
Im neuen Testament dient die Sintflut im Lukasevangelium (17, 27) und der entsprechenden Parallelstelle im Evangelium nach Matthäus (24, 38) als Gleichnis für das Kommen des Menschensohns, das als plötzlich und unerwartet prophezeit wird:
- Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird's auch geschehen in den Tagen des Menschensohnes: sie aßen, sie tranken, sie freiten, sie ließen sich freien bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging und die Sintflut kam und brachte sie alle um.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Für die Sintflut gibt es zahlreiche Erklärungsversuche. Die in der Wissenschaft heute bevorzugte Theorie besagt, dass alle mesopotamischen Flutmythen (und damit letztlich auch die biblische Sintflutgeschichte) auf die traumatische Erfahrung der unvorhersagbaren und gelegentlich lokal katastrophalen Schwemmfluten von Euphrat und Tigris im Zweistromland zurückgehen. Ein Zusammenhang mit den textlich oft grundverschiedenen Mythen anderer Weltregionen wird meist nicht gesehen.
Andere vermuten, dass steigende Meeresspiegel zum Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren zum Beispiel im Gebiet des Roten oder des Schwarzen Meeres für entsprechende Sagen verantwortlich sind. So gibt es sichere Hinweise auf Ansiedlungen und fruchtbare Gebiete, die heute einige Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Kritiker wenden allerdings ein, dass der Anstieg - obwohl im geologischen Zeitrahmen als schnell zu bezeichnen - gemäß menschlichen Maßstäben kaum als Flut zu bezeichnen gewesen wäre. Auch die Kontinuität der Überlieferung über viele Jahrtausende hinweg wird als äußerst zweifelhaft angesehen; selbst wenn sich also flutartige Überschwemmungen am Ende der letzten Eiszeit nachweisen ließen, wäre äußerst unsicher, ob es sich dabei tatsächlich um die Hintergründe der Sintflutlegende handelt - wichtige Details der biblischen Geschichte wie die wochenlangen Regenfälle lassen sich jedenfalls nicht mit einem reinen Anstieg des Meeresspiegels in Einklang bringen.
Ähnliches gilt auch für die These der US-amerikanischen Marinegeologen Walter Pitman und William Ryan, die 1997 die Theorie vertraten, die Sintflut gehe auf einen Wassereinbruch in das Schwarze Meer zurück, der stattgefunden haben soll, als sich etwa im 6. Jahrtausend v. Chr. der Meeresspiegel des Mittelmeers hob und das Niveau des Bosporus erreichte. Innerhalb kurzer Zeit soll sich so der Wasserspiegel in der Senke um mehr als 200 Meter erhöht haben. Als Belege galten Funde von Süßwassermuscheln in Tiefen von bis zu 120 Metern, die mit der Radiokarbonmethode datiert wurden; auch Siedlungsfunde im Küstenbereich des Schwarzen Meeres wurden angeführt, um diese Fluthypothese zu stärken. Pitmans und Ryans Ansicht wird jedoch von wissenschaftlicher Seite heute mehrheitlich abgelehnt und kaum noch vertreten, da mittlerweile zahlreiche Hinweise darauf vorliegen, dass der Wasserfluss seit dem Ende der letzten Eiszeit aus dem Schwarzmeerbecken heraus gerichtet war und damit der sintflutartige Einbruch aus dem Mittelmeer wohl niemals stattgefunden hat.
Die umstrittenste Theorie besagt, dass ein oder mehrere Meteoriten oder Asteroiden durch einen Einschlag im Meer genug Wasser aufwirbelten, um große Gebiete tage- oder wochenlang mit Regen zu übergießen. So soll es unter anderem einen großen Einschlag vor ungefähr 7600 Jahren und einen kleineren vor etwa 3150 Jahren gegeben haben, jedesmal mit katastrophalen Folgen für die Menschheit; auch diese These hat sich bisher jedoch in der Wissenschaft nicht durchsetzen können. Es ist allerdings äußerst wahrscheinlich, dass in den letzten 10.000 Jahren zahlreiche Meteoriten in den Ozean eingeschlagen sind - unklar ist hingegen, welche Folgen diese Einschläge hatten. Am unumstrittensten ist noch, dass jeder Impakt eine vom Einschlagsort ausgehende Flutwelle, einen sogenannten Tsunami ausgelöst hätte, der auch in entfernt liegenden Küstenregionen noch starke Verwüstungen hätte anrichten können; weitergehende Angaben gelten dagegen weithin als Spekulation, so dass eine Anerkennung der These in größeren Teilen der Wissenschaft bisher auf sich warten lässt.
Historisch-kritische Analyse und kirchliche Wertung
Die historisch-kritische Analyse sieht im vorliegenden biblischen Text mindestens zwei Quellen mit zum Teil unterschiedlichen Angaben unverbunden ineinandergefügt.
Heutige Exegeten bestehen nicht auf einer Historizität der Genesistexte, sondern weisen ihnen den Charakter eines Mythos zu, in dem sich Glaubenserfahrung ausdrückt. Auch von römisch-katholischer oder protestantisch-landeskirchlicher Seite wird eine Geschichtlichkeit der Sintflut nicht als notwendiger Bestandteil christlichen Glaubens angesehen. In Kreisen evangelikaler Christen gilt die Sintflut dagegen noch heute als historisches Ereignis.
Theologische Deutung
Die Sintflut wirft in theologischer Hinsicht die Frage auf, warum ein allwissender und gütiger Gott es überhaupt zur Sintflut kommen lassen konnte. Nicht nur Atheisten stellen die Frage, warum Gott dem biblischen Bericht gemäß in der Sintflut seine eigene Schöpfung nahezu vollständig verwarf.
Das Judentum hat darauf unter anderem im Raschi-Kommentar die Antwort gegeben, dass die harte Strafe Gottes wegen des Umfangs der menschlichen Verbrechen und der Bosheit der vorsintflutlichen Geschlechter notwendig wurde. Es kam demnach zum Brudermord sowie zu massiver Gewalt zwischen den Menschen, insbesondere gegenüber Frauen, so dass das Recht des Stärkeren herrschte. Zum Beleg dient unter anderem eine Textstelle aus dem 1. Buch Mose 6:2, in der es heißt: „sie nahmen sich zu Weibern, welche sie nur wollten“.
Das Urteil Gottes lautete daher: „alles Trachten ihres Herzens war die ganze Zeit nur böse“ (6:5) und „Die Erde war voller Gewalttat“ (6:11), womit im konkreten Fall besonders schändliche Gewalt wie etwa Raub bezeichnet wurde. Die Reaktion Gottes versteht das Judentum daher als Antwort auf die so bezeichneten Greuel: „Das Ende allen Fleisches ist bei mir beschlossen.“ (6:13). Gewalttätiges Verbrechertum, Raub und Vergewaltigungen, sind, folgt man der Sintflutgeschichte, in theologischer Hinsicht die größte Sünde.
In den Worten des Rabbi Jochanan findet diese Ansicht in den Worten
- Kommt und seht, wie schrecklich ist die Macht der Gewalt! Denn seht, die Generation der Flut beging jede denkbare Sünde, aber ihr Schicksal wurde erst besiegelt, als sie ihre Hände zum Raub ausstreckten, wie es heißt: „Denn voll ist die Erde durch Gewalttat durch sie, und ich will sie verderben mit der Erde.“
ihren Ausdruck. Der Midrasch betrachtet es als korrumpierende Natur der „Gewalt, die fähig ist, das Gute im Menschen zu demoralisieren und die als unüberwindbare Barriere zwischen dem Menschen und seinem Schöpfer steht“. Die Frage, warum Gott den Tod der Sünder wünscht und nicht deren Umkehr, wird also durch die unrettbar durch Gewalt korrumpierte Menschheit begründet. Nur mit einem neuen, aus einem Gerechten hervorgegangenen Menschengeschlecht war demnach ein Neuanfang möglich.
Die Tatsache, dass der Gerechte seine Rettung, die Arche, selber bauen und danach durch schwieriges Wasser führen musste, ist ein theologisches Bild. Es wird manchmal von modernen Theologen aufgegriffen, wenn ein aufgeklärter Humanismus als heutige Entsprechung eines solchen Archebaus dargestellt wird.
An der Verpflichtung dem Mitmenschen gegenüber treffen sich jüdische, christliche und muslimische Exegeten bei der Interpretation der Sintflutgeschichte.
Wortgeschichte
Das Wort „Sintflut“ ging aus dem mittelhochdeutschem Wort „Sin(t)vluot“ hervor, das so viel wie „große, allgemeine Überschwemmung“ bedeutet, ist also nicht von dem Wort „Sünde“ abzuleiten. Die Vorsilbe „sin“ heißt stattdessen „immerwährend, durchaus, gewaltig“.