Die Vorgeschichte, auch Urgeschichte genannt, ist der Teil der Menschheitsgeschichte, von dem keine schriftlichen Aufzeichnungen überliefert sind. Daher trägt im Wesentlichen die ur- oder vorgeschichtliche Archäologie zum Kenntnisstand dieser frühen Zeitabschnitte bei.
Die Vorgeschichte beginnt mit den ältesten Spuren menschlicher Kultur, den Steinwerkzeugen, vor etwa 2,5 Millionen Jahren. Sie endet mit dem Auftreten der ersten Schriftzeugnisse, die Gegenstand der Frühgeschichte sind.
Den Zeitraum vom Beginn der Menschheit bis zum Ende der letzten Eiszeit, um 8000 v. Chr., bezeichnet man im allgemeinen Sprachgebrauch als Steinzeit. Die Einteilung menschlicher Kulturgeschichte nach den jeweils vorherrschenden Rohmaterialien und Technologien geht auf das von Thomson zu Beginn der prähistorischen Archäologie geschaffene "Dreiphasenmodell" zurück. Das Bild des Höhlenmenschen ist ebenfalls forschungsgeschichtlich zu erklären, mittlerweile stellt sich das Bild der Vorgeschichte deutlich differenzierter dar.
Zeitliche Einordnung und Untergliederung
Die Vorgeschichte ist in verschiedene Abschnitte gegliedert. Generell wird zwischen Paläolithikum, Mesolithikum, Neolithikum, Kupferzeit, Bronzezeit und Eisenzeit unterschieden. Die einzelnen Abschnitte sind dabei weltweit unterschiedlich unterteilt, benannt, definiert und datiert - wenn sie überhaupt dort vorkommen. Die Tabelle zeigt die archäologische Einteilung, wie sie im groben weltweit und detailliert für Mitteleuropa üblich ist.
Epoche | Zeitraum | Zeitraum in Europa | Untergliederung | Charakteristika | Menschenarten |
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Altsteinzeit oder Paläolithikum | 2,4 Mio - 600.000 v. Chr. | 600.000 v. Chr. - 8.000 v. Chr. |
Zusammen mit entwicklungsgeschichtlich wichtigen Ereignissen bezüglich der Menschwerdung entwickelt sich innerhalb dieses Zeitraums eine zunehmend komplexerer Steintechnologie. Die Entstehung des modernen Menschen geht nach derzeitigem Kenntnisstand auf folgende Vor- und Frühmenschen zurück: Australopithecus(Süd- und Ostafrika) Homo habilis(Ostafrika) Homo erectus(Asien) Homo sapiens präsapiens (Südafrika) Homo heidelbergensis (Steinheim) [[Neanderthaler|Homo neandertalensis um 40000 v. Chr. in Europa: Homo sapiens sapiens ("Cro Magnon") Die folgenden Datierungen und Kulturabschnitte beziehen sich auf Europa. Im außereuropäischen Ausland gibt es teilweise große Unterschiede. | ||
Mesolithikum | 8.000 v. Chr. - 4.500 v. Chr. |
Bezeichnet die Zeit nach dem Ende des Pleistozäns für die (insbesondere europäischen) Regionen, in der noch keine neolithischen Kulturen vorhanden sind. Die Jäger und Sammler besitzen eine hochstehende Werkzeugkultur mit Stein-und Knochenwerkzeugen (z. B. die "Hamburger Kultur").
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Jungsteinzeit oder Neolithikum | 8.000 v. Chr. - 1.500 v. Chr. | 4.500 v. Chr. - 1500 v.Chr |
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Die Entstehung des Neolithikums wird mit dem Nahen Osten in Verbindung gebracht. Von dort stammen die ältesten Belege von Keramik vor etwa 12.000 Jahren. Als ("neolithische Revolution")gelangt die neue Wirtschaftsweise(statt aneignend nun produzierend) bis nach Europa. Die Einführung der Metallurgie ermöglicht die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen (Gold und Kupfer).
DreiperiodensystemEin mittlerweile veraltetes Konzept, das Dreiperiodensystem, unterteilte die Vorgeschichte in Steinzeit, Bronzezeit, und Eisenzeit - eine Unterteilung, die heute als zu grob und unspezifisch angesehen wird, gerade am Übergang von der Stein- zur Metallverwendung sind die Übergänge extrem fließend. MenschheitsgeschichteDer kulturelle Hintergrund der Menschwerdung ist der eigentliche Gegenstand der Urgeschichte. Diese läuft in zwei miteinander verschränkten Ebenen ab: Einer kulturellen, und einer biologisch-evolutionären. Zu verschiedenen kulturellen Epochen sind oben bereits für die einzelnen Unterabschnitte ins Detail gehenden Artikel angeführt. Dennoch soll hier ein zusammenhängender erster Überblick insbesondere über die kulturelle Evolution des Menschen gegeben werden. Die biologische Evolution wird im Artikel Hominisation behandelt, auf einzelne Menschenarten wird hier daher nur stark vereinfachend eingegangen. PaläolithikumHomo habilis und GeröllgeräteindustrieDie Menschheitsgeschichte beginnt in Ostafrika vor ca. 4 Millionen Jahren, zunächst auf primär evolutionärer Basis mit Entwicklung des aufrechten Ganges durch die Australopithecinen. Die Ursachen sind ungeklärt. Theorien vermuten eine Anpassung an Steppenregionen, die vorher bewaldet waren. Der aufrechte Gang ermöglichte eine bessere Sicht, hatte aber den zusätzlichen Effekt, dass nun die Hände auch für anderes benutzt wurden. Die ersten Angehörigen der Gattung "Mensch" ("Homo") entstanden vor ca. 2,6-2 Millionen Jahren. Der Homo habilis steht diesbezüglich am Anfang, vermutlich ist er, möglicherweise auch schon späte Australopithecinen, das erste Lebewesen, das nicht nur Werkzeuge benutzte, sondern sie sogar nach standardisierten Konzepten herstellte: nachweisbar wurden ab 2,6 Mio. Jahre vor heute Steine für ihren Einsatz als Werkzeug bearbeitet. Dies gilt insofern als bemerkenswert und kennzeichnend für den Übergang vom Tier zum Mensch, als dabei ein zumindest kurzfristiges Planen erkennbar wird: Zunächst wird der eine Gegenstand, der Stein, bearbeitet, um damit einem anderen Ding zu Leibe rücken zu können. Diese ersten Steingeräte waren so genannte Geröllgeräte ("Oldowan"), Gerölle, denen mit einem anderen Stein eine Schneide angebracht wurde. Sie wurden vermutlich mit beiden Händen in einer hackartigen Bewegung benutzt. Diese Geräte blieben unverändert über etwa 1 Million Jahre. Dies gilt auch für das Material der Steine, das sich eigentlich das ganze Paläolithikum nicht großartig verändert. Homo erectus und FaustkeilindustrieGegen Ende der Zeit, also ca. 1 Millionen Jahre vor heute, traten zwei wesentliche Neuerungen auf: Der Mensch entdeckte das Feuer, und er begann vermutlich mit der aktiven Jagd auf Tiere, nachdem er vorher vermutlich primär Pflanzen- und Aasfresser gewesen war. Auch wurde der Homo habilis nun endgültig von einer anderen Art, dem Homo erectus abgelöst, der sich vor ca. 1,5 Millionen Jahren zu entwickeln begonnen hatte ("Olduvai-Hominid 9", ca. 1,2 - 1,5 Mio Jahre). Diese Art war so erfolgreich, dass sie sich über die restliche Welt ausbreiten konnte: Afrika, Kleinasien, Süd- und Mitteleuropa (Stark verwandte Art Homo heidelbergensis, 600.000 v. Chr; Homo erectus bilzingslebensis, ca. 400.000 v. Chr.), und über Indien bis ins heutige China und nach Südostasien ("Java-Mensch" Picanthropos bereits vor ca. 1,6 Mio Jahren), wobei die Ausbreitungsrichtung nach Norden offenbar von gesteigerten kulturellen Fähigkeiten abhing, die den klimatisch schwierigeren Bedingungen contra bieten konnten. Homo erectus verbesserte zunächst die Steingeräte: Zunehmend wurden nun auch die kleineren Abschläge von den Kernsteinen verwendet, an den Kanten retuschiert und damit für verschiedene feinere Tätigkeiten nutzbar. Einen regelrechten Technologiesprung gab es vor ca. 1. Mio Jahren: Nun wurden auch die Kernsteine weitaus feinfühliger bearbeitet, und vor allem an zwei Seiten so behauen, dass sie eine Spitze ausbilden: Diese so genannten Faustkeile blieben neben den bearbeiteten Abschlägen wichtigstes scharfes Werkzeug des Altpaläolithikums bis etwa 130.000 v. Chr. Neben der bereits erwähnten Feuernutzung war die Jagd auf Tiere eine wichtige diesbezügliche Entwicklung, um das reduzierte pflanzliche Nahrungsangebot außerhalb Ostafrikas auszugleichen. Systematische Jagd auf Groß- und Kleinwild entwickelte sich ab ca. 1 Mio Jahre vor unserer Zeit, als "Abfallprodukte" der Nahrungsbeschaffung erhielt der Mensch nun auch weitere Rohmaterialien: Felle, die vor Kälte schützten, Knochen, die als Werkzeuge Verwendung fanden. Werkzeuge aus Holz und anderem vergänglichem organischen Material sind für diese zweite Hälfte des Altpaläolithikums zu erwarten, naturgemäß archäologisch aber kaum nachweisbar: Ausnahmen bestätigen die Regel, etwa zwei hölzerne Speere mit einem Alter von 370.000 Jahren aus Schöningen. Neandertaler und AbschlaggeräteIn Europa entwickelte sich aus dem Homo erectus (möglicherweise aus oder parallel zum Homo heidelbergensis) vor etwas 300.000 Jahren der Neandertaler, eine auf die spezifischen Umweltbedingen der letzten Eiszeit hervorragend angepasster Menschenart. Der Neandertaler stellt sich heute (entgegen früheren annahmen) als kulturell bereits relativ hoch entwickelt dar: Bei ihm sind für unseren Raum zum ersten Mal kultische Praktiken nachweisbar, so sind insbesondere Bestattungen mit Grabbeigaben belegbar. Der Neandertaler entwickelte eine Technik der Steinbearbeitung, bei der nicht mehr (nur) die Kerne der Steine das Werkzeug ergaben, sondern bei der die vom Stein abgehauenen Abschläge selbst (z.B. zu schneidenden Klingen) weiterbearbeitet wurden. Mesolithikum, NeolithikumHomo sapiensNeben dem Homo erectus entwickelte sich eine neue Form des Menschen, der Homo sapiens. Nicht abschließend geklärt ist, wie weit er sich unabhängig von lokal vorhandenen Menschentypen entwickelte; man tendiert jedoch zunehmend dazu, ihn als eine Art zu begreifen, die, in Afrika entstanden, sich in einer zweiten Welle von dort über die Welt ausbreitete. Der Homo sapiens verfeinert zunächst weiter die Technik der Steinbearbeitung; übernimmt in Europa jedoch durchaus schon fortgeschrittenere Kulturtechniken der Neandertaler. Zunehmend verdrängt er hier den Neandertaler, in Afrika und Asien setzt er sich ebenfalls als beherrschende Art durch. Ihm gelingt auch die Landnahme Amerikas. Bemerkenswert ist das Entstehen der Kunst ab etwa 35.000 v.Chr. Zwar könnten einige wenige Funde bereits auf etwas wie einen Kunstbegriff beim Homo erectus hinweisen, doch gesichert ist dies noch nicht. Der Homo sapiens aber beginnt, seine Umwelt in Bildern abzubilden: Es entstehen die ersten Felszeichnungen. Bemerkenswerterweise sind die ersten Zeichnungen von Europa über Sibirien bis ins südliche Afrika von einer stilistisch auffallenden Ähnlichkeit, so dass manche Wissenschaftler von einem - wenngleich über viele viele Zwischenstationen - bestehenden Kontakt der einzelnen Populationen ausgehen. Weiterführende AngabenSiehe auchMensch - Gattung Homo - Hominidae - Löwenmensch, Dreiperiodensystem Weblinks
Literatur
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