Zeitreihenanalyse (Z.) ist die Disziplin, die sich mit der mathematisch-statistische Analyse von Zeitreihen (Zr.) beschäftigt.
Ziele der Zeitreihenanalyse können sein
- die Vorhersage von künftigen Zeitreihenwerten (Prognose) auf der Basis der Kenntnis ihrer bisherigen Werte (Wettervorhersage)
- die Erkennung von Veränderungen in Zeitreihen (EEG oder EKG-Monitoring in der Medizin bei chirurgischen Eingriffen)
- die Eliminierung von seriellen Abhängigkeiten oder Trends in Zr., um einfache Parameter wie Mittelwerte verlässlich zu schätzen
Die Vorgehensweise im Rahmen der Zeitreihenanalyse lässt sich in folgende Arbeitsphasen einteilen:
- Identifikationsphase: Indentifikation eines geeigneten Modells für die Modellierung der Zeitreihe
- Schätzphase: Schätzung von geeigneten Parameter für das gewählte Modell
- Diagnosephase: Diagnose und Evaluierung des geschätzten Modells
- Einsatzphase: Einsatz des geschätzten und als geeignet befundenen Modells (insbesondere zu Prognosezwecken)
In den einzelnen Phasen ergeben sich Unterschiede, je nachdem ob man die neuere Zeitreihenanalyse (Box-Jenkins-Methode) oder die traditionelle Zeitreihenanalyse (Komponentenmodell) zu Grunde legt.
Identifikationsphase
An erster Stelle sollte die graphische Darstellung der empirischen Zeitreihenwerte stehen. Dieses ist die einfachste und intuitivste Methode. Im Rahmen der graphischen Analyse lassen sich erste Schlüsse über das vorliegen von Trends, Saisonalitäten, Ausreißern, Varianzinstationarität sowie sonstiger Auffäligkeiten ziehen.
Stellt man dabei einen stochastischen Trend (Instationarität) fest, der später durch eine Transformation der Zeitreihe (Differenzieren) bereinigt werden soll, so bietet sich eine Varianzstabilisierung (z. B. Box-Cox-Transformation) an. Die Varianzstabilisierung ist wichtig, da nach dem Differenzieren einer Zeitreihe negative Werte in der transformierten Zeitreihe vorkommen können.
Bevor weitergearbeitet werden kann, muss noch die grundsätzliche Frage geklärt werden, ob die Zeitreihe in einem deterministischem Modell (Trendmodell) oder einem stochastischen Modell abgebildet werden soll. Diese beiden Alternativen implizieren unterschiedliche Methoden der Trendbereinigung. Beim Trendmodell erfolgt die Bereinigung mittels einer Regressionsschätzung, beim stochastischen Modell mittels Differenzenbildung.
Schätzphase
In der Schätzphase werden die Modellparameter und -koeffizienten mit Hilfe unterschiedlicher Techniken geschätzt. Für das Trendmodell bietet sich die OLS-Methode, für die Box-Jenkins-Methode die Momentenmethode und die Maximum-Likelihood-Methode für die Schätzung an.
Diagnosephase
In der Diagnosephase wird das Modell oder ggf. mehrere ausgewählte Modelle nochmal anhand ihrer geschätzten Parameter beurteilt. Dabei bietet sich folgende Vorgehensweise an:
1. Schritt: Prüfen, ob die geschätzten Koeffizienten signifikant von Null verschieden sind. Bei einzelnen Koeffizienten erfolgt dies mit Hilfe eines t-Tests, mehrere Koeffizienten zusammen werden mit einem F-Test untersucht.
2. Schritt: Verfährt man nach der Box-Jenkins-Methode, so ist zu prüfen, inwieweit die empirischen Autokorrelationskoeffizienten mit denen übereinstimmen, die sich theoretisch aufgrund der vorher geschätzten ARMA-Koeffizienten ergeben müssten. Zusätzlich können die partiellen Autokorrelationskoeffizienten sowie das Spektrum analysiert werden.
3. Schritt: Schließlich erfolgt eine sorgfältige Analyse der Residuen. Die Residuen sollten keine Struktur mehr aufweisen. Dabei kann man die Zentriertheit der Residuen mit einem t-Test kontrollieren. Die Konstanz der Varianz kann visuell am Zeitreihengraphen oder durch Berechnung des Effekts verschiedener λ-Werte in einer Box-Cox-Transformation berechnet werden. Um die Autokorrelationsfreiheit der Residuen zu prüfen kann man jeden einzelnen Koeffizienten auf signifikanten Unterschied zu Null prüfen oder die ersten n Koeffizienten gemeinsam auf Signifikanz zu Null testen. Um Letzteres zu klären kann auf die sogenannten Portmanteau-Tests zurückgegriffen werden.
Hierfür bieten sich beispielsweise Informationskriterien an.
Einsatzphase
In der Einsatzphase gilt es aus der in der Identifikationsphase aufgestellten und als brauchbar befundenen Modellgleichung eine Prognosegleichung zu formulieren. Dabei muss vorher ein Optimalitätskriterium festgelegt werden. Dafür kann z. B. der minimal mean squared error (MMSE) genommen werden.
Literatur
Rinne, Horst; Specht, Katja: Zeitreihen: Statistische Modellierung, Schätzung und Prognose, München: Vahlen, 2002.