Konfuzianismus (Pinyin: rújiā, Chinesisch: 儒家, Chinesisch für Schule der Gelehrten) ist der Begriff für Philosophien und politische Vorstellungen in China, die sich selbst in die Tradition des Meister Kong (lebte ca. Ende des fünften vorchristlichen Jahrhunderts, Chinesisch: 孔子 Pinyin: Kǒng Zǐ, latinisiert: Konfuzius) und seiner Schüler stellen. Konfuzius wurde von seinen Anhängern als Vorbild und Ideal verehrt. Seine moralischen Lehren, seine rituellen Schriften und seine Lebensweise wurden als mustergültig angesehen.
Das Leben des "Konfuzius" ist durch den Kranz der Legenden hindurch nicht mehr zu bestimmen. Sowohl über seine Herkunft als auch über seinen tatsächlichen Lebensweg gibt es verschiedene, sich diametral widersprechende Beschreibungen. Sicher scheint lediglich die Tatsache, dass es einen wandernden Lehrer dieses Namens gab, dieser in Lu (in der heutigen Provinz Shandong) lebte und es einige schriftliche Werke gibt, die ihm zugeschrieben werden.
Ziel seiner Lehren war es, die mythologische und religiösen Wertesysteme des chinesischen Feudalreiches zu erneuern.
Als Ausweg aus dem politischen und sozialen Chaos sah er die Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden.
Grundbegriff des Konfuzianismus: Harmonie des Universums und des Kosmos.
Menschlicher Bereich: entspricht Ordnung in Natur
- → Fünf menschliche Elementarbeziehungen:
• Vater-Sohn
• Fürst-Untertan
• Mann-Frau
• Älterer Bruder-jüngerer Bruder
• Freund-Freund
entsprechen den
- Fünf Elementen
- Fünf Himmelsrichtungen(N, O, S, W + eigener Standpunkt)
außerdem:
- den fünf Kardinaltugenden:
• Ren, die gegenseitige Liebe
• Yi, die Rechtschaffenheit
• Zhong, die Gewissenhaftigkeit
• Shu, die Gegenseitigkeit – was du nicht willst, das man dir tut, das füge auch keinem anderen zu
• Zhi, die Ehrlichkeit
Aus den fünf Tugenden wurden drei soziale Pflichten abgeleitet:
• Loyalität (Untertanentreue)
• Pietät (Verehrung der Eltern und Ahnen)
• Höflichkeit – das „Li“ – bedeutet Lächeln, umfasst alle Umgangsformen, also die Tugenden Anstand, Sitte und Gerechtigkeit
Weil die Ordnung Konfuzius Meinung nach durch Achtung vor anderen Menschen und Ahnenverehrung erreichbar sei, hat Li und kindliche Pietät wichtigste Stellung im praktischen Leben erhalten.
Kinder sollen Ahnenverehrung fortsetzen und Ahnen erhalten. Demzufolge gilt Kinderlosigkeit als großes Unglück. Als Ausweg werden Adoption und Nebenfrauen empfohlen.
Die Summe aller Tugenden ist die wirkliche Mitmenschlichkeit (ren). Sie allein zeigt, wer innerhalb der Ordnung loyal, gerecht und ehrlich handelt. Und das kann nur, wer ausgiebig li studiert und praktiziert.
Wer li entsprechend lebt – also der Etikette, den Riten und der Sitte nach – und sich für die Ahnen aufopfert, verändert sich allein dadurch zum Guten. Das löst dann einen Dominoeffekt aus, der auf seine Mitmenschen und schließlich auf den gesamten Kosmos wirkt und die eigentliche Urordnung wiederherstellen kann.
Das heißt:
- Wenn Familien in Harmonie sind, ist es auch das Dorf
- Sind Dörfer in Harmonie, ist es auch die Provinz
- Sind Provinzen in Harmonie, dann ist es im Endeffekt auch das Reich
Das Studium ist also Voraussetzung für das Verständnis der Ordnung des Himmels und der Menschen. Allerdings soll man nur ergänzend zum Denken lernen.
Konfuzius sagt also: „Lernen ohne zu denken ist sinnlos; aber denken ohne zu lernen ist gefährlich."
Die sich in Konfuzius Tradition sehenden Denker, die in China unter dem Begriff Rujia zusammengefasst sind, entwickelten Vorstellungen, die den gesamten ostasiatischen Raum bis heute entscheidend prägten: von China über Taiwan, Japan, Korea bis Vietnam. Trotz verschiedener großer Brüche in der Geschichte, wie der legendären Verfolgung der Rujia unter dem chinesischen Kaiser Qin Shi Huangdi um die westliche Zeitenwende oder der Verteufelung von Meister Kong durch Mao Tsetung während der ersten vierzig Jahren der Volksrepublik China im vergangenen Jahrhundert konnten die humanistischen und klaren Vorstellungen, die Meister Kong als Lehrer geprägt hatte, durch ständige Neuinterpretation durch die verschiedensten Zeiten und Umstände hindurch als Vorbild an Besonnenheit und Mitgefühl dienen.
Der Konfuzianismus selbst bildete die Staatsdoktrin zahlreicher Dynastien; ab der Han-Dynastie gab es ein umfassendes Prüfungssystem, zu dem z.B. die umfassende Kenntnis konfuzianischer Lehren zählte. Da die "Bedrohung" durch andere Weltanschauungen (家, Pinyin: Jiā; es gibt im chinesischen keine Trennung zwischen Lehre/Philosophie und Religion) wie Taoismus (Daojia) und Buddhismus (Fojia) entwickelte sich in der Song-Dynastie eine neue Strömung, der Neokonfuzianismus des Zhuxi (jap.: Shushi). Dieser Konfuzianismus tolerierte auch mythische Elemente, obgleich der "Meister" einst sprach: "Wenn du das Leben noch nicht kennst, wie sollst du da den Tod verstehen!"
Der Konfuzianismus ist neben Taoismus und dem Buddhismus eine der bedeutendsten philosophischen Richtungen in China und Ostasien. Der Konfuzianismus als Religion - das heißt die altchinesische Religionsform, der Konfuzius selbst anhing und die er förderte, die aber nicht durch ihn begründet wurde - spielt dagegen heute nur noch eine geringe Rolle; in den meisten betroffenen Ländern sind heute Buddhismus und Taoismus die dominanten Religionen. Chinesen jedoch sehen hierin keine Konkurrenz, sondern eine Art Koexistenz, da jede "Religion" ihren eigenen "Aufgabenbereich" hat. Konfuzianismus ist im eigentlichen Sinne keine Religion, sondern eine praktisch orientierte, moralische Philosophie. Im Jahre 1995 wurde der Konfuzianismus in Korea zur Religion erklärt. Zur Zeit gehören insgesamt etwa 10 Millionen Menschen dieser Religion an, allerdings sind nur rund 6,1 Millionen offiziell angegeben.
Siehe auch
Literatur
- Kungfutse: Gespräche • Lun Yü. (übersetzt von Richard Wilhelm), ISBN 3-424-00622-X
- Kungfutse: Schulgespräche • Gia Yü. (übersetzt von Richard Wilhelm), ISBN 3-424-00696-3
- James Legge: The Chinese Classics. Five Volumes, Shanghai 1935
- Hans van Ess: Der Konfuzianismus. C.H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48006-3