Deutsches Elektronen-Synchrotron

deutsches Forschungszentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Mai 2005 um 00:33 Uhr durch Florz (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) ist das größte deutsche Forschungszentrum für Teilchenphysik mit Sitz in Hamburg und Zeuthen.

DESY dient hauptsächlich der Grundlagenforschung in der Teilchenphysik sowie der Forschung mit Synchrotronstrahlung. Zu diesem Zweck betreibt und entwickelt DESY verschiedene Teilchenbeschleuniger. Das Forschungszentrum wird mit öffentlichen Mitteln finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft.

Datei:Modell Teilchenbeshleunigerelement DESY.JPG
Modell eines Teilchenbeschleunigersegmentes
Datei:Modell Teilchenbeshleunigerelement DESY.JPG
Modell eines Teilchenbeschleunigersegmentes
Datei:Teilchenbeschleunigersegment Querschnitt DESY.JPG
Querschnitt eines Teilchenbeschleunigersegmentes
Datei:Reinraumlabor Teilchenbeschleunigerbauteile DESY.JPG
Reinraumlabor zur Montage der einzelnen Beschleunigersegmente

Aufgaben

Die Aufgabe des DESY ist die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung. Dabei setzt das Forschungszentrum drei Schwerpunkte:

Insbesondere im Bereich der Synchrotronstrahlung wird das breite interdisziplinäre Forschungsspektrum des DESY deutlich.

Standorte

DESY verfügt über zwei Standorte, der größere in Hamburg und der kleinere in Zeuthen.

Das Gelände von DESY Hamburg befindet sich im Westen der Stadt und wird vom Ring des Teilchenbeschleunigers PETRA umschlossen. Quer durch das Gelände führt ein Teil des Ring des größten Beschleunigers HERA. Der insgesamt 6,3 km lange unterirdische HERA-Ring verläuft größtenteils unter dem Altonaer Volkspark. Innerhalb des Rings befindet sich u. a. die AOL Arena.

Seit dem 1. Januar 1992 gehört das ehemalige Institut für Hochenergiephysik in Zeuthen südöstlich von Berlin als zweiter Standort zu DESY. Das im Vergleich zu DESY Hamburg kleine Gelände liegt in der Nähe des S-Bahnhofs Zeuthen direkt am Zeuthener See

Etat und Finanzierung

Das Forschungszentrum hat einen Jahresetat von etwa 160 Mio. €. Davon entfallen 145 Mio. € auf DESY Hamburg, die übrigen 15 Mio. € auf DESY Zeuthen. Die Finanzierung übernimmt zu 90 % das Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 % die Stadt Hamburg bzw. das Land Brandenburg.

Die an den Teilchenbeschleunigern durchgeführten Experimente finanzieren die daran beteiligten deutschen sowie ausländischen Institute.

Mitarbeiter und Ausbildung

Insgesamt beschäftigt DESY 1560 Mitarbeiter, davon 365 Wissenschaftler. Diese verteilen sich wie folgt auf die beiden Standorte:

  • Hamburg: 1390 Mitarbeiter, davon 300 Wissenschaftler
  • Zeuthen: 170 Mitarbeiter, davon 65 Wissenschaftler

(Stand: Januar 2005)

In diese Zahlen eingerechnet sind die 100 Auszubildenden in gewerblich-technischen Berufen sowie die 100 Diplomanden, 430 Doktoranden und 240 Nachwuchswissenschaftler, die von DESY betreut werden.

Internationale Zusammenarbeit

An den DESY-Forschungen sind 2900 Wissenschaftler aus 33 Nationen beteiligt. Von diesen forschen 1000 im Bereich der Teilchenphysik am HERA, 1900 arbeiten mit Synchrotronstrahlung im HASYLAB. (Stand: Januar 2005)

Das internationale Projekt HERA

Der Bau des Beschleunigers HERA zwischen 1984 und 1990 war eines der allerersten international finanzierten Großprojekte. Zuvor wurde der Bau wissenschaftlicher Anlagen stets von den Staaten, in denen sie sich befanden, finanziert. Lediglich die an ihnen durchgeführten Experimente bezahlten die durchführenden nationalen oder ausländischen Institute. Durch den enormen Umfang des HERA-Projektes erklärten sich jedoch viele internationale Einrichtungen schon beim Bau des Teilchenbeschleunigers zur Unterstützung bereit. Insgesamt beteiligten sich mehr als 45 Institute und 320 Firmen aus elf Ländern mit Sach- und Geldspenden am Bau der Anlage, über 20 % der Baukosten wurden von ausländischen Einrichtungen übernommen.

Nach dem Vorbild von HERA wurden in den folgenden Jahren viele wissenschaftliche Großprojekte gemeinschaftlich durch mehrere Staaten getragen. Inzwischen hat sich das Modell etabliert und die internationale Kooperation schon beim Bau der Anlagen ist heutzutage weit verbreitet.

Geschichte und Erfolge

Gründung und Bau des ersten Beschleunigers DESY

Gegründet wurde die Stiftung Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY wurde am 18. Dezember 1959 in Hamburg durch einen Staatsvertrag, den der damalige Bundesminister für Atomkernenergie Siegfried Balke und der Hamburger Bürgermeister Max Brauer unterzeichneten.

Im Jahr 1960 begann der Bau des ersten Teilchenbeschleunigers, dem Elektronen-Synchrotron DESY, der dem Forschungszentrum seinen Namen gab. Der Beschleuniger war zu dieser Zeit die weltweit größte Anlage ihrer Art und konnte Elektronen auf 7,4 GeV beschleunigen. Am 1. Januar 1964 wurden erstmals Elektronen im Synchrotron beschleunigt und die Forschungsarbeit an Elementarteilchen aufgenommen.

Internationale Aufmerksamkeit erregte DESY zum ersten Mal 1966 mit seinem Beitrag zur Prüfung der Quantenelektrodynamik. Die Ergebnisse bestätigten diese Theorie. Im folgenden Jahrzehnt etablierte sich DESY als Kompentenzzentrum für Entwicklung und Betrieb von Hochenergiebeschleunigern.

Die beim Beschleunigen von Elektronen als Nebeneffekt auftretende Synchrotronstrahlung wurde erstmals 1967 für Absorptionsmessungen eingesetzt. Für diesen Spektralbereich existierten noch keine konventionellen Strahlungsquellen. Das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) nutzte die neuen Möglichkeiten und errichtete 1972 eine permanente Außenstelle bei DESY, um mit der Synchrotronstrahlung den Aufbau von biologischen Strukturen zu erforschen.

Bau der Beschleuniger DORIS und PETRA

Von 1969 bis 1974 wurde mit dem Elektron-Positron-Doppel-Speicherring DORIS ein weiterer Teilchenbeschleuniger und der erste Speicherring des DESY gebaut. Nach Inbetriebnahme 1974 konnten erstmals Kollisionsexperimente zwischen Elektronen und ihren Antiteilchen durchgeführt werden. Durch den Beweis der „angeregten Charmonium-Zustände“ leistete DORIS 1975 einen wichtigen Beitrag für den Nachweis schwerer Quarks.

Im selben Jahr fanden am DESY erste Tests der Röntgenlithografie statt, später wurde das Verfahren zur Röntgen-Tiefenlithografie weiterentwickelt.

Datei:Vorbeschleuniger280903.JPG
Teilchenvorbeschleuniger PETRA

Von 1975 bis 1978 wurde der Elektron-Positron-Speicherring PETRA gebaut. Mit einem Umfang von 2,3 km war er zu dieser Zeit der größte Speicherring seiner Art. Die Forschung an PETRA führte zu einer intensiveren internationalen Nutzung der DESY-Anlagen. Wissenschaftler aus China, England, Frankreich, Israel, Japan, den Niederlanden, Norwegen und den USA beteiligten sich neben zahlreichen deutschen Kollegen an den ersten Untersuchungen an PETRA.

Einer der größten Erfolge des DESY war 1979 die erste Beobachtung des Trägerteilchens der starken Kernkraft, dem Gluon, an PETRA.

Synchrotronforschung am HASYLAB

Das Hamburger Synchrotronstrahlungslabor HASYLAB wurde 1980 mit 15 Messplätzen (heute gibt es derer 42) eröffnet. Das Labor grenzt an den Speicherring DORIS, um die von ihm erzeugte Synchrotronstrahlung für die Forschung nutzen zu können. Anfangs stand ein Drittel der Betriebszeit von DORIS für Experimente mit Synchrotronstrahlung zur Verfügung. Seit 1993 arbeitet DORIS III ausschließlich als Quelle für Synchrotronstrahlung für das HASYLAB.

Datei:Versuchsanordnung HASYLAB.JPG
Versuchsanordnung im HASYLAB
Datei:Versuchsaufbau HASYLAB DESY.JPG
Blick in eine HASYLAB-Kabine

DORIS wurde 1984 um den ersten Wiggler erweitert. Über eine spezielle Magnetanordnung konnten nun die beschleunigten Elektronen auf einen Slalomkurs gebracht werden. Dadurch wurde die Intensität der ausgesandten Synchrotronstrahlung im Vergleich zu herkömmlichen Speicherringsystemen um das Hundertfache gesteigert. Durch diese Verbesserung wurde noch im gleichen Jahr am HASYLAB das erste durch Synchrotronstrahlung gewonnene Mößbauer-Spektrum aufgenommen.

1985 konnte durch die Weiterentwicklung der Röntgentechnik die Detailstruktur des Schnupfenvirus aufgeklärt werden. Im folgenden Jahr gelang erstmals der Versuch, mit Synchrotronstrahlung einzelne Gitterschwingungen in Festkörpern anzuregen. So konnten Untersuchungen der elastischen Eigenschaften von Materialien durchgeführt werden, die vorher nur an Kernreaktoren mit Neutronenstreuung möglich waren.

1987 wurde im ARGUS-Detektor des DORIS-Speicherrings zum ersten Mal die Umwandlung eines B-Meson in sein Antiteilchen, ein Anti-B-Meson, beobachtet. Daraus lies sich schließen, dass sich das zweitschwerste Quark – das Bottom-Quark – unter bestimmten Bedingungen in ein anderes Quark umwandeln kann. Des Weiteren folgte aus der Beobachtung, dass das noch nicht gefundenen sechste Quark – das Top-Quark – eine sehr große Masse haben musste. Das Top-Quark wurde schließlich 1995 am Fermilab in den USA erstmals nachgewiesen.

Ebenfalls 1987 gründete die Arbeitsgruppe für Strukturelle Molekularbiologie der Max-Planck-Gesellschaft eine permanente Außenstelle im HASYLAB. Sie nutzt die Synchrotronstrahlung um die Struktur von Ribosomen zu erforschen.

Protonenforschung an HERA

Von 1984 bis 1990 wurde die Hadron-Elektron-Ring-Anlage HERA mit einem Umfang von 6,3 km unterirdisch gebaut. Für den Bau des Tunnels kam dieselbe Technik zur Anwendung, die sonst für den Bau von U-Bahn-Tunneln benutzt wird. Der neue Speicherring war die weltweit erste und zu diesem Zeitpunkt einzige Anlage, in der Elektronen und Protonen kollidierten. Um dies zu ermöglichen, war HERA auch der erste Teilchenbeschleuniger, bei dem supraleitende Magnete in großem Umfang eingesetzt wurden. Der Bau von HERA war eine internationale Aufgabe: Neben der Bundesrepublik Deutschland beteiligten sich noch elf weitere Staaten bei der Entwicklung des Beschleunigers.

Am 8. November 1990 wurde HERA in Betrieb genommen, die ersten beiden Experimente begannen 1992. An HERA konnte der Aufbau von Protonen mit einer dreißigmal höheren Genauigkeit untersucht werden, als es vorher möglich war. Die Auflösung erfasst Strukturen von einem Tausendstel der Größe eines Protons. In den folgenden Jahren wurden viele Entdeckungen über die Zusammensetzung der Protonen aus Quarks und Gluonen gemacht.

Ein zweiter Standort in Zeuthen

Am 1. Januar 1992 wurde DESY mit dem Institut für Hochenergiephysik (IfH) in Zeuthen, südöstlich von Berlin, um einen zweiten Standort erweitert. Seitdem arbeitet DESY Zeuthen an den HERA Experimenten in Hamburg mit und wertet u. a. Daten aus. Weiterhin beteiligt sich DESY Zeuthen an der Entwicklung des Freie-Elektronen-Röntgenlasers XFEL und des geplanten Linearcolliders TESLA.

Außerdem betreiben die Zeuthener Wissenschaftler zwei im Rahmen der DESY Forschung ungewöhnliche Projekte: Für die Neutrino-Astrophysik war DESY Zeuthen maßgeblich an der Entwicklung des Neutrinoteleskops AMANDA beteiligt, das 1994 von einer internationalen Wissenschaftlergruppe am Südpol errichtet wurde. In Zeuthen selbst betreibt DESY im „Zentrum für Paralleles Rechnen“ massiv-parallele Hochleistungsrechner, die z. B. für Berechnungen in der theoretischen Teilchenphysik genutzt werden.

Teilchenbeschleuniger, Anlagen und Experimente des DESY

Die Beschleuniger des DESY sind nicht alle auf einmal gebaut worden, sondern entstanden nacheinander mit der Forderung der Teilchenphysiker nach immer höheren Energien zur Untersuchung der Teilchenstrukturen. Mit der Errichtung neuerer Beschleuniger wurden die "alten" Beschleuniger meist zu Vorbeschleunigern oder auch zu eigenständig arbeitenden anderen Labor mit neuen Forschungsaufgaben umgebaut (zum Beispiel zum HASYLAB).

DORIS III

DORIS (Doppel-Ring-Speicher), gebaut zwischen 1969 und 1974, war der zweite Ringbeschleuniger und der erste Speicherring des DESY mit einem Umfang von knapp 300 Metern. Ursprünglich als Elektron-Positron-Speicherring entwickelt, konnten in DORIS erstmals Kollisionsexperimente zwischen Elektronen und ihren Antiteilchen bei Energien von 3,5 GeV pro Strahl durchgeführt werden. 1978 wurde die Energie der Strahlen auf 5 GeV angehoben.

Nach Inbetriebnahme des HASYLAB 1980 wurde die von DORIS als Nebenprodukt erzeugte Synchrotronstrahlung für Forschungen genutzt. Stand Anfangs nur ein Drittel der Betriebszeit von DORIS für die Forschung mit Synchrotronstrahlung zur Verfügung, diente der Speicherring ab 1993 unter dem Namen DORIS III nur noch als Strahlungsquelle für HASYLAB. Um eine intensivere und besser steuerbare Synchrotronstrahlung zu erhalten, wurde DORIS mit Wigglern und Undulatoren bestückt.

DORIS III bietet 42 Messplätze, an denen etwa 80 Instrumente im Wechsel betrieben werden. Die gesamte Messzeit im Jahr beträgt acht bis zehn Monate.

HASYLAB

Datei:Überwachungstableau HASYLAB DESY.JPG
Übersichts- und Kontrolltafel, des HASYLAB
Datei:Kontrolllampen HASYLAB DESY.JPG
Wand mit Warnleuchten für die Versuchskabinen
Datei:HASYLAB Experimente unter Alufolie.JPG
eine Etage über den Versuchsaufbauten

Das HASYLAB (Hamburger Synchrotronstrahlungslabor) dient der Forschung mit Synchrotronstrahlung am DESY und wurde 1980 eröffnet. Als Quelle für die Synchrotronstrahlung fungiert der Speicherring DORIS III.

Viele in- und ausländische Forschergruppen führen am HASYLAB ihre Experimente durch insgesamt 1900 Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern sind an der Arbeit beteiligt. Das Forschungsspektrum reicht dabei von der Grundlagenforschung und Experimenten in Physik, Materialforschung, Chemie, Molekularbiologie, Geologie und Medizin bis zu anwendungsnahen Untersuchungen und Industriekooperationen.

So nutzte z. B. die Firma OSRAM das HASYLAB um die Glühdrähte ihrer Lampen mittels Synchrotronbestrahlung zu untersuchen. Durch die neugewonnenen Erkenntnisse über den Glühvorgang konnte die Haltbarkeit von Lampen in bestimmten Anwendungsgebieten deutlich gesteigert werden.

Des Weiteren wurden am HASYLAB u. a. kleinste Verunreinigungen im Silizium für Computerchips analysiert, die Wirkungsweise von Katalysatoren erforscht, die mikroskopischen Eigenschaften von Werkstoffen untersucht und Eiweißmoleküle mit dem Röntgenlicht der Synchrotronstrahlung durchleuchtet.

Neben den 42 Messplätzen am Speicherring DORIS III bietet HASYLAB noch drei Testmessplätze am Speicherring PETRA.

HERA

HERA (Hadron-Elektron-Ring-Anlage) ist mit einem Umfang von 6 336 Metern derzeit (2005) der größte Ringsynchrotron und Speicherring des DESY. Die unterirdische Anlage wurde 1992 für den Forschungsbetrieb eröffnet und ist der erste und einzige Speicherring weltweit, in dem Protonen und Elektronen bzw. ihre Antiteilchen, die Positronen, zur Kollision gebracht werden konnten. HERA wird hauptsächlich genutzt, um den Aufbau von Protonen und die Eigenschaften schwerer Quarks zu untersuchen.

Der Tunnel von HERA befindet sich 10 bis 25 Meter unter der Erdoberfläche und hat einen Innendurchmesser von 5,2 Metern. In ihm verlaufen zwei ringförmige Teilchenbeschleuniger. Der eine beschleunigt Elektronen auf eine Energie von 27,5 GeV, der andere Protonen auf eine Energie von 920 GeV in entgegengesetzter Richtung. Beide Strahlen durchfliegen annähernd mit Lichtgeschwindigkeit ihre Beschleunigerringe etwa 47 000 mal in einer Sekunde.

An zwei Stellen des Rings können der Elektronen- und der Protonenstrahl zur Kollision gebracht werden. Dabei werden Elektronen oder Positronen an den Konstituenten des Protons, den Quarks, gestreut. Die Produkte dieser Teilchenreaktionen, das gestreute Lepton und die aus der Fragmentation des Quarks entstehenden Hadronen, können in großen Detektoren nachgewiesen werden. Neben den zwei Kollisionszonen gibt es im HERA-Ring zwei weitere Wechselwirkungszonen. Alle vier Zonen sind in großen unterirdischen Hallen untergebracht, eine in jeder Himmelsrichtung. In jeder Halle arbeitet eine internationale Experimentiergruppe. Diese entwickeln, bauen und betreiben in langjähriger gemeinsamer Arbeit haushohe komplexe Messgeräte und werten Millionen von Daten aus. Die Experimente in den vier Hallen werden im folgenden einzeln vorgestellt:

H1

H1 ist ein Universaldetektor für die Kollision von Elektronen und Protonen und befindet sich in der HERA-Halle Nord des DESY. Er ist seit 1992 im Betrieb, 12 m x 10 m x 15 m groß und wiegt 2 800 Tonnen.

Die Aufgaben von H1 sind die Entschlüsselung der inneren Strukturen des Protons, die Erforschung der starken Wechselwirkung sowie die Suche nach neuen Formen der Materie und nach in der Teilchenphysik unerwarteten Phänomenen.

ZEUS

ZEUS ist ähnlich dem H1 ein Universaldetektor für die Kollision von Elektronen und Protonen und befindet sich in der HERA-Halle Süd des DESY. Er ist seit 1992 im Betrieb, 12 m x 11 m x 20 m groß und wiegt 3 600 Tonnen.

Die Aufgaben gleichen denen des H1.

HERA-B

HERA-B war ein Experiment in der HERA-Halle West des DESY und sammelte zwischen 1999 und Februar 2003 Daten. Unter Nutzung des Protonenstrahls sollte mit HERA-B Untersuchungen an schweren Quarks durchgeführt werden. Die Maße des Detektors betrugen 8 m x 20 m x 9 m, sein Gewicht 1 000 Tonnen.

HERMES

HERMES ist ein Experiment in der HERA-Halle Ost des DESY und wurde 1995 in Betrieb genommen. Der longitudinal polarisierte Elektronenstrahl von HERA wird dabei für die Untersuchung der Spin-Struktur von Nukleonen genutzt. Dazu werden die Elektronen mit einer Energie von 27,5 GeV an einem internen Gastarget gestreut. Dieses Target und der Detektor wurden speziell im Hinblick auf spinpolarisierte Physik konstruiert. Der Detektor ist 3,50 m x 8 m x 5 m groß und wiegt 400 Tonnen.

Im derzeitigen Zustand ist HERMES in der Lage, inklusive Messungen (d. h. nur für das gestreute Lepton) und semi-inklusive Messungen (d. h. für das gestreute Lepton und einige der hadronischen Produkte) durchzuführen. Der sich zur Zeit im Bau befindende Rückstoßdetektor wird es ermöglichen, auch exklusive Messungen, d. h. für alle Endprodukte, durchzuführen.

PETRA II

PETRA (Positron-Elektron-Tandem-Ring-Anlage) ist mit einem Umfang von 2,3 km der zweitgrößte Synchrotron des DESY. Der von 1975 bis 1978 erbaute Ringbeschleuniger diente ursprünglich der Erforschung der Elementarteilchen, so wurde 1979 das Gluon an PETRA entdeckt. Positronen und Elektronen konnten auf 19 GeV beschleunigt werden.

Im Jahr 1990 wurde die Anlage unter dem Namen PETRA II als Vorbeschleuniger für Protonen und Elektronen/Positronen für den neuen Teilchenbeschleuniger HERA in Betrieb genommen. Im März 1995 wurde PETRA II mit Undulatoren bestückt, um die Erzeugung von Synchrotronstrahlung mit einem intensiven Röntgenlichtanteil zu verstärken. Seitdem dient PETRA II dem HASYLAB als eine Quelle für hochenergetische Synchrotronstrahlung und besitzt für diesen Zweck zwei Testmessplätze. Positronen werden heute auf 12 GeV beschleunigt.

VUV-FEL

VUV-FEL (Vacuum-Ultra-Violet Free-Electron-Laser) ist ein supraleitender Linearbeschleuniger mit Freie-Elektronen-Laser für Strahlung im Vakuum-Ultravioletten und im weichen Röntgenbereich. VUV-FEL basiert auf der 1997 errichteten TESLA-Testanlage TTF (TESLA-Test-Facility), die dafür 2003 von einer Länge von 100 m auf 260 m vergrößert wurde.

An VUV-FEL wird sowohl die Technologie für das Zukunftsprojekt eines Röntgenlasers XFEL als auch die Technologie des geplanten Linearbeschleunigers TESLA getestet, fünf Messplätze stehen seit der Inbetriebnahme 2004 zur Verfügung.

Weitere Beschleuniger

Neben den Anlagen existieren am DESY mehrere kleine Teilchenbeschleuniger, die meist als Vorbeschleuniger für PETRA und HERA fungieren. Dazu gehören die Linearbeschleuniger LINAC I (von 1964 bis 1991 für Elektronen), LINAC II (seit 1969 für Positronen) und LINAC III (seit 1988 als Vorbeschleuniger für Protonen für HERA). Das Elektronen-Synchrotron DESY II und das Protonen-Synchrotron DESY III wurden 1987 bzw. 1988 ebenfalls als Vorbeschleuniger für HERA in Betrieb genommen.

Pläne für die Zukunft

Das DESY ist engagiert im Projekt ILC (International Linear Collider). Dieses Projekt sieht die Errichtung eines 30-40 km langen Linear-Beschleunigers vor. Ein internationales Konsortium hat beschlossen, diesen mit der von DESY ursprünglich für das Projekt TESLA entwickelten Technologie zu bauen. Eine Entscheidung über den endgültigen Standort ist noch nicht gefallen.

Das DESY plant den Bau eines Röntgenlasers, den XFEL (X-Ray Free-Electron-Laser), der 3km lang bis nach Schenefeld reichen soll. Es sollen Röntgenblitze von sehr kurzen Wellenlängen und sehr kurzer Dauer erzeugt werden, um z. B. chemische Reaktionen "filmen" zu können.

Ausserdem soll der Petra Beschleuniger, der im Moment ausschließlich als Vorbeschleuniger von HERA dient zu einer Synchrotronstrahlungsquelle ausgebaut werden.

Der geplante 33-km-Beschleuniger TESLA ...

TESLA soll in einem genähert horizontalen Tunnel relativ knapp unter der Erdoberfläche laufen – von Hamburg in Richtung Nord-Nordwest. An einigen Stellen sind Schächte nach oben vorgesehen. Die Genauigkeitsforderungen an Vermessung und Geotechnik sind bei solchen Bauwerken derart hoch, dass die Geodäten bereits Jahre vor dem eventuellen Baubeginn neue Meßsysteme zu entwickeln hatten.