Jablonec nad Nisou (deutsch Gablonz an der Neiße, Romani Jablonka) ist eine Stadt mit 45.000 Einwohnern an der Neiße im nordöstlichen Böhmen, Tschechien. Die Stadt ist ein Zentrum des Liberecký kraj und ein wichtiger Industriestandort. Er bildet das Verwaltungs-, Kultur- und Sportzentrum des Isergebirges (Jizerské Hory).
Politik
Anschrift der Stadtverwaltung: Městský úřad, Mírové náměstí 19, 46751 Jablonec
Ortsteile
- Jablonec nad Nisou (Gablonz)
- Jablonecké Paseky (Bad Schlag)
- Kokonín (Kukan)
- Lukášov (Luxdorf)
- Mšeno nad Nisou (Grünwald)
- Proseč nad Nisou (Proschwitz)
- Rýnovice (Reinowitz)
- Vrkoslavice (Seidenschwanz)
Bürgermeister
- ? - 1918 Adolph Heinrich Posselt
- 1918-1934 Dr. h. c. Karl Richard Fischer (Nationalisten - DNAP)
- 1934-1938 Oskar Petrowsky (Nationalisten - SdP)
- 1938-1942 Oswald Wondrak (NSDAP, 1942-45 als Strafe an der Front)
- 1942-1945 (Mai) Karl Lehmann (NSDAP, als Stellvertreter)
- 8. Mai 1945 - 21. Mai 1945 Karel Simon (Gablonzer, Demokrat)
- 21. Mai 1945 - 1950? Karel Silhan (Kommunist)
- 1948-1989 Parteifunktionär der KPC
- 1990-1996 Dr. Jiri Musil (Sozialdemokraten)
- 1996 bis heute Dr. Jiri Cerovsky (ODS - Konservative/Liberale)
Partnerstädte
Geschichte
Die erste schriftliche Erwähnung finden wir im Jahr 1356, Nach der Vernichtung durch Gegner des böhmischen Königs Georg von Podiebrad im August 1496 verschwand die Siedlung völlig. Auf Dauer bewohnt wird es erst seit dem 16. Jahrhundert, als man die erste Glashütte in Grünwald (Mšeno) baute. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges bedeutete für Gablonz zweites Niederbrennen (2. Mai 1643) und nach seinem Ende die zwangsweise Ausweisung der protestantischen Bewohner. 1808 wurde Jablonec zum Marktflecken erhoben, und im Jahr 1866 durch ein Dekret von Franz Josef I. zur Stadt. Im Jahre 1868 wurde Gablonz zum Sitz des Bezirkshauptmanns. Der neue politische Bezirk Gablonz bestand aus den Gerichtsbezirken Tannwald und Gablonz.
Ein Beweis für den Reichtum der Stadt ist eine Reihe bedeutender Bauten und ganze Stadtviertel. Zu den interessantesten gehörten Jugendstilbauten und private Villen in der jetzigen Podhorská ulice (Gebirgsstraße) und 28. října (Josef-Pfeifer-Str.); prächtige Bauten von Funkzionalismus der 30er Jahre sind Villa Schmelowsky, Villa Hásek (Architekt Heinrich Lauterbach), Villa Kantor (Adolf-Loos-Schueler Architekt Erich Kulka), Rathaus (Architekt Karl Winter), Kath. Kirche am Gewerbe-Platz (Architekt Josef Zasche).
Durch Aggression Hitlers wurde 1938 die Tschechoslowakei aufgelöst und Gablonz an Deutschland angegliedert. Im Oktober 1938 kam es zur Vertreibung der Juden und Tschechen. In den Jahren 1938-1945 wurde Gablonz Bestandteil des Nazireiches. Nach Ende des 2. Weltkrieges kam es zur Vertreibung der Deutschen und der Ort wurde durch tschechische Bewohner bevölkert.
Nach Volkszählung 1930 waren 79,5% d. Gablonzer deutsch und 16,5% tschechisch. Heute (nach Volkszählung 2001) sind 92,5% Tschechisch und 1,5% Deutsch.
Nach 1945 vertriebene Deutsche gründeten den Stadtteil Neugablonz der Stadt Kaufbeuren in Bayern, um dort die berühmte Glasindustrie (Gablonzer Bijouterie ) fortzuführen.
Wirtschaft und Infrastruktur
Zunächst waren im Ort Glashütten angesiedelt. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhundert entwickelt sich die Glasindustrie schnell. Auch die Lage an der deutsch polnischen Grenze macht deutlich, dass sich Jablonec auch als Handelsplatz eignet. Weiterer Aufstieg kam in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der Bijouterie-Manufakturen. Heute ist neben diesem Industriezweig Jablonec ein Ausgangspunkt für touristische Aktivitäten.
Verkehr
Die Stadt ist über eine Straßenbahn der Verkehrsbetriebe Liberec mit Liberec verbunden.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Das neue Rathaus wurde 1931–1933 im funktionalistischen Stil nach Entwurf des Architekten K. Winter erbaut.
- Das alte Rathaus, ein dreistöckiges Gebäude mit dem vierkantigem Turm wurde 1867-1869 vom Reichenberger Baumeister Gustav Sachers erbaut.
- Das Glas- und Bijouterie Museum im Jugendstil - gehörte ursprünglich der Exportfirma Zimmer & Schmidt. Heute ist er Sitz des Museums für Glas und Bijouterie. Seine Sammlungen enthalten Objekte zur Dokumentation der Geschichte der Glasmacherei, des Herstellung von Schmuck und Bijouterie, und neu auch der Medaillenkunst und Münzenprägerei, das alles in besonderer Hinsicht zur Entwicklung in Nordböhmen.
- Die römisch-katholische Annenkirche, ein einschiffiges rechteckiges Barockobjekt mit polygonalem Presbyterium wurde 1685-1687 erbaut.
- Das ehemalige Pfarramt ein Gebäude vom Anfang des 18. Jahrhunderts mit einer Neo-Renaissance-Fassade vom Ende des 19. Jahrhunderts. Bemerkenswert sind die Statue der hl. Maria vor der Kirche und ein etwa 1 m hohes Versöhnungskreuz an der Kirchwand von 1666.
- Das Stadttheater (Mestské divadlo) wurde nach den Plänen der Wiener Theaterarchitekten Fellner und Helmer 1906-1907 im Jugendstil erbaut.
- Die römisch-katholische Herz Jesu Kirche ein dreischiffiges rechteckiges Ziegelobjekt mit einem Querschiff und einem vierkanigen Turm - wurde in den Jahren 1930 - 1931 erbaut. Autor des Entwurfes war ein Gablonzer Landsmann, der Architekt Josef Zasche.
- Die evangelische Pfarrkirche ein pseudogotische einschiffige Objekt mit einem rechteckigen Turm an der Vorderfront – erbaut 1892 vom Baumeister Arwed Thamerus.
- Die altkatholische Kreuzkirche im Jugendstil in den Jahren 1900 - 1902 erbaut. Die Pläne stammen vom Gablonzer Architekten Josef Zasche.
- Die Talsperre von Jablonec 1906 - 1909 im Gebiet der Gewässer der Neiße erbaut. Es soll den regelmäßig sich wiederholenden Überschwemmungen vorbeugen. Die Talsperre liegt 513 m über dem Meeresspiegel und fasst 3 Millionen Kubikmeter Wasser. Dieses technische Baudenkmal ist ein attraktives Erholungsgebiet der Stadt.
- Das Schützenhaus das Gebäude war Sitz des hiesigen Scharfschützenvereines, der im Jahr 1761 gegründet wurde. Das spätere Zentrum des Gablonzer Sport- und Kulturlebens wurde in den Jahren 1870 - 1771 erbaut.
- Petřín dieses Ausflugsrestaurant (früher Niklkoppe genannt) mit einem 20 m hohen Aussichtsturm am Südrand der Stadt wurde im Jahr 1906 erbaut.
- Galerie Belveder ein spätbarockes zweistöckiges Haus mit einem Mansardendach - gehört zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Die erste Erwähnung finden wir aus dem Jahre 1773.
- Nad Prosečí (Proschwitzer Kamm) ein beliebtes Ziel für Spaziergänge zwischen Jablonec und Liberec mit Baude und Aussichtsturm.
- Černá Studnice (Schwarzbrunnwarte) ein Granit-Aussichtsturm mit Baude aus dem Jahr 1905 nach Entwurf des Gablonzer Architekten Hemmrich.
- Die Neißequelle befindet sich im Gelände der Ortschaft Nová Ves nad Nisou (Neudorf), in der Nähe der Hauptstraße nach Lučany nad Nisou (Wiesenthal) .
Persönlichkeiten
- Peter Hermann Adler (1899-1990), Dirigent, lebte in Prag, Brünn, Bremen, Kiew und ab 1939 in den USA
- Adolf Benda (1845-1878), Historiker, Autor der Geschichte der Stadt Gablonz (1876-77)
- Walter Dolch (1883-1914), Literaturhistoriker und Bibliotekar, lebte in Zittau, Prag und Braunau in Böhmen
- Fidelio Finke (1860-1940), Heimatkundler, Komponist und Lehrer
- Karl Richard Fischer (1871-1934), Historiker, Heimatkundler und Bürgermeister
- Richard Fleissner (1903-1989), Maler und Professor der Kunstgewerbeschule in Gablonz und in München
- Rudolf Hasek (1890-1993), Kommandant der Angriffsgruppe der Tschechischen Legion im Kampf gegen die Bolschewiken, Exporteur in Gablonz, Teilnehmer des Widerstands gegen die Nationalsozialisten und gegen die Kommunisten
- Robert Hemmrich (1871-1946), Architekt
- Konrad Henlein (1898-1945), sudendeutscher Politiker und Nationalsozialist; Gauleiter des Reichsgaus Sudetenland; geboren in Maffersdorf, studierte und lebte in Gablonz
- Heinrich Joseph (1875-1941), Professor der Zoologie und Anatomie, lebte in Wien
- Gustav Leutelt (1860-1947), Schriftsteller und Dichter
- Wladimir Mikolasek (1918-1997), Schriftsteller
- Karel Mrazek (1910-1998), Kommandant der böhmischen Freiwilligen in der Royal Air Force im 2. Weltkrieg
- Rudolf Prade (1888-1944), Maler und Professor an der Kunstgewerbeschule
- Anton Randa (1864-1918), Mäzen und Gründer der Stadtbibliothek
- Marcel Safir (1912-1978), Naturforscher und Kinderbuchautor
- Josef Vaclav Scheybal (1928-2001), Etnograph und Volkskundler
- Josef Schindler (1814-1890), Kurarzt, Nachfolger Vinzenz von Priessnitzs in Bad Gräfenberg
- Ladislav Stoll (1902-1981), kommunistischer Ideologe und Vorkämpfer der "sozialistischen Literatur", geboren in Gablonz
- Johann Franz Schwann (1740-1812), Begründer des Gablonzer Exporthandels
- Karel Simon (1887-1960), französischer Legionär, Führer des Widerstands gegen die Nationalsozialisten und Bürgermeister (Mai 1945)
- Josef Zasche (1871-1957), Architekt der katholischen und altkatholischen Kirchen in Gablonz, lebte in Prag
Weblinks
- Homepage der Stadt (tschechisch, deutsch)
- Seite über Gablonz an der Neiße
Siehe auch: Portal Tschechien - Liste deutscher Bezeichnungen tschechischer Orte - Liste der Städte in Tschechien