Der Jazz /Musikrichtung, die in den USA im Zusammentreffen afrikanischer und europäischer Musiktraditionen entstanden ist. Seine Wurzeln liegen zum einen in den "Worksongs", den Spirituals und Gospels der schwarzafrikanischen Sklavenarbeiter in den Südstaaten der USA, zum anderen in den verschiedenen Volksmusiken der europäischen Einwanderer, darunter dem "Irish Folk", kreolischer Tanzmusik, Wiener Walzern und Marschmusik. Aus ihrer Begegnung entstanden eine Reihe neuer musikalischer Ausdrucksformen, zuerst in New Orleans, später in Chicago und anderen Metropolen der USA mit einem hohen Bevölkerungsanteil an Schwarzen. Die eigentliche Geburtsstunde des Jazz fiel mit der Erfindung der Schallplatte zusammen: Die erste Schallplatte von 1917 war ein Jazzalbum. Seitdem ist auch das Wort "Jazz" für die neue Musik belegt.
/ ist eineMerkmale
Besondere Merkmale des Jazz sind:
- individuelle Tonbildung und Phrasierung,
- eine mit erweiterten Akkorden angereicherte Funktions- oder Stufenharmonik,
- kollektive und individuelle Improvisation,
- rhythmische Intensität und polyrhythmische Komplexität,
- Spontanität, Vitalität und Expressivität sowie
- „die Freiheit viele Formen zu haben“.
Der Selbstausdruck des Interpreten, sein Charakter und seine „Message“ stehen im Mittelpunkt einer Jazz-Darbietung: im Gegensatz zur europäischen Kunstmusik, wo der Interpret sich den präzise notierten Kompositionen unterordnet und diese meist möglichst werkgetreu ausführt.
Ein weiteres wesentliches Merkmal des Jazz ist ein besonderes, intensiviertes Zeit- und Rhythmus-Gefühl, das nicht an eine bestimmte Rhythmik oder Metrik gebunden ist. Für die älteren Jazzstile ist dies der sogenannte swing, der als eigener Musikstil („Swing“) die 1930er Jahre beherrschte. Seit den frühen 50er Jahren kam die kubanische Polyrhythmik hinzu, in der sich genuin afrikanische Musiktraditionen erhalten hatten. Im Gefolge der Rockmusik fanden auch Rock-Rhythmen Eingang in den Jazz, etwa im sogenannten „Fusion“-Stil, aber auch analog zum Soul, Hip-Hop und Rap.
Harmonik
Bereits in den frühen „Worksongs“ der schwarzen Sklaven im Süden der USA enthielt die Melodik über einem einfachen Akkordgerüst sogenannte Blue Notes: Töne, die sich nicht in die europäische Dur-Moll-Tonalität einordnen lassen. Diese Melodik stammte aus dem westafrikanischen deklamatorischen Sprechgesang und prägt die eigenständige Bluesmusik. Während man deren Melodik früher aus der Pentatonik herleitete und als "Mischung" von Dur und Moll auffasste, sieht man heute genauer, dass die natürliche Obertonreihe Intervalle enthält, die einer Bluesterz und Bluesseptime nahekommen.
Die Jazz-Harmonik dagegen ergab sich aus der europäischen Liedform und basiert auf der klassischen Stufen- und Funktionsharmonik. Aus dem Zusammentreffen von "weißen" Volksliedern und "schwarzer" Bluesmelodik ergaben sich dann erweiterte Akkorde, die sich im "Vokabular" des Bebop verselbstständigten. Im "modalen Jazz" werden solche Akkorde als eigenständige Klänge ohne funktionale Beziehung aufgefasst. Im „Free Jazz“ wurden sämtliche konventionellen Prinzipien wie Tonalität, Metrik, Form und Thema-Solo-Thema-Abfolge in Frage gestellt zu Gunsten der ursprünglichen Aussagestärke, der Vitalität und der Grenzenlosigkeit der Improvisation.
Seit den 80er Jahren ist eine neue Hinwendung zu „klassischen“ Jazzstilen zu beobachten, wobei die gegenseitige Durchdringung der Stile zu einem „postmodernen Stilpluralismus“ geführt hat. Auch die sogenannte „ernste Musik“ greift heute nicht selten auf Jazzelemente zurück. Jazzmusiker haben außerdem entscheidend zur Entdeckung nichteuropäischer Musikkulturen und Begegnung von Musikern verschiedener Herkunft und Prägung in der „Weltmusik“ beigetragen.
Die Herkunft des Ausdrucks Jazz ist ungeklärt. Manche Quellen wollen darin eine Verballhornung des französisch-kreolischen chasse für Jagd erkennen: eine Anspielung auf die Kollektivimprovisation der Instrumente im New-Orleans-Stil. Andere leiten das Wort eher von chasse-beau ab, einer Tanzfigur beim Cakewalk. Wieder andere verweisen auf eine sexuelle Konnotation oder die verballhornte Version des Namens „Jézabel“, der zu Jazz-Belle ("Jazz"-Schöne) umgedeutet wurde: So nannte man eine populäre Prostituierte im alten New Orleans. Möglich ist auch die Bedeutung „blödes Zeug“ wie in der verächtlichen Redewendung „... and all that jazz“. So sollen die weißen Amerikaner die ersten musikalischen Gehversuche ihrer Sklaven genannt haben, aus denen sich der Jazz später entwickelte.
Geschichte
Entstehung
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es im Süden der USA eine Straßenmusiktradition. Die Brass Bands, schwarze aber auch weiße Marschkapellen, spielten zu vielfältigen Anlässen auf. Die schwarzen Blaskapellen waren vor allem vom Blues und kreolischer Musik beeinflusst und mischten diese Einflüsse mit europäischer Musiktradition. Die Musik dieser sogenannten "Marching Bands" nennt man auch „New-Orleans“-Stil oder Archaischen Jazz. Ihm fehlten die individuelle Improvisation und der Swing, obwohl auch dort schon die "leichten" Taktzeiten (2+4) betont wurden. Im heutigen „Dixieland“- oder „Oldtime“-Jazz hat er eine Fortsetzung gefunden, die aber fast nur von weißen Musikern gepflegt wird.
Um 1890 entstand der Ragtime (englisch: ragged time, „zerrissene Zeit“): Dies war ein in ausnotierten Stücken festgelegter Klavierstil, bei dem die linke Hand die Rhythmusgruppe einer Band ersetzt (Bass und Schlaggitarre). Auch dort wurde noch nicht improvisiert; aber aus der Spannung zwischen durchgehendem Viertelbeat und synkopisch „zerrissener“ Melodik entstand bereits eine Art Swing. Hauptkomponist dieses Stils war Scott Joplin, dessen bekanntester Ragtime - der "Entertainer" - durch den Film „Der Clou“ (1973) erneut populär wurde.
Bereits weniger festgelegt und damit „jazzmäßiger" spielte Jelly Roll Morton in New Orleans, der von sich selbst behauptete, „im Jahre 1902 den Jazz erfunden“ zu haben. Er war aber nur einer von zahllosen Barpianisten, die meist im Stil des „Boogie Woogie“ improvisierten und den Bluesthemen damit eine rhythmische Basis gaben, aus der der Swing hervorging.
Epochen
- Um 1900: New Orleans Jazz
- Um 1910: Dixieland Jazz
- 26. Februar 1917: Die "Original Dixieland Jassband", eine weiße Dixielandkapelle, nimmt die erste Jazzplatte überhaupt auf.
- Seit etwa 1920: Chicago Jazz
- Seit etwa 1930: Swing
- Seit etwa 1940: Bebop
- Seit etwa 1945: Hard Bop
- Seit etwa 1950: Cool Jazz
- Seit etwa 1960: Free Jazz
- Seit etwa 1970: Jazz-Rock (auch Fusion genannt)
- Seit den späten 1980ern: Smooth Jazz
- Seit etwa 1990: Avantgarde Jazz, Ethno Jazz und weitere Formen
Entwicklungszentren
Instrumente (Auswahl)
Melodie-Instrumente:
- Klarinette
- Saxophon (Sopran-, Alt-, Tenor- und Baritonsaxophon)
- Trompete
- Flügelhorn
- Posaune
- Piano
- Hammond-Orgel
Rhythmus-Instrumente:
Bedeutende Persönlichkeiten
Siehe auch: Liste von Jazzmusikern (alphabetisch geordnet)
Siehe auch: Liste von Jazzmusikern nach Epoche und Instrument
Siehe auch: Liste von Jazzsängerinnen und -sängern
Komponisten
Siehe auch: Liste von Jazzkomponisten
Jazzstandards
Siehe dazu den eigenen Artikel Jazzstandard sowie die Liste von Jazzstandards und -kompositionen.
Bedeutende Veranstaltungen
- Jazzfest Berlin - eines der ältesten und renommiertesten Festivals, 1964 von Joachim-Ernst Berendt gegründet. Jährlich im November.
- Montreux Jazz Festival - jährlich im Juli in Montreux
- Jazzmeile - jährlich stattfindendes 2-monatiges Festival
- Internationale Jazzwoche in Burghausen (Website)
- North Sea Jazz Festival - Den Haag & Cape Town
- Internationale Sonneberger Jazztage - jährlich im November
- Warschauer Jazz Jamboree - jährlich im Herbst seit 1958
- Internationale Wiehler Jazztage - seit 1989 regelmäßig in Wiehl
- Darmstädter Jazzforum - seit 1989 alle zwei Jahre Konzertreihe und internationales Symposium (siehe Link zu Jazzinstitut Darmstadt)
- Jazzfest Wiesen (Burgenland) seit 1976
- Internationales_Dixieland-Festival_Dresden
- Internationales_New Jazz-Festival_Moers jährlich an Pfingsten, seit 1972
Siehe auch
Literatur
- Klaus Wolbert (Herausgeber): That's Jazz - Der Sound des 20. Jahrhunderts (Darmstadt 1988 und 1997)
- Joachim-Ernst Berendt, Günther Huesmann: Das Jazzbuch (Frankfurt am Main 2001)
- Geoff Dyer : but beautiful (Argon)
Lexika:
- Martin Kunzler: Jazz Lexikon (Reinbek bei Hamburg 1988 und 2002)
- Barry Kernfeld (Herausgeber): The New Grove Dictionary of Jazz (London 1988 und 1994)
- Carr/Fairweather/Priestley: JAZZ - Rough guide (Metzler Musik 1999)