Liste von Helvetismen

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Als Helvetismus (neulat. Helvetia - Schweiz und -ismus) bezeichnet man

  1. jede sprachliche Besonderheit, die typischerweise in der Schweiz und nicht im gesamten deutschen Sprachgebiet verwendet wird und
  2. Wörter, die ursprünglich aus dem Deutschschweizer Sprachgebiet stammen (Beispiele: Müsli, Putsch). In diesem Fall wird der Begriff analog zu Wörtern wie Anglizismus verwendet (vgl. unten Punkt 5; Siehe auch: Lehnwort).

Die in Lexika und Wörterbüchern festgehaltenen Helvetismen sind Bestandteil der Schweizer Standardsprache, also des Schweizer Hochdeutschen. Wörter, deren Verwendung hingegen auf einen schweizerdeutschen Dialekt beschränkt ist, werden ausdrücklich als mundartlich gekennzeichnet.

Häufig wird der Begriff Helvetismus nur auf abweichenden Wortschatz angewendet, man kann damit aber auch phonetische, grammatische und orthographische Besonderheiten bezeichnen.

Analog zu Helvetismen gibt es auch Austriazismen und Teutonismen (auch missverständlich "Germanismen" genannt), welche die jeweilige nationale Varietät prägen.

Wortschatz

Helvetismen können etwas bezeichnen, für das es keinen gemeindeutschen Ausdruck gibt, sie können neben einem gemeindeutschen Wort verwendet werden oder ein solches ersetzen. Einige Wörter haben neben einer Grundbedeutung eine schweizerische Zusatzbedeutung. Auch der umgekehrte Fall existiert: So bezeichnet Paprika in der Schweiz nur ein Gewürz. Das Gemüse wird ausschließlich Peperoni genannt, während die scharfen Peperoni als Peperoncini bekannt sind.

In den Wörterlisten verwendete Abkürzungen

  • inf. in informellen Situationen gebräuchlich
  • mdal. mundartlich
  • österr. österreichisch
  • Wz. eingetragenes Warenzeichen

anderes Wort

(anstelle oder neben einem gemeindeutschen Wort gebraucht; in anderen Teilen des deutschen Sprachgebiets - v.a. im Süden - sind manche dieser Ausdrücke auch bekannt, jedoch seltener gebraucht)

  • Küche, Nahrung, Restaurant:
    • abtischen (den Tisch abräumen)
    • der Apéro oder Apero (Aperitif)
    • das Bahnhofbuffet (Bahnhofrestaurant)
    • die Baumnuss (Walnuss)
    • die Beiz inf. (Kneipe, vergl. österr. Beis(e)l)
    • der Bierteller (Bierdeckel)
    • der Café Mélange (Kaffe mit Schlagsahne)
    • der Coupe (Eisbecher)
    • durchzogen (auch österr., durchwachsen, in der Schweiz auch im übertragenen Sinne: "mittelmäßig")
    • der Gipfel, das Gipfeli (Hörnchen, Kipfel, Croissant)
    • die/das Glace/Glacé (Speiseeis)
    • grillieren (grillen)
    • das Guetzli mdal./inf. (Plätzchen, Gebäck)
    • der Kaffee crème (Kaffee mit Sahne)
    • der Kartoffelstock (Kartoffelpüree)
    • der Kirsch (Kirschwasser)
    • die Metzgete (Schlachtplatte)
    • (der) Milken (Kalbsbries, Kalbsmilch)
    • das Morgenessen (Frühstück)
    • das Nachtessen (Abendessen)
    • der Nidel mdal./inf. (Rahm)
    • der Nüsslisalat bzw. (in Bern) Nüssler (Feldsalat, Vogelsalat, Rapunzel)
    • das Panaché (Radler)
    • der Pflümli (Zwetschgenschnaps)
    • das Poulet (Huhn)
    • das Praliné (die Praline)
    • die Quarktorte (Käsekuchen)
    • die Rande (meist Plur.; rote Bete, rote Rübe)
    • rezent (vom Käse: scharf, salzig)
    • das Rüebli mdal./inf. (Möhre, gelbe Rübe, Karotte)
    • die Schale oder Schale gold (heller Milchkaffee)
    • die Schoggi mdal./inf. (Schokolade)
    • die Serviertochter (veraltend; Kellnerin)
    • das Supplément (zusätzliche Portion, Nachschlag)
    • das Tearoom oder Tea Room (veraltet; Café)
    • währschaft (deftig, solide, urwüchsig)
    • die Weindegustation (auch österr., Weinprobe)
  • Haus, Haushalt:
    • der Abwart (Hausmeister, Hauswart)
    • die Alterssiedlung (Altenwohnheim)
    • die Attikawohnung (Penthouse)
    • die Aufrichte (D: Richtfest; A: Firstfeier, Gleichenfeier)
    • der Estrich (Dachstock)
    • der Güsel mdal./inf. (Abfall)
    • der Harass (Getränkekiste)
    • der Kehricht (auch österr., Abfall)
    • die (Lamellen-)Store (Jalousie)
    • der Mietzins (auch österr., Miete)
    • das Riegelhaus (Fachwerkhaus)
    • ringhörig (hellhörig)
    • der Schüttstein (Ausguss)
    • der Spannteppich (Teppichboden)
    • das Spital (auch österr., Krankenhaus)
    • das Stöckli (Altenteil, Ausgedinge; auch informelle Bezeichnung des Schweizer Ständerats)
    • zügeln (umziehen)
    • die Zeine (Wäschekorb)
  • Handel, Gewerbe:
    • der Abriss (Nepp)
    • die Anlehre (auch österr., Anlernzeit)
    • der Coiffeur (Friseur)
    • der Detailhandel (Einzelhandel)
    • der Einzahlungsschein (Zahlkarte, Erlagschein)
    • der Gesamtarbeitsvertrag, Abk. GAV (Tarifvertrag, Kollektivvertrag)
    • die Lehrtochter (die Auszubildende)
    • die Papeterie (Schreibwarenhandlung)
    • der Redaktor auf der zweiten Silbe betont (Redakteur)
    • das Sackgeld (Taschengeld)
    • der Zeitungsverträger (Zeitungsausträger)
  • Verkehr:
    • die Ausfahrt (auch österr., Abfahrt)
    • die Abzweigung (auch österr., Abzweiger)
    • der Autocar (Reisebus)
    • der Automobilist (Autofahrer)
    • der Autoverlad (auch österr., Huckepackverkehr)
    • das Billet (Fahrkarte, ugs. auch Führerschein)
    • der Camionneur (Fuhrunternehmer)
    • der Fahrausweis (Führerschein)
    • der Führerausweis (Führerschein)
    • der Fussgängerstreifen (Zebrastreifen)
    • das Lichtsignal (Verkehrsampel)
    • das Motorfahrzeug (Kraftfahrzeug)
    • die Occasion auf der ersten Silbe betont (Ware aus zweiter Hand, speziell: der Gebrauchtwagen)
    • der ÖV, öffentlicher Verkehr (ÖPNV, öffentlicher Personennahverkehr -- und Fernverkehr)
    • parkieren (parken)
    • die Passerelle (Fußgängerbrücke)
    • das/der Perron (Bahnsteig)
    • der Pneu (Autoreifen)
    • der Rank (Kurve)
    • das Retourbillet (Rückfahrkarte)
    • das/der Töff inf. (Motorrad)
    • das Trottoir (auch österr. und süddeutsch, auf der ersten Silbe betont; Bürgersteig, Gehweg)
    • das Velo (Fahrrad)
    • der Zwischenhalt (Zwischenstation)
  • Militär:
    • das Abgeben (Entlassung aus der Dienstpflicht)
    • der Auditor (Ankläger bei Militärgericht)
    • der Dienstverweigerer (Wehrdienstverweigerer)
    • der Endalarm (Entwarnung)
    • der Feldweibel (Feldwebel)
    • die Rekrutenschule Abk.: RS (D: militärische Grundausbildung; A: Präsenzdienst)
    • der Wehrmann (auch österr., Soldat)
    • der Wiederholungskurs Abk.: WK (Reservistenübung)
  • Bildungswesen:
    • das Gymi (ausgesprochen: ['gimi]) bzw. der Gymer (nur Kanton Bern) inf. (Gymnasium)
    • der Hauptlehrer (verbeamteter Lehrer)
    • die Kantonsschule inf. Kanti (Gymnasium)
    • die Legitimationskarte, abgekürzt inf. Legi (Studentenausweis)
    • die Matur, Matura (Matura auch österr.; Abitur)
    • der Maturand (Abiturient; österr.: Maturant)
    • die Mittelschule (auch österr., höhere Schule)
    • der Mittelschullehrer (Gymnasiallehrer; Studienrat; österr.: Professor)
    • die Promotion (auch österr., Versetzung)
    • die Schulreise (Klassenfahrt)
    • der Schulthek/Thek (Schulranzen, Tornister)
    • der Sporttag (Schulsportfest)
  • Politik, Staat, Recht:
    • der Aktivbürger (volljähriger Staatsbürger)
    • ausmehren (bei einer Landsgemeinde die Mehrheit ermitteln)
    • ausschaffen (abschieben (Asylbewerber, Kriminelle))
    • bedingt (auch österr., mit Bewährungsfrist)
    • der Bezüger (Bezieher)
    • die Busse (Bußgeld)
    • die Classe politique (oft abschätzig; die Politiker)
    • der Courant normal (normale Tagesgeschäfte)
    • das Departement (Ministerium, Fakultät, Abteilung)
    • die Direktion (Ministerium auf Kantonsebene)
    • auf etwas eintreten (auf etwas eingehen)
    • der Entscheid (amtliche Entscheidung, Beschluss)
    • fehlbar (schuldig) Typisch ... verboten, Fehlbare werden verzeigt!
    • der Fürsprech (Bern: Anwalt)
    • das Gegenmehr (Gegenstimmen)
    • der Gemeindeammann (in manchen Kantonen: Bürgermeister)
    • der Gemeindepräsident (in manchen Kantonen: Bürgermeister)
    • grossmehrheitlich (mit großer Mehrheit)
    • der Landammann (Ministerpräsident in einigen Kantonen)
    • der Regierungsrat (in den meisten Kantonen: Regierung; Landesminister)
    • die Schriften (Ausweispapiere, Heimatschein)
    • der Secondo, die Seconda (in der Schweiz geborener Ausländer, dessen Eltern in die Schweiz eingewandert sind)
    • das Signalement deutsch ausgesprochen (Personenbeschreibung)
    • der Staatsrat (in den mehrheitlich nicht deutschsprachigen Kantonen: Regierung; Minister)
    • der Stadtammann (Oberbürgermeister in einigen Kantonen)
    • der Stadtpräsident (bzw. inf.: Stapi) (Oberbürgermeister)
    • die Standeskommission (Appenzell Innerrhoden: Regierung)
    • das Steueramt (Finanzamt)
    • der Stimmbürger (Wahlberechtigter)
    • der Tercero (Ausländer der dritten Generation, in der Schweiz geborener Ausländer, dessen Großeltern in die Schweiz eingewandert sind)
    • die Traktandenliste (Tagesordnung)
    • das Traktandum (Tagesordnungspunkt)
    • die Vernehmlassung (Umfrage bei Parteien und Verbänden über ein Gesetzesprojekt)
    • verzeigen (jemanden anzeigen)
  • Gesellschaft, Volkskultur:
    • der Alpaufzug (Almauftrieb)
    • die Auffahrt (Christi Himmelfahrt)
    • die Badi mdal./inf. (Freibad)
    • die Besammlung (das Sich-Versammeln)
    • die Chilbi/Kilbi (Kirchweih; Kirmes)
    • die Fasnacht (Fastnacht, Karneval, Fasching)
    • das Grosskind (Enkelkind)
    • der Hinschied (Hinscheiden)
    • der Familiengarten (neben Schrebergarten)
    • das Leidmahl (Leichenmahl)
    • der Mesmer (Nordostschweiz: Küster)
    • die Pünt mdal. (Schrebergarten)
    • der Sigrist (Küster)
    • urchig mdal./inf. (urig)
    • der Vorörtler (nur in Luzern) (Bewohner eines Vorortes)
  • Natur:
    • die Alp (Alm)
    • einnachten (Nacht werden)
    • der Erdschlipf (Erdlawine)
    • das Gitzi mdal.inf. (Zicklein, v.a. auch als Speise)
    • der Muni mdal./inf. (Stier)
    • die Rüfe (Erdlawine)
    • das Tobel (Schlucht)
  • Sport:

(beim Fußball auffallend viele Anglizismen; vgl. österr.)

    • der Ausstich (Stechen)
    • der Corner (Eckball)
    • das Goal (Tor)
    • der Goalie (auch österr., Torhüter)
    • die Nati ausgesprochen: "Natzi" mit kurzem -a- (Nationalmannschaft)
    • das Hands (Handspiel)
    • der Penalty auf der ersten Silbe betont (Elfmeter)
    • schlitteln (Schlitten fahren)
    • skifahren (auch österr., schilaufen)
  • menschliches Verhalten:
    • abserbeln (dahinsiechen, [auch im übertragenen Sinne])
    • angriffig (angriffslustig, draufgängerisch)
    • antönen (andeuten)
    • sich auffangen (sein seelisches Gleichgewicht wiederfinden; österr. auch sich erfangen)
    • eindrücklich (eindrucksvoll)
    • speditiv (rasch, zügig)
    • der Rappenspalter (Knauser, Geizkragen)
    • verfuhrwerken (verpfuschen)
    • zwängeln (quengeln)
    • die Zwängerei (Quengelei; im politischen Sinne: einen Gegenstand trotz mehrmaliger Ablehnung wieder zur Abstimmung bringen)
  • Anderes:
    • der Beschrieb (Beschreibung)
    • die/der Jupe (österr. Joppe, Rock)
    • der Leerschlag (Leerzeichen)
    • das Nastuch inf. (Taschentuch)
    • das Natel von nationales Autotelefon; Wz. (Mobiltelefon, Handy)
    • die Notfallstation (Unfallstation)
    • rezyklieren (wiederverwerten, recyceln)
    • die Sanität (Sanitätsdienst, Rettung)
    • der Sauglattismus (modischer Schwachsinn)
    • schlussendlich (auch österr., letzten Endes, letztendlich)
    • der Unterbruch (Unterbrechung)
    • die Zigi inf. (Zigarette)

andere (Zusatz-)Bedeutung

  • die Abdankung (Trauerfeier)
  • der Ableger (Filiale)
  • die Aktion (auch österr., Sonderangebot)
  • aufgestellt (umgänglich, fröhlich, spontan)
  • der Ausläufer (Bote, Laufbursche)
  • der Estrich (Dachboden, Speicher)
  • der Gipfel (Hörnchen, österr. Kipferl)
  • harzig (zäh, langsam)
  • der Kübel (Glas Bier von 5 dl)
  • die Laube (Arkade, Bogengang; Balkon eines Bauernhauses)
  • die Legislatur (Legislaturperiode, Gesetzgebungsperiode)
  • der Mais mdal./inf. (Krach, sowohl im Sinne von Lärm als auch im Sinn von Streit)
  • die Mutation (Änderung, z.B. Adressänderung)
  • der Nationalrat (Abgeordneter der Volkskammer des Parlamentes; österr. nur: die Volkskammer selbst)
  • der Notfall (Unfallstation)
  • der Plausch inf. (Vergnügen; z.B. Veloplausch = Radtour)
  • das Puff inf. (Unordnung, Durcheinander; Bordell)
  • das Quartier (Stadtviertel)
  • senkrecht (aufrichtig, brav, patriotisch)
  • sprechen ([Gelder, Kredite] bewilligen)
  • die Stange (Glas Bier von 3 dl)
  • stimmen (seine Stimme abgeben)
  • die Streifung (leichter Schlaganfall, Transitorische ischämische Attacke TIA)
  • der Trainer (Trainingsanzug)
  • verdanken (in formeller Weise für etwas danken)
  • der Verwaltungsrat (außer bei Körperschaften des öffentlichen Rechts: Aufsichtsrat)
  • der Vortritt (Vorfahrt)
  • die Winde (Dachboden)

im übrigen Sprachgebiet (oder Teilen davon) veraltet

  • der Advokat (Rechtsanwalt)
  • amten (ein Amt ausüben)
  • der Knabe (Junge)
  • minim (geringfügig, minimal)
  • obschon (obwohl)
  • das Perron (Bahnsteig)
  • rekognoszieren, nicht nur militärisch gebraucht (erkunden)
  • das Ross (Pferd)

Redewendungen

  • mit abgesägten Hosen dastehen (den kürzeren gezogen haben)
  • aus Abschied und Traktanden (fallen) (außer Betracht fallen)
  • es macht den Anschein (es hat den Anschein)
  • von Auge (mit bloßem Auge)
  • von Beginn weg (von Beginn an)
  • ab Blatt (spielen) (vom Blatt spielen, ohne Übung)
  • bachab schicken (in einer Abstimmung verwerfen)
  • Einsitz nehmen (Mitglied in einem Gremium werden)
  • dastehen wie der Esel am Berg (dastehen wie der Ochse vorm Berg)
  • die Faust im Sack machen (die Faust in der Tasche ballen)
  • innert nützlicher Frist (angemessen schnell)
  • das Fuder überladen (des Guten zuviel tun)
  • handkehrum (andererseits)
  • Hans was Heiri (Jacke wie Hose)
  • es hat (es gibt)
  • sein Heu nicht auf derselben Bühne haben mit (nicht dieselben Ansichten haben wie)
  • jemandem geht der Knopf auf (jemandem geht ein Licht auf)
  • den Rank finden (eine Lösung finden)
  • zu reden geben (für Gesprächsstoff sorgen)
  • kein Schleck (kein Honigschlecken)
  • neben den Schuhen stehen (falsch liegen; sich nicht wohl fühlen in seiner Haut)
  • es streng haben (viel zu tun haben)
  • in Tat und Wahrheit (in Wirklichkeit)
  • einen Tolggen im Reinheft haben (einen Schönheitsfehler haben)
  • keinen Wank tun/machen (sich nicht rühren)
  • es wird sich weisen (es wird sich zeigen)

Schweizerische Sachspezifika

In den Bereichen Küche, Volkskultur und Politik finden sich zahlreiche Besonderheiten, die außerhalb der Schweiz nicht bekannt sind und für die deshalb gemeindeutsche Ausdrücke fehlen.

Aussprache

Abweichende Betonung

In der Schweiz werden einige Wörter auf anderen Silben betont als im restlichen deutschsprachigen Raum (in der Folge mit Akzent gekennzeichnet):

  • mit einer Präposition versehene Familiennamen werden immer auf der Präposition betont, selbst wenn diese mit dem Namen nicht zusammengeschrieben wird, z.B. in Michael vón Grünigen
  • als Buchstaben gesprochene Abkürzungen (Akronyme) wie zum Beispiel CD, WC, FDP etc. werden nicht auf dem letzten, sondern auf dem ersten Buchstaben betont (also CéDe, WéZe, 'effdeepee)
  • viele Fremdwörter aus verschiedenen Sprachen werden auf der ersten Silbe betont, z.B. Ásphalt, Ápostroph, Bíllet, Búdget, Fílet, Gárage, Lábor, Pápagei, Pénalty, Pórtemonnaie, Tómate usw.

Laute

Grundsätzlich ist bei jedem Sprecher ein starker Einfluss des schweizerdeutschen Basisdialekts merkbar, doch bestehen starke bildungsabhängige Unterschiede. Die Kenntnis des Bühnendeutschen ist praktisch unbekannt; seine Verwendung im täglichen Leben außerhalb des Theaters bei Schweizern wird als unschweizerisch abgelehnt; dies bezieht sich auf die Sprecher des staatlichen Radios und Fernsehens. Grundsätzlich gilt:

  • auch im Wortanlaut wird <ch> als [x] ausgesprochen, so in einheimischen Ortsnamen wie Chur und Cham oder in Fremdwörtern wie China, Chemie, Chirurgie usw.
  • <-ig> am Wortende wird als [-ɪg] artikuliert, so in König = [kø:nɪg]
  • das <r> wird nie vokalisiert, sondern immer voll realisiert. In der Schweiz heisst es also [fa:ter] statt [fa:tɐ].
  • in der Schweiz (ausgenommen die Ostschweiz und Basel-Stadt) überwiegt das gerollte Zungenspitzen-R ([r]) im Unterschied zum übrigen deutschen Sprachgebiet, wo Reibe-R ([ʁ]) oder Zäpfchen-R ([ʀ]) überwiegt.
  • <b, d, g, s> sind nie stimmhaft, sondern immer stimmlos
  • doppelt geschriebene Konsonanten werden oft gelängt ausgesprochen, vgl. Mappe = ['map:e]
  • oft fehlt der Knacklaut; alle Wörter werden also "legato" (verbunden) ausgesprochen, z.B. in die alten Äpfel
  • das unbetonte, schwache <e> wird oft nicht als Schwa ausgesprochen, sondern als [e] oder [ɛ], z.B. Gedanke = [gɛ'dankɛ]
  • /k/ wird manchmal wie im Dialekt als Affrikate [kχ] (ungefähr: "kch") ausgesprochen, vgl. Kunst = [kχunst]
  • <ch> im Wortinnern wird manchmal wie im Dialekt nicht in "ich-" oder "ach-Laut" unterschieden, sondern als velares [x] oder sogar uvulares [χ] artikuliert, z.B. in Nacht = [naxt] / [naχt]
  • je nach Dialekt kann es sein, dass /a/ sehr dunkel (als [ɑ]) ausgesprochen wird
  • je nach Dialekt kann es sein, dass kurzes /ɛ/, /ɔ/ und /œ/ geschlossen artikuliert werden, vgl. Bett = [bet], offen = ['of:ɘn], Hölle = [høl:e]
  • je nach Dialekt kann es sein, dass langes /e:/, /o:/ und /ø:/ offen artikuliert werden, vgl. geht = [gɛ:t], schon = ['ʃɔ:n], schön = ['ʃœ:n]
  • z.T. Vokaldehnung des /a/ bei an (auch in Vorsilben wie Andenken), gedacht / dachte, brachte / gebracht
  • Einzelwörter:
    • Advent und Möwe wird mit [f] statt mit [v] ausgesprochen

Akzent

Dem Schweizer Hochdeutschen eigen ist ein "singender" Tonfall; d.h. bei jedem Wort wird die betonte Silbe nicht bloß durch höhere Lautstärke gekennzeichnet, sondern auch durch eine deutliche Veränderung des Stimmtons: normalerweise sinkt die Tonhöhe der betonten Silbe. Beispiele:

  • Bei Merci ("danke!") wird die erste Silbe lauter und tiefer ausgesprochen als die zweite.
  • Beim Befehl Profitieren Sie! in Kaufhausdurchsagen sinkt die Tonhöhe von pro- über -fi-, bis sie bei -tie- den tiefsten Punkt erreicht hat; bei -ren und Sie erreicht sie ungefähr wieder die Ausgangshöhe.

Orthographie

Die Orthographie unterscheidet sich am deutlichsten vom übrigen Sprachgebiet durch das Fehlen des Eszett. Auch nach langem Vokal oder Diphthong wird also immer Doppel-s geschrieben, zum Beispiel ausser, bloss, reissen, oder auch Masse (sowohl für "Masse", als auch für "Maße"). Begonnen hat diese Entwicklung im Kanton Zürich, dessen Erziehungsrat 1935 für die Schulen des Kantons Zürich das "ß" abschaffte. Wie in der föderalistischen Schweiz ohne eigenes Erziehungsministerium üblich, dauerte die flächendeckende Abschaffung Jahrzehnte -- bei der einflussreichen, konservativen liberalen Tageszeitung NZZ bis 1974.

Dafür gebraucht das schweizerische Deutsch eine Buchstabenkombination, die im deutschen Deutsch so nicht vorkommt: Doppel-gg für die nicht aspirierte Fortis /k/. Wenn ein Deutscher also schweizerische Namen wie Toggenburg, Jäggi, Weggis annähernd korrekt aussprechen will, dann müsste er es als ein ck lesen, auf keinen Fall aber als ein g wie in den deutschen Wörtern Bagger, Egge.

In der Schweiz werden französische und italienische Lehnwörter auch nach der Rechtschreibreform in der französischen respektive italienischen Form geschrieben, z.B. Mayonnaise oder Spaghetti. Die NZZ hat sich für die Schreibung placieren entschieden, um nicht neuerdings platzieren schreiben zu müssen.

Geographische Namen wie Straßennamen werden meist zusammengeschrieben: Baslerstrasse, Genfersee, Zugerberg usw., aber auch Schweizergrenze, Schweizervolk (sehr häufig) usw.

Umlaute am Wortanfang werden bei schweizerischen Eigennamen als <Ae>, <Oe> und <Ue> geschrieben: Aebi, Oerlikon, Uetliberg (= Üetliberg, nicht Ütliberg!).

Schliesslich gibt es auch einzelne Besonderheiten wie z.B.

  • Bretzel statt Brezel
  • alt ("ehemalig") wird als unveränderliches Adjektiv immer vom zugehörigen Substantiv getrennt geschrieben: alt Bundesrätin (nicht, wie in Österreich: Altbundespräsident).

Einige der oben erwähnten Spezialitäten sind auf die allgemeine Einführung der Schreibmaschine in Wirtschaft und Verwaltung zurückzuführen. Da mit einer deutschschweizerischen Schreibmaschine auch französische und italienische Texte geschrieben wurden, reichte die begrenzte Anzahl der Typen nicht für alle Sonderbuchstaben dieser Sprachen. Aus diesem Grund wurden das Eszett sowie die grossen Umlaute (Ä, Ö und Ü), aber auch die grossen akzentuierten Vokale wie À oder É weggelassen.

Grammatik

Abweichungen existieren z.B. beim Genus (das E-Mail, das Tram und das SMS statt die) oder bei der Verbvalenz (jemanden anfragen statt bei jmdm. anfragen).

Generell häufiger als in Deutschland oder Österreich ist die Verwendung weiblicher Berufsbezeichnungen anstelle des generischen Maskulinums (z.B. Bundesrätin Ruth Metzler, Frieda U. wurde zur Primarlehrerin gewählt). Auch das Binnen-I wird nicht bloß von Anhängern einer politisch korrekten Ausdrucksweise verwendet.

Relativpronomen: Das sonst im deutschen Sprachraum als altertümlich und schwerfällig geltende Relativpronomen welche(r) wird ohne diese Konnotation verwendet, z.B. in Damit wurde in der Schweiz ein Kompetenzzentrum für Klimafragen geschaffen, welches verstärkt die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt ihrer Forschung stellt. (aus dem [Jahresbericht 2001] der ETH Zürich).

Im Satzbau auffällig sind Konstruktionen mit verkürztem Hauptsatz und folgendem Nebensatz, der nur durch die Anfangsstellung des Verbs gekennzeichnet ist, zum Beispiel:

  • Gut, gibt es Schweizer Bauern. statt Es ist gut, dass es Schweizer Bauern gibt.
  • Schön, haben Sie heute Zeit. statt (Es ist) schön, dass Sie heute Zeit haben.
  • Schade, bist du gestern nicht hier gewesen. statt (Es ist) schade, dass du gestern nicht hier gewesen bist.

Schweizer Ausdrücke, die ins Standarddeutsche übernommen wurden

Wie nicht weiter verwunderlich, bezeichnen die meisten Ausdrücke Eigentümlichkeiten aus Fauna, Flora, Küche und Politik, die mitsamt der bislang unbekannten Sache auch anderswo im deutschen Sprachraum bekannt wurden.

  • Natur:
  • Politik:
    • Putsch (im 19. Jahrhundert fanden in den einzelnen Kantonen wiederholt Staatsstreiche statt; in Deutschland bekannt wurde das Wort dann vor allem durch den Kapp-Putsch)
    • Reichsdeutsche (nach 1871 von Deutschschweizern geprägt)
    • Überfremdung (im Schweizer fremdenfeindlichen Diskurs seit den 1920er Jahren üblich)
  • Sitten und Gebräuche:
    • Heimweh (eine psychosomatische Erkrankung, die zuerst Schweizer Söldner befiel)
    • Vignette ("Aufkleber, der belegt, dass eine Straßenmaut bezahlt wurde"; Vignetten wurden zunächst für die Benutzung der Schweizer Autobahnen eingeführt)
  • Küche:
  • anderes:
    • unentwegt "ständig; in einem fort"

Siehe auch