Internierungslager

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Als Internierungslager wurden bisher verschiedene Haftorte in verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten bezeichnet.

Die internierten Personen waren oft Zivilisten, Kriegsgefangene oder Soldaten neutraler Mächte (zum Beispiel Armée de l’Est oder die deutsche Schutztruppe 1916 in Kamerun).

Erster Weltkrieg

 
Internierungslager der deutschen Palästina-Truppen in Konstantinopel, 1919

Vereinigtes Königreich

England richtete während des Burenkrieges ein Internierungslager zur Internierung Gefangener Buren in Ahmednagar in der Provinz Bombay in Indien ein. Im Ersten Weltkrieg diente es als Internierungslager für Zivilisten. Im Frühjahr 1915 wurden über 2000 Deutsche und Österreichische Zivilisten dorthin gebracht. Hauptsächlich waren es Deutsche Zivilisten aus der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika aber auch aus anderen Ländern. Das Lager bestand auch noch im Zweiten Weltkrieg.

Frankreich

In Frankreich wurden Deutsche und Österreicher im Internierungslager Le Vernet in den Pyrenäen festgehalten.

Österreich-Ungarn

In der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ließ das Abwehramt vor allem im Waldviertel mehrere Internierungslager einrichten. Dies waren in Drosendorf, Grossau, Illmau, Karlstein an der Thaya, Kirchberg an der Wild, Markl sowie Sittmannshof.

Zweiter Weltkrieg

siehe auch Enemy Alien

Vereinigte Staten

So wurden Kriegsgefangene oder politisch nicht erwünschte bzw. für gefährlich gehaltene Bürger interniert, in den USA während des Zweiten Weltkrieges beispielsweise 120.000 Japaner und Landsleute japanischer Abstammung (Internierung japanischstämmiger Amerikaner) und in kleinerer Anzahl Deutsch-Amerikaner, Mexikaner und Italiener. Die letzte Freilassung von Deutsch-Amerikanern aus den Internierungslagern, erfolgte im Sommer 1948. Es gab bis heute, seitens der US-Regierung, keine offizielle Anerkennung über Zwangsinternierung und Deportationen von Deutsch-Amerikanern [1].

Vereinigtes Königreich

Die britische Regierung beschloss 1940, alle männlichen deutschen Emigranten als „feindlicher Ausländer“ zu internieren. So wurden dort in den Internierungslagern während des Zweiten Weltkrieges auch nach Großbritannien geflüchtete Juden aus Deutschland, wie etwa Gerhard Leibholz, sowie deutsche Gegner des NS-Regimes interniert. Es bestanden unter anderem Internierungslager für Zivilisten auf der Isle of Man, in Kanada, Australien sowie in Ahmednagar in der Indischen Provinz Bombay und in Dehra Dun im Indischen Bundesstaat Uttarakhand. Dort wurde auch der bekannte österreichischische Tibetreisende Heinrich Harrer festgehalten.

Schweiz

In der Schweiz existierten während des Zweiten Weltkrieges Internierungslager, in denen Personen, die aus dem Deutschen Reich geflüchtet waren und die sich auf Verlangen der Nationalsozialisten nicht in der Schweiz frei bewegen sollten, interniert wurden. Politische wie auch rassisch verfolgte Flüchtlinge wurden hier festgehalten und wie zur Arbeit gezwungen. Prominente Persönlichkeiten, wie der spätere österreichische Diplomat Emanuel Treu oder der Opernsänger Joseph Schmidt, wurden in Internierungslagern gefangen gehalten.

Frankreich

Nach dem Rückzug der deutschen Besatzungsmacht wurden in Frankreich ab Oktober 1944 (im Zusammenhang mit „Säuberungen“ (épuration) und etwa 10.000–15.000 Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren) 170 Lager mit 60.000 Internierten, die der Kollaboration verdächtigt wurden, eingerichtet.[2]

Nachkriegszeit

Deutschland

Im Zuge der Entnazifizierung und der Re-education wurden im Nachkriegsdeutschland viele Angehörige nationalsozialistischer Organisationen und mutmaßliche Kriegsverbrecher bis zum Beginn der Nürnberger Prozesse in Internierungslagern unter Arrest gestellt, darunter aber auch viele Unschuldige.[3][4]

Es existierten sowjetische Speziallager, US-amerikanische, französische und britische Lager. Nach der Befreiung des KZ Dachau wurde das KZ Dachau von der amerikanischen Besatzung als Internierungslager Dachau genutzt. Hier fanden die Dachauer Prozesse statt, darunter auch der Buchenwald-Hauptprozess. Im Internierungslager Bad Nenndorf saßen vor allem Personen ein, die von den Briten als höchste Sicherheitsgefahr angesehen wurden, Offiziere der deutschen Abwehr, höchste Wehrmachtsfunktionäre und Diplomaten. Bis Internierte vor die Spruchgerichte gestellt wurden, vergingen viele Monate, teilweise sogar bis zu drei Jahre. Mit Lagerhaft von dieser Dauer wurde die Strafe teilweise schon vorweggenommen.

DDR

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurde von der sowjetischen Militäradministration in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Speziallager eingerichtet, welche bis 1950 in der DDR bestanden.

In der DDR wurde vom Ministerium für Staatssicherheit eine solche Einrichtung („Vorbeugekomplex“) geplant, aber nie umgesetzt.

Jugoslawien

siehe auch: Serbien im Zweiten Weltkrieg

 
Bestätigung des Todes eines Häftlings aus dem Lager Sremska Mitrovica von Oktober 1947

Die deutsche Volksgruppe in Jugoslawien zu Beginn des Zweiten Weltkrieges 540.000 Personen, davon 510.000 Donauschwaben und rund 30.000 Deutsch-Unterstierer und Gottscheer.

Infolge der Beschlüsse des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens AVNOJ (Antifašistićko veće narodnog oslobodjenja Jugoslavije) vom 21. November 1943 in Jajce und vom 21. November 1944 in Belgrad wurde den mindestens 195.000 zu dem Zeitpunkt in Jugoslawien verbliebenen zivilen Mitgliedern der deutschen Minderheit Jugoslawiens kollektiv die Staatsbürgerschaft und alle gesetzlichen Rechte entzogen. Des Weiteren wurden sie vollständig enteignet. Etwa 7.000 Deutsche wurden von den lokalen Partisanen im Herbst 1944 ermordet. Ein Großteil der übrigen donauschwäbischen Zivilpersonen wurde in zahlreichen Arbeits- und insgesamt acht Konzentrationslagern, die für Betagte, Kranke, Kinder unter 14 Jahren und Mütter mit Kleinkindern errichtet worden waren, interniert[5].

Diese Lager waren im Einzelnen:

In der Batschka:

  • Lager Jarek (Bački Jarak) mit 7.000 Todesfällen
  • Gakowa (Gakovo) mit 8.500 Todesfällen
  • Kruschiwl (Kruševlje) mit 3.000 bis 3.500 Todesfällen
 
Gedenkstätte am Rande des Massengrabs des Lagers Knićanin (Rudolfsgnad), errichtet von Mitgliedern der Gesellschaft für Deutsch-Serbische Zusammenarbeit.

Im Banat:

  • Lager Molidorf (Molin) mit 3.000 Todesfällen
  • Rudolfsgnad(Kničanin) mit 11.000 Todesfällen

In Syrmien:

  • Lager Seidenfabrik in Syrmisch Mitrowitz(Sremska Mitrovica) mit 2.000 Todesfällen

In Slawonien:

  • Walpach (Valpovo) mit 1.000 bis 2.000 Todesfällen
  • Kerndia (Krndija) mit 500 bis 1.500 Todesfällen

Insgesamt waren 50.000 der internierten Donauschwaben innerhalb von drei Jahren durch Hunger, Seuchen und Erschießungen in den Arbeits- und Konzentrationslagern umgekommen. Knapp 35.000 war unter Lebensgefahr die Flucht aus den Lagern über die nahen Grenzen nach Ungarn und Rumänien geglückt. Ab 1946 wurden Tausende verwaiste Kinder zwangsweise aus den Lagern in Kinderheime eingeliefert und einer radikalen Slawisierung unterworfen. Außerdem wurden über 8.000 Frauen zwischen 18 und 35 Jahren und über 4.000 Männer zwischen 16 und 45 Jahren zur Jahreswende 1944/1945 aus der Batschka und dem Banat in die UdSSR zur Zwangsarbeit deportiert.

Der Völkermord an den Donauschwaben forderte über 60.000 zivile Opfer. 1948 wurden die Lager aufgelöst. Die noch rund 80.000 Überlebenden des Völkermords mußten dreijährige Arbeitsverträge eingehen und konnten sich erst in den 50er Jahren unter Erlegung eines hohen „Kopfgeldes“ loskaufen und nach Deutschland oder Österreich, in der Regel völlig mittellos, ausreisen.

Siehe auch

Artikel über einzelne Internierunglager

Einzelnachweise

  1. Arnold Krammer: Undue Process: The Untold Story of America's German Alien Internees, Rowman & Littlefield Publishers London, Dezember 1997, ISBN 0847685187
  2. Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager. Gefangenschaft, Zwangsarbeit, Vernichtung, Propyläen 2001, ISBN 3-549-07143-4
  3. Peter Reif-Spirek/Bodo Ritscher (Hg.): Speziallager in der SBZ, Berlin, Ch. Links Verlag 1999, ISBN 3-86153-193-3
  4. Heiner Wember, Umerziehung im Lager. Internierung und Bestrafung von Nationalsozialisten in der britischen Besatzungszone Deutschlands, Essen 1991, ISBN 3-88474-152-7 (Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens; Bd.30), S. 7 f.
  5. Peter Wassertheurer, Die AVNOJ-Bestimmungen und der Völkermord an den Deutschen in Jugoslawien 1944-1948 (pdf, Felix Ermacora- Institut)
Wiktionary: Internierungslager – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen