Folke Bernadotte

schwedischer Offizier und Philanthrop, Präsident des schwedischen Roten Kreuzes
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Folke Bernadotte Graf von Wisborg (* 2. Januar 1895 in Stockholm; † 17. September 1948 in Jerusalem) war ein schwedischer Offizier und Philanthrop. Von 1943 bis 1948 war er Vizepräsident und später Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes. 1948 wurde er Vermittler der Vereinten Nationen in Palästina und am 17. September des gleichen Jahres von Angehörigen der jüdischen Terroristen-Gruppe "Lehi" erschossen.

Graf Folke Bernadotte

Kindheit und Ausbildung

Folke Bernadotte stammte aus einem alten schwedischen Adelsgeschlecht. Sein Vater Oskar Karl August (* 1859; † 1953), ein Sohn des Königs von Schweden und Norwegen Oskar II. (* 1829; † 1907), war Prinz von Schweden und Norwegen und führte nach seinem Austritt aus dem schwedischen Königshaus die Titel Prinz Bernadotte und Graf von Wisborg. Bernadotte wuchs nach eigenen Angaben in einer ruhigen und liebevollen Umgebung auf. Barmherzigkeit und uneigennützige Tätigkeit spielten in seinem Elternhaus eine große Rolle, seine Eltern richteten z.B. in ihrem Haus jährlich eine Vorweihnachtsfeier für arme Stockholmer Familien aus. Er besuchte die Neue Elementarschule in Stockholm und absolvierte nach seiner Reifeprüfung eine militärische Ausbildung an der Armeeschule in Karlberg und an der Militärreitschule in Stromsholm. Anschließend wurde er Kavallerieoffizier in der Schwedischen Königlichen Reiterwache. Am 1. Dezember 1928 heiratete er seine in den USA geborene Frau Estelle Romaine Manville. Von 1939 bis 1940 war er Schwedens Generalkommissar auf der New Yorker Weltausstellung.

Humanitäres Wirken

 
Folke Bernadotte in Deutschland im Gespräch mit Kriegsgefangenen, 1943 (Quelle: 1)

Am 1. September 1943 wurde er Vizepräsident des Schwedischen Roten Kreuzes und begann bereits unmittelbar nach Amtsantritt mit der Ausarbeitung von Planungen für dessen Nachkriegstätigkeiten. Des Weiteren verhandelte er in dieser Funktion im Jahr 1945 mit Heinrich Himmler erfolgreich über die Freilassung der skandinavischen KZ-Häftlinge. Zusätzlich zu ca. 8.000 Häftlingen skandinavischer Herkunft wurden im Rahmen dieser Mission ca. 10.000 bis 12.000 Häftlinge anderer Nationalität vor allem aus Ravensbrück und Theresienstadt zunächst im Lager Neuengamme bei Hamburg gesammelt und später nach Schweden überführt. Durchgeführt wurde diese Aktion, die in die schwedische Geschichte und die Geschichte der Rotkreuz-Bewegung als die "Weißen Busse" eingegangen ist, von ca. 250 Helfern des Schwedischen Roten Kreuzes. Spätere Behauptungen des Stockholmer Journalisten Bosse Lindquist, daß bei der Auswahl der geretteten Häftlinge nichtjüdische den jüdischen Gefangene vorgezogen und westeuropäische Frauen gegenüber Osteuropäerinnen bevorzugt wurden, sind von Augenzeugen zurückgewiesen worden. Von der Historikerin Ingrid Lomfors ist der Vorwurf erhoben worden, daß die Beteiligung der Weißen Busse zum Transport von ca. 2.000 französischen, russischen und polnischen Häftlingen aus Neuengamme in das Lager Braunschweig eine direkte Beteiligung an den Naziverbrechen und einen schweren Bruch der Statuten der Rotkreuz-Bewegung dargestellt hätte. Gegen diesen Vorwurf spricht aus Sicht von anderen Historikern und damals direkt Beteiligten, daß die einzige Alternative das Scheitern der gesamten Aktion gewesen wäre.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm Bernadotte die Leitung der Hilfsmissionen des Schwedischen Roten Kreuzes in Deutschland, Österreich sowie den osteuropäischen Staaten und besuchte die betroffenen Länder in dieser Zeit mehrfach. Über seine Erlebnisse während dieser Zeit schrieb er ein Buch mit dem Titel "Anstelle von Waffen". 1946 wurde er Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes und war darüber hinaus von 1946 bis 1948 Chairman der Ständigen Kommission der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. Am 20. Mai 1948 wurde er zum ersten Vermittler in der Geschichte der Vereinte Nationen (UNO) gewählt und in Palästina eingesetzt. Während seiner Tätigkeit im ersten Palästinakrieg von 1948 legte er unter anderem den Grundstein für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Am 17. September 1948 wurde er zusammen mit UN-Beobachter Colonel André Serot von militanten Führern der jüdischen Terroristen-Gruppe "Lehi", die manchmal auch als "Stern-Gang" bezeichnet wird, erschossen. Grund für die Ermordung war seine Äußerung, die palästinensischen Flüchtlinge hätten einen Anspruch, in ihre Heimat zurückkehren zu dürfen. Die Drahtzieher des Anschlags erhielten wenige Monate später trotz dringenden Tatverdachts Generalamnestie von der israelischen Regierung.

„[...] Als Henri Dunant im Jahre 1863 mit der Tätigkeit des Roten Kreuzes begann, gab er der Bewegung folgende Losung: Inter arma caritas - Inmitten von Waffen (d. h. im Kriege) Barmherzigkeit. Die seitherigen Geschehnisse und nicht zuletzt die Erfahrungen, die wir nach dem zweiten Weltkrieg machten, wecken den Gedanken, diese Losung weiter zu fassen und zu sagen: Post arma caritas - Nach den Waffen Barmherzigkeit, und einmal wird die Menschheit auch dahin kommen, daß man sagen darf: Pro armis caritas - An Stelle von Waffen Barmherzigkeit. [...]“
(Folke Bernadotte: An Stelle von Waffen. Verlagsanstalt Hermann Klemm, Freiburg i.Br. um 1950, S. 179)

Literatur

  • Folke Bernadotte: Das Ende. Meine Verhandlungen in Deutschland im Frühjahr 1945 und ihre politischen Folgen. Europa-Verlag, Zürich und New York 1945
  • Folke Bernadotte: Anstelle von Waffen. Verlagsanstalt Hermann Klemm, Freiburg i.Br. (ohne Jahresangabe, um 1950); englische Ausgabe: Instead of Arms: Biography of a Red Cross Leader. Hodder and Stoughton, London 1949; schwedische Ausgabe: I stället för vaten. Stockholm 1948
  • Sven Svenson, Grete Berges: Folke Bernadotte: ein Kämpfer für Freiheit und Frieden. Reinhardt Verlag, Basel 1953
  • Ralph Hewins: Count Folke Bernadotte: His Life and Work. Hutchinson University Library, London 1949
  • Ted Schwarz: Walking With the Damned: The Shocking Murder of the Man Who Freed 30,000 Prisoners From the Nazis. Paragon House Publishers, New York 1992, ISBN 1-55-778315-2